Hamburg - Kriegszerstörungen und Wiederaufbau

  • Hinzu kommt ein relativ verträglicher, großstädtischer Wiederaufbaustil, der in der ohnehin schon eher reduziert ornamentierten Architektur aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts nicht so auffällt. Bei manchen Gebäuden weiß man gar nicht, ob sie vereinfacht wiederaufgebaute Vorkriegsbauten oder originale 50er-Häuser sind:

    Das ist zumindest ein guter "Füllstil", der nicht stört.

    Das ansehnliche Gebiet in der Innenstadt beschränkt sich aber wirklich nicht nur auf den Rathausplatz und die Binnenalsterfronten, das hier sind Straßen westlich des Rathauses und südlich des Jungfernstiegs:

    Auch die totalzerstörte Mönckebergstraße wirkt recht geschlossen:

    (Quelle: AppleMaps)

    Und nicht zu vergessen bleibt, dass manche der neueren Bauten in diesem Areal auch noch dokumentierterweise Abrissfolgen der Nachkriegszeit sind. Ich bleibe bei meiner Aussage, dass Hamburg angesichts der geografischen Lage UND der Tatsache, dass es völlig zurecht als eine der am schwersten getroffenen Städte Deutschland gilt, in nicht nur den zentralsten Bereichen gut davongekommen ist oder es zumindest recht große, zusammenhängende und repräsentative Bereiche gibt, die einen recht guten Eindruck vom Vorkriegshamburg geben.

    Wenn man als Nichthamburger ohne besondere Ortskenntnis durch die Innenstadt streift, trifft man immer wieder beeindruckende Ensembles und Straßenansichten auch abseits der touristischen Hotspots. So etwas passiert einem in der Kölner, Frankfurter, hannoverschen oder Stuttgarter Innenstadt einfach nicht.

  • die totalzerstörte Mönckebergstraße

    Sag bloß, dass das irgendein genialer genuiner Hamburger Wiederaufbaustil ist???

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nee, das sind großenteils erhaltene oder reduziert wiederaufgebaute Fassaden. Es ging hier ja um die These, die Hamburger Innenstadt sei katastrophal zerstört worden, und da wollte ich mit ein paar Bildern zeigen, dass das aber keineswegs so flächig wie behauptet der Fall gewesen sein kann und/oder der Hamburger Wiederaufbau wesentlich stärker auf Erhalt und Restaurierung ausgerichtet war als der in anderen Städten (was ich aufgrund des inoffiziellen Titels "Freie Hanse- und Abrissstadt" eher bezweifeln möchte).

    Viel wahrscheinlicher ist daher, dass einige durchaus mehr als zwei Plätze und drei Straßen ausmachende zusammenhängende Gebiete des Hamburger Zentrums den Bombenkrieg recht gut (relativ zur Gesamtstadt und den allgemeinen Verhältnissen in nord- und westdeutschen Großstädten) überstanden haben, was hier bestritten wurde.

    Da wir uns hier themenfremd vom eigentlichen Gebiet entfernt haben, werde ich noch weitere Fotostrecken von anderen Ecken der Hamburger Innenstadt in die von Snork geschaffenen Unterbereiche einfügen. Ich bin nämlich noch nicht fertig ;). Auch der obige Bildbeitrag gehört eigentlich nicht in den Bereich "Nördliche Innenstadt und Gänsemarkt" und kann selbstverständlich gerne verschoben oder gelöscht werden.

