Gründerzeitliche Prachtbauten in Berlin

  • Danke nothor und frank für eure fachlichen Antworten. Das Thema müßte dann wohl allerdings eher heißen "Historistische Prachtbauten", da der Begriff "Gründerzeit" hier als Trivialbegriff für Stilistiken einer bestimmtem Zeit verallgemeinert werden, und so mit dem klassischem Gründerzeitstil alles Mögliche hineininterpretieren lassen. Es sollten schon zur Vermeidung von Verwirrungen sehr typische Erscheinungen der Gründerzeit bedacht werden, ansonsten könnt man auch noch auf die Idee kommen, die Häuserzeile in der ehemaligen Stalinallee (Berlin) in die Kategorie der Gründerzeitbauten aufzunehmen :biggrin:

    Viele Grüße

    Asgard

  • ansonsten könnt man auch noch auf die Idee kommen, die Häuserzeile in der ehemaligen Stalinallee (Berlin) in die Kategorie der Gründerzeitbauten aufzunehmen :biggrin:


    obwohl die rein optische Qualität, zumindest in Realation zur heutigen "Architektur", wenigstens vergleichbar ist, zumindest haben wir ähnliche Proportionen bei Fenstern etc. biggrin:)

  • Das Thema müßte dann wohl allerdings eher heißen "Historistische Prachtbauten", da der Begriff "Gründerzeit" hier als Trivialbegriff für Stilistiken einer bestimmtem Zeit verallgemeinert werden, und so mit dem klassischem Gründerzeitstil alles Mögliche hineininterpretieren lassen.


    Ist ja rührend, wie du dich um die korrekten Begrifflichkeiten sorgst - der Titel bleibt aber, wie er ist.
    Die engste Auslegung des Begriffs Gründerzeit beschränkt sich auf die Jahre 1871-1873 (Gründerkrach), weitergehende Interpretationen schließen dagegen die Jahre 1850-1914 ein.
    Architektonisch unter Gründerzeit - wie hier im Strang - die Jahre des Kaiserreichs zu 1871-1914 zu verstehen, sollte daher keinen unüberwindlichen allgemeinen Interpretationsschwierigkeiten begegnen, es sei denn man spaltet gerne Haare oder sucht selbige in der Suppe.

    Ich lasse weitere Bilder sprechen.

    Mitte, Spreeufer 5, 'Kurfürstenhaus', (Carl Gause)

    Prenzl. Berg, Kollwitzstraße 87/Sredzkistraße

    Prenzl. Berg, Brunnenstraße/Veteranenstraße, ehem. Warenhaus Jandorf, zu DDR-Zeiten 'Haus der Mode'

    http://de.wikipedia.org/wiki/Warenhaus_am_Weinberg

    Wedding, Buchstraße 1/Nordufer

    Tegel, Berliner Straße 27, Tor der Borsigwerke (Konrad Reimer, Friedrich Körte)

    Eigentlich ja kein 'Prachtbau', aber für einen Industriekomplex dann irgendwie doch.

    Gesundbrunnen, Badstraße 35

    http://www.staedte-klamotten.com/622-0-Wohnhaus-Badstrasse-35.html

    Gesundbrunnen, Badstraße 20

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Bei dem Haus in der Badstraße 35 in Gesundbrunnen stellen sich mir ja die Zehennägel hochkant: So eine wunderschöne Jugendstilfassade in gutem Zustand, mit diesen prächtigen Fenstern....und dann so eine fürchterliche schäbiges verschandeltes Erdgeschoss
    :kopfwand: ....da muss dringend was gemacht werden

  • Mir gefällt an der Berliner Bauweise, daß die ganzen Wohn- und Geschäftshäuser (bis auf wenige Ausnahmen) "nur" 5 Vollgeschosse haben. Das ist meiner Meinung nach die optimale Bauhöhe, schon 6-geschossige Häuser sehen irgendwie überdimensioniert aus. Mich würde nur mal interessieren, wie es historisch zu dieser Entscheidung für diese einheitliche Bauhöhe in Berlin kam, weiß das jemand von Euch?

