• Volle Zustimmung - allerdings passt es m.E. nicht hierhin sondern nur in den Abrisse-Thread. Freut mich übrigens, dass mittlerweile auch mehr Leute hier im Forum qualitätsvolle 50er-Jahre-Architektur zu schätzen wissen. Insbesondere im Bereich von Gewerbebauten hat es dort viele interessante Gebäude gegeben. Das Neue Pfeilerhaus zählt m.E. nicht unbedingt dazu.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Das Unterlassen der Rekonstruktion des Pfeilerhauses hat dieselbige des Zuckerhuts zur Kuriosität gemacht. Gab es denn neben ideologischen noch anderen Gründen (finanziell, Eigentum) warum aus dem Pfeilerhaus nichts geworden ist? Diese Kombination geht einfach nicht.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Die Bebauung des Andreasplatzes aus den 1950er Jahren steht unter Denkmalschutz, auch das Pfeilerhaus.
    Die Rekonstruktion des Pfeilerhauses war wohl auch schlicht zu teuer, da kursierte ein siebenstelliger Betrag. Meines Wissens ist das Pfeilerhaus wie auch der Zuckerhut in gleicher Hand (eine Stiftung oder so), vorher gehörte das alles meines Wissens der GBG (städtische Baugesellschaft).
    Irgendwo meine ich auch mal gelesen zu haben, dass die Geometrien (Größe, Lage) von altem und neuem Pfeilerhaus voneinander so weit abweichen, dass es nicht mehr richtig passen würde.

  • "Die Bebauung des Andreasplatzes aus den 1950er Jahren steht unter Denkmalschutz"


    Unglaublich...:kopfschuetteln:

    Ist halt zeittypische Architektur der 1950er Jahre. Denkmalschutz geht nun mal nicht nach "Schönheit", das ist ja auch ein sehr wandelbarer Begriff. Nach dem Krieg fand man Gründerzeitarchitektur häßlich, und hat sie bis in die 80er Jahre reihenweise abgerissen. Das ist heute ein bisschen anders...

  • Ist halt zeittypische Architektur der 1950er Jahre. Denkmalschutz geht nun mal nicht nach "Schönheit", das ist ja auch ein sehr wandelbarer Begriff. Nach dem Krieg fand man Gründerzeitarchitektur häßlich, und hat sie bis in die 80er Jahre reihenweise abgerissen. Das ist heute ein bisschen anders...

    Denkmalschutz geht nicht nach "Schönheit" - das mag wohl sein, aber ohne ein Qualitätskriterium würde sich Denkmalschutz ad absurdum führen. Wenn allen Ernstes das "Zeittypische" als entscheidender Maßstab für Erhaltenswürdigkeit auf den Schild gehoben würde, würde alles Erneuerungsstreben, alle Zukunftshoffnung, alle Kreativität im Umgang mit der gebauten Umwelt abgewürgt; Jede Nachkriegstristesse, jede Plattenbausiedlung, jede Asphaltwüste, jede Industriebrache hätte dann das Schutzsiegel des "Zeittypischen" verdient und würde gegen verbessernde und dem Menschheitsfortschritt dienende Eingriffe verteidigt. Meine Position ist: lieber gar kein Denkmalschutz als einer, der für alles Gewordene, da es ja stets mehr oder weniger "typisch" ist, für alle Zeiten Bestandsschutz fordert.

  • Richtig. Die Bebauung könnte man aber recht leicht aufwerten. Dieses Pseudo-Fachwerk des neuen Pfeilerhauses könnte das gleiche Braun erhalten wie die Holzbalken des Zuckerhutes. Die Fenster müssten natürlich Sprossen bekommen. Sowie die Fenster der übrigen Häuser am Platz. Das einheitliche Grau muss unbedingt durch andere Farbakzente aufgefrischt werden. Rot eingedeckte Dächer wären wünschenswert. Das würde schon helfen.

    Hier ist ein gutes Bild der Situation.

