Bilder von Dresden zu DDR-Zeiten

  • Zwar nicht vom alten "Alten Dresden", aber wahrscheinlich überwiegend unbekannt sollten die demnächst als Bildband erscheinenden Aufnahmen von Hans-Jürgen Freudenberger aus den späten 1980er Jahren sein, worüber die Sächsische Zeitung informiert und ein paar Fotos als Beispiele im Artikel zeigt:

  • Mit dem "Alten Dresden" haben diese Aufnahmen wirklich nichts zu tun.

    Man müsste wahrscheinlich einen neuen Bereich mit dem Titel "Bilder vom sozialistischen Dresden" erstellen.

    Schon das erste Foto spricht Bände. Unsere lieben "Freunde" vom Circus Alljoscha beim Eis essen. Selbstverständlich mit einem Offizier als Aufpasser, damit nach dem Eis nicht noch ein paar Wodkas folgen.

  • Zum ersten Foto: Fußgängertunnel am Neustädter Markt

    Der Uniformierte ganz links ist ein Leutnant (лейтенант), der mittlere Untersergeant (младший сержант). Das ist der unterste Dienstgrad der Unteroffiziere. Alle drei gehören zu einer Streife (Armbinde патруль) und essen Eis.

    Im Hintergrund dieses Fotos sieht man die Plattenbauten am Neustädter Markt. Die hatte ich irgendwie schöner in Erinnerung.

    Interessant auch das Bild Zwickauer Straße

    Da sieht man einen "Sabberosch". Manchmal sagte man auch "Sabberfrosch". Wohl das eigenartigste Automobil, das bei uns herumfuhr. Der offizielle Name war "Saporoshez", nach der Stadt Saporoschje in der Ukraine. Das hat man umgangssprachlich aber nie gesagt. Ich bin nie mit einem Sabberosch mitgefahren, weil es niemanden gab, der einen hatte. Ich hab als Kind überlegt, ob der sabbert. Es soll ein schlechtes Auto gewesen sein.

    Das Bild Hinterhof Görlitzer Straße finde ich sehr charakteristisch. So sieht für mich Heimat aus.

    Das Foto Plattenbaugebiet Gorbitz in Bau finde ich auch schön. Ein Skoda und im Hintergrund ein Turmdrehkran, wie er vielerorts zu sehen war. Man freut sich, dass man eine neue Wohnung kriegt, bald einziehen kann.

    Damals waren wir noch jung.

    Edit: Nach Korrekturhinweis von Reik habe ich den Anfang geändert.

  • Die hatte ich irgendwie schöner in Erinnerung.

    So ist das mit der eigenen Erinnerung. Das ist der Grund, warum viele aufgrund solcher sentimentalen Gefühle sinnvolle Veränderungen verhindern wollen.

    Ich habe an meine Kindheit und Jugend in Gorbitz nur gute Erinnerungen, aber mittlerweile sehe ich die Stadt in größeren Zusammenhängen als "fand ich früher gut, kann ruhig so bleiben". Wir waren als Familie selten "in der Stadt", weil es einfach nicht viel zu sehen gab. Einmal im Jahr Striezelmarkt reichte da. Goldener Reiter: Kenn ich, fahren wir immer auf dem Weg zur Oma vorbei. Das Drumherum bot keinen Grund, dort einfach mal spazieren zu gehen. Da hatten das Gymnasium und Rathaus in Cotta viel mehr sichtbare Geschichte zu bieten.

    Gorbitz hat sich nach der Wende sehr verändert, teils zum Guten, teils zum Schlechten. Jedenfalls gab es dort keine Geschichte, die in Trümmern lag und für das Wohngebiet abgeräumt wurde, daher sehe ich die Entwicklung dort gelassen, auch wenn die Orte meiner Kindheit und Jugend weg sind. Das ist ein natürlicher Prozess des Werdens.

    Am Neustädter Markt ist es anders, dort wurde jahrhundertelange Geschichte und das Werden eines Ortes mit einem Mal weggeräumt, ignoriert, hinter Beton verbannt. Warum das so war, ist klar und dass es damals keine Komplettrekonstruktion geben konnte, auch. Heute ist vieles möglich und angesichts dieses halben Jahrhunderts der Unzulänglichkeiten geboten.

