• Solche erfolgreich bemühten, sprich gekonnten Bilderserien tragen zur Fama bei, Nürnberg sei gut aufgebaut oder Stadtbild-mäßig gepflegt. In natura kommt die hier so großzügig verbreitete mittelalterliche Stimmung nur in den allerwenigsten Fällen auf.

    Das da kann ich nicht zuordnen:

    62245-img-9186-jpg

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das macht gleich Lust, wieder hinzufahren

    Genau das ist es, was ich gemeint habe. Und das hat bei mir immer noch mit einer Enttäuschung geendet.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Solche erfolgreich bemühten, sprich gekonnten Bilderserien tragen zur Fama bei, Nürnberg sei gut aufgebaut oder Stadtbild-mäßig gepflegt. In natura kommt die hier so großzügig verbreitete mittelalterliche Stimmung nur in den allerwenigsten Fällen auf.

    Das da kann ich nicht zuordnen:

    62245-img-9186-jpg

    Klar, man kann natürlich auch den ganzen endlos belanglosen Schrott ablichten und das Forum damit zumüllen. Geht auch. Freut dann sicher alle Masochisten ungemein. 😃 Ich für meinen Teil bin im Urlaub und erfreue mich an dem, was da ist. Und aufgrund der weltweit nicht allzu rosigen tagesaktuellen Geschehnisse tut ein solcher städtebaulicher Balsam sicher auch einigen Menschen gut. Und nur für dich, ein Bild der hirnermüdenden gleichförmigen Sebalder Steppe (Vorsicht, sieht von oben schöner aus, als es ist. Nürnbergkenner können dies sicher bestätigen):

    Und noch ein Beispiel aus der Steppe, das zeigt, dass es auch hier durchaus (wenn auch sehr wenige) schöne Wiederaufbauarchitektur gibt:

    Auch das ist Wiederaufbau direkt unter der Burg:

    Der letzte Rest des Hertelshofes, ich zitiere das Forumsmitglied Riegel:

    „Vielen Dank für deine Recherchen! Ich habe mittlerweile in "Das Bürgerhaus in Nürnberg" auf Tafel 84 auch ein Bild des Hertelshofs, Paniersplatz 9, gefunden. Dort erkennt man links oben diese Masswerkbrüstung, und wie du geschrieben hast, ist sie heute kopfüber eingemauert. Das Gebäude wurde 1612 erbaut und 1945 zerstört. Seine Masswerke zeugen vom langen Fortleben des gotischen Formenschatzes in Nürnberg, bis in eine Zeit, wo die Renaissance bereits ihren Höhepunkt erreicht hatte und der Frühbarock bald Einzug fand.“

    Ein weiterer Tipp von mir: Wenn man einmal wieder verzweifelt ob der zähen Banalität der Altstadt, der grauenhaften Einkaufsstraßen wie der Breiten Gasse oder all der sechziger Jahre Straßenraumgestaltung, dann sollte man sich dringend anschauen, wie Nürnberg am Kriegsende aussah. Es ist tatsächlich nicht selbstverständlich, dass auch die wichtigen Großbauten wiederaufgebaut wurden. Kaiserstallung, Luginsland, Rathaus, Mauthalle usw. Diese Gebäude wurden im Prinzip ex nihilo wiedererrichtet, und das in einer unglaublichen Qualität. Außerdem schafft man es mit einiger Kenntnis, in Nürnberg durchaus tagelang nur Schönes zu sehen, selbst in der Altstadt.

  • Kann ich vollumfänglich bestätigen. Ich hab die Zeit in Nürnberg sehr genossen. Und offensichtlich immer noch nicht alles gesehen. Für eine Stadt, die manche nach dem Krieg aufgrund des Zerstörungsgrads bereits aufgeben wollten, ist die Altstadt sehr sehr beachtlich.

  • dann sollte man sich dringend anschauen, wie Nürnberg am Kriegsende aussah.

    zwar richtig, ob das aber wirklich gegen die vorerwähnte Verzweiflung hilft?

