Sehnsucht nach Silva Nortica (Galerie)

  • Fehlt noch der Blick vom Kuh - zum Rossberg - wie aufregend, diese Namen!

    Rechts der mächtige Hochwald, links der Mandelstein, bis zu dem der nö. Nebel reicht:


    Das Nämliche nur ohne Hochwald:


    Und zum Schluss noch eine ernsthafte Warnung, ein wahrhaft trauriges, ja erschreckendes Bild:

    Ich wollte nach getaner Wander- und Sauftour noch für euch die Schauseite der Wallfahrtskirche zu Brünnl photographieren, und das ist das Ergebnis.
    So etwas passiert, wenn man, wie in Böhmen leider allzu leicht möglich, zuviele Krügel Bier trinkt!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Kehren wir nach Österreich zurück.
    Roman. Kirche Alt-Weitra

    Gruft der Fürstenberger:

    Ein paar Worte zu dieser bemerkenswerten den Apostelfürsten Peter und Paul geweihten Filialkirche: 1192-1190 als Grenzort, Zollstelle und auch Festungsbau der Kuenringer errichtet, als erste Pfarrkirche des Weitraer Umlandes. Das granitene Quadermauerwerk wurde wohl nicht zuletzt aus fortifikatorischen Überlegungen bewusst gewählt, wahrscheinlich war dabei die Fachkundigkeit von Zwettler Bauleuten erforderlich.
    Die Kirche blieb außen wie innen unverputzt, was ihren wuchtigen, achaischen Reiz enorm erhöht.
    Die Westfassade war völlig ungegliedert, ohne Tor und Fenster. Erst im 19 Jh wurde der etwas schwächelnd-italienisierende Glockengiebel aufgesetzt.
    Wertvolle gotische Statuen sowie Seitenaltäre um 1620 (in dieser Gegend herrschte da noch die Renaissance).

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • @UC

    Einmal ein herzliches Dankeschön für Deine informativen und anschaulichen Berichte!

    Die von Dir gezeigten Friedhöfe und Grüfte passen auch gut zum heutigen Gedenktag.


  • Madonna mit Kind, umd 1330:


    Blick von Alt Weitra auf Unserfrau:

    Wallfahrtskirche Unserfrau:

    Links der Karner mit wertvoller gotischen Fresken (und bemerkenswerten Rötelkritzeleien im Eingangsbereich: Wenn es im landt werden tet Daß man allen huren die nasen abschneidt So würde so mancher fromm mann Ein Weib ohne nasen hann.)

    Die Halle des Längsbaus mit den seitlichen barocken Erweiterungen. Da gerade Rosenkranz gebetet wurde, war meine photographische Bewegungsfreiheit sehr eingeschränkt. Die schöne gotische Gnadenstatue ist leider durch einen mittleren Pfeiler verdeckt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zeitnah zum 31.10. ein kleiner Beitrag zu dieser schönen gotischen Hallenkirche.
    Die Gegend um Weitra ist ziemlich reich an historischen Bauten.
    Leider wurde das mächtige gotische Satteldach durch den historistischen Umbau entfernt, wodurch das Äußere in grotesker Manier entstellt wurde.

    Blick vom Chor ins Hauptschiff:

    wertvolle Barockausstattung:

    Chor mit Hauptaltar und Fresken. Hier wird seit einem Jahr eine aus Regensburg stammende Reliquie aufbewahrt.

    Altar an der Seitenwand:

    Gesamtansicht der Halle:

    Pfarrhof mit Kirche:

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Dieses Renaissanceschloss steht in Ehrendorf, hart an der heutigen tschech. Grenze neben bzw zwischen beiden 'Gmünds' gelegen:

    Altes Gasthofsgebäude vor den Toren Weitras:

    Landschaft um Heinrichs:

    Die Kleinteiligkeit der Struktur ist bereits eine Sehenswürdigkeit von europäischem Rang geworden.

    Das Bauerndorf Heinrichs bei Weitra mit seiner neogotischen granitenen Kirche. Hier herrschen kleine biologisch orientierte Milchbauernbetriebe vor, die woanders wohl schon ausgestorben sind.

    Jetzt fahren wir ein bisschen Bahn.
    Wer fühlt sich hier nicht angezogen?

    Bahnhof Weitra.
    Vor hier geht die Bahn weiter ins Lainsitztal und sodann rauf auf die Hochebene. Die Überwindung von über 200 Höhenmetern verlangt der Dampflok einiges ab!

    Endstation ist Großgerungs, dessen Kirche wir hier sehen.

