• Wenn ich Leon Krier in einem von ihm gehaltenen Vortrag richtig verstanden hatte, sollte das ursprünglich eine High Street werden, an der sich quasi ein Geschäft ans nächste reiht, was allerdings vom Dorchester Town Council nicht genehmigt wurde, da man (nicht ganz zu unrecht) zu starke Konkurrenz für das Stadtzentrum von Dorchester selbst befürchtete.

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    Wir sind nun am zurück am Beginn von Poundbury.

    Auch Bushäuschen können ansprechend gestaltet sein:

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    Der Turm, zugegeben, von der anderen Seite etwas attraktiver:

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    Und nochmal der "Eingangsbau":

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    Das wars von Poundbury :smile:

  • Was ich nicht verstehe: warum muss man so langweilig bauen? So fast ganz ohne Ornamentik? Nur aus Kostengründen?

    Ein Teil ist sicherlich der Kostenfaktor: Beim Bau dieses Gebäudes wurde mal in einer Publikation extra darauf hingewiesen, das eine Ausführung der Ornamentik auf allen vier Fassaden unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht hätte. Deshalb hat man sich dann für eine Ausführung nur auf der Hauptfassade und für die restlichen drei Fassaden für eine Illusionsmalerei entschieden. Gute Handwerker sind in GB extrem teuer.

    Ein weiterer Faktor ist sicherlich auch, das man ganz bewusst auch viel von der ländlichen Architektur einbeziehen wollte. Dorset ist ländlich geprägt und ländliche Architektur ist nunmal zurückhaltend.

    Da du die zwei länglichen Gebäude angesprochen hast: M.E.n. sollen das kein "gründerzeitliche Verwaltungsbauten" sein, sondern man hat sich - hier zumindest - eher an vorgründerzeitlichen, klassizistischen Gebäuden orientiert. Dieser Stil ist eher nüchtern, besonders wenn man aus den großen Städten in ländlichere Gebiete kommt.

  • Fair. Der Vergleich ist zu hart. Aber ich stelle trotzdem die recht harte Kritik infrage zu Poundbury. Ich finde die Straßenzüge ästhetisch und auch nicht langweilig im Sinne von eintönig. Bezüglich Ornamentik war es wohl in keiner Zeit sonderlich üblich am Ortsrand herausragende künstlerische Werke an Fassaden zu bringen. Was für mich auch heute noch Sinn ergibt. Poundbury zeigt einen evolutiven Weg weg vom Purismus, und wenn man danach sucht findet man durchaus Ornament. Viel mehr natürlich darüberhinaus Struktur und Materialität. Eben gerade sinnstiftend mMn, um eine angenehme Detailtiefe zu schaffen, die gerade reicht, um dort gelegentlich vorbeizuspazieren. Nicht mehr und nicht weniger.

    Ist der Vergleich zu hart? Ich denke nicht. Du hast genau das richtige Bild gebracht. Genau mit solchem Schrott muss es verglichen werden, damit man erkennt was hierzulande alles schief läuft im Bauen.

    Und ja: Poundbury steht natürlich in einem gewissen Spannungsgverhältnis: Es ist und darf keine eigene Stadt sein, soll aber eben gerade kein Reihenhaussiedlungsanhängsel von Dorchester sein. Es ist auch kein "Villenviertel", in dem die Häuser nicht unverhältnismäßig aufgemotzt werden sollten.

  • Vielen Dank für die tolle und umfassende Galerie! Wie ist denn das Projekt eigentlich angekommen? Wurde es überwiegend kritisiert oder gelobt? Leben die Leute gerne dort? Hat es, vielleicht auch nur in bescheidenerem Umfang, Nachfolge gefunden?

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Das ist doch der Knackpunkt. Ich finde das zeigt sehr schön, wie versteift man von den Denkstrukturen schon ist, dass traditionelle Architektur in den Kernzonen einer Stadt anzutreffen ist mit entsprechender Geschäftigkeit auf den Straßen. Hier befinden Wir Uns aber an der äußersten Randzone einer Stadt, da ist es völlig erwartbar, dass die Frequentierung äußerst spärlich ist. Wenn ich durch die Straßen von randständigen Neubaugebieten in Deutschland laufe, dann sind diese genauso ,,leer". Die Menschen halten sich in ihren Häusern auf, oder in ihren abgeschotteten Gärten. Es ist eher nicht so wie in Südländern, dass man sich in die Straßenräume setzt, dort Kinder spielen usw.

