Raumstationen, Mond und Mars - Konzepte für den dauerhaften Aufenthalt außerhalb der Erde

  • Also ich weiß nicht was auf dem Mars für eine Architektur möglich wäre - das Klima dort ist alles andere als freundlich.

    Das Klima wäre nicht das große Problem.

    Es ist auf dem Mars zwar selbst in den Tropen kalt wie bei uns in der Arktis, und manchmal auch sehr windig. Da die Atmosphäre aber extrem dünn ist - nur etwa 1/100 der irdischen Dichte - hat beides nicht vergleichbare Auswirkungen. Die durch den Wind verursachten Kräfte sind geringer, und auch der Wärmeverlust von Gebäuden ist erheblich geringer, als es bei uns bei gleicher Temperatur zu erwarten wäre.

    Das Hauptproblem ist etwas anderes: Die harte kosmische Strahlung. Der Mars besitzt kein nennenswertes Magnetfeld und damit fast keinen natürlichen Schutz. Ohne besondere Schutzmaßnahmen würden sich Menschen auf der Marsoberfläche innerhalb von wenigen Tagen eine tödliche Dosis einfangen.

    Alle seriösen Architekturkonzepte für den Mars vermeiden daher große Glaskuppeln oder großflächige Fenster für den direkten Lichteinfall. Indirektes Tageslicht wie in dem Beispiel unten wäre hingegen keine Gefahr:

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  • Professionelle Architekten und Stadtplaner beginnen sich "en detail" mit dem Mars zu befassen.

    Anbei das umfassendste Konzept, das ich bislang zum Thema gefunden habe. Es beinhaltet den Masterplan für eine komplette Kolonie mit mehreren Städten inkl. Versorgungs-und Entsorgungskonzepten, sowie städtebauliche und architektonische Planungen.

    Trailer auf Youtube - abiboo studio concept (2 Minuten)

    nüwa - a city on mars - abiboo studio concept presentation (26 Minuten)

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  • Die Weltraum-Aktivitäten von Elon Musk erfahren eine ganz spezielle Form der Würdigung: Sie werden von den Chinesen kopiert.

    Booster, die auf Plattformen im Meer landen, sind in der Entwicklung und sehen 1:1 aus wie die der Falcon 9. Weiterhin wurde das laufende Programm zur Entwicklung einer chinesischen Schwerlastrakete abrupt völlig verändert und die Neukonzeption an das Starship von SpaceX angelehnt. Bereits ab 2025 sollen alle chinesischen Weltraumraketen vollständig wiederverwendbar sein.

    YouTube

  • Ach so, fast hätte ich es vergessen:

    China hat sich, ganz offiziell, die Besiedlung des Mars als Ziel gesetzt. In dieser Klarheit ist China der derzeit einzige Staat der Welt, der dies vorhat, und konkrete Daten nennt (2033/34).

    Die NASA spricht zurückhaltend von einer bemannten Mission zum Mars als Langfristziel. Die Europäer haben diesbezüglich keine Pläne, die über die Beteiligung an einer Sample Return Mission durch Roboter hinausgehen..

  • Zeit für ein Status-Update!

    Eigentlich hätte ich erwartet, dass das "Starship" mittlerweile zum ersten orbitalen Testflug abgehoben hätte. Das ist aber nicht der Fall, es gibt Verzögerungen:

    Die FAA, die amerikanische Bundesbehörde für die Flugsicherung, hat für den derzeit vorgesehen Startplatz in Boca Chica, Texas, noch keine Startgenehmigung erteilt. Ursache ist eine von der FAA durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung, deren abschließende Bewertung nunmehr 4 mal angekündigt und 3 mal verschoben wurde.

    Inwieweit die austehende Genehmigung das Projekt tatsächlich ausbremst, ist nicht ganz klar. Es ist ja keineswegs so, dass SpaceX nun die Hände in den Schoß zu legen würde. Es wird vielmehr im Musk-typischen Tempo an den Details gefeilt. Triebwerke werden konstruktiv verbessert und am Boden getestet, optimierte Versionen von Boostern und Oberstufen gebaut und testweise betankt sowie in statischen Brennversuchen getestet. Es findet alles an Test- und Entwicklungsarbeiten statt, was möglich ist, ohne direkt zu fliegen. Realistisch dürfte ein Erstflug im Sommer sein. Sollte die FAA final keine Freigabe erteilen, wird nach Florida umgezogen werden (- dort liegen bereits alle Genehmigungen vor).