  • Diesen Konnex hab ich schon verstanden, mich erstaunte nur das "totalzerstört". Angesichts dessen ist die Wiederaufbauleistung in dieser Straße schlicht hervorragend. Das muss einfach gelobt werden.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich bin sehr oft in Hamburg gewesen und mag die Stadt sehr gerne. Verglichen mit Kopenhagen ist Hamburg natürlich sehr viel heterogener. Für Hamburg spricht aber die herrliche Lage an der Alster und die vielen Alleen überall in der Stadt. Hamburg ist einfach sehr, sehr grün, was uns als Dänen immer überrascht. Das ist in Kopenhagen leider gar nicht der Fall. Architektonisch ist das Bild gemischt, es gibt aber viele Bereiche, die mir sehr gut gefallen (St. Georg z.B. und Teile der Innenstadt). Der stark zerstörte Osten kann auch hier und da mit einigen Lichtpunkte mitspielen: Kanäle, Alleen, 20er Jahre Bauten und Reste der Gründerzeitbebauung. Der Westen ist stellenweise Grossartig. Dazu kommt, dass Hamburg immer noch eine richtige Hafenstadt ist - der Hafen ist sogar in der Innestadt sehr präsent.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Sehr nett gemeint, Däne, aber Hamburg kann mit Kop nicht annähernd mit - das ist zumindest mein Eindruck aus 1983. Eine Gemeinsamkeit weisen beide Städte auf: Auch Kop wurde von den Engländern zerstört. Damit fehlt hier ein mittelalterliches Erbe, das in Hamburg noch da und dort, dh in Rudimenten, zumindest erahnbar ist. Ich denke, das Kop. auch dereinst viel Fachwerk gehabt haben musste. Vielleicht hängt dieser relativ frühe Verlust damit zusammen, dass man auf die Altertümlichkeit des Stadtbildes sehr geachtet hat, während man in Hamburg immer drauflos modernisiert (und abgerissen) hat.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • ursus carpaticus - Ihr widersprecht Euch doch gar nicht - "Verglichen mit Kopenhagen ist Hamburg natürlich sehr viel heterogener" :wie:

    Auch Hamburgs mittelalterliches Erbe wurde zu einem großen Teil (ca. 2/3) relativ früh - beim "Großen Brand" 1842 - zerstört. Der Hamburger Dom war bereits 1805-1806 abgerissen worden, inkl. der mittelalterlichen Randbebauung des Domplatzes. Die letzten mittelalterlich geprägten Straßenzüge mussten in den 1920er Jahren dem Kontorhausviertel weichen.

  • Kopenhagen ist 1728, 1795 und 1807 abgebrannt. Ein Grossteil der Altstadt besteht daher aus klassizistischen Bürgerhäuser. Die Kopenhagener Neustadt mit ihren Fachwerkbauten aus dem 17. und 18. Jhd. wurde leider nach dem Krieg abgerissen.

    Die "Altstadt" in Hamburg ist natürlich was ganz anderes. Ich mag beide Städte sehr, Hamburg ist für mich grosstädtischer und hat irgendwie eine besondere (manchmal raue) Stimmung.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Auch die totalzerstörte Mönckebergstraße wirkt recht geschlossen

    Ich glaube, niemand hat behauptet, diese Straße sei total zerstört worden. Wenn man einen Blick auf die Schadenskarte wirft, wird man feststellen, daß sie in Richtung Bahnhof im Süden nur schwach zerstört wurde, sonst mittel.

    Totalverluste sind in der Karte entlang der Straße fast keine eingezeichnet (die sind gelb), auch rund um die Binnenalster waren die Schäden vergleichsweise gering. Die Straße ist ja erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg entstanden, entsprechend robust und feuerfest waren die Bauten wohl.

    Ich hänge den Ausschnitt an. Aufschlußreiche Luftbilder gibt es bei Nürnberger Luftbild, verlinkt ist die Mönckebergstraße zum Rathaus.

  • Ich verstehe nicht so ganz, warum Ihr Eure Debatte über Schadenskarten führt. Warum nutzt ihr nicht einfach Luftaufnahmen?

