Dieser Themenstrang soll dem nach der St. Ansgarii Kirche und dem Essighaus wichtigsten – heute aber leider unbekanntesten – Bremer Rekonstruktions-Desiderat gewidmet sein: Dem ‚Kornhaus’, welches - wie aus seinem Namen unschwer abzuleiten ist - das städtische Getreidemagazin beherbergte.
Die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert, die Epoche in der das Gebäude entstand, war in Bremen von der Neuerrichtung bzw. Renovierung staatlicher Großbauten geprägt: Den Anfang machte von 1586 bis 1588 die Stadtwaage, den Abschluß bildete der ambitionierte Umbau des alten gotischen Rathauses, der kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges vollendet war. Zeitlich zwischen diesen beiden Projekten lag die Erbauung des Kornhauses in den Jahren 1590 bis 1591. Das verbindende Element aller genannten Gebäude war die Person des Steinhauermeisters Lüder von Bentheim, der mit diesen drei Hauptwerken seines Oeuvre Gipfelpunkte der ‚Weser-Renaissance’ schuf.
Gemeinsam mit der Stadtwaage flankierte das Kornhaus die wichtigste Handelsstraße der Stadt, die Langenstraße, an der die Packhäuser der Kaufleute dicht an dicht standen. Fast an ihrem östlichen Anfang befand sich die Stadtwaage und am gegenüberliegenden westlichen Abschluß des Straßenzuges, dort wo vordem eine Mauer mit Turm die ältesten Teile der Stadt gegen die vor den Toren gelegene nicht ummauerte ‚Steffensstadt’ abgrenzte, war das Kornhaus belegen.
Nachdem es seine Funktion an der Wende zum 19. Jahrhundert eingebüßt hatte, wurde immer noch sein künstlerischer Wert geschätzt, was ihm das Schicksal vieler mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Packhäuser ersparte, die während des Baubooms der Gründerzeit niedergelegt wurden. So konnte sich das Kornhaus neben Rathaus, Schütting, Gewerbe- und Essighaus zu einer der ‚Ikonen’ der Stadt mausern, welche jeder Besucher gesehen haben mußte, da sie im Baedeker mit einem Stern versehen waren.
Der zweite Weltkrieg ließ nur Teile der Fassade zur Langenstraße übrig. Diese waren jedoch zum Wiederaufbau vorgesehen, bis ein starker Sturm die Hälfte des verbliebenen Restes zum Einsturz brachte. In der Folge entschied man sich für den Abtrag der traurigen Ruine. Der Wappenstein, welcher das Gebäude als städtisches Eigentum gekennzeichnet hatte, ziert heute die Front des Bremer Staatsarchivs.
Am historischen Standort befindet sich gegenwärtig ein freier Platz. Das Areal wurde nicht wieder bebaut, was ja für Rekonstruktionsvorhaben immer von Vorteil ist, muß doch in solchen Fällen nicht erst ‚usurpatorische Bebauung’ in kostenintensiver Weise fortgeschafft werden !
Im Folgenden einige Bilder aus der Geschichte des Hauses und als Abschluß eine Visualisierung wie eine ‚Reko’ im Stadtbild wirken würde.
Die 'Landseite' des Kornhauses vom Ende der Langenstraße aus gesehen
Eine farbige Version derselben Perspektive
Frontalansicht, welche die charakteristischen Elemente der Weser-Renaissance an der Fassade dokumentiert: Die Obelisken als Giebelbegrenzung und die starke Betonung der Gebäudekanten durch Hausteinquader. Links oberhalb der ersten Packbodenluke ist das Bremische Wappen eingelassen (heute am Staatsarchiv)
Blick von der Straße 'Am Geeren' auf das Gebäude und sein Umfeld
Die 'Wasserseite' des Kornhauses zur Weser hin war ebenso reich geschmückt wie die Seite zur Langenstraße
Der Bombenkrieg ließ nur die Frontfassade zur Langenstraße stehen. Die Bauverwaltung plante nach dem Kriege den Wiederaufbau....
Bis ein Sturm die linke Hälfte des Torsos zum Einsturz brachte. Das bedeutete dann das 'Aus' für den historischen Bau
Gegenwärtig befindet sich ein baumbestandener Platz auf dem Areal
So würde eine Rekonstruktion wirken: