Wo gibt's in Deutschland Fachwerk?

  • Die Frage mag zunächst naiv erscheinen, haben wir doch noch Unmengen von Fachwerkhäusern in Deutschland...

    Sehr viele davon befinden sich aber in Kleinstädten (da diese in der Regel nicht Ziel der Bombenangriffe waren). Nahezu alle Orte der "Deutschen Fachwerkstraße" sind Kleinstädte. Aber wie sieht es aus mit großen und mittelgroßen Fachwerkstädten?
    (Für mich fängt "mittelgroß" übrigens bei etwa 50.000 Einwohnern an, alles darunter ist Kleinstadt)

    Verluste in diesem Sinne sind Frankfurt, Kassel, Hildesheim, Braunschweig. Einige dieser Städte haben aber zumindest einen Teil ihrer Identität als Fachwerkstadt in Form von einzelnen Plätzen oder Straßen bewahrt (z. B. Historischer Marktplatz Hildesheim, [lexicon='Römerberg'][/lexicon] in Frankfurt).

    Eine Großstadt, deren historischer Kern von Fachwerk geprägt ist , die aber außerhalb Deutschlands liegt, ist Straßburg (237.000 Einwohner).

    In Deutschland hingegen fallen mir spontan Celle (72.000 Einwohner) und Wetzlar (52.000 Einwohner) ein (gibt sicher aber noch mehr).

    Wie stark ist eigentlich Erfurts Altstadt vom Fachwerk geprägt?

    Also: Wo sind die großen Fachwerkstädte Deutschlands? Alle weg?

  • Ein weiterer Grund, warum es in größeren Städten nur noch so wenig Fachwerk gibt ist der, dass in der so genannten Gründerzeit, wo die Bevölkerung in vielen Städten förmlich explodierte, viele Fachwerkbauten gründerzeitlicher Architektur weichen mussten.

  • Hmmm, Erfurt weist schon einiges an Fachwerkbauten auf, gleichzeitig gibt es aber auch jede Menge Renaissance-Bauten, die vollständig aus Stein gebaut sind.
    Eine Fachwerk-Stadt im engeren Sinn wie das alte Frankfurt, das alte Kassel oder das alte Braunschweig ist es also eigentlich nicht.
    Was ist denn mit Göttingen? Das fiele zwar eher unter die Kategorie "mittelgroß", ist aber, wenn ich mich an einen Kurzaufenthalt vor Jahren richtig erinnere, sehr stark von Fachwerk geprägt. In dieselbe Kategorie ("mittelgroß") würde ich dann z.B. auch noch Tübingen mit knapp über 80.000 Einwohnern einordnen.
    Eine von Fachwerk geprägte Großstadt gibt's in Deutschland nach den Kriegszerstörungen wohl nicht mehr. Das waren schon die von dir angeführten Städte plus - nicht zu vergessen - das alte Hannover und das alte Ulm.

  • Fulda hat sehr schöne Fachwerkhäuser (und ist überhaupt sehr schön), aber ich finde eigentlich nicht, dass die Fachwerkhäuser das Bild der Altstadt wirklich dominieren...

    Quedlinburg ist natürlich ein sehr bekanntes Beispiel für eine schöne Fachwerkstadt, aber eben nicht sehr groß (ich war im übrigen noch nie dort :weinen: ).

    Kann jemand was zu Hameln sagen (ca. 59.000 Einwohner)?

  • Hameln hat eine feine Altstadt, die von Fachwerk und Weserrenaissance geprägt wird. Zwar klein, aber geschlossen. Mir fiele noch Goslar ein, wenn dort viel Fachwerk steht.

  • Ich hatte gerade in der Galerie im Celle-Strang mit Johan folgendes Gespräch:

    Zitat

    Genau das ist übrigens ein Punkt, auf den ich in dem "Wo gibt's in Deutschland Fachwerk"-Strang hinaus wollte. Ich habe nämlich das Gefühl, dass wir durch den Verlust der wirklich großen Fachwerkstädte (Frankfurt, Kassel, etc.) auch nur noch sehr wenige von den ganz großen Fachwerkhäusern haben. Die Fachwerk-Kleinstädte haben nicht viele Gebäude von so imposanter Größe...

    Weiß eigentlich jemand, welches Fachwerkhaus allgemein als das größte Deutschlands gilt? Forscht man im Internet, findet man auf einer Seite die Behauptung, es sei das Knochenhaueramtshaus in Hildesheim; auf einer anderen Seite wird gesagt, das größte Fachwerkhaus befinde sich in Halle.

    Weiß da jemand mehr?

  • Über 50TEw:
    Eine sehr schöne Fachwerkstadt ist Wolfenbüttel, das muss man gesehen haben. Auch in Lüneburg gibt es noch viel Fachwerk.
    Hattingen soll wohl die schönste Stadt im Ruhrgebiet sein, ebenfalls mit schönen Fw-bauten (ich war noch nie da).
    In Süddeutschland sind viele Fw-bauten leider verputzt (Tübingen, Esslingen, Schwäbisch Gmünd), dennoch vermotteln diese Städte ein sehr harmonisches Bild.

    Über 100TEw:
    Hier sieht es in der Tat mager aus, Göttingen und Erfurt sind ja schon genannt, einige Häuser in Fürth, mehr ist wohl nicht da.
    Ausserdem gibt es in Moers und Recklinghausen noch ansehnliche Zentren, zwar wenig Altbau, aber für NRW sehr hübsch...

  • Zitat

    Genau das ist übrigens ein Punkt, auf den ich in dem "Wo gibt's in Deutschland Fachwerk"-Strang hinaus wollte. Ich habe nämlich das Gefühl, dass wir durch den Verlust der wirklich großen Fachwerkstädte (Frankfurt, Kassel, etc.) auch nur noch sehr wenige von den ganz großen Fachwerkhäusern haben. Die Fachwerk-Kleinstädte haben nicht viele Gebäude von so imposanter Größe...