    Hier zum Zeigen, wie schnell man darüber einen deutlich besseren Eindruck erhält:

    Habe mich mal auf den Raum um die Michaeliskirche konzentriert, man sieht aber auch viel von der nördlichen Innenstadt im Hintergrund durch die gewählte Perspektive, vorher:

    https://static.wixstatic.com/media/351aac_97012e50c8f04365a6a715a3ce16c9de.jpg

    nachher:

    https://www.hamburg-bildarchiv.de/XBA0959.jpg

    Vom Boden aus:

    https://www.hamburg-bildarchiv.de/XBA4964.jpg

    Und dann noch eine Referenz Frankfurt:

    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e5/Frankfurt_1945_June_destructions_after_bombing_raids_old_town_aerial.JPG

  • Auch auf diesen Bildern erkennt man die keineswegs flächendeckende Zerstörung sehr gut, im Gegenteil wirken manche Bereiche im Hintergrund des 2. Fotos fast unzerstört (gesamter erweiterter Bereich um die Binnenalster) - es kann sich hier aber tlw. auch schon um sehr frühen Wiederaufbau handeln. Der deutlich stärker zerstörte Bereich im Vordergrund um die Hauptkirche St. Michaelis ist auch heute noch unwirtlich und von Nachkriegsarchitektur und Verkehrsschneisen geprägt.

    Ich glaube, niemand hat behauptet, diese Straße sei total zerstört worden. Wenn man einen Blick auf die Schadenskarte wirft, wird man feststellen, daß sie in Richtung Bahnhof im Süden nur schwach zerstört wurde, sonst mittel.

    Nein, aber es ist ja nicht die einzige Straße, die so aussieht. Auch die direkt südlich liegende Steinstraße wird heute noch über weite Strecken von Vorkriegsarchitektur dominiert, nochmals südlich fängt das fast unzerstörte und/oder sehr gut wiederaufgebaute Kontorhausviertel an, nach Westen Richtung Fleetinsel sind ebenfalls noch ganze Blöcke von Vorkriegsarchitektur dominiert, der Bereich zwischen Jungfernstieg und Gänsemarkt sowie südlich (Poststraße, Große Bleichen) und nördlich (Colonnaden) genauso.

    Es bleibt dabei: Für eine früh, anhaltend und sehr intensiv im Fokus alliierter Bomberflotten stehende Stadt ist das Zentrum ziemlich gut erhalten. Und das sogar trotz des in Hamburg ausgeprägten Nachkriegsabrisswahns.

  • Da ich schonmal dabei bin und außerdem strenggenommen auch die oberen Fotos aus dem nördlichen Bereich der Innenstadt waren (mit einer Grauzone bei ein paar der um die Fleetinsel aufgenommenen Bilder), mache ich mal weiter mit Bildern aus dem westlichen/nordwestlichen Teil der Innenstadt, hier ein Blick in die fast komplett erhaltene Einkaufsstraße Colonnaden vom westlichen Ende des Jungfernstiegs:

    Man bekommt den zentralen Bereich hier nicht gut mit AppleMaps aufs Bild, hier ein Foto vom Nordende:

    hier zwei aus dem zentralen Teil:

    Platz:

    Hier mal die deutlich gemischtere und für eine "hässliche Straße" typische Situation am Abschnitt Jungfernstieg-Gänsemarkt:

    (im Hintergrund rechts das jetzt bereits abgerissene Gebäude (grünlich), an dessen Stelle die hier auch vorgestellte Gänsemarktpassage entstehen soll)

    auch weiter westlich gibt es schöne Straßenzüge:

    Solche Aufnahmen aus dem inneren Kern einer nordwestdeutschen Großstadt mit dem Zerstörungsgrad Hamburgs sind aus meiner Sicht keineswegs selbstverständlich. Quelle für alle Fotos AppleMaps, leider mit den entsprechenden Einschränkungen in Bezug auf Perspektiven.

  • Ich finde die Diskussion sehr spannend, zumal mich Hamburg auch sehr interessiert. Deshalb bitte das Nachforschen nicht als Rechthaberei auffassen ...