    Die Kriegssituation in der Ukraine hat SpaceX zusätzliche Aufträge beschert. Satellitenstarts und Raumflüge, die die NASA und die private Firma OneWeb eigentlich mit den Russen (Roskosmos) durchführen wollten, wurden wegen der Sanktionen abgesagt und auf Elon Musks' SpaceX übertragen. SpaceX wird damit wohl in diesem Jahr auf einen Weltmarktanteil (massebezogen) von knapp 70% kommen. Das ist für ein in der Branche relativ junges Unternehmen, das erst vor 20 Jahren "aus dem Nichts heraus" von einer Privatperson gegründet wurde, ein außerordentlicher Erfolg.

    Die staatliche Konkurrenz in Form der NASA ist mit ihrer Schwerlastrakete "SLS" ähnlich weit wie SpaceX/Musk mit "Starship". Auch bei SLS ist man in der "finalen Feinschliffphase" angekommen. Allerdings hat man dafür wesentlich länger gebraucht als SpaceX, und die Kosten pro Flug werden, wie weiter oben im Faden schon erwähnt, drastisch höher liegen (- nach derzeitigen Zahlen etwa um das 500fache) als bei der privaten Konkurrenz.

    Starship in Boca Chica / Texas;

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    SLS in Cape Canaveral, Florida:

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  • Sieht so aus, als stünde die neue Rakete auf der ehemaligen Saturn-V-Plattform... ;)

    Korrekt. Es gab für das Apollo-Programm 2 Startrampen, 39A und 39B. Die Mehrzahl der Flüge - inkl. sämtlicher Flüge, die tatsächlich zu einer Mondlandung führten - starteten von 39A. Der finale Testflug der Saturn-V inkl. der ersten Mondumrundung, sowie der letzte Apollo-Flug überhaupt für das "Apollo-Sojus-Testprojekt" starteten von 39B. Das erste SLS-Exemplar steht derzeit auf der seltener genutzten Rampe 39B. Beide Rampen wurden auch für die Space-Shuttle Flüge genutzt und sind bis heute regelmäßig in Betrieb.

    Ebenfalls noch aus der Zeit der Apollo-Flüge stammt die für SLS genutzte Montagehalle - seinerzeit das größte Gebäude der Welt!

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    Quelle: NASA, gemeinfrei

  • Der Starttermin für den ersten SLS-Testflug mit Programm-Namen "Artemis 1" steht fest:

    Montag, 29. August 22, Pad 39B des Kennedy Space Centers. Das Startfenster öffnet sich um 14:33 Uhr MESZ . Wer mag, kann sich den Start online ansehen - Livestream Artemis 1.

    Der Name "Artemis" ist eine Anspielung auf das Apollo-Programm der 60er/70er - Artemis ist in der griechischen Mythologie die Schwester von Apollo.

    Geplant ist bereits bei diesem ersten, unbemannten Testflug eine vollständige Reise zum Mond inkl. Mondorbit und anschließender Rückkehr zur Erde. Für direkte, selbst durchgeführte Landungen auf dem Mond ist das Konstrukt ohnehin nicht vorgesehen - diesen Part von Artemis wird SpaceX mit einem eigens für Mondlangungen spezialisierten Raumschiff übernehmen, das im Mondorbit "geparkt" wird.

  • Zeit für ein Update!

    Artemis 1 hat nicht abgehoben. Leckagen der Wasserstoffzufuhr und des Tanks, Softwarefehler. 2 ernsthafte Startversuche sind im Abbruch geendet. Derzeit wird versucht, die Probleme mit geringstmöglichem Aufwand zu beheben, ohne die Rakete in die Montagehalle zurückzufahren (-was monatelange Verzögerungen nach sich ziehen würde). Weitergehen könnte es frühestens Ende September.

    Sollte es Ende September / Anfang Oktober mit dem Start nichts werden, muss die Rakete auf jeden Fall in die Halle zurück, da danach diverse kritische Bauteile aus der einjährigen Garantiefrist der Hersteller herausfallen. In diesem Fall würde ich nicht mehr mit einem Start in diesem Jahr rechnen.

    Alles in allem ein ziehmlicher Flop.

