Stuttgarter Bau- und Sanierungsgeschehen

  • eine weitere baukulturelle Schande für Stuttgart

    Allerdings.

    Erinnern wir uns an das Wengerterhaus, das abgerissen wurde. (Siehe hier)

    Offenbar ist es bis heute bei der Jako Baudenkmalpflege GmbH eingelagert, aber immer noch nirgendwo wieder aufgebaut.

    Umsetzung von historischen Gebäuden aus Stuttgart. Ein Haus geht auf Reisen

    Umsetzung von historischen Gebäuden aus Stuttgart: Ein Haus geht auf Reisen
    Häuser werden gebaut und abgerissen. So ist für gewöhnlich der Lauf der Dinge. Doch manches besondere Gebäude erhält eine zweite Chance – und wird an anderer…
    www.stuttgarter-nachrichten.de


    Darin steht übrigens etwas über den zwielichtigen Urheber des skandalösen Abrisses:

    Zitat

    Der Bauherr, der ehemalige VfB-Kicker Walter Kelsch, wollte an dessen Stelle in der Firnhaberstraße ein Geschäftsgebäude errichten. Für Kelsch der Anfang diverser finanzieller Schwierigkeiten, die inzwischen zu einer Verurteilung wegen Betruges und einer Anklage wegen Beihilfe zum Drogenhandel geführt haben.

    Offenbar nicht nur eine Anklage, sondern 2017 wurde Kelsch zu Haft verurteilt:

    Drogenhandel: Kelsch ins Gefängnis?

    Erst Anlagebetrug, nun Beihilfe zum Drogenhandel: Der ehemalige Nationalspieler Walter Kelsch muss in den Knast.

    Drogenhandel: Ex-Nationalspieler Walter Kelsch muss ins Gefängnis
    Erst Anlagebetrug, nun Beihilfe zum Drogenhandel: Der ehemalige Nationalspieler Walter Kelsch muss in den Knast.
    www.sport1.de

    Vielen Dank für den Abriss von Kulturgut. Und vielen Dank, Stuttgart, das Du solchen Leuten keine Barrieren in den Weg gelegt hast. :daumenunten:

  • Schlossplatz in Stuttgart

    Ein letztes Mal sitzen zum Abschied: Ade, liebe Bank!

    Schlossplatz in Stuttgart: Ein letztes Mal sitzen zum Abschied: Ade, liebe Bank!
    Der Schlossplatz soll schöner werden. An diesem zentralen Ort treffen Lebensgefühl und Historie aufeinander. 33 alte Bänke entlang der Kastanienalleen werden…
    www.stuttgarter-zeitung.de

    Die gute Nachricht: Die neuen Bänke werden keine modernistischen Experimente sein, sondern sich kaum von den alten unterscheiden.

    In dubio pro reko

  • Es ist überall das Gleiche. Weil sie kein Geld und keine Muße für umfassende und ästhetische Neugestaltungen von Straßen haben, wird infolge des fixen Leitbilds "autofreie Innenstadt" nur verschlimmbessert. Es werden irgendwelche billigen Barrieren in den Straßenraum gestellt, Absperrungen errichtet, neue Linien auf die Straße gemalt, und das Stadtbild ist danach oft hässlicher als zuvor.

  • erbse

    Versuche zum Aufzeigen der Problematik und wie es besser geht, wurden hier unlängst unternommen.

    Stichworte: Straßenpflaster, Straßenbeleuchtung etc. Jedoch findet die allgemeine Gestaltung des öffentlichen Raums selbst hier im Forum und seitens des Vereins wenig bis kein Gehör. Meiner Beobachtung nach werden die Missstände hier sogar noch relativiert bzw. manche modische Verschlimmbesserung noch als Aufwertung angesehen. Es fehlt leider häufig der ästhetische Blick für das Ganze. Deshalb ist oder wäre eine Sehschule die Grundvoraussetzung zum Verinnerlichen, um die unbefriedigende, effekthascherische gegenüber einer weitsichtigen und ruhigen Gestaltung zu erkennen. Da sehe ich bei einigen tatsächlich noch reichlich Nachholbedarf.

  • Funktionell sind ja auch manch hässliche Maßnahmen eine Verbesserung. Die "Kieselsteine" da oben sehen zwar seltsam aus, aber dafür stehen keine Blechlawinen am Straßenrand mehr rum.

