Hildburghausen (Galerie)

  • Hildburghausen liegt an der Werra in Südthüringen etwa 35km südwestlich von Meiningen und 30km nordöstlich von Coburg. Die Stadt hat knapp 12000 Einwohner und ist die Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises.

    Kurz zur Geschichte: Hildburghausen wurde wahrscheinlich im 8./9. Jh. als fränkische Siedlung gegründet, erstmals 1234 als Marktsiedlung erwähnt, 1331 Verleihung des Stadrechts durch Berthold VII. von Henneberg-Schleusingen. Nach mehrfachem Besitzerwechsel entsteht 1680 durch die Teilung von Sachsen-Gotha das Fürstentum (seit 1806 Herzogtum) Sachsen-Hildburghausen, dessen Residenz 1684 nach Hildburghausen verlegt wird. 1711-25 Bau der Neustadt und Ansiedlung von Hugenotten nördlich der Altstadt. 1779 zerstört ein Brand etwa ein Drittel der Stadt u. a. die Stadtkirche. 1826 fällt Hildburghausen nach Auflösung des Herzogtums an Sachsen-Meiningen. In den 1980er Jahren Flächenabriss im Bereich Häfenmarkt/Apothekergasse in der nordwestlichen Altstadt und Neubebauung mit angepassten Plattenbauten.

  • Mein Rundgang beginnt am Bahnhof zunächst durch die gründerzeitliche Bebauung südwestlich- und östlich der Altstadt.

    Bahnhofsvorplatz mit Wasserturm und Busbahnhof


    Bahnhofstraße


    Bahnhofstraße Ecke Friedrich-Rückert-Straße


    Friedrich-Rückert-Straße 15


    Friedrich-Rückert-Straße 11, eine prächtige Villa mit Jugendstilelementen, erbaut im Jahr 1902 vom Architekt S. Leffler.


    Friedrich-Rückert-Straße 6/8, Hotel "Burghof" erbaut 1898-1900 nach Plänen von August Berger.

  • Puschkinplatz 5


    Blick durch die Clara-Zetkin-Straße, links entsteht gerade das Schloss-Center daneben die Stadtmauer aus dem 14. Jh., rechts liegt der Schlosspark.


    Denkmal für Luise von Preußen von 1815 im Schlosspark, Luises Schwester Charlotte war Herzogin von Sachsen-Hildburghausen.


    Blick durch den Schlosspark zum 1896 errichteten Technikum (Helenenstraße 1), das heute als Berufsschule genutzt wird.


    Blick von der Helenenstraße zur etwas erhöht liegenden Stadtkirche, der Graben zieht sich um den ganzen Schlosspark.

  • Das Schloss war von 1685-1707 durch die Baumeister Elias Gedeler und Johann Schnabel erbaut worden. Am 7. April 1945 wurde es durch Artilleriebeschuss weitgehend zerstört, weil die anrückenden Amerikaner aus dem als Kaserne genutzten Schloss beschossen wurden. Die Reste wurden von 1947-50 abgerissen.

    Ansicht vom Schlosspark


    Ansicht vom Schlossplatz jetzt Johann-Sebastian-Bach-Platz


    Die Decke des Treppenhauses aus "Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums-Sachsen Meiningen, Kreis Hildburghausen"

  • Vielen Dank für die bisherigen Ansichten, Michael.
    Die Stadt gefällt mir sehr gut, vor allem - auch wenn jetzt manche die Nase rümpfen - das famose Hotel Burghof oder die prächtige Villa an der Friedrich-Rückert-Straße.
    Die Historie von Hildburghausen war mir bislang überhaupt nicht vertraut (Fürstentum>Herzogtum, Königsschwester, "Dunkelgräfin" etc.), aber sie bietet wohl reichlich interessanten Stoff.

    Diesen hübschen Stahlstich von Hildburghausen aus der Mitte des 19. Jhdts. möchte ich hier gerne zeigen:

    gemeinfrei

    Zum ehemaligen Schloss, dann Schlosskaserne Hildburghausen gibt es übrigens auch eine Wiki-Seite:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Hildburghausen

    Wie es 1945 aussah, kann man auf folgender Seite ganz unten betrachten:
    http://www.dunkelgraefinhbn.de/1933-_-1945.htm
    Die Seite hat übrigens sehr viele Informationen und Ansichten aus der Hildburghauser Geschichte.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Aber die Villa Friedrich-Rückert-Straße 11 ist ja erst richtig à la bonne heure ! Ganz große Architektur. :daumenoben:

    Der Anblick hat mir den Tag verschönt, danke!

  • Das Hotel Burghof gefällt, aber die Villa in der Friedrich-Rückert-Straße haut mich um! So eine Qualität hättte ich nur noch in Dresden vermutet - megalodonmäßig! Ob es im Treppenhaus auch noch so aussieht wie Annodazumal? Ach...

  • Danke für eure Antworten.

    Das Hotel Burghof ist laut Dehio auch von Innen gut erhalten, der Saal mit Historienmalereien von August Brandes.