    In dubio pro reko

  • Das Thema müßte dann wohl allerdings eher heißen "Historistische Prachtbauten", da der Begriff "Gründerzeit" hier als Trivialbegriff für Stilistiken einer bestimmtem Zeit verallgemeinert werden,

    Es stimmt schon, dass der Begriff "Gründerzeit" keine Stilepoche umfasst und auch als historische Epochenbezeichnung nur sehr vage eingesetzt werden kann. Andererseits würde der Titel "Historistische Prachtbauten" den hier vorgestellten Meisterwerken auch nur zum Teil gerecht, denn der Jugendstil gehört eben nicht mehr der historistischen Epoche an, ebenso wenig die Reformarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts und auch nicht der noble Neoklassizismus der Jahre vor dem 1. Weltkrieg. Diese drei Architekturrichtungen sind der frühen Moderne zuzurechnen und können allenfalls als historisierend charakterisiert werden. Wenn man also den schwammigen Begriff "Günderzeitliche Prachtbauten" vermeiden will, böte sich allenfalls an, von "Berliner Prachtbauten der Kaiserzeit" zu sprechen.

  • Hast du noch mehr Bilder von der Badstraße? Dort stehen ja noch mehr solcher Schätzchen unter anderem das "Luisenhaus". Die Straße hätte eindeutig das Potential für eine Prachtstraße, ist aber wie in diesem Kiez nicht anders zu erwarten etwas desolat. Vielleicht entdecken ja demnächst die "Schwaben" die Gegend für sich :smile:

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Mir gefällt an der Berliner Bauweise, daß die ganzen Wohn- und Geschäftshäuser (bis auf wenige Ausnahmen) "nur" 5 Vollgeschosse haben. Das ist meiner Meinung nach die optimale Bauhöhe, schon 6-geschossige Häuser sehen irgendwie überdimensioniert aus. Mich würde nur mal interessieren, wie es historisch zu dieser Entscheidung für diese einheitliche Bauhöhe in Berlin kam, weiß das jemand von Euch?

    In erster Linie würde ich da an James Hobrecht bzw. den Hobrecht-Plan von 1862 denken. Dieser war allerdings ein reiner Fluchtlinienplan, sodass die Reglementierung von Trauf-, First- und Geschosshöhen in der entsprechenden Baupolizeiordnung für die "Einheitshöhe" verantwortlich sein muss. Sie ging, ähnlich wie Hobrecht und sein Plan, vorrangig von technischen Aspekten, also der Feuersicherheit (inklusive Länge von Feuerleitern und Schläuchen), der Hygiene und der sonstigen städtischen Infrastruktur aus.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Volker. Wieder gut analysiert dass 5 geschossen Visuel am besten auswirken. In Magdeburg sind 6 Geschossen tatsächlich etwas überdimensioniert.

    2 Super Bauten noch: am SW Eck Kaiserdam/ Suarez Strasse und am SW Eck Perleberger/ Rathenower Strasse.

    Übrigens gibts Superbauten in Friedrichshain mit Jugendstil, vielen erhaltene Gr.Ztler in Friedenau, Neukölln, Tempelhof und Charlottenburg.

    Was mich so gefällt ist das es beim spätere Gr.Ztler einen Mittelrisalit artige Formgebung gibt, die Dächer eines Wohnhauses dann oft auch aus ein höheren Mittelpartie besteht mit 2 niedrige Seitendächer. Diese Bauten wurden häufig am Kaiserdam, Kaiserallee (Hauptstrasse), Fritz Elsass Strasse (rund Innsbrücker Strasse) gebaut. Aber stehen fast überall in Berlin noch da. Herrliche Wohnhäuser!!!!

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    Ist ja rührend, wie du dich um die korrekten Begrifflichkeiten sorgst - der Titel bleibt aber, wie er ist.


    Vielen Dank erst einmal für Deine Erklärung, welche für mich durchaus nachvollziehbar ist.
    Mir persönlich ist es doch völlig wurscht, welche Begrifflichkeiten wie und wann verwendet werden - ich gehöre ja auch ned zu jenen Leuten, welche hier Beiträge als "Laienhaft, verspinnert, unrealistisch oder sonst was" ansehen, das sind nun mal eher die Leute von dem Schlage Lüscher & Co - in so fern ist es wohl nicht soo verkehrt entsprechende Fragen zu stellen um auch entsprechend fachlich fundierte Antworten zu erhalten.

    Viele Grüße

    Asgard

  • Mich würde nur mal interessieren, wie es historisch zu dieser Entscheidung für diese einheitliche Bauhöhe in Berlin kam, weiß das jemand von Euch?