    Man müsste wieder zum holistischen Ästhetikverständnis der "Belle Epoque" kommen.

    Vielleicht kann eine weitere Verbreitung von Mäcklers Buch dazu dienlich sein: "Handbuch der Stadtbaukunst: Anleitung zum Entwurf von städtischen Räumen"


    Was es mE auch bräuchte, wäre eine "Übersetzung" der Mustersprache und Nature of Order von Christopher Alexander in den praktischen Planer-Alltag. Die Prinzipien darin sind Gold wert, aber es fehlt meist diese Brücke zur konkreten Planung.

  • Die "Kieselsteine" da oben sehen zwar seltsam aus, aber dafür stehen keine Blechlawinen am Straßenrand mehr rum.

    Ich sehe darin keine Verbesserung.

    Man müsste wieder zum holistischen Ästhetikverständnis der "Belle Epoque" kommen.

    Wer ist "man"? Denjenigen, die solche Maßnahmen beschließen, ist die Belle-Epoque völlig egal. Vielleicht gilt sie gar einigen sogar noch als "reaktionär", wenn sie überhaupt noch Kenntnisse darüber haben.

    Wie schon gesagt, denjenigen, die solche Maßnahmen beschließen, geht es nicht um Ästhetik. Sie haben auch kein Verständnis dafür, denn dann würden sie erst ein Gesamtkonzept entwickeln und das dann in toto umsetzen, statt einfach mal aus reiner Schikane Barrieren oder vergammelnde Blumenkästen oder Kieselsteine auf die Straße zu legen und alles weitere (wenn überhaupt) auf den St. Nimmerleins-Tag verschieben.

    Und (!): Sie haben in der Regel auch gar kein Geld mehr für ganzheitliche Straßen- oder Platzumgestaltungen in relevanter Zahl. Und da reden wir nicht mal von Belle-Epoque.

  • Wo gibt es gute Beispiele für neuere fußgängerfreundliche Stadtraumgestaltungen?

    Ich finde die Fußgängerzone in Füssen eigentlich recht gelungen. Das ist aber mittlerweile auch schon 43 Jahre her, dass diese dort eingerichtet wurde. Aber sie erfüllt auch heutige Erfordernisse an so eine Stadtraumgestaltung: So gibt es zwei Beläge, einen eher glatten mit wenig Fugen, für Kinderwägen, Mobilitätseingeschränkte, (nicht zugelassene Fahrradfahrer), und kleinteiliges Kopfsteinpflaster für das nötige Maß an Altstadtcharme. Es gibt Beflanzungen, die jedoch eher moderat dosiert sind in Blumenkübeln und zusätzlich von privater Seite. Dazu etliche Brunnenanlagen, die jetzt auch nicht unnötig modernst wirken, selbiges für die Bestuhlung.

    Insgesamt, vom Naturraum, der Bebauung, und dem Stadtraum ein stimmiges zusammenhängendes Bild.

  • Wo gibt es gute Beispiele für neuere fußgängerfreundliche Stadtraumgestaltungen?

    Ich finde die Fußgängerzone in Füssen eigentlich recht gelungen. Das ist aber mittlerweile auch schon 43 Jahre her...

    :zwinkern:

    Also, ein Beispiel für eine solche Stadtraumgestaltung ist die "neue Altstadt" in Frankfurt. Allerdings war dort auch schon zu Zeiten des Technischen Rathauses ein (wenn auch sehr unattraktiver) Fußgängerbereich.

  • erst ein Gesamtkonzept entwickeln und das dann in toto umsetzen

    Das führt auf jeden Fall auch nicht zu einer besseren Ästhetik. Es gibt zahllose Beispiele, wo Planer ganze Innenstädte neukonzipieren durften und dies dann auch relativ konsequent über 20 Jahre durchgezogen wurde. Dies verhindert nicht, dass es viele Mängel gibt, die dann auch noch fortgesetzt werden müssen, oder an denen dann herumgedoktert werden muss. Ein Beispiel ist hier Freising. Die sind gerade noch dabei ihre gesamte Altstadt umzubauen. Aber schon die ersten Ergebnisse weisen überraschend schwere Mängel auf. Der Raum wirkt mitunter diffus. Ein Gesamtkonzept hat nichts geholfen.