    Wieder mal ne romanische Ostturmkirche.
    Das dunkle Innere:

    Am Hauptplatz gibt es nur wenige historische Substanz zu bewundern.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Hörmanns bei Weitra:

    Südlich von Weitra geht s nach Großschönau, das mit einem hübschen Ensemble aus Pfarrhof und Kirche besticht. Bei letzterer handelt es sich, ich kann s nicht ändern, um eine ehem. roman. Ostturmkirche, die in der Gotik zu einer Hallenkirche umgebaut wurde:

    Bereits östlich der großen Wasserscheide, die hier, wie so oft über einer völlig unspektakulären Ebene verläuft, liegt der Marktflecken Schweiggers mit seiner romanischen Ostturmkirche:

    Schweiggers liegt bereits an der Thaya, die hier noch ein kleines Rinnsal ist.
    Es wird niemand überrascht sein, wenn ich ihm sage, dass es sich im Inneren um eine gotische Hallenform handelt.

    mit wertvollen Fresken natürlich.

    Und hier, an den Ufern der jungen Thaya, der Deutschen Thaya genaugenommen (welches Attribut auf den offiziellen Strassentafeln schamhaft unterschlagen wird, fast fühlt man sich an Deutsch-Beneschau erinnert, es ist wirklich eine Schande. Bei der Mährischen Thaya ist man übrigens nicht so zurückhaltend) lassen wir unsere Reise ein Ende finden.
    Wem s gefallen hat, oder wer mehr über roman.OTK wissen will, kann ja was schreiben.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Schöne Einblicke in das NÖ-Waldviertel.

    Die St. Wolfgang-Kirche sieht - unabhängig davon wie das Dach vor dem Brand ausgesehen haben mag - sehr seltsam aus. Der kurze, sehr einfache Turm passt irgendwie nicht zu diesem massiven Bau, dessen Hangseite dazu noch sehr abweisend erscheint.
    Dieses "vordermährische" Weitra gefällt mir ansonsten sehr gut - das Örtchen hat Charme.

    Ein wenig gewundert hat mich, dass Du dieses prächtig gelungene historistische Rathaus nicht verrissen und verdammt hast...

    Zitat von "ursus carpaticus"



    ...hat es ja schließlich diesen ungleich würdigeren Vorgängerbau auf dem Gewissen. :gg:

    P.S.
    Hier noch ein recht informativer Prospekt:
    http://www.weitra.at/fileadmin/gene…pfarrkirche.PDF

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Vielen Dank, Ursus Carpathicus, für diese wahrhaft mitteleuropäische Bilderserie. Der Tafel mit Dialekt über Silberberg und die Gräber beim Buquoyschen Mausoleum haben mich aufsehen lassen. Der Anblick von Silberberg ist ein bei ehem. deutschen Dörfern im breiten randstreifen Tschechiens sehr üblicher.

    Mir wurde übrigens gelehrt, daß "Tschechei" abwertend sein sollte, was ich bezweifle. Korrekt und würdigend wäre "die tschechische Republik". Res Publica, die gemeinsame Sache..

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • @palantir
    Gut, dass du auf diesen schändlichen gründerzeitlichen Stadtbildfrevel hingewiesen hast.
    Tja in NÖ weiß ich schon, wo ich mich besser nicht zu weit aus dem Fenster lehnen darf :koenig:
    Das kann man sogar sichtbar machen:

    Quelle: Land Niederösterreich.
    Ja, es ist wirklich unglaublich. Der Platz besteht doch eigentlich nur aus stattlichen Häusern, und dann so ein Kuhstadel in der Mitte...

    Das Problem ist, dass die Rückseite des Häuserblocks noch povinzieller oder gar provisorischer aussieht - sehr zum Nachteil des östlichen Platzbildes. So eine Front könnte man sich eigentlich dort nur wünschen. Daneben wurde direkt in der Terassenstufe überbrigens in den 90ern beim Entrümpeln jene abgebildete gotische Zisterne entdeckt. Wo gib es sonst so etwas?