    Andererseits: Die Zukunft gehört ohnehin nicht diesem Projekt. Selbst im maximalen Erfolgsfalle wäre durch Artemis, allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz, kaum mehr als durch das Apollo-Programm zu erreichen - also ein paar Astrononaten zum Mond zu bringen und zurückzuflegen. Mehr als 20 Flüge sind ohnehin nicht vorgesehen, und das auch noch über lange 20 Jahre verteilt. Die Kosten sind mit 2 Milliarden Dollar pro Flug im Wortsinn exorbitant. Sämtliche Fehler des Space-Shuttle Programms wurden hier wiederholt - die politische Vorgabe, möglichst alle 50 Bundestaaten mit Aufträgen für Zulieferer zu beglücken macht das Projekt unnötig komplex und teuer. Eine Weiterentwicklung im laufenden Projekt ist nicht budgetiert, es bleibt also jenseits der Korrektur kritischer Fehler kein Raum für substanzielle Verbesserungen.

    Vieles wird jetzt davon abhängen, wie es beim Konkurrenten SpaceX von Elon Musk läuft. Sollte dessen Starship ein technischer Erfolg werden und auch nur annährend zum kalkulierten Preis zu betreiben sein, ist das Artemis-Programm politisch tot.

  • „Im Dezember 2021 gab SpaceX bekannt, dass das für die Rakete benötigte Methan nicht nur auf dem Mars, sondern auch auf der Erde mit Hilfe des Sabatier-Prozesses aus dem CO2 der Atmosphäre gewonnen werden soll.[9] Damit würde der Treibstoff bei der Verbrennung genauso viel CO2 erzeugen, wie vorher zur Herstellung aus der Atmosphäre absorbiert wurde, und die Starship-Rakete könnte somit klimaneutralfliegen. Dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass auch die Energie, die für den Sabatier-Prozess benötigt wird, aus klimaneutralen Quellen stammt.„

    Wikipedia

  • Ich hoffe mal dringend, das ganze läuft klimaneutral und mit E-Mobilität.

    Im Ernst - genau das ist, s. oben der Beitrag von Sir Moc - der Plan. Zwei der drei Bundestaaten, in denen SpaceX schwerpunktmäßig aktiv ist - Kalifornien und Texas - sind ohnehin gerade mitten dabei, auf Erneuerbare umzustellen, u. a. unter Mitwirkung von Tesla. Bei Florida wird sich alles wohl etwas länger hinziehen.

    Methan, dass mit Anlagen in diesen Bundesstaaten aus der Athmosphäre gewonnen wird, wird zunehmend klimaneutral sein.

  • Reine Energieverschwendung dieses Carbon capture Zeug. Wenn wir 100% Erneuerbare hätten, könnte man drüber reden, aber so verbraucht das nur Energie, die man auch hätte nutzen können, um Kohlekraftwerke etc. außer Betrieb zu nehmen.

  • Das Hauptproblem ist etwas anderes: Die harte kosmische Strahlung. Der Mars besitzt kein nennenswertes Magnetfeld und damit fast keinen natürlichen Schutz. Ohne besondere Schutzmaßnahmen würden sich Menschen auf der Marsoberfläche innerhalb von wenigen Tagen eine tödliche Dosis einfangen.

    Soweit mir bekannt ist das so nicht ganz richtig. Die dünne Marsatmosphäre bietet durchaus einen gewissen Schutz. Die Strahlenbelastung auf der Oberfläche ist vergleichbar mit der an Bord der ISS, die sich ja noch innerhalb des Erdmagnetfelds bewegt. Man könnte sich also recht problemlos einige Zeit auf der Oberfläche aufhalten.

    Richtig gefährlich wäre es hingegen z.B. auf den Jupitermonden Io und Europa. Da dürfte Jupiters Hauptstrahlungsgürtel binnen Minuten oder gar Sekunden für eine tödliche Dosis sorgen.
    Der vermutlich einzige Himmelskörper im Sonnensystem hingegen, der wie die Erde einen wirksamen Schutz vor kosmischer Strahlung bietet, dürfte der Saturnmond Titan sein. Dieser verfügt zwar über kein eigenes Magnetfeld, dafür aber über eine Atmosphäre mit der doppelten Dichte der Erdatmosphäre. Dort regnet es tatsächlich murmelgroße "Regentropfen" aus Methan und Ethan in Zeitlupe vom Himmel.

    Merkur und der Jupitermond Ganymed hingegen verfügen über eigene Magnetfelder. Wie wirksam diese aber so in unmittelbarer Sonnennähe (Merkur) oder in der Nachbarschaft von Jupiters Hauptstrahlungsgürtel (Ganymed) sind, weiß ich nicht. Und von der kuscheligen Venus reden wir gar nicht erst ...