    Meine Erfahrung ist, dass die Lebendigkeit von Neubaugebieten umgekehrt mit ihrem Alter korreliert: In den ersten 1-2 Jahrzehnten, so lange junge Familien mit Kindern das Gros der Bewohner stellen, geht es durchaus lebhaft zu. Selbstverständlich wird auch heute noch auf der Straße gespielt, aber, bedingt durch die meist langen KiTa-und Schulzeiten mehr mit Schwerpunkt auf den späteren Nachmittagen und den Wochenenden. Kommt so eine Siedlung mit einheitlicher Entstehungszeit dann aber in die Jahre, wird es sehr ruhig.

    In Poundbury könnte es - angesichts der Enstehungszeit - genau dieses typische Neubaugebiet-Phänomen einer relativ homogenen und überwiegend fortgeschrittenen Altersstruktur seiner Bewohner geben.

  • Herzlichen Dank für die gelungene Galerie

    Vom Charme erinnern mich die Bilder ein bisschen an das alte Erlangen.

    Echt traurig, dass in Deutschland nicht mal ansatzweise so gebaut und geplant wird. Nirgends. Obwohl dieser Stil "machbar" wäre.

    (Wobei ich mir für Deutschlands Zukunft urigere Stadträume vorstelle, höher, enger, wilder, expressionistischer, mehr Schatten, mehr Licht. Einen Platz erlebt man als Spaziergänger eben anders, wenn man sich vorher durch eine enge Gasse durchgezwängte :wink: )

    Aber wie gesagt, mir gefällt dieses sanfte Gesamtbild. In Deutschland nicht gewollt. Undenkbar.

    Beauty matters!

  • In Deutschland ist das schon denkbar. Es gibt ja auch ganze Plätze, die bei uns in den letzten Jahren rekonstruiert wurden, weltweit fast schon ein Unikum. Da ist es zu historisierenden Neubauvierteln gedanklich nicht mehr so weit. Es müssten sich halt weitsichtige Gemeindevertreter bzw. Bürgermeister finden, die das umsetzen wollen. Bzw. ein größerer Projektentwickler/Investor, der viel Grund besitzt.

    Wie ist denn das Projekt eigentlich angekommen? Wurde es überwiegend kritisiert oder gelobt? Leben die Leute gerne dort? Hat es, vielleicht auch nur in bescheidenerem Umfang, Nachfolge gefunden?

    Tatsächlich ist die Rezeption von Poundbury nach anfänglicher Architektenkritik (natürlich) überwiegend sehr gut, die Lebensqualität wird als sehr hoch bewertet, hier vom März 2023:

    'Thriving' Poundbury being named among best places to live is 'no surprise'

    Und es dient mittlerweile vielfach auch als Vorbild, so einige Beispiele dafür sind bei ADAM Architecture, Create Streets und der Traditional Architecture Group zu sehen. Vor allem Nansledan ist gerade ein laufendes Projekt, wo es sehr konkret vorangeht. Ebenfalls auf "royalem Grund" errichtet.

  • Hier ein kleiner Spaziergang eines (eher skeptischen) Besuchers von Poundbury, aufgenommen an einem regnerischen Sonntag im vergangenen Dezember:

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  • Der Film wurde ja an einem sehr frühen Sonntagmorgen und dann noch bei Regen aufgenommen, so dass man durch fast menschenleere Straßen schlendert. Das verfälscht natürlich das Erscheinungsbild einer Stadt.

    Es wäre interessant gewesen, wenn man am normale Geschäftsleben und Alltagsverkehr hätte Anteil nehmen können.

    Man fühlt sich architektonisch ständig an London erinnert, wie der Erklärer ja mehrfach betont. Das das ganze dabei auch als Filmkulisse erscheint ist sicher nicht ganz falsch. Aber im Großen und Ganzen ist es doch eine der üblichen tristen Vorstädte in GB, nur mit schöner Architektur. Da das Vorhaben bereits 1993 begonnen wurde und noch immer erweitert wird, fließen hoffentlich dann auch neue Gedanken ein, um evtl. Fehler zu korrigieren.

    Mir ist beim Ansehen des Video aufgefallen, dass alle Gehwege asphaltiert sind, selbst in den Parkanlagen, dass dies, trotz der ökologischen Ausrichtung des damaligen Prinz Charles, eine autogerechte Ortschaft ist.

    Der Ort Dorchester liegt im Süden Englands in der Grafschaft Dorset, westlich von Bournemouth. Ein Auto zu besitzen ist hier wohl unumgänglich. Ein Auto braucht ja man auch wohl um die großen Distanzen innerhalb des Ortes zu überwinden.