    Richtig, die Anmutung großer, imposanter Fachwerkhäuser ist wirklich von ganz besonderer Art, ganz anders als die kleiner Fachwerkbauten.
    Das ist mir kürzlich erst so richtig klar geworden, als ich mal wieder in Tübingen war. Da steht in einer engen Gasse am Rathaus ein ca. 10-12 m breiter, fünfstöckiger Fachwerkbau, geradezu ein "Hochhaus" des Mittelalters. Das ist schon was ganz anderes als kleine schmale Fachwerkhäuschen. Auch der Raumeindruck, der so entsteht, ist ein ganz anderer. Deshalb darf man sich wohl Städte wie Frankfurt, Hannover, Braunschweig, Kassel oder Nürnberg nicht wie quasi "hochgerechnete" Göttingens oder Wetzlars vorstellen. Das Raumgefühl in diesen Städten muß ein ganz anderes gewesen sein.

  • Zitat

    Das Raumgefühl in diesen Städten muß ein ganz anderes gewesen sein.

    Allein diese Tatsache schreit ja geradezu nach der Rekonstruktion eines Fachwerkviertels in einer Großstadt: das von dir genannte Raumgefühl für die heute lebenden Menschen wieder erlebbar zu machen.

    Weil du gerade Nürnberg erwähnst: Die Fachwerkhäuser in der Weißgerbergasse kamen mir damals bei meinem Besuch sehr hoch vor (aber von normaler Breite). Vielleicht "ahnt" man an dieser Stelle ein wenig von dem früheren Effekt...

  • Am ehesten nachvollziehen lässt sich dieses Raumgefühl in unzerstörteren Deutschen Städten, wie z.B. Strassburg. (Ich weiss, dass Strassburg in Frankreich liegt, Kulturhistorisch ist es aber überwiegend Deutsch). Was ist mit Prag ?

  • Zitat

    Allein diese Tatsache schreit ja geradezu nach der Rekonstruktion eines Fachwerkviertels in einer Großstadt: das von dir genannte Raumgefühl für die heute lebenden Menschen wieder erlebbar zu machen.

    Ganz genau so seh' ich das auch!

  • Aber es gibt ja nicht nur das Fachwerk des deutschsprachigen Kulturkreises (zu dem das Fachwerk des Elsass, also auch Straßburg, zu rechnen ist), sondern es gibt auch normannisches Fachwerk. Und das sieht, finde ich, doch ein wenig anders aus als das, was wir hier kennen...

    Beispiele aus Rouen:


    Quelle: Wikipedia


    Quelle: Wikipedia

    (Bei diesem Bild nicht den Bogen beachten, so schön er auch sein mag, sondern das Fachwerk dahinter!!!)

  • Zitat

    Hattingen soll wohl die schönste Stadt im Ruhrgebiet sein, ebenfalls mit schönen Fw-bauten (ich war noch nie da).

    Habe noch diese 2 Fotos gefunden:

    http://imageshack.us[/img]
    http://imageshack.us[/img]

    In der Tat ein nettes Städtchen (sogar mit teilweise erhaltener Stadtmauer). Man muss im übrigen unterscheiden zwischen den Städtchenen bzw. eingemeindeten Stadtteilen an der Ruhr und dem Ruhrgebiet! Sind 2 verschiedene Dinge.

    Hier noch der offizielle Link:
    http://www.hattingen.de/postnuke/index…eit/sehensw.htm

  • Die Städte an der Ruhr gehören zum Ruhrgebiet... nur sind sie meist idyllischer weil weniger industriell geprägt. Schön sind z.B. auch Werden und Kettwig, seit 1929 bzw. 1975 Stadtteile von Essen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Da fällt mir noch ein:
    Herford- leider eine der unrühmlichsten Beispiele der westdeutschen Nachkriegsverschandelung. Dort wo einst geschlossene Altstadviertel mit vorwiegender Fachwerkbebauung den Krieg überstanden kann man nun schön mit dem Auto die Stadt umfahren (vierspurig) und die nunmehr säumenden 70/80er Platte bewundern. Desweiteren gibt es ein großes Kaufhausgebäude (für dessen Bau auch intakte Altbausubstanz weichen musste) natürlich hässlich und schon lange leerstehend! Von den Parkhäusern ganz zu schweigen...
    Dennoch gibt es noch straßen, in denen das alte Stadtbild annähernd erahnbar ist.

    Detmold ist auch zu nennen. Damals weniger Geld- ergo keine "Stadterneuernden" Eingriffe- ergo sehr schön anzuschaun.

    Über Rheda-Wiedenbrück ist leider nichts nennenswert Gutes zu berichten (außer dem Schloss von Rheda) trotz der Hinweisschilder auf der A2- also lieber weiterfahren :zwinkern:

    Soest wiederum hat etliche Fachwerkgebäude. Hat mir sehr gefallen

    Und überhaupt, warum bin ich nicht gleich drauf gekommen: Freudenberg im Siegerland. Zwar nur 16500 Einwohner aber umsomehr Fachwerkbestand.

    Das also meine Vorschläge für Ost- und Südwestfalen

  • Zitat

    Die Städte an der Ruhr gehören zum Ruhrgebiet...


    Sag das mal einem Kettwiger- der bringt Dich um. :lachen:
    Ist mir im Prinzip schon klar, nur ich sehe da von dem Gepräge her schon einen Unterschied!
    Eigentlich müsste der "Pott" geografisch richtiger heißen:
    Emschergebiet