Bauen zwischen 1933 und 1945

  • Moderne Architektur von 1937 für die Reichsparteitage gefährdet?

    Die Reichsbahndirektion ließ 1937 in sachlich-modernen Formen für die NS-Parteitage in Nürnberg den Entlastungsbahnhof Zollhaus errichten.

    Die im gleichen Zuge errichtete Brücke ist baufällig:

    http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=450126&kat=10&man=2

    http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=450153&kat=11&man=2

    Das Bauwerk ist bisher nicht als Denkmal beurteilt worden. Da der Bahnhof schon vor geraumer Zeit stillgelegt wurde, halte ich es für denkbar, daß alles abgerissen und eine neue Brücke gebaut wird. Dabei handelt es sich um eines der seltenen Beispiele für modernes Bauen für NS-Zwecke, was auch immer man daraus ableiten mag.

    Bei Bahnbauten entscheidet übrigens nicht die Denkmalbehörde, sondern das Eisenbahn-Bundesamt selbst. Man bekommt überhaupt nicht mit, wenn etwas verschwindet, wie erst vor zwei Jahren in Nürnberg der Haltepunkt Nürnberg-Großgründlach von ca. 1876, wo heute nur noch ein Betonschaltkasten steht.

  • Zitat von "baukunst-nbg"

    Bei Bahnbauten entscheidet übrigens nicht die Denkmalbehörde, sondern das Eisenbahn-Bundesamt selbst. Man bekommt überhaupt nicht mit, wenn etwas verschwindet, wie erst vor zwei Jahren in Nürnberg der Haltepunkt Nürnberg-Großgründlach von ca. 1876, wo heute nur noch ein Betonschaltkasten steht.

    Das ist mir neu, erklärt aber einiges (z.B. HBF Altona in den 70ern oder vor kurzem Teile des Erfurter HBF's oder die Mainzer Bahnhofshalle)... kann man da nicht was ändern? Ich mein, die Bahn kennt in der Hinsicht ja sowieso keine Skrupel.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • @ PB

    tolle homepage!
    Zum Thema gibt es unter

    auch noch Infos.

    Auf Deiner page fehlt noch die Bormann-Siedlung in Pullach, heute BND Gelände.

    Wenn Du Lust hast, einfach mal per "Nachricht" Kontakt mit mir aufnehmen.

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große

  • Die ehem. Luftkriegsschule Klotzsche:
    (nähere Informationen auch unter http://www.das-neue-dresden.de">http://www.das-neue-dresden.de)










    Die letzten beiden Aufnahmen zeigen das Festspielhaus Hellerau und Nebengebäude (Heinrich Tessenow 1912), welches ungefähr 3km entfernt liegt.
    Man sieht es der Architektur nicht immer gleich an,
    ob sie dem Humanismus und den Künsten oder aber der Ausbildung von Elite-Bombenfliegern gewidmet ist.

  • Miwori
    Hellerau ist Mai 1909 begonnen worden. Ich kanns nicht beschwören, aber auch das Festspielhaus stammt eher aus jener Zeit. Ich habe aber gelesen, dass noch in den 40ern in Hellerau Modellhäuser für die eroberten Gebiete der SU gebaut wurden.

    Zu Klotzsche: Im Prinzip ist der gesamte Flughafen Juli 1934 angelegt worden. Einige alte Flughafengebäude müssten noch stehen. Zeitgleich entstand der Wasserturm

    Weitere Baumaßnamen in Dresden:

    1933 Bau des Königsufers
    1934 Verbreiterung des Blauen Wunders
    Vorstellung der Pläne für den Bau des Gauforums
    1935 Bau der Autobahnbrücke
    1936 Erstes Teilstück der Autobahn zw Wilsdruff und Dresden-Kemnitz
    erste Abrisse von Häusern aus dem 15./16.Jahrh. zwischen König-Johann-Straße und Neuem Rathaus im zuge der geplanten "Altstadtsanierung"
    Heidefriedhof
    1938 Vorstellung der Pläne zum Umbau Dresdens zur Gauhauptstadt:
    v.A. A.-H.-Platz mit Gauhaus, Sachsenhalle und Aufmarschforum auf den Güntzwiesen. Vom Gauzentrum war eine 64 m breite Aufmarschstraße hin zu einem weitem Platz vorm Rathaus geplant. Ausserdem sollte der Wiener Platz total umgestaltet werden. Weitere geplante Straßendurchbrüche: Verlauf Christianstraße hin zur Carolabrücke, Reitbahn- und Marienstraße zum Postplatz und vom Rathausplatz zur Falkenbrücke. Außerdem ein Sportzentrum im Ostragehege mit einem Stadion für 75000! Zuschauer
    1942 Abschluss der Frauenkirchensanierung

  • @ Kindvon2dresdnern

    Gibt es Literatur über die NS-Planungen für Dresden?

