Farbigkeit und Putz alter Häuser

  • Das ist ein ziemlich gutes Beispiel. Das grüne Gebäude links daneben, lässt den negativen Eindruck noch stärker erscheinen. Das Grün ist ebenfalls recht hell. Bei dem gelben Haus scheint man aber eine schönere Holztür eingebaut zu haben. Die Tür ist auch weiter nach vorn versetzt. Der Anstrich war tatsächlich ein Griff ins Klo.

  • Zitat

    Welche Farben dominieren in den europäischen Städten? Gleichen sich die Fassaden durch die Globalisierung immer mehr an? Und geht so ein Stück Geschichte verloren?...

    Zitat

    Dieser Frage ist der deutsche Forscher Markus Pretnar mit dem Projekt „Lokalkolorit“ nachgegangen....
    ....er hat eine Antwort gefunden: „Städte besitzen ihre eigene farbliche Identität.“

    Zitat

    Außerdem erklärt Tirols oberster Denkmalschützer, warum historische Gebäude heute bunter sind als früher.

    Zitat

    ...die Gebäude in der Innsbrucker Altstadt haben nicht immer so bunt ausgesehen. „Bis 1870 waren die Farbigkeiten ähnlich, weil Kalkfarben verwendet wurden und die konnten nur zu einem bestimmten Teil andere Farbgeber aufnehmen. Regen hätte das sonst abgewaschen. Diese Farben harmonierten miteinander“, erklärt Hauser. Die meisten Gebäude waren schlicht weiß gehalten, wie eben der Kalk. Ab 1870 konnten durch den Einsatz von Kunstharz kräftigere Farben aufgetragen werden. „Aber das nahm den historischen Orten auch viel von ihrem Farbcharakter“, sagt Hauser.

    Zitat

    ...In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verstärkte eine weitere Maßnahme diese Entwicklung: die Fassadenaktionen der Altstädte.

    ...„Man hat einen Künstler ausgesucht und ihm den Auftrag für eine Gasse oder eine ganze Altstadt gegeben. Nach dem Farbkanon des Künstlers wurde dann gestrichen und so sind erst die bunten Altstadtfassaden entstanden.“ In der ersten Generation habe man noch von Kunst sprechen können, doch die ursprüngliche Idee wurde in den vergangenen Jahrzehnten mit jedem neuen Anstrich verwässert...

    Quelle: https://www.tt.com/artikel/121952…eigenes-gesicht

  • Danke für das Hervorholen dieses Strangs, so etwas in der Richtung schwebte mir seit Tagen vor, allerdings mehr in Richtung "Farbmoden".
    Denn Farbe ist spätestens seit Anfang des 20. Jhdts und vor allem an Neubauten sehr modeabhängig.

    Nur mal ein paar in der letzten Zeit, an die ich mich erinnere, allerdings nicht mehr mit Jahren:
    - die Dottergelb-Welle (kein harmonisches Ockergelb, sondern schreiend rötlichgelb) ~ Anfang Nuller Jahre
    - die roten Häuser (in jeder Straße mußte ein Haus knallrot - nicht oxidrot wie ein altes englisches oder italienisches Zollhäuschen! - gestrichen werden) ~ Anfang 2010er Jahre
    - Wässrigblaßtürkis, der letzte Schrei vor ca. 7 Jahren, auch viel an Altbauten ~ Anfang 2010er Jahre
    - knalliges Titanweiß (sehr viel weißer als Kalkweiß) durchgängig seit wohl 20 Jahren
    - sehr stark im Kommen: leicht depressives Mittelgrau über die ganze Fassade. Zum Teil sieht es edel aus, wenn es mit weiß, dunklerem Grau und Rottönen kombiniert wird, aber oft wird auch einfach nur einheitlich auf Depression getüncht.

    Farben, die in der Wohnung zu Beginn des 20. Jhdts zu finden waren:
    - 1910er/1920er: dunkelblautürkis in der Küche (!!!)
    - 1930er: das unvermeidliche Senfgelb, kombiniert mit "Ochsenblut" (oxidroter Feuerschutzanstrich der Dielen) und verschiedenen Grüns
    - bestimmt seit der Jahrhundertwende: "Eisenbahngrün" - Chromdioxid stumpf, ein sehr haltbares, aber ziemlich unansehnliches Schmuddelgrünpigment. Eisenbahnen, Brücken und Maschinen wurden damit gestrichen, aber man verwendete es auch für Wandmalereien.
    -1950er: hellgelb, hellblau, rosa, hellgrau, - und das typische "Schwimmbadgrün", eine Art aufgehelltes Veronese-Grün, manchmal auch ein wenig ins Türkis abgewandelt.

    Und dann gab es noch die blaßlila Häuser. In den 1960ern kam ich ab und zu an zweien vorbei, in einem war eine Bäckerei, das andere war ein Bauernhaus(!). Die wurden später anders gestrichen, so daß ich nicht mehr weiß, welche es waren, aber an das Blaßlila erinnere ich mich lebhaft. Es war wahrscheinlich schon etwas älter (ziemlich abgewaschen), die Farbtonwahl könnte vielleicht in den 1920ern bis 1940ern gewesen sein - oder vielleicht noch früher, denn so gegen Ende des 19. Jhdts. wurden als erste chemische und haltbare Farbstoffe Lilatöne gefunden, was mit Sicherheit zu einer Modewelle führte.