    Aber im Bewusstsein der Angreifbarkeit eines zugegeben rein ästhetischen Standpunktes als unerträglich zynisch, wogegen man sich letztlich nicht zur Wehr setzen kann: Aus der Warte eben dieses Standpunktes aus sehen die Zerstörungsbilder mitunter schöner aus als der heutige Zustand. Rudimente einer gotischen Stadt versus völlige Belanglosigkeit...

    Natürlich ist in diesem Zusammenhang ein künstlerisch verbrämtes Bild wie dieses nicht maßgeblich:

    Bild 1 von 1


    Nicht, dass ich mir das aufhängen will (ich hab es mir tatsächlich angeschafft).

    Zitat von Grimminger

    Klar, man kann natürlich auch den ganzen endlos belanglosen Schrott ablichten und das Forum damit zumüllen. Geht auch. Freut dann sicher alle Masochisten ungemein. 😃 Ich für meinen Teil bin im Urlaub und erfreue mich an dem, was da ist. Und aufgrund der weltweit nicht allzu rosigen tagesaktuellen Geschehnisse tut ein solcher städtebaulicher Balsam sicher auch einigen Menschen gut.

    Das war keine Kritik an dieser Galerie, sondern nur ein bitterer Vergleich mit dem Ist-Zustand. Natürlich seh ich es auch so. Über die Banalität des Wiederaufbaus, weniger was die Sebalder Steppe betrifft - denn was war dort schon großartig zu machen - sondern eben teilerhaltene Gebiete um Unschlittplatz und O.W-Str, in die sich diese Banalität förmlich festgefressen hat, haben wir schon genug geschrieben, man muss das nicht neu aufwärmen. Das ex-nihilo-Argument trifft bei den genannten Bauten nicht zu, eventuell aber bei dem abgebildeten Haus O. Wörth-Straße 18 oder was.

    Bild: p1290329_obere_woerthwmuor.jpg - abload.de

    Zumindest auf diesem Bild wirkt diese Fassade dem Haus Nr 18 vorgeklebt wie beim Weseler Rathaus. Wäre dies tatsächlich der mW einzige Fall einer ex nihilo-Rekonstruktion?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Obere Wörthstraße 20.

    Das Haus ist von 1418. Die Fassade ist eine über 400 Jahre jüngere Zutat; sie wurde erst 1895 "vorgeklebt". Also nix ex nihilo, sondern ein echtes, ehrwürdiges Haus des 15. Jahrhunderts.

  • Ich würde jetzt nicht von "belanglosem Schrott" reden, sondern bemühe mich immer, ein ausgewogenes Bild zu vermitteln.

    Außerdem ist es bei Kenntnis des Wiederaufbaukonzepts schon ganz interessant, sich auch mal anzusehen, wie dieses Konzept dann in die Praxis umgesetzt wurde.

    Manche Nachkriegsgebäude oder -strukturen finde ich auch ganz reizvoll, z. B. das Plärrerhochhaus mit angrenzender Erweiterung und Planetarium, für das ja durch das Architektenteam auch noch die Innenausstattung bis hin zu Vorhängen und Tapeten entworfen wurde.

    Das ist aber sicherlich nicht mehr das Hauptthema des hiesigen Forums und hier sicherlich auch eine absolute Minderheitsposition.

    Easy does it.

  • Manche Nachkriegsgebäude oder -strukturen finde ich auch ganz reizvoll, z. B. das Plärrerhochhaus mit angrenzender Erweiterung und Planetarium, für das ja durch das Architektenteam auch noch die Innenausstattung bis hin zu Vorhängen und Tapeten entworfen wurde.

    Das finde ich ja interessant. Oft findet man sich ja wieder in Diskussionsräumen, die zu homogen sind, darunter leidet meinem Begreifen nach auch die Architekturszene - nur in die andere Richtung. Dann will ich mal die Chance ergreifen, und würde da gerne nachhaken, warum Du dieses Hochhaus als reizvollen Stadtraum einordnest. Das Planetarium, klar, da sind bei Dimensionen, welche auf das Umfeld Rücksicht nehmen, und einer bemühten Gestaltung, durchaus auch für mich Ansätze da. Aber bei diesem typischen 50er Jahre Hochhausbau, ich verstehe den Gewinn fürs Stadtbild nicht. Hoch repetitiv, praktisch schmucklos, und Am Plärrer quasi der Posterboy für einen fußgängerunfreundlichen Stadtraum in unmittelbarer Angrenzung an die frußgängerfreundliche Altstadt. Würde mich also über eine Ausführung freuen.