    An der Westseite des von Zeno erwähnten Puschkinplatzes am Beginn der Gerbergasse steht dieses Fachwerkhaus aus dem 17. oder frühen 18. Jh..


    Das Nachbarhaus, das ehemalige Gasthaus zur Post, von 1614 ist leider in schlechtem Zustand. Ich hatte nur die Inschrift fotografiert, die lautet: HERR IN DEINEN NAMEN FANG ICH AN DU BIST DER RECHTE ANFANG. ICH WEIS DAS DU DER GRUND UND ECKSTEIN BIST DARAUF WIR BAWEN ZU ALLER FRIST. KOM LIEBER HERR IESU KOM BEHENDT UND LOB DEN MEISTER VON ANFANG BIS ZU END. 1614."


    An der Nordostseite des Platzes steht das sog. Hoheitshaus. Es wurde 1750 vom Geh. Kriegsrat Christian von Könitz erbaut. Die Wohnung im Erdgeschoss steht im Moment leer, viel Innenausstattung ist leider nicht mehr vorhanden, es wird schon in den Bau- und Kunstdenkmälern von 1904 als völlig modernisiert beschrieben.


    Von der Ostseite geht es in die Untere Marktstraße, mit der ich in den nächsten Tagen weiter mache, hier stand bis um 1827 das etwa 40m hohe Römhilder Tor.

  • Wie immer sehr gelungene Bildserie, Michael!

    Auch wenn ich natürlich die historische Bebauung der Stadt, die du schon gezeigt hast ansprechender finden werde, wäre ich doch an Photos der von dir erwähnten "angepassten Plattenbauten" im Bereich Häfenmarkt/Apothekergasse interessiert, da ich noch nie in Hildburghausen war. Was ich früher zu der Zeit als ich den Osten der Republik noch nicht so erkundet hatte nicht wußte, ist dass es ja durchaus auch Plattenbauten gibt, die ich nicht direkt abreißen möchte, sondern die einen gewissen Reiz wegen ihrer regional angepassten Gestaltung haben. Ich selbst hatte ja schon mal ein paar Beispiele aus Cottbus und Schmalkalden hier gezeigt. Kannst du mir damit dienen?

    2 Mal editiert, zuletzt von -Frank- (13. Januar 2014 um 00:24)

  • Frank: Von den Plattenbauten habe ich keine Bilder. Angepasst heißt hier vor allem nur drei Stockwerke und kein Flachdach. Das Viertel wird übrigens gerade saniert: Viel Grün statt Alltagsgrau
    Ganz gut gefällt mir die Apothekergasse: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm….jpg?uselang=de

    Danke für die Ergänzung Zeno. Die Neubebauung auf Bild 4804 gefällt mir gut, nur die Ecke mit diesem komischen Dach hätte nicht sein müssen.

  • Weiter in die Untere Marktstraße. In diesem Bereich brannten im Jahr 1865 sechs Häuser nieder, beim Wiederaufbau wurde die Straße etwas verbreitert, was man noch gut am Rücksprung der Häuser sehen kann.


    Auf der anderen Seite nutzte man den Vorsprung später für den Bau eines Erkerturms.

  • Sein heutiges Gesicht erhielt der vom Rathaus dominierte Marktplatz weitgehend im 18. Jh., obwohl einige Häuser im Kern sicher älter sind. An der Nordwestecke stehen noch einige verputzte Fachwerkhäuser mit Renaissanceportalen aus dem 16./17. Jh.

    Blick über den Marktplatz nach Osten


    Zum Vergleich eine Fotografie von ca. 1910.


    Die größte Veränderung entstand durch einen durch Brandstiftung verursachten Großbrand im Jahr 1972 dem die drei Häuser westlich vom Rathaus zum Opfer fielen. Noch in den 70er Jahren wurden sie als Konsum-Warenhaus mit Wohnungen in den oberen Stockwerken wiederaufgebaut, sehr gelungen wie ich finde. Die Häuser wurden als ich die Bilder machte gerade renoviert, deshalb die leeren Fenster. Großprojekt am Hildburghäuser Markt im Wachsen
    Davor steht der 1902 vom Kaufmann Max Michaelis zu Ehren des damaligen Herzogs Georg II. von Sachsen-Meiningen gestiftete Herzog-Georg-Brunnen, der vom Bildhauer Adolf von Hildebrand entworfen wurde. Seit 1996 steht er wieder an seinem ursprünglichen Standort, nachdem er in den 1970er Jahren vor das Stadttheater versetzt worden war.