    3 Mal editiert, zuletzt von Loggia (31. Oktober 2016 um 01:32)

  • Der Artikel erklärt leider nur die halbe Wahrheit. Richtig ist, dass Häuser lange mit Kalkfarben gestrichen wurden (auf Kalkputz). Eine reine Kalkfarbe kann nur bis zu 5 % Pigmente aufnehmen - deshalb kommen da nur Pastelltöne raus.

    Und wie enstanden die Bunten Fassaden der Renaissance und des Barock? Die Antwort heisst Kaseinfarbe. Das Kasein als Bindemittel ist preiswert, organisch und kann über 50 % Pigmente aufnehmen. Als Weißton mit Sumpfkalk als Pigment (Kalkkasein) oder je nach Geldbeutel abgereichert. Einer der bekanntesten Pigmenthersteller noch heute ist Kremer, hier sollman man mal in den Katalog schauen. Von einem Veroneser Grün geht es über das Englischrot zu Lapislaziliblau zu 15.000 Euro.

    Die heutigen Töne sind allesamt chemisch hergestellt. Deshalb sind diese Töne nicht mehr regional.

  • Auf unserem Instagram-Kanal wird das Gebäude Torstraße 8, Travemünde vorgestellt. Die Sprossenfenster sind wieder einmal der Schlüssel zur Aufwertung. Die Frage ist aber: War das Gebäude ursprünglich auch verputzt?

    Was den Farbton betrifft, erscheint das Gebäude zumindest auf dem Foto im Vergleich zu Gebäuden in der näheren Umgebung etwas zu überambitioniert. Ein gedeckteres Gelb würde das Haus angenehmer und überzeugender in seiner Gesamterscheinung wirken lassen. Das Thema der angemessenen Farbwahl wird im Kontext des Stadtbildes häufig vernachlässigt oder zumindest unterschätzt. Im Elsass werden die Fachwerkhäuser zunehmend farblich in satteren Farben gestrichen, was den Gebäuden inklusive fragwürdiger Deko einiges von ihrem Charme und Charakter nimmt.

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  • Mir persönlich gefällt die Farbigkeit der elsässischen Fachwerkhäuser meistens recht gut, es gibt natürlich auch Übertreibungen, aber vor allem in Colmar hat das für mich herrlich funktioniert. Weiß als Hausfarbe, egal ob historisch belegt oder nicht, ist für mich einfach immer etwas fad und besonders in deutschen Fachwerkstädten alltäglich. Besonders in Ostdeutschland und bei „neueren“ und einfacheren Fachwerkhäusern in Nord- und Ostdeutschland wirkt eine durchgehen weiße Farbgebung mit ein paar anderen leichten Farbtönen sehr monton und einfallslos. So empfinde ich das zumindest.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • VonSalza

    Auch bei Weißtönen gibt es doch unterschiedliche Nuancen, die in der Abfolge einer Straßenzeilen im Zusammenspiel mit farbigen Fensterläden sowie steinernen wie hölzernen Fenstergewänden mit ihren wiederum eigenen Tönen harmonische wie typische Ortsbilder ergeben. Ich verweise hier auf die Galerie der Altstadtgassen rund um das Münster von Basel (Spalenberg, Gemsberg, Heuberg), die das sehr schön veranschaulicht.

    Lebendigkeit braucht nicht zwingend den Griff in möglichst bunte Farbtöpfe.

    Auch beim Fachwerkbau erzeugen unterschiedliche Farbfassungen der Hölzer (bräunlich, rötlich, ocker,...) trotz meist weißem/hellem Putz ein abwechslungsreiches und dennoch ausgewogenes Erscheinungsbild.

    Im Elsass finden wir überwiegend dunkles Fachwerk und die Tradition Putzfaschen farblich zu gestalten. Das ist soweit gut und richtig. Worauf meine Kritik zielt, ist die zunehmende Intensität einer ahistorischen Farbgebung. Grelle und zu satte Farben wirken künstlich, sind störend und nehmen den alten Häusern ihren Charakter. Ich kann hier auch nur wiederholt vor einem falschen Mut zur Farbe warnen, der bloß über bereits vorhandene gestalterische Mängel hinwegtäuscht.

    Abgesehen davon kippt bei einer falschen Farbwahl die Gesamtoptik schnell in eine Disharmonie und wirkt sich darüber hinaus negativ auf das Ensemble aus.

    Die Tendenz zu ungeeigneten Blau- und Gelbtönen ist besonders im Elsass, aber auch mittlerweile in Süd(west)deutschland festzustellen. Ich erwähne hier beispielhaft das wohl bekannteste Motiv von Rothenburg o.d.T. , das Plönlein, bei dem seit geraumer Zeit zwei benachbarte Gebäude (Gasthaus zur Glocke) in untypischen Blautönen gestrichen sind. Auch die Gebäude links und rechts der Weinstube „Alter Keller“ in Rothenburg scheinen von einer Farbintensität und -wahl beeinflusst zu sein, die mit der lokalen Satzung und Überlieferung von gedeckten Pastelltönen bricht.