    Brandmauer
    ad Tschechei:
    Ich weiß es und verwende idR den offiziell gewünschten Begriff 'Tschechien'. Manchmal rutscht mir halt 'Tschechei' so heraus. Hier hab ich es eher bewusst gewählt. 'Tschechien' steht bei mir für den modernen nachbarlichen Staat ab 1990 mit eindeutig positiven Assoziationen (schöne Städte, gutes Bier, hübsche Mädchen), und diesen freundlichen Begriff wollte ich - gerade in gegenständlichem Zusammenhang mit den Nachbesiedlungen Südböhmens - für jenen Verbrecherstaat der Nachkriegszeit vermeiden.
    Das von dir erwähnte Gedicht stammt übrigens (lt Tafel) vom Bezirksarzt Anton Sika (Daten genau angegeben: 2.12.04 -15.3.74) aus dem unweiten Buchers. Dieser einst wie Sandl für seine Hinterglasmalereien bekannte Marktflecken hat eine eigene Nachkriegsgeschichte: der Ort wurde nach 1970 ein zweites Mal entsiedelt, als man nämlich den Eisernen Vorhang aus diesem verwinkelten Eck ins Landesinnere verlegte. DAdruch blieb bis in die 90er hier eine einzigartig makabre Ruinen- und Verfallslandschaft erhalten, die leider mittlerweile weitgehen beseitigt wurde. Nachdem der Kirchturm eingestürzt war, wurde das meiste geschliffen.
    Leider wurde auch eine Villenkolonie für wohlhabende Prager errichtet. Immerhin sind dort viele Gedichtstafeln aufgesstellt. Ich hab das kaputte Buchers noch photographiert. Bei Interesse könnte ich mal kramen...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von "Brandmauer"

    Vielen Dank, Ursus Carpathicus, für diese wahrhaft mitteleuropäische Bilderserie. Der Tafel mit Dialekt über Silberberg und die Gräber beim Buquoyschen Mausoleum haben mich aufsehen lassen. Der Anblick von Silberberg ist ein bei ehem. deutschen Dörfern im breiten randstreifen Tschechiens sehr üblicher.

    Mir wurde übrigens gelehrt, daß "Tschechei" abwertend sein sollte, was ich bezweifle. Korrekt und würdigend wäre "die tschechische Republik". Res Publica, die gemeinsame Sache..

    So viel Verqueres in einem einzigen Beitrag.

    Ein "Tschechien" gibt es schon mal gar nicht, dieser Staat nennt sich selbst "CR", also Tschechische Republik. "Tschechien" wäre, also wenn man anstelle von Deutschland "Deutschien" sagte; bei unserer linken Schickeria soll das wohl in einer Art vorauseilender Dauerunterwürfigkeit und eine gewisse anbiederische Niedlichkeit suggerieren, sowie das Gefühl, daß es sich hier um rein tschechische Lande handelt. Mag man ja so sehen, wenn man die Geschichte von Karl IV bis hin zu den Bensch-Dekreten ausblendet, aber ein Stück aus dem Tollhaus bleibt es trotzdem und für uns bleibt es Böhmen und Mähren.

    "Mir wurde gelehrt" ist sprachlich äußerst interessant, das "übrigens" verleiht dem Ganzen noch zusätzliche :augenrollen: Würze.
    "Mir wurde gelehrt, daß T. abwertend sein sollte" ist noch komischer, denn gemeint ist wohl eher "solle", was einen ganz anderen Sinn ergibt, nämlich einen tadelnden, während "sollte" der Abwertung einen positiven, unterstützenden Charakter verleiht.

    Inwiefern "Tsch. Republik" einen würdigenden Charakter aufweist, das möge der Kaffeesatz wissen, so nennt sich der Vertreiberstaat nun mal, das ist seine selbstgewählte, offizielle Bezeichnung, seitdem die Slowaken ihn 1993 angewidert verlassen haben.


    In diesem Zusammenhang wäre noch zu erwähnen, daß die Tschechen beispielsweise aus dem guten alten Krummau das "Cedke K." gemacht haben; vermutlich aus schlechtm Gewissen oder aus Chuzpe, wer kann sich in so ein Volk schon hineinversetzen.
    Bei Budweis sieht es nicht anders aus, ein Wunder, daß sie ihre Hauptstadt nicht Ceske Praha genannt haben.

    Aber vielleicht lesen sie das hier und lassen sich inspirieren.

  • Zitat

    Leider wurde auch eine Villenkolonie für wohlhabende Prager errichtet. Immerhin sind dort viele Gedichtstafeln aufgesstellt. Ich hab das kaputte Buchers noch photographiert. Bei Interesse könnte ich mal kramen...

    Von mir aus gerne!

    Zitat

    "Mir wurde gelehrt" ist sprachlich äußerst interessant, das "übrigens" verleiht dem Ganzen noch zusätzliche Würze.
    "Mir wurde gelehrt, daß T. abwertend sein sollte" ist noch komischer, denn gemeint ist wohl eher "solle", was einen ganz anderen Sinn ergibt, nämlich einen tadelnden, während "sollte" der Abwertung einen positiven, unterstützenden Charakter verleiht.