    Aber kann das mit 1950 wirklich stimmen? Diese schlichten Zeilenbauten im Vordergrund sind sicherlich Nachkriegsbauten, die Bebauung oberhalb der Turmspitze ist das erhaltene Areal um den Großneumarkt, das ich schon genannt hatte:

    Auf Seite 17 und 18 gibt es eine Übersicht mit Stand Frühjahr 1946, auf der ich nach längerem Suchen tatsächlich zwei kleinere Areale mit "keine Schäden, leichte Schäden bis mittlere Schäden" (offensichtlich so wenig, daß eine Unterscheidung gar nicht lohnt) gefunden habe:


    Mönckebergstraße nach Süden Burchardstraße

    Großneumarkt nach Nordosten bis Kaiser-Wilhelm-Straße

    Das Areal um die Binnenalster wurde auch nur mäßig zerstört, hatte ich oben auch schon geschrieben (dazu zählen ja die Colonnaden).

    Was mich aber etwas stutzig macht, ist das Hochhaus noch etwas weiter nördlich und die Bebauung daneben, die ich deutlich später als 1950 einschätzen würde. Auch wenn ich mich vielleicht damit blamiere, aber könnte das das Springer-Hochhaus von 1956 sein?

    Nürnberg Luftbild zeigt die Kirche, die Umgebung dürfte komplett neu sein, das gilt wohl bis zur Elbe mit Ausnahme des Portugiesenviertels

    Jetzt aber einige eigene Fotos:

    Umfeld der Michaeliskirche mit Wiese, das fand ich sehr enttäuschend:

    Weitere Bebauung bis zur Elbe, das war von Gruner und Jahr, heute RTL, wenn ich mich recht entsinne:

    Colonnaden:

    Gemeinsam mit Dammtor-Bahnhof und Universität ein schönes Ensemble, die Hochhäuser zeige ich nicht ...

    Easy does it.

  • Snork 12. April 2023 um 17:32

    Hat den Titel des Themas von „Hamburg - der Wiederaufbau“ zu „Hamburg - Kriegszerstörungen und Wiederaufbau“ geändert.
  • Hamburg ist eine Stadt der Kontraste. Die hässlichen Nachkriegsbereiche sind wirklich richtig hässlich. Hinzu kommt in manchen Bereichen auch wirklich noch so eine Art "Nachkriegsärmlichkeit", also nicht nur freudlose Architektur, sondern diese auch noch echt runtergekommen. Diese Ecken werden zwar immer seltener, sind aber noch Zeugen der langen Jahrzehnte des relativen Niedergangs der Stadt in den 1970er und 1980er Jahren. Hamburg hat als eine der wenigen Städte Westdeutschlands erst etwa Mitte der 2010er Jahre überhaupt die Vorkriegseinwohnerzahl wieder erreicht.

    Die Gegend um die Hauptkirche St. Michael gehört sicherlich zu den übelsten Gegenden der Innenstadt. Was aber auch auffällt, sind diese "Inseln" mit alter Architektur überall auf dem Gebiet der Innenstadt. Selbst am Michel kann man eine solche Straße wie aus dem Nichts entdecken:

    Diese Art "Stückwerk" zieht sich selbst durch die schlecht erhaltenen Bereiche der Innenstadt. Ein Tabula-Rasa-Ansatz wie im Hamburger Osten oder auch in Altona wurde hier erfreulicherweise nicht verfolgt. Ich habe im Zuge dieses Gesprächs schon wieder viel gelernt, als ich mich auf die Suche nach unzerstörten Ensembles in der Innenstadt gemacht habe, insofern hat Dein Widerspruch auf jeden Fall einen produktiven Prozess ausgelöst, buarque.

    Im folgenden noch ein paar Bilder aus der Gegend zwischen Rathausmarkt und St. Nikolai:

    Im Hintergrund ist auf dem obigen Foto ist hier eine der Baugruben für das Projekt "Burstah Ensemble" um die Nikolaikirche zu sehen - mittlerweile fast fertiggestellt und hier auch schon präsentiert - das Gelände wurde durch den Abriss eines fürchterlichen 70er-Klotzes der Allianzversicherung freigemacht, die alte Blockstruktur wiederhergestellt

    Im folgenden ein Blick Richtung eines anderen Großbauprojekts auch an der Nikolai-Kirche - das ehemalige Commerzbankareal, im Blick ist der nun (fraglich) doch zum Abriss vorgesehene mittlere Altbau:

    Auch in diesem Bereich gibt es durchaus noch einige sehenswerte Altbauten und die Füllbauten stören kaum....