    Ich sehe mir Fotos aus der späten DDR sehr gerne an, aber im Gegensatz zu Bildern vom alten Dresden vor 1945 lösen sie bei mir völlig andere Gefühle aus. Ich weine dem überwiegenden Teil Dresdens der 80er und frühen 90er keine Träne nach, und das obwohl es das erste Dresden war, das ich kennenlernte. Ich bin im Gegenteil oft geschockt, wo wir damals lebten und was wir als normal, ja gar als schön und "von Weltrang" bezeichneten. Ich wäre froh, wenn mehr Menschen ihre eigene Geschichte und Erfahrungen von den objektiven Unzulänglichkeiten und Fehlern der Vergangenheit trennen könnten.

    Ich habe mir letztens ein paar Canaletto-Drucke aufgehängt, die ein ganz anderes Dresden zeigen, aber bei denen erkennbar ist, was bis heute geblieben ist und wie wichtig diese historischen Bezüge sind. Sie erinnern mich immer daran, dass Veränderungen ganz von alleine kommen, dass aber die Bewahrung oder Wiederherstellung von Geschichte in Städten eine separate Aufgabe ist.

  • du musst genau hinsehen. Der Uniformierte ganz links ist einer von uns, NVA.

    Dein Selbstbewusstsein ist und bleibt unüberbietbar...

    Wenn Du schon den alten Zeiten hinterhertrauerst, solltest Du die SCHATTENSEITEN nicht völlig vergessen.

    HIER sieht man zwei Offiziere, die in Rastrellies Truppe gedient haben, umgeben von Offizieren der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in DEUTSCHLAND. Man vergleiche die Kragenspiegel der deutschen Offiziere mit den Kragenspiegeln der Besatzungstruppen-Offiziere.

    Auf dem Foto sind ein Offizier (Leutnant) zwei Manschaftsdienstgrade der GSSD zu sehen, die als Streife unterwegs sind.

  • Wieder so eine sinnlose Sprengung. Vermutlich sollte dort die Schäferstraße auf beiden Seiten mit Plattenbauten bebaut werden.

    Dann war kein Geld mehr da oder die Wende kam. Es blieb der "Koreanische Platz". Wäre schöne, wenn das Gebäude heute noch stehen würde und saniert worden wäre. Aber vermutlich wäre es inzwischen so marode wie die teils heute noch erhaltenen Gebäudereste dahinter.

  • Ich zitiere dazu aus (Hervorhebung durch mich):

    als Teil des "größten Modernisierungsgebiet[s] Dresdens". In der Vorschau des Buches von Jürgen Richter (ISBN: 978-3943444421) sieht man auf Seite 6 ein Foto der Ecke Schäferstraße/Weißeritzstraße, bevor die Gebäude gesprengt wurden.

    Auf diesen Bildern von 1985 sieht man die Ecke auch, allerdings wurde wohl schon teilweise mit Rückbauarbeiten begonnen:

    Dresden_1985_Sch%C3%A4fer-Wei%C3%9Feritz-008.jpg

    Bybbisch94, Christian Gebhardt/ CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)

    Dresden_1985_Sch%C3%A4fer-Wei%C3%9Feritz-00.jpg

    Bybbisch94, Christian Gebhardt/ CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)

    Dresden_1985_Sch%C3%A4fer-Wei%C3%9Feritz-001.jpg

    Bybbisch94, Christian Gebhardt / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)

    Dresden_1985_Sch%C3%A4fer-Wei%C3%9Feritz-003.jpg

    Bybbisch94, Christian Gebhardt / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)

    Es wurde im Zuge dieses Modernisierungsprogramms übrigens ab 1975 auch damit begonnen, ca. 600 Wohnungen in Altbauten zu sanieren. Allerdings sollten 1700 Wohnungen des Altbaubestandes abgerissen und durch 2400 Neubauwohnungen ersetzt werden.

    Da ist ein ziemlicher Kelch an der Friedrichstadt vorübergegangen, würde ich sagen.