    Es soll dann wohl heißen: "Ich bin damit belehrt worden, daß T. abwertend sein würde" oder so was. Diese Belehrung war auch tadelnden Charakters.

    Sehr merkwürdig finde ich auch die Umbenennungen von Krummau und Budweis in Ceské ... M. E. eine Einzigartigkeit bei den Vertreibern, die eigene Ethnizität einfach als Attribut dem Stadtnamen zuzufügen. Ein völlig überflüssiges Attribut dazu: wo sind denn die Pendanten einer anderen Nation??


    Ebenso tadelhaft war nach Meinung meines belehrenden Dozenten der Landesname "Böhmen", oder "Böhmen und Mähren". Als ich dagegen protestierte und sagte, es sei nur der historische Name dieses Gebiets, wurde er wütend und sagte: Ja, so gab es zum Beispiel das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren!" Zur Haltung der Tschechen ggü. den Vertriebenen meinte er: Die Tschechen haben ja keine Lust auf eine neue deutsche Invasion!"


    Also gehört an einer nl. Universität anno etwa 2004.
    Übrigens (ja!) lebten schon lange vor Karl dem IV. viele Deutsche in Böhmen und Mähren, wohl ab Mitte des 11. Jh.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Aber das ist doch Quatsch, hättest du ihm sagen sollen, die Tschechen verwenden diese Toponyme ja selbst: in der kommunistischen Administration waren Böhmen und Mähren als Landesteile klar erkennbar, alle Bezirksbezeichnungen beinhalteten ein 'böhmisch' oder 'mährisch'. Heute gibt es sogar einen mährisch-schlesischen Bezirk.
    Wie hätte man damals zu CSSR-Zeiten zu den tschech. Landesteilen denn sonst sagen sollen? 'Tschechien' verwendeten wir zwar, aber das war eher umgangssprachlich und klang auch nicht sehr viel besser als 'Tschechei'.
    Mit 'Böhmen' ist das auch so eine Sache. Der Begriff ist vieldeutig:
    1) Synonym für Tschechien, Land der Tschechen
    2) das Land Böhmen (ohne Mähren)
    3) das alte multinationale Gebilde ("die böhmischen Länder")

    Im Tschechischen gibt es kein Wort für 'böhmisch' - es wird immer 'tschechisch' draus. Gleichwohl kann es im Sinne von 2 verwendet werden: ?eský Krumlov - Moravský Krumlov (auch: C+M Budejovice), wie es auch im Deutschen im Sinn von 1 durchaus üblich war: Böhmisch Brod - Deutschbrod.
    Die zweiwortigen tschech. Bezeichnungen von Krumau und Budweis sind daher keine Umbenennung, sie existierten schon lange vor der Vertreibung. Im Deutschen sind die Hinweise auf die Landeszugehörigkeit unnötig und entfallen (zumeist) bei den beiden böhmischen Städten (obgleich man zuweilen auch auf die Form Böhmisch Krumau stößt), weil der Name der mährischen Städte differiert; Mährisch Kromau und Mährisch Budwitz. Sicherheitshalber trugen dieser Orte aber auch im Deutschen den Zusatz 'Mährisch'. ?eský Krumlov ist also keine nationalistische Neuschöpfung, anders natürlich das oben erwähnte ?eské Velenice, das dezidiert auf die neue Landeszugehörigkeit der neuen Stadt West-Gmünd im Sinne von 1.(nicht 2.) hinweisen sollte.
    Übrigens hatten wir auch einen Ort proklamiert tschechischer Volks-(1, nicht Landes-)zugehörigkeit in Niederösterreich: Böhmisch Krut, dass sich aber leider 1921 in Großkrut umbenennen ließ.
    Waidhofen an der Thaya hieß früher auf tschechisch ?eský Bejdov - zur Unterscheidung von Bavorský Bejdov= dem historisch freisingischen W. ad Ybbs - was aber nun wirklich zu weit ging.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • ursus carpathicus,