    In der Baupolizeiverordnung von 1853, welche auch der Hobrechtplan dahingehend nicht veränderte, gab es noch keine Festlegungen hinsichtlich der Geschossanzahl. Dies geschah erst in der neuen Bauordnung von 1887 als die Geschossanzahl auf fünf beschränkt wurde und die Traufhöhe auf 22 Meter festgesetzt wurde. Hier kannst du ein wenig dazu nachlesen.


    Hast du noch mehr Bilder von der Badstraße? Dort stehen ja noch mehr solcher Schätzchen unter anderem das "Luisenhaus".

    Du kennst dich ja gut aus in Berlin - hast du dort mal gewohnt? Die entsprechenden weiteren Bilder von der Badstraße möchte ich dann natürlich nicht vorenthalten.


    Gesundbrunnen, Badstraße/Buttmannstraße

    Gesundbrunnen, Travemünder Straße 2, Bibliothek am Luisenbad

    http://www.staedte-klamotten.com/178-0-Bibliothek-am-Luisenbad.html

    Die Bibliothek von der Hauptstraße abschirmend steht am Pankeufer, Badstraße 38/39, das sog. Luisenhaus (Carl Galuschki)

    http://www.staedte-klamotten.com/623-0-Luisenha…se-38---39.html

    Auf der anderen Seite der Panke, Badstraße 40/41 (Wilhelm Martens)

    http://www.staedte-klamotten.com/624-0-Wohnhaus…se-40---41.html

    Mitte, Magazinstraße 6/7

    Und zum Abschluss ein verstecktes Schmuckstück - der Innenhof des gegenüberliegenden Hauses Magazinstraße 15/16

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ich dachte mir stets, dass ich Berlin gut kenne, aber wenn ich jetzt diese vielen mir bis dato gänzlichen Prachtbauten sehe, merke ich erst, wie viel Teile Berlins mir noch unbekannt sind.

    Danke für diese Bilder!

  • Wedding, Müllerstraße 132

    Gesundbrunnen, Heinz-Galinski-Straße 8, 9

    Kreuzberg, Gitschiner Straße/Lindenstraße (Hermann Solf, Franz Wichards)

    Neukölln, Karl-Marx-Straße 77-79, Amtsgericht Neukölln

    http://www.berlin.de/ba-neukoelln/derbezirk/amtsgericht.html

    Neukölln, Karl-Marx-Straße 97-99, Alte Post (Hermann Struve)

    Neukölln, Karl-Marx-Straße 100/Rollbergstraße

    Bildquelle: Wikipedia, Benutzer "Torstenww", Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

    Neukölln, Karl-Marx-Straße 109/Werbellinstraße

    Neukölln, Karl-Marx-Straße 198/Jonasstraße

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Also, dieses Luisenhaus mag mir nun überhaupt nicht gefallen, viel zu bunt für meinen Geschmack. Zum Glück eine Ausnahme. Mir imponieren da eher diese Geschäftshäuser im Stil wie Magazinstraße 6/7, massiv gebaut und mit großen Fensterflächen. Oder dann wieder so reich verzierte Fassaden wie bei Karl-Marx-Straße 109.

    In dubio pro reko

  • Du kennst dich ja gut aus in Berlin - hast du dort mal gewohnt?


    Nee, aber ich beschäftige mich hobbymäßig mit Stadtplanung und Stadtentwicklung deutscher Großstädte in der Industrialisierung und um die Jahrhundertwende bis in die 30er Jahre. Meine Schwerpunkte verlagern sich da immer wieder. Zur Zeit ist Hamburg mein Schwerpunkt. Um eine Stadt zu erkunden ohne hinzufahren ist Google Streetview wirklich nicht zu verachten. Da kann man auch die Badstraße entlagpromenieren. Der Rest ist Recherche, deshalb kenne ich das Luisenhaus.

    @Volker:
    Du hast sicher recht, an sich betrachtet ist das Luisenhaus schon ein bisschen scheußlich aber dennoch gerade interessant, weil m.E. hier versucht wurde im Rahmen des Historismus einen eigenen Stil zu kreieren, was aber etwas misslungen ist.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Mitte, Torstraße 75/Christinenstraße

    Mitte, Hausvogteiplatz 12, Haus zur Berolina

    Mit dem famosen Originalaussehen kann man den heutigen Bau allerdings nicht mehr vergleichen - er ist quasi ein gerupftes Huhn.