    Zum Thema Elsass lohnt sich auch der Blick auf Instagram (https://instagram.com/nina___sophia?igshid=YmMyMTA2M2Y= , die Seite dürfte Dir bekannt sein). Zu sehen sind zwar noch überwiegend farblich positive Beispiele in gedeckten Farbtönen, aber eben auch jene negative Tendenz, auf die ich hingewiesen habe.

    Bei dieser Entwicklung entsteht quasi das umgekehrte Extrem von dem was wir als Folge von Verwahrlosung/Verschmutzung oder Schmierereien an Gebäuden kennen. (Und ich meine damit explizit nicht die durchaus gewollte Patina.)

  • Ist wohl ganz klar Geschmacksache, da mir die Gestaltung der Häuser am Plönlein eigentlich sehr gut gefällt und ich allgemein ein Freund von Gelb- und Blautönen bei Altstadtbauten bin, egal wie unhistorisch sie sein mögen. Ich finde auf der verlinkten Elsass Seite tatsächlich die stechend roten Fensterläden als weitaus unpassender.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Aber man kann natürlich auch mit weiß und seinen vielen verschiedenen Tönen viel erreichen, das will ich nicht bezweifeln. Besonders Gründerzeitlern stet weiß oft sehr gut.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Ist wohl ganz klar Geschmacksache, da mir die Gestaltung der Häuser am Plönlein eigentlich sehr gut gefällt und ich allgemein ein Freund von Gelb- und Blautönen bei Altstadtbauten bin, egal wie unhistorisch sie sein mögen. Ich finde auf der verlinkten Elsass Seite tatsächlich die stechend roten Fensterläden als weitaus unpassender.

    Dir ist aber klar, dass ein solches Totschlagargument deinerseits jegliche Debatte in Fragen des Stadtbildes im Keim erstickt...!^^

    Damit könnten wir uns alle weitere Diskussionen rund um

    die Thematik ersparen. Forum und Verein wären damit obsolet.

    Nochmal: Die kritisierte Farbwahl lässt Stilgefühl und Ästhetik vermissen, von Aspekten der Architekturgeschichte und Belangen eines Denkmalschutzes, der seinen Namen verdient, ganz zu schweigen.

  • Dir ist aber klar, dass ein solches Totschlagargument deinerseits jegliche Debatte in Fragen des Stadtbildes im Keim erstickt...!^^

    Damit könnten wir uns alle weitere Diskussionen rund um

    die Thematik ersparen. Forum und Verein wären damit obsolet.

    Nochmal: Die kritisierte Farbwahl lässt Stilgefühl und Ästhetik vermissen, von Aspekten der Architekturgeschichte und Belangen eines Denkmalschutzes, der seinen Namen verdient, ganz zu schweigen.

    Ich seh das mit der Ästhetik schlicht anders. Knallige Farben können ebenso ästhetisch schön sein und besonders mit den dunkel gestrichenen Balken der elsässischen Fachwerkhäuser harmonieren kräftige Farben finde ich ziemlich gut.

    Hat die Schönheit eine Chance-Dieter Wieland

  • Fehlfarben im

    Stadtbild mit weitreichenden Konsequenzen

    Da die Farbigkeit alter Häuser selbst unter Stadtbildinteressierten auch mal als zweitrangiges Kriterium in Gestaltungsfragen angesehen oder sogar mit subjektivem Geschmacksempfinden gänzlich abgetan wird, halte ich es für bedeutend, dass auch dieser Aspekt eine verstärkte Aufmerksamkeit in unseren Debatten erfährt.

    Hier ein Bildbeispiel aus Rothenburg ob der Tauber ( https://abload.de/image_mobile.p…a98-8jgf8v.jpeg ), das verdeutlicht, welch negative Wirkung die falsche Farbwahl im Ensemble bereits durch ein vermeintlich unbedeutendes, kleines Häuschen haben kann. Statt erdiger, gedeckter Pastelltöne, wie sie für den Ort typisch und angemessen sind, hat der Eigentümer aus Unvermögen bzw. ohne Rücksicht mit seinem Himmelblau für die Fassade und den dunkelblauen Fensterläden dem Stadtbild eine unnötige Störung hinzugefügt, die durch Ignoranz, Relativierung und vor allem ohne Gegenmaßnahmen einen Präzedenzfall geschaffen hat, auf den sich individualisierungsfixierte Nachahmer berufen werden können. Mit etwas Vorstellungsvermögen mag sich jede/r ausmalen, was dies für das harmonische Erscheinungsbild bedeuten kann. Beispiele dazu bieten unsere verhunzten Dörfer und Städte ja durchaus zuhauf. Daher möchte ich alle bitten, die sich tatsächlich für Stadtbildfragen interessieren, auch diesem Punkt mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

  • Hier ist ein Beitrag unseres Dieter Wieland!


    Topographie "Die Farbe" von 1982.

    Man lernt in den 25 Minuten mehr als sonst in zwei Monaten:

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