    Ein Blick zurück Richtung "Burstah Ensemble", rechts einer dieser fast "modern" imponierenden Kontorhausbauten aus der Zeit unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg. Eine solche Massierung dieser sehr großen Bürobauten noch aus dem Kaiserreich gibt es in Deutschland nicht an vielen Stellen, hier ein Blick von St. Nikolai über das Nikolaifleet, rechts in weiß angeschnitten erneut der besagte Commerzbankbau:

    Links ungefähr an der Bautoilette ab geht die wiederhergestellte Bohnenstraße, die komplett von dem Allianzkomplex überbaut worden war. Leider war die Straße wohl ziemlich komplett erhalten und wurde in den 1960er Jahren abgerissen für den Neubau des Allianzkolosses - auch hier also ist nicht (nur) der Bombenkrieg, sondern auch wieder Abrisswahn der Nachkriegszeit für viele Abrisse/Zerstörungen verantwortlich.

    Blick auf das Nikolaifleet, links der Turm der Nikolaikirche, im Hintergrund die "Burstah-Ensemble"-Baustelle, rechts das Commerzbank-Areal mit dem sicher erhaltenen höheren Rotklinker-"Hochhaus" im Hintergrund und dem wohl leider zum Abriss und imitierenden Wiederaufbau vorgesehenen Zentralgebäude. Ganz rechts nur angeschnitten steht ein 60er-Hochhaus, das abgerissen wird und durch ein recht gefälliges Rotklinkerhaus ersetzt wird:

    Und nochmal über die Trostbrücke fotografiert, ein unheimlich typischer und sehr "hamburgischer" Blick auf großstädtische Architektur des frühen 20. Jahrhunderts:

    Sowas gibt es nur in Hamburg.

  • Ja, es gibt über die ganze große Innenstadt seltsam verteilt diese Überraschungen. Der (Süd)Westen der Innenstadt) ist in der Tat über weite Strecken von Nachkriegsarchitektur geprägt - und dann kommt plötzlich die Peterstraße:

    Umgebung auch noch mit einigen zusammenhängenden Ensembles:

    Etwas weiter nach Osten in der Ecke "Großneumarkt" auch nochmal heimelige "Gründerzeitaltstadtszenen":

    Und etwas davon losgelöst - wieder von mehreren Blöcken wirklich freudloser Wiederaufbauarchitektur getrennt, das Portugiesenviertel im tiefen Südwesten der Innenstadt, fast an den Landungsbrücken:

    Das Gebiet ist aber insgesamt deutlich gemischter und weist auch im Kern viele Neubauten auf, hier ein Blick vom Johannisbollwerk/Elbufer rein ins Viertel:

    Trotzdem zeichnen diese viele kleineren und größeren Gebiete erhaltener Architektur Hamburg auch aus. Und wir wissen leider alle, wie viel noch abgerissen wurde. Die Stadt war - wenn man die zahlreichen wiederaufbaufähigen, aber abgeräumten und noch in den letzten 75 abgerissenen Häuser miteinrechnet in ihrem Kern wirklich recht gut erhalten.

    Es folgt noch ein letzter Beitrag Bilder mit Ansichten aus dem "Herzen" der Innenstadt um den Rödingsmarkt. Quelle wie immer, wenn nicht von mir selbst: AppleMaps Straßenansicht. Wenn diese Art von Einbindung nicht erwünscht ist, bitte Rückmeldung von Seiten der Moderation.