  • Das schon.

    Für mich allerdings schon ein großer Schock was dort noch stand an der Schäferstraße. Wäre die Wende doch 5 Jahre eher gekommen.

    Bleibt nur zu hoffen das der Blockrand dort bebaut wird wie an anderen Stellen der Friedrichstadt. Den "Koreanischen Platz" braucht kein Mensch.

  • Da es bisher kein separates Thema für Fotos von Dresden zwischen 1945 und 1990 gibt, soll hier Platz für Impressionen aus dieser ebenfalls schon lange vergangenen Zeit sein. Gerade in Dresden ist es gut zu wissen, wo man zur Wende städtebaulich stand, bzw. wie Städtebau zu DDR-Zeiten verstanden wurde.

    Zunächst einige Impressionen aus Löbtau, v.a. um die Kesselsdorfer Straße und vom Abriss der Wohnhäuser um den Dreikaiserhof, wo später die Löbtauer Brücke gebaut wurde.

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    Bildnachweis: Jörg Blobelt, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

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    Bildnachweis: Jörg Blobelt, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

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    Bildnachweis: Jörg Blobelt, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

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    Bildnachweis: Jörg Blobelt, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

    Dazu ein paar Fotos von Werner Fleck, aus der fotocommunity (wegen Urheberrecht nur als Link):

    https://img.fotocommunity.com/kesselsdorfer-…jpg?height=1080

    Kesselsdorfer Strasse bei Gorbitz

    Im Hintergrund sieht man das Neubaugebiet " Gorbitz " im Aufbau. Vorn in der Mitte befand sich im Eckhaus der Friseur " Naumann " und die Samenhandlung " Hermann ". Alle diese Häuser an der Kesselsdorfer sind heute abgerissen.

    https://img.fotocommunity.com/scharfe-ecke-d…jpg?height=1080

    " Scharfe Ecke " Dresden - 1978

    Im Eckhaus an der Kesselsdorfer Str./ Malterstr. befand sich 1978 ein kleines Zoogeschäft und der Laden " Tausend Kleine Dinge ", ein Eldorado für die Einwohner von Löbtau :)

    https://img.fotocommunity.com/kesselsdorfer-…jpg?height=1080

    Kesselsdorfer Strasse 1978

    Im Sept. 1978 standen noch alle Häuser auf der rechten Strassenseite vor dem Strassenbahndepot. Auf dem Foto (links ) liegen die abgedeckten Winterkartoffeln von unserem Deutschen Gemüsehändler. Heute ist ein Asia - Imbiss in dieser Holzbude. Im vorderen Haus ( rechts ) befand sich die Gaststätte " Goldener Apfel ". Heute ist dort eine Chinesische Gaststätte drin. Die Strasse ist noch im Urzustand. Sie wurde 1990 generalsaniert.

    https://img.fotocommunity.com/weisseritzbrue…jpg?height=1080

    Weisseritzbrücke Löbtau im Jahre 1976 / Linke Seite

    Das ist die Kreuzung Kesselsdorfer Str. / Löbtauer Str., der linke Teil von meinem ersten Foto mit dem Ärtztehaus. Die Standuhr ist verschwunden und dafür zieht sich die Neue Brücke der B 173 durch das Bild. Man konnte übrigens in der Uhr telefonieren, dort drin befand sich eine kleine Telefonzelle. Aber inzwischen haben sie eine neue Uhr aufgestellt.

    https://img.fotocommunity.com/weisseritzbrue…jpg?height=1080

    Weisseritzbrücke Löbtau im Jahre 1976

    Das 3 - Ärtztehaus wurde später abgerissen und heute zieht sich durch diese Ansicht die neue Brücke mit der B 173.

    https://img.fotocommunity.com/zeitsprung-in-….jpg?height=500

    Zeitsprung in Dresden

    Die Fotos zeigen die Haltestelle der Linie 7 an der Ecke Freiberger Strasse / Saxonia Strasse. Bei dem Foto von 1976 steht noch die Häuserzeile, die dann mit dem Bau der neuen Brücke ( B 173 ) abgerissen wurde.