    Das Rathaus hat seinen Ursprung in einem Steinbau der sog. Kemenate aus dem 13. Jh. die 1388 abbrannte und danach der Stadt zum Bau des Rathauses überlassen wurde, welches von 1395 bis ca. 1417 gebaut wurde. Dieses Rathaus wurde durch ein großes Unwetter im Jahr 1572 schwer beschädigt. 1594/95 wird das heutige Gebäude unter Wiederverwendung älterer Substanz errichtet. Von 1683 bis 1760 befand sich auch die Regierung von Sachsen-Hildburghausen im Rathaus. 1881/83 wird die bis dahin noch zum Tuchhandel genutzte offene Halle im Erdgeschoss vermauert, bei der umfassenden Sanierung 1995-2001 wurden die Arkaden wieder geöffnet. Seit dem Auszug der Stadtverwaltung 1997 befinden sich die Stadt- und Kreisbibliothek und Touristinformation im Gebäude.


    Am Torbogen sind die die Zeichen der damals in Hildburghausen ansässingen Zünfte eingemeißelt. Darüber links das große sächsische Wappen und rechts das von wildem Mann und wilder Frau gehaltene Stadtwappen. Die Inschrift lautet: "Ach Frewlein zarrt Halt vest und Hartt. Ob ich bin ein Frewlein wiltt so weich ich doch nicht von diesem schilt."

  • Nordseite des Marktplatzes


    Die Häuser sind meistens verputzte Fachwerkhäuser. Sehr wichtig sind bei diesen recht schlichten Häusern die Sprossenfenster, an denen es glücklicherweise in Hildburghausen kaum etwas zu bemängeln gibt.


    Markt Ecke Apothekergasse, mit flachem Rokoko-Stuck.


    Nord-West-Seite, das Gebäude mit der Sonnenuhr rechts ist ein Neubau aus den 1970er Jahren, das Haus wurde wohl wegen Baufälligkeit abgebrochen und originalgetreu wiederaufgebaut, das wiederverwendete Portal ist mit 1599 bezeichnet.


    Südseite, ganz links das ehem. Gasthaus "Zur fränkischen Leuchte", das grüne Nachbarhaus fällt durch seine Farbe und die Fenster negativ auf. Ganz rechts das um 1760 erbaute sog. Regierungsgebäude, das seit 1812 als Gerichts- und Verwaltungsgebäude und bis vor einigen Jahren als Landratsamt genutzt wurde, jetzt Läden und Büroräume.


    Im Treppenhaus und zwei anschließenden Räumen des Regierungsgebäudes sind Stuckdecken von Bernhard Hellmuth erhalten, hier ein Bild aus "Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Sachsen-Meiningen, Kreis Hildburghausen".


    Süd-Ost-Seite, diese Häuser stammen aus der Zeit nach dem Stadtbrand von 1779, ganz rechts das ehem. Gasthaus "Zum braunen Ross" von 1780.

  • Sehr schön, vielen Dank. Scheint ein recht großräumiger Platz zu sein. Wie sieht aber die Westseite aus?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Schön zu wissen, dass alles schön erhalten ist. Danke!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @Palantir: Den Link kannte ich schon. Ich hatte lange nach alten Bildern gesucht, aber kaum etwas zum Einstellen ins Forum gefunden.

    Weiter in die Obere Marktstraße, die 1779 vollständig abbrannte und nach einheitlichen Plänen wiederaufgebaut wurde.


    Die Erdgeschosse sind kaum durch Ladeneinbauten gestört, in einigen Häusern sind auch noch die bauzeitlichen Türen erhalten.


    Am Ende der Straße steht das ehemalige Bibliographische Institut. Es wurde von 1780-83 als sog. Erbprinzenpalais für den Kanzler Johann Christian Brunnquell errichtet. Von 1828-74 war es Sitz des Bibliographischen Instituts, das unter anderem durch Meyers Konversationslexikon oder Brehms Tierleben bekannt wurde. Nach Umzug des Instituts nach [lexicon='Leipzig'][/lexicon] als Technikum und später als Schule genutzt. Seit der Sanierung 2005 beherbergt es die Kreismusikschule, Volkshochschule und die Post. Im Inneren befindet sich ein schönes Treppenhaus und einige Stuckdecken.


    Gedenktafel für Joseph Meyer.

  • Welche Wohltaten für unsere Augen, herrlich. Vielen Dank, Michael. Solche gut erhaltenen und vom Modernismuswahn verschont gebliebenen Plätze wie den Marktplatz von Hildburghausen gibt es ja leider viel zu wenige in unserem Land ....

  • Welche Wohltaten für unsere Augen


    So ein wunderbar einheitliches und schönes Ortsbild habe ich fast noch nie gesehen. Alles wirkt so aufeinander abgestimmt, auch die bunte Farbgebung der Häuser ist sehr angenehm. Da springt einfach kein einziges Haus aus der Reihe. Fast noch besser als der Marktplatz gefällt mir die Obere Marktstraße. Bemerkenswert sind die durchgehend historischen Fassaden... Einfach traumhaft. Das Rathaus springt um eine Achse aus der Häuserzeile - kann das sein, dass die Fassadenlinie vor der barocken Erneuerung auf dieser Höhe war - und vielleicht sogar die Rathausarkaden dort ihre Fortsetzung fanden?

    Ich freue mich auf die Fortsetzung. Danke, Michael!!!