  • Genau, die meisten Foren haben eine klare Ausrichtung, meist in Richtung moderner Architektur, und Rekonstruktionen sind verpönt.

    Hier gibt es zum Glück mal ausnahmsweise den umgekehrten Fokus, was aber leider dazu führt, daß häufig einziges Qualitätskriterium ist, inwiefern Bauten von vor 1914 noch erhalten sind oder möglichst naturgetreu nachgebaut wurden.

    Mich störte da etwas die Formulierung "belangloser Schrott" und "zumüllen", davon würde ich eigentlich nur reden, wenn es sich um ein reines Renditeobjekt oder ein reines kommunistisches "Arbeiterschließfach" handelt (wobei ja im Ostblock durchaus auch gute und ambitionierte moderne Architektur entstand und man sich in der DDR auch mal Mühe mit den Plattenbauten gab, durch Farbgestaltung, speziell gestaltete "Zierelemente" (wenn auch aus Beton oder Metall) oder Wandmalereien).

    Ich würde eher zwischen Baukultur und belanglosen Bauten unterscheiden, wobei es früher ja auch jede Menge von Bauten gab, die reine Zweckobjekte waren (schon allein mangels finanzieller Möglichkeiten) und nicht unbedingt erhaltenswert waren.

    Zum Thema Nürnberg:

    Das Hochhaus mit seinem sehr langen Anbau entlang der Fürther Straße stammt von Wilhelm Schlegtental und seinem Team, gemeinsam mit Heinz Schmeißner Gewinner des Wettbewerbs für den Nürnberger Wiederaufbau, also ein bedeutendes Projekt von einem der prägenden Architekten der Nachkriegszeit.

    Es handelt sich um ein sehr ambitioniertes Projekt, nicht nur in Bezug auf die Größe, sondern auch die Gestaltung, die eben Innenräume, aber auch Kunstwerke wie Gobelins oder Wandgemälde einschloß. Es symbolisiert den Aufbruch nach der Zerstörung und erinnert mich irgendwie etwas an das Dresdner Hochhaus am Pirnaischen Platz, das ja auch so eine Art von "Höhendominante" ist - es verleiht der überbreiten Wilsdruffer Straße erst einen Abschluß und urbanen Charakter.

    In Nürnberg ist es schon vom Hauptbahnhof aus sichtbar und verleiht dem Platz großstädtisches Aussehen, wird aber durch den Zwischenbau mit ähnlicher Fassadengestaltung gewissermaßen "heruntertransformiert" auf die Fürther Straße und verleiht dieser eine Fassung. Damit ist es ein herausragendes Objekt seiner Entstehungszeit und somit unbedingt erhaltenswert.

    Interessante Fotos gibt es hier: Der Plärrer: Nürnbergs Drehkreuz und Lebensader im Wandel der Zeit

    Das werden hier sicherlich 99 % der Forumsteilnehmer ganz anders sehen, während in anderen Foren vermutlich 99 % der Teilnehmer die angedachte Pellerhaus-Rekonstruktion ablehnen würden und nichts mit den Altstadtfreunden anfangen können.

    (Aber so ist es immer, man wird auch niemanden in einem Linux-Forum finden, der Windows ganz brauchbar findet).

    Nähere Informationen wird es in meiner geplanten Galerie zu wichtigen Gebäuden in Nürnberg geben, da wird das Bauwerk auf jeden Fall ausgiebig gezeigt werden.

    Früher habe ich übrigens ähnlich gedacht wie die meisten Forumsteilnehmer, aber durch die Beschäftigung mit Nachkriegsarchitektur (bei Danzig, Warschau oder Dresden und den meisten deutschen Städten bleibt einem ja auch nichts anderes übrig) differenziere ich inzwischen auch da und finde nicht mehr prinzipiell jedes Nachkriegsgebäude unattraktiv.