  • Eben. Der Schlüssel sind ja gute Gesamtkonzepte. Das geht mit Urbanismus und Architektur einher. Es muss holistisch sein, wie die Planung in Poundbury/UK.

    statt einfach mal aus reiner Schikane Barrieren oder vergammelnde Blumenkästen oder Kieselsteine auf die Straße zu legen

    Du unterstellst böse Absichten. Die meisten Menschen haben aber keine bösen Absichten bzw. würden sich selbst nie so sehen wollen. Ihre Absicht ist ein Umbau des Stadtgefüges, das freundlicher mit Fußgängern und Radfahrern umgeht und diesen mehr Platz einräumt. Und ja, die Abneigung gegen PKW ist dabei immanent, weil dem Auto die letzten 80 Jahre ein großer Teil des öffentlichen Raumes geopfert wurde.

    Locker 80-90% des Straßenraumes sind ja aktuell nur durch PKW und andere Motorvehikel nutzbar. Das Bedürfnis, dieses Verhältnis zugunsten "schwächerer Verkehrsteilnehmer" zu verschieben ist doch völlig verständlich. Allein schon für die Aufenthalts- und Lebensqualität als Stadtbewohner. Wenn man in der Vorstadt wohnt oder generell fast nur mit Auto unterwegs ist, kann man das wohl schlecht nachvollziehen.

    An deren Absichten wirst du nix ändern, das ist gerade überall eine vorherrschende Dynamik. Und im Grunde will diese Dynamik zurück zur Qualität des Straßenraumes des 19. Jahrhunderts. Nur versteht man (noch) nicht die Qualitäten der klassischen Stadt. DA müssen wir doch einspringen. Das geht auch alles harmonisch mit motorisiertem Verkehr, siehe Holland.

  • Die "Kieselsteine" da oben sehen zwar seltsam aus, aber dafür stehen keine Blechlawinen am Straßenrand mehr rum.

    Eine echte Blechlawine gab es da auch vorher nicht, es ist ja keine Durchgangsstraße, zudem gibt es mit dem Neubau des Dorotheen-Quartiers auch ausreichend Tiefgaragen-Stellplätze. Vermutlich war es aber für Besucher der Markthalle praktisch, dort mal schnell zu parken.

    Weiß zufällig noch jemand, wie lang man da maximal parken durfte? In der zentrumsnahen Schellingstraße hat man die Autos wohl erfolgreich durch eine extrem kurze maximale Parkdauer vertrieben (keine Ahnung, waren das 20 Minuten?).

    Easy does it.

  • Ein Gesamtkonzept hat nichts geholfen.

    Und was soll und das jetzt in der Konsequenz sagen? Auf Konzepte verzichten? Besser einfach Plastikbarken oder Blumentöpfe auf die Fahrbahn stellen?

    In der zentrumsnahen Schellingstraße hat man die Autos wohl erfolgreich durch eine extrem kurze maximale Parkdauer vertrieben

    Man sollte sich immer im Klaren sein, dass man nicht Autos vertreibt, sondern Menschen, die Auto fahren. Sie bleiben im Extremfall einfach als Käufer, Gastronomie- oder Markthallenbesucher weg. Ich, und nicht nur ich, praktiziere das seit einiger Zeit so für die Frankfurter Innenstadt. Früher war ich oft dort, aß eine Kleinigkeit. Mittlerweile bin ich dort kaum noch. So gehen dann eben Kunden verloren.

    Das heißt aber nicht, dass Fußgängerzonen oder Verkehrsberuhigung falsch wären. Im Fall von Stuttgart würde ich mir zum Beispiel den Rückbau der schrecklichen, alles zerschneidenden "Stadtautobahnen" wünschen. Das muss nur in ein akzeptables Gesamtkonzept eingebunden werden, also eine ästhetische Vision, die auch umgesetzt wird, und gute Alternativen für Besucher (guter ÖPNV, günstige Parkflächen (z.B. in Parkhäusern)...).

  • Und was soll und das jetzt in der Konsequenz sagen? Auf Konzepte verzichten? Besser einfach Plastikbarken oder Blumentöpfe auf die Fahrbahn stellen?