    ___________________________

    Die link-Empfehlung gehört wohl hierher, die downloads sind ganz nett.

    http://www.neue-reichskanzlei.de/

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    Friedrich der Große

  • Tja, wieder ein schönes Gebäudekomplex aus der Historie und Vergangenheit was die Deutsche Behörden beiseitigen ohne das an das Deutsche Volk zu fragen. Kommt da bestimmt etwas "weniger" am Stelle zurück. Das ist ja fast Tradition. Und da (Bersalzberg) war schon zu vieles zerstört worden was gerade Interessant war: dort wurde die Zweite Welkrieg gepland und geführt.
    So etwas soll für das Publikum, die immer nach der Vergangenheit sucht, bewahrt bleiben. Ich möcht auch gerne dort hingehen, aber die Tatsache das fast nichts mehr da ist, hält mich zurück.

    Die Historie ist eine Tatsache, so akzeptiere bitte das Gebäuden und Stätten davon die Zeugen sind.

    Rob

  • Im Falle Hellerau sehe ich es fast schon als tragisch an, daß gerade das schon fröstelnd - kalt - monumentale Festspielhaus von Heinrich Tessenow (den ich auch für leicht überschätzt halte) ständig als Paradebeispiel für diese prächtige Siedlung angeführt wird; es steht eigentlich fast schon als Typensolitär dem restlichen Geist der Siedlung so konträr gegenüber, daß ich fast für seinen Abriß plädieren möchte :zwinkern: , damit diese schönste aller Gartenstädte endlich mal ihre verdiente Würdigung findet:
    die Siedlung ist in erster Linie von den Bauten Richard Riemerschmids geprägt, der nicht nur köstliche Einzelvillen, sondern dort viele Reihenhauszeilen errichtet, die in ihrer heiteren Musikalität ihresgleichen suchen - wenn man sich heutige Reihenhäuser dagegen anschaut, möchte man nur noch den Kopf schütteln, sowie den Gebäudekomplex der berühmten Hellerauer Werkstätten. Desweiteren haben dort Hermann Muthesius gebaut, Kurt Frick, Theodor Fischer, es gibt sogar einige nette Häuser von H. Tessenow; es sind zwar immer die schlichtesten, verglichen mit denen seiner Kollegen, aber sie wirken nicht so bedrückend, wie eben jenes Festspielhaus.
    Ich kann nur jedem empfehlen, Hellerau bei einem Besuch Dresdens genauso einzuplanen, wie den des Altmarktes, der Neustadt oder von Pillnitz. Man kann dort den ganzen Tag über flanieren und sich nicht sattsehen, außerdem sind die Ruhe und die schon fast märkische Stimmung ganz und gar zauberhaft.

  • Zitat von "PB"

    Hermann Giesler war ja auch "Generalbaurat für die Hauptstadt der Bewegung", also oberster Stadtplaner in München. (Überleitung :D )
    Ich bin gerade dabei eine Homepage über die Monumentalbauten des 3. Reiches in München zu erstellen. Eine vorläufige Version ist hier zu finden. Kritik ist hierbei erwünscht.

    Ich hoffe die Schleichwerbung ist hier nicht unerwünscht, falls doch - einfach löschen...


    Sehr interessant, die Seite !
    Vor allem das mit der Ost-West-Achse mit der riesigen Hbf-Kuppel
    aus Glas und Stahl ! Und heute wollen uns diese Glas-Stahl-Architekten
    erzählen, daß Glas für Demokratie steht. Das ich nicht lache !!! :grinsenlachen:

  • Zitat von "Sagebiel"

    @ Kindvon2dresdnern

    Gibt es Literatur über die NS-Planungen für Dresden?

    Das kann ich Dir leider nicht sagen. Ich habe die Infos aus "Das war das 20. Jahrhundert in Dresden" Uwe Schieferdecker, Wartbergverlag

    P.S. Scheinst ja ein ganz hartneckiger NS-Architekturfreak zu sein :zwinkern:

  • @ Rob: Der Platterhof ist ein ganz ganz schlechtes Beispiel für den Umgang mit NS-Gebäuden. Nach dem Krieg hervorragend renoviert, fast komplett original gelassen und im 1a Zustand an die bayrische Regierung übergeben.
    Die dann nichts besseres zu tun hatte als das Gebäude postwendend abzureißen und das Gelände als Busparkplatz für das Intercontinental-Resorthotel genutzt...
    ... das ist auch eine Art von Geschichtsausradierung. Ich könnte jedenfalls nicht ruhigen Gewissens Entspannungsurlaub machen, wo vor 70 Jahren ein Hauptquartier der NS-Politik war.

    Hier einige Informationen:
    http://www.thirdreichruins.com/platterhof.htm

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    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat

    P.S. Scheinst ja ein ganz hartnäckiger NS-Architekturfreak zu sein

    Neben Potsdam-, Berlin-, Weimar-, Wismar-, Dänemark- und Italienfreak :peinlich: .