    Easy does it.

  • Mich interessierten bei solchen Entscheidungen für eine bestimmte Gestaltung immer die Folgen. Wenn ich das bei Dir hier richtig herauslese richtet sich Dein Blick mehr Richtung Konzeption, Idee. Gerne korrigieren, wenn ich das falsch auffasse. Dabei sehe ich zwischen Unseren Betrachtungsweisen Schnittmengen: Die funktionalen städtebaulichen Aspekte kann ich voll nachvollziehen (Blickachsen, Ankerpunkt am Platz usw.). Wo ich irgendwo aussteige ist jedoch bei der Beurteilung der Einbettung in die direkte Umgebung. Ich finde man kann beobachten, wenn man die Fotogalerie verfolgt (danke für den Link), dass sich von diesem Hochhaus ausgehend eine andere Formensprache und vor allem Dimension von dort aus ausbreitet im Stadtbild. Das deutet eher auf eine Nicht-Einbettung hin. Das Hochhaus ist also in gewisser Weise für mich der Anker für die folgenden Bauten, die wie so eine Art eigene Insel bilden. Ähnliches habe ich in Ulm beobachtet, wo sich von der Neuen Mitte aus ähnliche moderne Flachdachblöcke infolge durch die Altstadt gegraben haben entlang der Achse. Eine zweite Wirkung, die ich beobachte, ganz generell mit solchen Bauten, aber hier deutlichst. Die Gebäude wirken auf den Straßenraum zurück. So finden sich heute am Platz nahezu ausschließlich 4-6 spurige Straßen und ein sehr weitläufiger Stadtraum (bis zu einem gewissen Grad eventuell sogar mit zerrissen zu beschreiben). Das ist keinesfalls selbstverständlich. Ich denke da an Augsburg mit seinem Königsplatz. Ich denke das bedeutendste Verkehrskreuz dort, direkt am Altstadtring gelegen, und es gibt dort auch einige aufstrebende Bebauung auf einer Seite, jedoch nicht in dieser Nürnberger Dimension. Dort gab es bis zur jüngsten Umgestaltung 3 Fahrspuren. Die umgebende Bebauung und demfolgend der Platz gaben in meinen Augen nicht mehr her. Und so war mit der letzten Umgestaltung auch ein Rückbau möglich. Das sehe ich hier für Nürnberg kaum realistisch.

  • Ich lege eher darauf wert, daß sich jemand tatsächlich Gedanken gemacht hat und dann bewußt etwas gestaltet - inwiefern sich das dann wieder einfügt, ist natürlich eine andere Frage (und ob man das subjektiv als "schön" empfindet, natürlich auch).

    Wobei man sich wiederum die Frage stellen könnte, inwiefern sich solche großen Einzelbauten denn überhaupt einfügen können (St. Lorenz fügt sich ja auch nicht ein :wink: ), oder ob sich ein Bauwerk, das schon jenseits der Stadtmauer befindet, überhaupt einfügen muß (oder ob es nicht besser ist, wenn es selbst zum Anknüpfungspunkt wird).

    Das sind jetzt aber alles recht grundsätzliche Erwägungen, genauso wie die Frage, ob man denn überhaupt beim Wiederaufbau auf das vorhandene Rücksicht nehmen sollte oder nicht. Hier im Forum wird dies eindeutig bejaht, in der Realität spielt dieser Faktor überwiegend keine Rolle.

    Was mich an Nürnberg schon stört, sind Areale, in denen einfach völlig gedankenlos irgendetwas hingebaut wurde:

    IMG_2602_sil_sil.jpg

    IMG_2625_sil_sil.jpg

    Was mich nicht prinzipiell stört, ist Neues als solches, z. B. gefällt mir das Schauspielhaus sehr gut:

    IMG_2767_sil_sil.jpg

    Aber das ist sicherlich viel besser zu vermitteln als das Plärrerhochhaus, es ist unauffällig in Richtung Bahnlinie platziert und fügt sich auch farblich unauffällig ein.