    Naja Du sagst ein Konzept macht eine gute Gestaltung. Ich sage dem ist nicht automatisch so, da in den meisten Fällen irgendein Konzept, irgendein Planungsbüro dahinter steht und sich doch überwiegend gravierende gestalterische Fehler auftun. Dann fragst Du, ob es heißt also gar kein Konzept zu haben. Nein, das heißt es nicht. Aber wenn Du Dir diesen Standard-Planungsprozess anschaust, wie solche Konzepte entstehen, dann kommen sicher auch Dir Zweifel: Da wird ein Planungsbüro engagiert, das in der Regel keinerlei Verbindung zum jeweiligen Ort hat, das hunderte Kilometer entfernt ist. Die Planer fahren nun vor Ort, machen sich einen Eindruck, machen Fotos, identifizieren Problemfelder. Das wird dann den Stadträten präsentiert, zusammen mit relativ formalistischen Lösungsvorschlägen, schließlich ist man ein Großbüro, die Antwort hat man schon in zig anderen Städten so gegeben und richtig viel Detailtiefe über die untersuchten Orte hat man durch seine Ortsbesuche in geringer Zahl auch nicht. Es gibt da ganz tolle Projekte, wo ,,Insider-Informationen" durch Bürgerbeteiligungen gesammelt werden und in die Planungen eingearbeitet werden. Aber selbst das rettet oft solche Konzepte nicht.

    Was würde einer Konzeption also helfen? Ich denke, es müsste Entscheider vor Ort geben, die sich intensiv mit den lokalen Begebenheiten auseinandersetzen und selbst konkrete Lösungen liefern können. Das klingt immer so herrlich effizient, wenn man Fachplaner engagieren kann, die "ganz neue Ideen" bringen können. Die Realität sieht eher anders aus.

  • Das was Majorhantines beschreibt, trifft in der Realität tatsächlich zu. Ich war als „sachkundiger Bürger und Person vom Fach“ an solchen scheindemokratischen Prozesse mehrfach beteiligt, zuletzt bei der Gestaltung der „Neuen Mitte“ in Rottweil. Die Konzepte der Planungsbüros sind das Problem, welche lediglich mit Modifikationen, aber eben mit den stets gleichen modischen Gestaltungselementen aus der Schublade dem jeweiligen Ort überstülpt werden. Ich hatte das anhand von Bildmaterial hier im Forum dargestellt und prompt wurden diese Verschlimmbesserungen relativiert bzw. sogar als Aufwertung gegenüber dem Vorzustand dargestellt und zwar auffällig aus einem Grund, weil der motorisierte ÖPNV und Individualverkehr dabei in neue Bahnen gelenkt wird. Das solche funktionalen Aspekten allein nicht automatisch zu einer Aufwertung führen, bemängeln wir tagtäglich an der Architektur. Bei der Gestaltung des öffentlichen Raum als Grundlage und Voraussetzung für ein attraktives, harmonisches Umfeld wird dieser Aspekt dann aber im einseitigen Fokus der Mobilitätsdebatte immer wieder missachtet oder von den meisten hier gänzlich übersehen.

    Daher sind unabhängig von der Art und Weise der Mobilität und anders als bisher Konzepte sogar dringend notwendig, welche die Örtlichkeit und das traditionell klassische Gestaltungvokabular wieder aufgreifen und berücksichtigen, statt auf rein funktionale und modische Konzepte oder gar auf die aktuell politisch motivierten Zielvorgaben im Städtebau zu setzen, die das jeweilige Stadtbild augenscheinlich nicht aufwerten. So habe ich übrigens Heimdall s richtige Fragestellung als Antwort, auf die bisherige Fehlentwicklung bei der Gestaltung des öffentlichen Raums in Konsequenz nun etwa konzeptionslos vorzugehen, verstanden.

  • Gut ausgedrückt, "zeitlos".

    Und ich wollte noch auf solche (mittlerweile häufigen) Planungen hinweisen, denen überhaupt kein Konzept zugrunde liegt. Es geht allein darum, Autoverkehr räumlich zu begrenzen. Für mehr ist vermutlich auch kein Geld mehr da. Der öffentliche Raum wird dadurch aber ästhetisch eher verschlechtert.

    Als Beispiel habe ich einmal Mühlheim am Main aufgeführt:

    Heimdall
    16. Januar 2022 um 13:05