  • Die Stadthöfe sind ein großer Komplex aus Geschäftshäusern mehrerer Epochen, die bis etwa 2021 mit großem Aufwand instandgesetzt wurde:

    Dieser Gebäudeteil wurde wie ich finde recht elegant und passend aufgestockt:

    Was ich meine, wird vielleicht hier deutlicher, rechts nur die üblichen "Schießschartengauben":

    Blick in die Straße "Neuer Wall" - was mir immer wieder auffällt in Hamburg, ist, dass dieser Mix aus erhaltener und moderner Architektur hier irgendwie funktioniert. Eine Straße nur mit den modernen Bauten wäre sicherlich nicht besonders schick, aber die Mischung passt hier irgendwie:

    Durchsicht:

    Auch in den zerschossenen Ecken südlich des Rödingsmarkts stehen zwischendrin dann solche Häuser mit durchaus lauschigen Plätzchen davor:

    Der Rödingsmarkt selbst ist auch hamburgtypisch gemischt, aber mit einigen sehr exquisiten Beispielen hanseatischer Geschäftshausarchitektur der späten Kaiserzeit inklusive Jugenstilhochbahnhof:

    Geht doch noch weiter ;), habe noch ein paar interessante Bilder und Ecken.... ist natürlich schon hochselektiv jetzt, muss man ganz klar sagen. Dazwischen liegen immer wieder breite Verkehrsschneisen und große, blockübergreifende Bürokomplexe aus den 60er bis 80er Jahren von fehlendem bis allenfalls begrenztem Charme.

  • Die Hamburger Innenstadt ist auch gesprenkelt mit sehr speziell gestalteten Jugendstilgeschäfts- und -kontorhäusern, viele waren gemischt schon in den obigen Bilderreihen zu sehen. Solche Häuser gibt es in Deutschland nur sehr versprenkelt, Berlin, Leipzig, auch München mögen ähnliche Häuser noch in größerer Anzahl aufweisen:

    (Beispiel vom Gänsemarkt, leider etwas unscharf)

    So ein typisches Hamburger Ensemble, aber was für ein Haus ist das rechts der Mitte....oder das hier (weiter im Süden Richtung Elbe):

    Auch das hier am Jungfernstieg wirklich interessant, hatte ich auch schonmal gezeigt:

    Hier wieder im Süden, im Hintergrund die Elbphilharmonie:

    Diese Häuser finde ich auch faszinierend gestaltet:

    Hier am Neuen Wall auch ein schönes Eckhaus:

    Der nördliche Neue Wall insgesamt sogar noch verbreitet mit den originalen Erdgeschossgestaltungen:

  • Mit der Peterstraße verhält es sich fast so ähnlich wie in Hannover mit der neuen "Altstadt":

    die ganze Straße ist gesäumt von detailgetreu rekonstruierten, großbürgerlichen Wohnhäusern mit denkmalgeschützten Fassaden. Derartige Kaufmannshäuser haben in diesem Teil der Neustadt ursprünglich jedoch nicht gestanden, es handelt sich dabei vornehmlich um Nachbauten von Wohnhäusern, wie sie ursprünglich rund um die Kirche St. Katharinen – etwa in den Straßen Grimm, Katharinenstraße oder Gröningerstraße – gestanden haben.

    Es scheint aber noch kleiner zu sein als in Hannover, rund 75 Meter lang und dann noch 5 Häuser (oder vermutlich eher Fassaden) im 90-Grad-Winkel dazu. Aber ein faszinierendes Projekt dennoch, das auf die Initiative eines Unternehmers zurückgeht:

    In den 60er Jahren ließ der Unternehmer Alfred Toepfer hier Fachwerkhäuser im historischen Stil neu errichten - unter Nutzung alter Bausubstanz. Doch – Skandal, Skandal! – derartige großbürgerliche Bauten hatten in diesem Teil der Neustadt ursprünglich nichts zu suchen, wurde die Peterstraße im 18. Jahrhundert doch vornehmlich von armen Juden bewohnt. Als Vorlage für die heute zu sehenden Fassaden schöpften die Architekten deshalb Ideen aus einem ganz anderen Hamburger Eck; so ragen heutzutage nun barocke Giebel in den Himmel, wie sie einst typisch waren für die Bürgerhäuser an den Fleeten.

    Easy does it.