    Ich glaube, daß es seit 1914 keine Architektur mehr gibt. Mit dem Sieg des Individualismus wird nur noch gebaut. All das, wovon Gilly, Lenné, Schinkel und Haussmann träumten, ist heute nicht mehr möglich. Großzügige Planungen kann sich niemand mehr leisten. Und wer sich ein Prachtgrundstück (etwa Potsdamer Platz) leisten kann, versucht, sich mit einem Solitär ein Denkmal zu setzen. Und so siehts dann auch meist aus (etwa das Beisheim-Center). Die Bauten des Dritten Reiches waren ein letzter Versuch, sich dagegen zu stemmen.

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    Friedrich der Große

  • Ich selber habe nichts mit Bayerische Stuben oder so aber finde die Bilder aus 1955 und 1960 doch sehr schön.

    Schade das gerade so eines Gebäude aus Angst das es vielleicht wieder NS-Leute anziehen könnte abgebrochen wurde. So sind doch viele Gebäuden abgebrochen worden. Das Reichsluftfahrtministerium, Reichsbank und Ernst Reuterhaus in Berlin sind doch auch Zeugen der NS Zeit, wie wir gesehen haben auch eine Reihe von Bauten in München?
    Die haben keinen Anziehungskraft für NS-Sympathisanten (es sollen davon doch noch immer vielen sein denke ich).

    So wird doch nicht alles beiseitigt.

    Rob

  • Zitat von "uaoj36"


    Die haben keinen Anziehungskraft für NS-Sympathisanten (es sollen davon doch noch immer vielen sein denke ich).

    Rob

    Eben, ansonsten müßten sich ja tagtäglich Heerscharen von NS-Sympathisanten vorm Olypiastadion oder vor dem Flughafen Tempelhof versammeln :zwinkern: .

  • Was ist denn mit dem Reichsparteitaggelände in Nürnberg? Ist das etwa ein Wallfahrtsort?

    Wobei der Obersalzberg durch seine Abgelegenheit schon etwas prädestiniert ist. Dennoch ist es in meinen Augen keine Berechtigung dafür, das Gebäude abzureißen und dort ein Wellnesshotel hinzupflanzen.

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    Karl Kraus (1874-1936)

  • Schon komisch, womit die evangl. Kirche sich mal geschmückt hat:

    http://www.taz.de/pt/2006/02/10/a0324.1/text

    (Hier ein bißchen mehr Hintergrund:
    http://www.wams.de/data/2004/10/03/340845.html

    manche haltens auch für Bauhaus ??
    http://www.welt.de/data/2004/03/13/250810.html

    Aber immerhin wurden noch Kirchen gebaut - keine Versöhnungszentren.

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große

  • Ach ja: Es muss unbedingt verhindert werde, daß diese Kirche ein Wallfahrtsort wird! :zwinkern:

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    Friedrich der Große

  • http://www.heimatsammlung.de/topo_unter/10/mariendorf/marien78.jpg\r
    http://www.heimatsammlung.de/topo_unter ... rien78.jpg
    http://www.heimatsammlung.de/topo_unter/10/mariendorf/mariendorf_45.jpg\r
    http://www.heimatsammlung.de/topo_unter ... orf_45.jpg
    http://www.heimatsammlung.de/topo_unter/10/mariendorf/mariendorf_46.jpg\r
    http://www.heimatsammlung.de/topo_unter ... orf_46.jpg
    http://www.heimatsammlung.de/topo_unter/10/mariendorf/mariendorf_47.jpg\r
    http://www.heimatsammlung.de/topo_unter ... orf_47.jpg

    Seit dem 27. Januar 2003 steht dieses Nagelkreuz aus Coventry in der Martin-Luther-Gedächtniskirche!


    Zitat

    Die Mariendorfer Leitungsorgane sind sich schnell einig geworden, dass unsere Martin-Luther-Gedächtniskirche der angemessene Ort in unserer Region für das Nagelkreuz ist. Denn unsere Kirche erzählt mit ihrer Innenausstattung (Triumphbogenornamente, Bilder auf Taufstein und Kanzel) von der Zeit des Nationalsozialismus. Einige Orgelregister ertönten vor Einbau in unserer Kirche auf dem Reichstag der NSDAP 1935 in Nürnberg. So bildet sich eine hoffentlich befruchtene Spannung zwischen dem Auftrag des Nagelkreuzes einerseits und dem Ambiente der Martin- Luther- Gedächtsniskirche andererseits...

    http://www.ev-kirchengemeinde-mariendorf.de/nagelkreuz/nagelkreuz01.htm

  • Dem menschnverachtenden Ernst-Reuter-Haus in Berlin (wurde hier weiter oben schon besprochen), ist nun endlich ein humanistischer Gegensatz hingebaut worden. Endlich ist auch die Ost-West-Achse verschönert:

    Der schwarze Balken ist keine Trauer, sondern die S-Bahn Brücke Tiergarten.

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