    https://img.fotocommunity.com/schwertranspor…jpg?height=1080

    Schwertransport in Löbtau 1976

    https://img.fotocommunity.com/das-moebelhaus…jpg?height=1080

    Das Möbelhaus auf der Kellei 1976

    Auf unserer Kesselsdorfer Strasse befand sich damals dieses Möbelhaus. Zweimal später abgebrannt und nun verschwunden. Der Volkspolizist begleitet den Schwertransport. Dahinter ein Kollege der sowjetischen Streitkräfte in Dresden.

    https://img.fotocommunity.com/schwertranspor…jpg?height=1080

    Schwertransport in Dresden 1976

    Am Anfang der Kesselsdorfer Strasse im Jahre 1976 aufgenommen. Rechts oben das alte Konsument Warenhaus gibt es auch nicht mehr. Dafür entstanden neue Bauten.

    Heute ist hier eine bekannte Einkaufsstrasse.

    https://img.fotocommunity.com/dreikaiserhof-…jpg?height=1080

    Dreikaiserhof 1976 in Dresden

    Die Häuser links, gibt es nicht mehr.

    https://img.fotocommunity.com/der-drei-kaise…jpg?height=1080

    Der Drei - Kaiser Hof in Dresden 1976

    [...] Nur das Haus in der Mitte steht noch. Heute überspannt diese Szene die neue Brücke der B 173.

  • Wenn ich aus der heutigen Perspektive zurückblicke auf den Zeitraum, als ich als 8-jähriger an Dresden Feuer fing, bis zum ersten Besuch in 2002, dann muß man heute bei solchen Bildern wirklich froh und dankbar sein, daß ich den Zustand vor 2002 nicht sehen und erleben mußte. Diese Einsicht ist doch wirklich sehr befreiend. Es ist auch nicht so, daß die Bilder das Gefühl vermitteln, man hätte etwas verpaßt. Was ein Riesenglück, daß dieser Kelch an mir vorübergegangen ist. Es wird bei solchen Aufnahmen leichter, die Dresdner im Exil zu verstehen. Einigen konnte ich begegnen; und immer war da das Gefühl, daß da etwas ist, worüber offenbar nicht gesprochen werden will; vielleicht deswegen, da sonst zu viele Wunden aufbrechen würden. Umso merkwürdiger ist also die heutige umgekehrte Situation, trotz der Ergebnisse unserer Zeit doch noch sagen zu können, das Dresden im Larvenstadium vor dem Wiederaufbau des Neumarkts, des Schlosses und weiterem noch gekannt zu haben. Für uns "Eingeweihten" sind Einblicke in die Zeit um 1960 schon schwer verdaulich genug. Wer heute die Stadt in ihrem jetzigen Zustand erlebt, kann sich das alles nicht mehr vorstellen.

  • In der Deutschen Fotothek kann man ja ziemlich genau suchen. Wer am Wochenende viel Zeit zum Stöbern hat, hier der Direktlink zur Suche nach Architektur-bezogenen Fotos von Dresden zwischen 1949 und 1990, aus deren Ergebnis die beiden Aufnahmen sind.

    Ich kann übrigens noch dieses Buch sehr empfehlen: Straßenbahnen in Dresden – Die Linien in den Westen der Stadt - derzeit leider nur antiquarisch zu bekommen.

    Es enthält unglaublich viele Fotos entlang der Straßenbahnstrecken vom Postplatz ausgehend nach Cossebaude, Löbtau, Wölfnitz, Leutewitz, Cotta, Gorbitz, und zum Schlachthof aus der Nachkriegszeit bis ca. 1990. Die Bildfolgen sind jeweils streng geografisch und zeigen einige Orte daher aus mehreren Perspektiven, bzw. in mehreren Zeitabschnitten. Die schiere Menge der Aufnahmen (die zwar immer auf die Straßenbahn bezogen, aber natürlich dennoch fast immer Stadtansichten sind) lässt einen die Verwandlung mancher Orte sehr direkt nachempfinden. Viele der Aufnahmen scheinen in dem Buch erstmals veröffentlicht worden zu sein.