    Easy does it.

  • Entschuldigung, wenn ich da kurz etwas abdrifte, aber das Schauspielhaus ist es eigentlich wert kurz drauf einzugehen:

    Aerial_Nuremberg_Schauspielhaus-Opernhaus.jpg

    Nico Hofmann, Wikipedia

    Als ich das mir zunächst aus der Luft angesehen hatte, dachte ich, naja. Aber dann habe ich etwas recherchiert, Thema Entwurfsidee, und bin auf die urspüngliche, nicht umgesetzte Planung gestoßen:

    Oper_Studien002.jpg?f=16%3A9&h=480&m=FIT&w=900&$p$f$h$m$w=c85095e

    Die bewegte Geschichte des Nürnberger Opernhauses, nordbayern.de

    Damit war die Architektur also auf so eine Doppelanlage eigentlich ausgelegt worden und nähert sich so dem wieder an. Nebenbei, gehts nur mir so, oder ähnelt dieser Entwurf dem Stuttgarter Hauptbahnhof in seiner Anordnung von Baukörpern?

    Der direkte Vergleich von Staatstheater und Oper nebeneinander ist natürlich aufschlussreich, weil man sieht, wie welche Epoche für eine gleiche Nutzung unterschiedliche Gestaltungsformen gewählt hat. Insofern bin ich jetzt nicht undankbar um diesen Bau. Wie er sich funktional verhält, lässt sich unmöglich aus der Ferne beurteilen, da überlasse ich das formulierte Urteil bei Dir, buarque.

  • die Beschäftigung mit Nachkriegsarchitektur

    Das ist ein interessanter Aspekt, der ja auch im Bereich moderner Kunst wirkt. Nicht über das Herz erschließt sich einem diese Architektur bzw. Kunst, sondern über den Kopf. Es ist eine intensive Beschäftigung damit nötig, um die Barrieren des Herzens zu überwinden. Es ist wie zwei Frauen, von denen eine einen mit Schönheit einnimmt, die andere nicht. Aber langsam meint man dann die Qualitäten der anderen zu entdecken, vor allem weil Dritte dazu mahnen, sich intensiv mit ihr zu beschäftigen.

    Der andere interessante Aspekt ist, dass die meisten, die sich intensiv mit Nachkriegsarchitektur beschäftigen (das ist jetzt nicht auf Dich gemünzt), diese Beschäftigung mit traditioneller Architektur unterlassen. Dabei gäbe es dort eigentlich viel mehr zu entdecken, womit man sich beschäftigen könnte: Erker, Chörlein, Risalite, Pilaster, Atlanten, Kuppeln usw.usf.

    Was mich nicht prinzipiell stört, ist Neues als solches, z. B. gefällt mir das Schauspielhaus sehr gut

    Ja, schlecht ist dieser Anbau nicht. Wenn ich aber die Originalplanung sehe, dann fällt dieses Urteil schlagartig wieder ab. Wie langweilig und plump wirkt dagegen der Neubau.

    Was mich an Nürnberg schon stört, sind Areale, in denen einfach völlig gedankenlos irgendetwas hingebaut wurde

    Das ist allerdings das Schlimmste. Und zwar nicht nur in Nürnberg, sondern als bundesdeutscher Neubau-Alltag.

  • Danke für diesen Hinweis, Zeno. Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr sich der Historismus bei euch dem Original anpasst. Unsereiner hat da keine Chance. Nur die Dachpartie des Erkers ist etwas verräterisch, dh als solche erkennbar. Ansonsten trägt diese Fassade überhaupt keine eklektizistischen Züge, sondern geriert sich als perfektes Haus der Spätgotik-Renaissance. Auf dem von mir wiederholten Bild vom Grimminger ist es jedenfalls perfekt neben "echtem Mittelalter" in Szene gesetzt. Aber wahrscheinlich gab es in dieser Nebengasse niemals so prunkvolle Steinhäuser. Und das späte Errichtungsdatum erklärt auch, warum dieses Haus keine Berühmtheit geworden ist.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.