    vielen Dank für diese Ausführungen! Es erfordert schon Spezialkenntnisse, von Mährisch Kromau und Mährisch Budwitz zu wissen, wo man doch für "Olmütz" oder "Teschen" o. ä. oft schon belächelt wird.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • naja, man musste da einige gar nicht so akademische Novizenausführungen richtigstellen...
    M. Bud+ Kro sind überdies nicht weit von unserer Grenze, da kommt man relativ oft durch. Für Norddeutsche oder Niederländer sind das natürlich eher Curiosa... :zwinkern:
    Eine Frage für Experten (exilant, Markus?):
    Gibt es ein Toponymapaar, in welchem 'Mährisch' im Sinne von 1, firmiert?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
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    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • "Mährisch" im Sinne von tschechischer Volkszugehörigkeit? Möglicherweise im Gegensatzpaar Mährische Thaya-Deutsche Thaya. Hier könnte aber auch auf die staatlich-politische Herkunft im Sinne von 2 abgezielt worden sein, da in diesem Raum seit frühester Zeit immer schon eine sich nur geringfühig ändernde Grenze lag. Diesem Ansatz folgend hätten im Hochmittelalter die Zeitgenossen die beiden Quellflüsse der Thaya dem Umstand entsprechend benannt, dass der eine in Moravia, der andere im Regnum Teutonicorum entspringt.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • No, da ist mir ein Lapsus passiert, dass ich nicht an GF als potentiellen Experten gedacht habe - bitte dies vielmals zu entschuldogen GF :zwinkern: .
    Das ist natürlich die richtige Antwort, wenngleich diese wie richtig gesagt nicht eindeutig ist. Natürlich war im Falle 'Mährische T.' die Landeszugehörigkeit zu Mähren gemeint, wenn gleich die Bezeichung "Deutsche T." eher auf die Volkstumszugehörigkeit dieses von ihr durchflossenen Landstriches abzielt. Es passt auch insofern, als dass die M.T bis vor Althart, also doch recht knapp bis zur Grenze rein tschech. bewohntes Gebiet durchfloss.
    Ansonsten wird 'Mährisch' nicht zur Differenzierung von nicht tschechischen Toponyma herangezogen, sondern nur von solchen anderer Landeszugehörigkeit. Beide Sprachen können hier differieren.
    zB:
    In beiden Sprachen 'mährisch': Trübau, Budwitz, Kromau, (historisch): Ostrau (zur Unterscheidung von Schles. Ostrau, wobei nach der Vereinigung das 'Mähr.' in der tschech. Bezeichnung verschwand)
    Nur im Dt. 'mährisch': Aussee, Altstadt, Neustadt, Weißkirchen, Sternberg, Schönberg
    nur im tschech. 'mährisch': Bärn, da es ein Beroun in Böhmen gibt
    Laut Torberg (Tante Jolesch) fasste man diese Orte ob ihrer Provinzialität unter der Einheitsbezeichnung 'Mährisch Selbstmord' zusammen.
    Von Mährisch Kromau gibt s übrigens drei Bildlein in der Znaim-Galerie.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von "ursus carpaticus"


    Ostrau (zur Unterscheidung von Schles. Ostrau, wobei nach der Vereinigung das 'Mähr.' in der tschech. Bezeichnung verschwand)


    Ja, aber das Verschwinden des "Mährisch" geht doch wohl darauf zurück, dass Mährisch Ostrau und Schlesisch Ostrau nunmehr eine gemeinsame Stadt beidseits der einstigen Grenze bilden und der gemeinsame Name naturgemäß nur noch "Ostrau" lautet.

    Gleichwohl verwende ich stets die Bezeichnung "Mährisch Ostrau", und zwar aus dem trivialen Grund, weil ich es seit Jahrzehnten einfach so kenne.

    "Mährisch Ostrau" ist für mich übrigens ein Synonym für das Häßlichste und Abstoßendste an Stadt, was es auf der Welt gibt. Und ich weiß natürlich genau, dass es nicht so ist und vielleicht schon Kattowitz noch schlimmer ist.

  • Zitat

    Auch das gibt es:

    Vertriebenenliteratur an sozusagen authentischer Stelle, im übrigen würdevoller als die 'objektive' Gedenktafel an Silberberg auf unserem Staatsgebiet. Leider fehlt eine deutsche Übersetzung. Für manche Ausdrücke musste ich hilfsweise den tschechischen Text heranziehen, zB für Gouksch siehe: kohout = Hahn, kommt natürlich von Gockel, aber wer denkt da dran, auch wenn er wie ich des Niederösterreichischen noch halbwegs kundig ist?

    Beim raschen durchsehen fiel mir gleich das in Mundart verfasste Vertriebenengedicht auf, erinnert es mich doch sehr an mein eigenes Oberpfälzer Idiom.

    Zitat

    „ …, wia hinter da Wölt“
    „ …, koa Hund nimma böllt“

    „ … Sou ruahi und schtad geht’s am Houf hiazt drinna zua –
    va da Friah bis af Schpat, wia am Friedhouf is d’Ruah“

    „oub nit dou oana kamat …“

    Hätte ich es nicht gewusst, ich hätte wohl einen alten Menschen in der östlichen oder südöstlichen Oberpfalz als Verfasser vermutet.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)