    Mitte, Hausvogteiplatz 3-4, Haus zum Bullenwinkel

    Kreuzberg, Lindenstraße 19-25, ehem. Haus der Victoria Versicherung

    http://de.wikipedia.org/wiki/Victoria_…rlin-Kreuzberg))

    Kreuzberg, Fichtestraße 4-1

    Neukölln, Hermannstraße 256-258

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Palantir,

    Danke Ihnen für die auch für mich unbekannte Bauten ausserhalb die Innenstadt (wo ich die meiste Bauten schon kenne).
    Dazu schönen Bauten in der Badstrasse und Karl Marx Strasse. Gut dass es noch immer intakte schöne Gründerzeitler gibt.
    Habe diese nicht mit Google Earth oder Bing erfasst, also besser die angenehme Überraschung. Wie Sie auch wissen stehen noch vielen schönen Bauten in die Aussenviertel da. Berlin hat gewiss bestimmten Flair, die ich schon besser finde dann die Bauten in Halle oder [lexicon='Leipzig'][/lexicon].
    Chemnitz hat mich auch schon possitiv überrascht, wie die wenigen richtig schöne erhalten Bauten in Dresden.
    In der Niederlanden wird immer behauptet dass in der Hauptstadt eines Landes immer am besten gebaut wurde/ wird.........
    Also stehen in Amsterdam die nehr schöneren Bauten, dann zum Beispiel in Rotterdam oder Den Haag.

    Gerade Rollbergstrasse war nach dem Krieg völlig Intakt und fast total abgebrochen, wie das Viertel am Vineta Platz.
    Habe damals ein Film aus der 70-er Jahren über Kinder gesehen wenn Vineta Platz noch heil war: Wunderschön, obwohl viele Wohnungen
    damals schon leer standen.

  • Mitte, Mohrenstraße 63 am Zusammenlauf Mauerstraße/Glinkastraße, auch Glinka-Haus genannt.

    Der Bau wurde im 1. Weltkrieg 1916 vollendet.

    Mitte, Münzstraße 14-16/Max-Beer-Straße

    Mitte, Oberwallstraße 9/Hausvogteiplatz (Kayser/v.-Großheim)

    Mitte, Planckstraße 20, ehem. Theater-Beamtenwohnhaus, heute u. a. Sitz der Quäker

    Das Gebäude wurde im 1. Weltkrieg 1915 vollendet.

    Charlottenburg, Schillerstraße 125-127, Schiller-Oberschule

    http://www.berlin.de/ba-charlottenb…oberschule.html

    Tiergarten, Kurfürstenstraße 21-23, Doppelmietshaus (Heino Schmieden, Heinrich Aldenkirchen)

    Schöneberg, Kurfürstenstraße 132, Villa Fromberg (Cremer, Wolffenstein)


    http://www.welt.de/print-welt/art…-die-Kunst.html

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    (Immanuel Kant)

  • Palantir, tolle Fortsetzungen!

    Neukölln, Hermannstraße 256-258

    Die Ecklösung dieses Gebäudes von 1907 finde ich mit ihrem gestaffelten Aufbau und den konvex-konkav geschwungenen Fassaden äußerst gelungen und zeigt mir, dass man in der Gründerzeit durchaus auch ohne Kuppeln imposante Eckbauten errichten konnte. Habe zuerst gedacht, dass das Erdgeschoss dieses Gebäudes wegen der großen Fenster verunstaltet worden ist, solche großen Fenster waren aber vermutlich bereits ursprünglich vorhanden, wie mir nach dieser Postkarte scheint

  • Charlottenburg, Hardenbergstraße 33, heutige UdK

    Charlottenburg, Hardenbergstraße 31 (Paul Kischke), Sitz des OVG Berlin-Brandenburg, zuvor des Bundesverwaltungsgerichts

    http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/ovg/rundgang.html

    Schöneberg, Hauptstraße 30/31

    Schöneberg, Hauptstraße 27/28, ehem. Postamt

    Schöneberg, Hauptstraße 134

    Schöneberg, Hauptstraße 17/18, Doppelmietshaus (Fritz und Martin Flatow)

    Schöneberg, Elßholzstraße 31-33, Kammergericht Berlin (Paul Thoemer, Rudolf Mönnich)

    Zur Baugeschichte des Gebäudes am Kleistpark, welches in seiner Historie auch dem Volksgerichtshof und dem Alliierten Kontrollrat als Sitz diente:
    http://www.berlin.de/sen/justiz/ger…geschichte.html
    Einige schöne Einblicke ins Innere:
    https://www.pappnas-photos.de/photos/berliner-kammergericht/

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (20. März 2018 um 20:49)