Die Moderne und der Kommunismus

  • Kommt mir bekannt vor, irgendein Regierungsgebäude in Tiflis mein ich. Zumindest im gleichen Stil gebaut, sieht auf dem Foto hier sehr versifft aus.

  • Ich hab neulich mit einem "angehenden" Architekturstudenten gesprochen und hab ihn nach seinen Inspirationsbauten gefagt. Ihr werdet es nicht glauben, der hat doch tatsächlich dieses http://einestages.spiegel.de/hund-images/20…_borderless.jpg Schachtelhaus genannt. :gehtsnoch:

    Zum einen wird so etwas eben auch derzeit an den Hochschulen gefördert (Stichwort: Gruppenzwang), gilt also als vermeintlich "hip". Möglichenfalls spielen auch noch von seiten des Lehrkörpers einige klammheimliche Sympathien für jene Regime eine Rolle, in denen aus ganz anderen utopischen Gründen jene Bauten einst entstanden. Zum anderen berührt gerade diese Architektur ein gesellschaftliches Phänomen: Infantilisierung. An was erinnert denn ein solches Haus? An die Lego-Häuser, an das Bauklotz-Spiel der eigenen Kindheit. Das Kind ist groß geworden, nun spielt es mit großen Bauklötzen. Es kommt sich erwachsen vor, aber eigentlich wiederholt es nur die im Langzeitgedächtnis abgespeicherten Handlungen von einst. So wie manch´ sich modern wähnender Maler, der eigentlich nur die Porträts seiner Kindergarten-Zeit weiterentwickelt hat, statt über sie hinauszuwachsen. Das Phänomen der Infantilisierung betrifft viele gesellschaftliche Bereiche, unter anderem auch das naiv-moralistische Verständnis von Politik, das von den meisten Medien verbreitet und von weiten Teilen der Bevölkerung für bare Münze genommen wird.

  • Good bye Lenin!: Was tun mit den sozialistischen Baudenkmälern? | Kulturjournal | Bayern 2 | Radio | BR.de

    Zitat

    DDR-Architektur ist Architektur ohne Architekten: So lautet im Westen ein gängiges Vorurteil. Bauten, etwa von Ulrich Müther widerlegen das Vorurteil - und wurden trotzdem nach der Wende abgerissen. Zum Beispiel sein "Ahornblatt", das als Großgaststätte für die Beschäftigten des DDR-Bauministeriums diente.

  • Infantilisierung.

    Sehr gut erfasst, Heimdall! Neben der Infantilisierung lässt sich auch als ähnlich gelagerter Befund eine autistische Selbstbezogenheit ausmachen, was das Verständnis solcher Leute von Architektur und ihrer Sinngebung betrifft. Es ist das infantile Klötzchenspiel, das seit einem guten halben Jahrhundert Architektur und Städtebau gleichermaßen von ihrer eigentlichen Bestimmung entfremdet hat

  • Auch wenn ich mich damit wohl hier recht unbeliebt machen werde, muss ich doch einmal eine Lanze für das Verwaltungsgebäude in Tiflis brechen:
    Ich finde es bemerkenswert, mir gefällt es sehr gut! Sicherlich ist es nicht dafür geeignet sich in eine Stadtszenerie einzufügen, aber als Solitär finde ich es wunderbar. Durch die Dominanz der Natur, die das Gebäude ihr lässt, wird einmal die gesamte Rolle der Menschen, die ganze Bedeutung von Städten in Frage gestellt. Sind wir wirklich die Krone der Schöpfung die quadratkilometerweise Flächen zupflastern oder zubetonieren darf? Die Aussage des Gebäudes: Nein. (gerade für ein Verkehrsministeriumsgebäude doch schon einmal interessant). Es wirkt fast wie ein Tempel in einem Dschungel, verwuchert, verwunschen, wenn das Efeu noch weiter wächst, umso besser. Die Natur und das Gebäude bereichern sich gegenseitig, das Gebäude erhält durch die Natur das Schöne und die Natur wird durch das Gebäude wie eine surrealistische Felsformation akzentuiert, fast nimmt es ein bisschen von der Symbolik des Fallingwater-hauses mit.
    Grundsätzlich habe ich auch nichts dagegen wenn man sich das Verwaltungsgebäude als Vorbild nimmt, aber einen muss bewusst sein, dass die Phantasie nach der Inspiration weiter gehen muss, als bloßes Klötzchenverschieben. Es muss gespielt, variiert werden mit Form, Material Größe, Licht, Bepflanzung, einfach mit allem! Und der Architekt muss sich bewusst sein wo so ein Gebäude hingehört und wo nicht! Sicher nicht in eine verwinkelte gut erhaltene Altstadt. Aber warum nicht in einer schönen Landschaft an einem Fluss, oder im Zentrum eines Stadtparks.