  • Hildesheimer hat geschrieben:

    Zitat

    Die Bebauung des Andreasplatzes aus den 1950er Jahren steht unter Denkmalschutz, auch das Pfeilerhaus.
    Die Rekonstruktion des Pfeilerhauses war wohl auch schlicht zu teuer, da kursierte ein siebenstelliger Betrag. Meines Wissens ist das Pfeilerhaus wie auch der Zuckerhut in gleicher Hand (eine Stiftung oder so), vorher gehörte das alles meines Wissens der GBG (städtische Baugesellschaft).
    Irgendwo meine ich auch mal gelesen zu haben, dass die Geometrien (Größe, Lage) von altem und neuem Pfeilerhaus voneinander so weit abweichen, dass es nicht mehr richtig passen würde.

    Das alles kann man noch irgendwie verstehen, nur das nicht:

    Zitat

    Die Bebauung des Andreasplatzes aus den 1950er Jahren steht unter Denkmalschutz, auch das Pfeilerhaus.


    Die Wiedergewinnung des historischen Hildesheimer Andreasplatzes, der kunstgeschichtlich den gleichen Rang wie der Marktplatz hatte, wird in Hildesheim sicher das Werk einer ganzen Generation sein, wie es auch der Marktplatz war. Die heutige 50er-Jahre Bebauung, aufgehübscht oder nicht, kann nur ein einigermaßen erträglicher Platzhalter sein, bis die alten Häuser rekonstruiert sind. So gesehen macht selbst der Denkmalschutz noch Sinn, so daß keine Neubauten unserer Zeit da hinzukommen, die durch ihre Lebenszeit Rekonstruktionen zusätzlich verhindern. Wenn man den Denkmalschutz nur hier nicht absolut nimmt, wo er doch sonst so oft mit füßen getreten wird. Und dort kommt dann Ideologie ins Spiel.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Naja, ist ja keineswegs so, dass der Denkmalschutz "für alles Gewordene für alle Zeiten Bestandsschutz fordert". In Sachsen dürften ein paar mehr Häuser stehen als die letztens offiziell genannten 103.000 Baudenkmale. Ich habe den Satz von ca 3 % aller Bausubstanz, die geschützt sei, im Ohr - ob das stimmt, weiß ich nicht. Jedenfalls kommt kein Denkmalpfleger auf die Idee, "jede Plattenbausiedlung und jede Asphaltwüste" unter Schutz zu stellen. Da darf man auch bei der Betrachtung gerne etwas differenzieren.

    In Hildesheim stehen die meisten Bauten der 1950er Jahre nicht unter Schutz. Beim Andreasplatz sind es wohl auch eher städtebauliche Erwägungen gewesen, die Bebauung unter Schutz zu stellen. In der Denkmaltopographie steht was von "historischen Platzkanten" zu lesen. Das kann man so deuten wie Brandmauer, dass die jetzigen Bauten als Platzhalter verstanden werden können.

  • "Das kann man so deuten wie Brandmauer, dass die jetzigen Bauten als Platzhalter verstanden werden können."

    Das sei zu hoffen! Der Andreasplatz wäre ja sogar meinen deutschlandweit favoriten Rekokandidat.

    Einmal editiert, zuletzt von Niederländer (17. Februar 2015 um 21:51)

  • Naja, ist ja keineswegs so, dass der Denkmalschutz "für alles Gewordene für alle Zeiten Bestandsschutz fordert". In Sachsen dürften ein paar mehr Häuser stehen als die letztens offiziell genannten 103.000 Baudenkmale. Ich habe den Satz von ca 3 % aller Bausubstanz, die geschützt sei, im Ohr - ob das stimmt, weiß ich nicht. Jedenfalls kommt kein Denkmalpfleger auf die Idee, "jede Plattenbausiedlung und jede Asphaltwüste" unter Schutz zu stellen. Da darf man auch bei der Betrachtung gerne etwas differenzieren.

    Sollte das eine Entgegnung auf meinen Beitrag sein, möchte ich darauf hinweisen, dass dieser im Konjunktiv geschrieben ist und keineswegs dem heutigen Denkmalschutz solches vorhält. Ich habe lediglich eine irreale Entwicklung skizziert, wie sie in letzter Konsequenz erfolgen würde, wenn der Denkmalschutz alles "Zeittypische" als schutzwürdig einstufen würde. Zum Glück kommt kein Denkmalpfleger auf diese Idee, er sollte aber sich selbst darüber Rechenschaft geben und der Öffentlichkeit vermitteln, nach welchen Kriterien er entscheidet.