    Wenn man den Ort aus der Google-Earth-Perspektive sich anschaut sieht man, dass der Ort Dorchester, zu dem der Ortsteil Poundbury gehört eigentlich nur aus zersiedelten Vorstadtteilen besteht. Das historisch gewachsene Ortszentrum ist kaum auszumachen. Die sehr aufwendigen Architekturen sind optisch sehr gelungen, aber wie man auch sehen kann recht teuer (Immobilienanzeigen).

    Leider kann man keinen Blick auf die Rückseiten der Häuser werfen, aber aus der Vogelperspektive sind das die üblichen winzigen Hinterhofgärten, wie sie traditionell in GB in Ortschaften üblich sind.

    Trotz gewisser Mängel doch ein interessantes Experiment. Man muss nur das nötige Kleingeld mitbringen.


    Mehr hier:

    Poundbury – Wikipedia
    de.wikipedia.org
  • Snork 7. April 2024 um 12:02

    Hat den Titel des Themas von „Dorchester / Poundbury (Galerie)“ zu „Dorchester/Poundbury (Galerie)“ geändert.
  • Dazu einige Anmerkungen:

    - Für einen Sonntagmorgen im strömenden Regen sieht man aus meiner Sicht schon ausgesprochen viel "Straßenaktivität", aber ich gebe dir Recht, interessanter wäre es an einem Werktag gewesen
    - die teilweise Kulissenhaftigkeit, die sich m.E.n. hauptsächlich in den neuesten Bereichen zeigt, kommt einfach von der fehlenden "Patina" es ist halt alles neu und braucht Jahre bis es für unsere Augen "natürlicher" aussieht
    - "Aber im Großen und Ganzen ist es doch eine der üblichen tristen Vorstädte in GB, nur mit schöner Architektur", diese Aussage kann ich nun überhaupt nicht nachvollziehen: es ist ja eben nicht die typische Reihenhaussiedlung oder gar Sozialwohnungsbausiedlung die man üblicherweise in GB antrifft
    - und ja man lernt immer weiter: in diversen Interviews kann man immer wieder von einem Evolutionsprozess lesen/hören, bei dem dieses oder jenes heute anders gemacht würde (in einem Artikel eines involvierten Architekten in der aktuellen Ausgabe des "Journal of Traditional Building, Architecture and Urbanism" klingt das beispielsweise an)
    - dass alle Gehwege asphaltiert sind, hat finanzielle Gründe; das Duchy of Cornwall ist mit sehr hohen Investitionssummen in Vorleistung gegangen, so dass gewisse "Luxuswünsche" entfallen sind. Die Verantwortlichen wollten durchaus einen anderen Belag zu Beginn...
    - es gibt eine "Ringstraße", die etwas größer ist, an dieser liegt auch der Queen-Mother-Square, und etwas städtischere Bereiche, die anderen Bereiche sind aber nicht ausgesprochen "autogerecht", bzw. wollen eben auch die Bewohner keine komplette Verbannung des Automobils und ja, zu einer nicht-toten Stadt gehört auch etwas Verkehr
    - "Ein Auto zu besitzen ist hier wohl unumgänglich", Poundbury ist natürlich an den ÖNV angeschlossen, aber generell, wenn man flexibel sein will, braucht man -wie bei uns- ein Auto, allerdings gibt es innerhalb Poundburys im Vergleich zu anderen Vorstadtsiedlungen sehr viele Arbeitsstellen und die Nahversorgung wurde so ausgelegt, das alles innerhalb von 15 Minuten zu Fuss erreichbar ist
    - "dass der Ort Dorchester, zu dem der Ortsteil Poundbury gehört eigentlich nur aus zersiedelten Vorstadtteilen besteht." => das war gerade die Motivation es mit Poundbury komplett anders zu machen
    - "Die sehr aufwendigen Architekturen sind optisch sehr gelungen, aber wie man auch sehen kann recht teuer (Immobilienanzeigen)." Ja, aber 30% der Wohnungen/Häuser sind "affordable Homes", optisch von den teureren nicht zu unterscheiden; diese werden mit den teureren Preisen der anderen Wohnungen quersubventioniert; kann natürlich sein, dass da eine Lücke entsteht, einerseits viele Vermögende, anderseits die für die "affordable Homes" Berechtigten, die wahrscheinlich irgendeine Bedürftigkeit vorweisen können müssen; womöglich fehlt da eine breite Mittelschicht?
    - "Leider kann man keinen Blick auf die Rückseiten der Häuser werfen," => einige Hinterhofansichten findest du in der Galerie

  • Snork 8. April 2024 um 16:41

    Hat den Titel des Themas von „Dorchester/Poundbury (Galerie)“ zu „Poundbury (Galerie)“ geändert.