    Das alles nur mal so nebenbei. :)

    Übrigens halte ich Ideen wie die Marsstadt Nüva keinesfalls für Spinnerei. Zwar wird man den Planeten aufgrund der geringen Gravitation kaum jemals terraformen können, aber der Mensch bringt es fertig, den ganzen Planeten einfach zu überdachen. Aber bis man sich da über Städtebau austauschen kann, wird es vermutlich noch etwas dauern ...

  • Soweit mir bekannt ist das so nicht ganz richtig. Die dünne Marsatmosphäre bietet durchaus einen gewissen Schutz. Die Strahlenbelastung auf der Oberfläche ist vergleichbar mit der an Bord der ISS, die sich ja noch innerhalb des Erdmagnetfelds bewegt. Man könnte sich also recht problemlos einige Zeit auf der Oberfläche aufhalten.

    Du hast Recht!

    Es ist gar nicht so einfach, zu dem Thema genaue Angaben zu finden. Die angeblich harte Strahlung auf dem Mars wird in vielen Artikeln als Problem thematisiert - aber wie hart genau ist sie eigentlich?

    Offenbar entspricht die Strahlenbelastung zufälligerweise fast punktgenau der im Inneren der internationalen Raumstation ISS. Man könnte sich demnach mindestens ein Jahr lang ungeschützt auf der Oberfläche aufhalten.

    Da ein wirklich ungeschützter Aufenthalt auf der Oberfläche mangels atembarer Luft unmöglich ist, ist das Problem in der Praxis wohl weniger relevant als üblicherweise dargestellt.

  • Na ja, es wird im Netz und in Kinofilmen hat viel Halbwissen verbreitet - mitunter auch zur Steigerung der Dramatik. So kann in "Der Marsianer" z.B. ein Sturm auf dem Mars mal eben einen Lander umschmeißen, was in der Realität natürlich völliger Quatsch ist. Auch handelt es sich bei den Stürmen auf dem Mars weniger um Sand-, sondern eher um Staubstürme, denn die dünne Atmosphäre dürfte mächtig Probleme damit haben, Sandkörner durch die Luft zu tragen. In der Praxis dürften Stürme auf dem Mars vielleicht mächtig heulen, dabei ansonsten aber allenfalls ein laues Lüftchen erzeugen.

    Was den Aufenthalt auf der Oberfläche angeht, bleibt dann noch die Problematik "Sonnenstürme". Und auch ein längerer Aufenthalt auf der ISS ist gewiss nicht gerade gesund. Ansonsten dürfte aber bereits eine Abschottung von wenigen Metern Sand oder Stein reichen, um sich jahrelang recht sicher auf dem Mars aufhalten zu können. Richtig fies dürfte dann aber noch der allgegenwärtige giftige Staub auf dem Planeten sein, den man vermutlich nach jedem Außenaufenthalt mit in die Station tragen würde.

    Auch die Auswirkungen der geringen Gravitation auf Dauer lassen sich kaum seriös einschätzen. So dürften sich außer dem Mars allenfalls noch Titan und der Jupitermond Kallisto für einen längeren Aufenthalt von Menschen eignen. Kallisto befindet sich als einziger der großen Jupitermonde außerhalb des Hauptstrahlungsgürtel des Planeten, weshalb der Mond von der NASA auch als mögliches Ziel zukünftiger astronautischer Missionen gehandelt wird. Übrigens ist die Strahlung in Jupiters Umfeld so hoch, dass selbst die Elektronik von Raumsonden dadurch zerstört werden kann. Deshalb soll die geplante NASA-Sonde "Europa Clipper" auch nicht in eine Umlaufbahn um den Mond Europa einschwenken, sondern ihn lediglich bei gelegentlichen Vorbeiflügen untersuchen, um sich danach auf einer elliptischen Umlaufbahn um Jupiter wieder in Sicherheit zu bringen.

    Ich betrachte diesen Strang jetzt mal als "Kuriosum", das sich das APH-Forum leistet. Sowas muss auch mal sein ...

  • Youtube-Beitrag der kanadischen Architektin Dami Lee über potentielle Bauten auf dem Mars. Die selbstgestellte Frage, mit der sie sich hier beschäftigt, lautet:

    What kind of conditions do we need to build for humans to really live there, and not just survive?

    Wie muss ein mit vertretbarem Aufwand errichtetes Gebäude gestaltet werden, damit die Bewohner, die sich über Jahre hinweg weit überwiegend in seinem Inneren aufhalten, nicht nur körperlich, sondern auch psychisch gesund bleiben? Wie lässt sich trotz der Notwendigkeit zur Abschottung nach Außen eine Verbindung zur Umgebung herstellen? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Menschen sich in einem Bauwerk über lange Zeit wohlfühlen?