  • Es wird schwer den Andreasplatz zu rekonstruieren, weil viele Häuser schon schief waren, und so durch ihren Verfall ein gewisses Flair vermittelten. In der Sache stimme ich aber zu, vor allem des Trinitashospitals wegen.

  • Zum Glück kommt kein Denkmalpfleger auf diese Idee, er sollte aber sich selbst darüber Rechenschaft geben und der Öffentlichkeit vermitteln, nach welchen Kriterien er entscheidet.

    Völlig richtig. In der Theorie sind die Landesämter in der Pflicht, ausführliche Denkmalbegründungen zu verfassen, gestützt auf die in den Gesetzen festgehaltenen Kriterien. In der Praxis kann man froh sein, wenn die Denkmallisten einigermaßen aktuell geführt sind. Die Begründungen wären eben jene Rechenschaft, die in der Tat erforderlich ist. Das gilt umso mehr für jüngere Baudenkmale, deren Denkmalwert anders als bei Bauten aus dem 19. oder einem früheren Jahrhundert nicht oder nur selten offensichtlich ist.

  • Es wird schwer den Andreasplatz zu rekonstruieren, weil viele Häuser schon schief waren, und so durch ihren Verfall ein gewisses Flair vermittelten. In der Sache stimme ich aber zu, vor allem des Trinitashospitals wegen.

    Hier habe ich einige Fotos gefunden (die Seite kannte ich noch nicht), da kriegt man einen Eindruck, wie schief die Häuser waren.
    http://www.hildesheimer-geschichte.de/die-bauwerke/p…m-andreasplatz/

  • Es wird schwer den Andreasplatz zu rekonstruieren, weil viele Häuser schon schief waren, und so durch ihren Verfall ein gewisses Flair vermittelten. In der Sache stimme ich aber zu, vor allem des Trinitashospitals wegen.


    Auf eine authentische Erscheinung der Häuser im Falle einer Rekonstruktion darf man sich, denke ich, keine ernsthaften Hoffnungen machen - zumindest nicht in den ersten Jahrzehnten nach dem Bau. Die Architekten werden sich kaum die Mühe machen, sämtliche Unregelmäßigkeiten nachzubilden oder gar den Boden so zu bearbeiten, dass Setzungen wie bei den Originalen entstehen ^^

    Es wäre aber doch schon eine tolle Lösung, wenn man nur ein paar Häuser nachbaut, und diese vielleicht auch nicht zu 100 Prozent originalgetreu, daneben ein paar Nachkriegszeitler, wie z. b. unseren denkmalgeschützten Freund, stehen lässt, und dann eine Häuserzeile entstehen lässt, die keine Komplettrekonstruktion ist, aber vieles von der alten Wirkung einfängt...

    Eine originalgetreue Totalrekonstruktion der Platzseiten wäre ein Wahnsinn, ist wohl aber sehr unwahrscheinlich bis unmöglich.

  • Niederländer hat geschrieben:

    Zitat

    Der Andreasplatz wäre ja sogar meinen deutschlandweit favoriten Rekokandidat.

    Meiner auch! Städtebaulich sinnvoll und zudem völlig einzigartig. Und für uns Niederländer ist dieses niedersächsische Erbe nun einmal auch enorm wichtig. Daß die Häuser vorerst keinen Patina haben würden, ist m. E. kein Argument gegen ihre Rekonstruktion, denn das ist bei allen Rekonstruktionen so. Der bauliche Wert des Platzes lag mitnichten nur in seinem Patina. Bauten wie das Pfeilerhaus mit dem Zuckerhut, der Trinitatishospital und die Häuser an der Ecke zur Eckemekerstraße hatten an sich schon genug baukünstlerischen Wert.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Bauten wie das Pfeilerhaus mit dem Zuckerhut, der Trinitatishospital und die Häuser an der Ecke zur Eckemekerstraße hatten an sich schon genug baukünstlerischen Wert.

    Und natürlich auch das stark alt-braunschweigerisch anmutende Krämergildehaus (ebenso das Schmiede-Gildehaus)!