Ich befasse mich hier in meinem Beitrag mit der Gegenwart und der Zukunft, jenen Zeitleisten, die wir als Souverän aktiv zu gestalten vermögen - hoffentlich besser als in der leidlichen Vergangenheit Bremens, zumal wir uns den Luxus leisten können, aus den offensichtlichen Fehlern der letzten 70 Jahre zu lernen, eine "rote" Zeitspanne, die uns mehrheitlich ausgezeichnetes "Lernmaterial" frei Haus lieferte und liefert.
Eberhard Syring, Professor für Architekturtheorie und Baugeschichte an der Hochschule Bremen und bis 2018 wissenschaftlicher Leiter des Bremer Zentrums für Baukultur., hat in der heutigen Ausgabe des Weser-Kuriers einen - wie ich finde - sehr bemerkenswerten Gastkommentar geschrieben (Im Gegensatz zu der "Ratskeller-Prosa" des Chefreporters Jürgen Hinrichs); hier nun die Zeilen, die prägnanten Stellen sind von mir "sichtbarer" gemacht:
Urbanität ist eine komplexe Angelegenheit
"Vorweg ein Zitat: „Das Hochhaus setzt einen strengeren architektonischen Standard, größere Kunstfertigkeit und auch eine soziale Verantwortung des Planers voraus.“ Der Satz stammt von dem bekannten finnischen Architekten Alvar Aalto, der eigentlich kein großer Freund dieses Gebäudetyps war und der doch Bremens unbestritten schönstes Hochhaus, das Aalto-Hochhaus in der Vahr, geschaffen hat.
Er nannte auch den Grund seiner Skepsis: niedrigere Häuser „verunstalteten“, wenn sie nicht ganz gelungen seien, ein Quartier „weitaus weniger als eine miserabel geplante und konstruierte Gruppe von Hochhäusern“. Wie Recht er hatte, kann man in Bremen an dem Hochhausensemble am Breitenweg eindrucksvoll nachvollziehen, das wenige Jahre nach dem Aalto-Hochhaus entstand. Hauptakteure waren hier freilich nicht feinfühlige Architekturästheten, sondern hemdsärmelige Macher aus Politik, Bauwirtschaft und Planung.
Mitte der Siebziger Jahre war der Hochhausboom schon wieder vorüber. Auf der Strecke geblieben sind Hochhausprojekte wie Bauhof und Hillmann-Center – auch aufgrund wachsenden Widerstands in der Bevölkerung. Neben seiner visuellen Dominanz ist – wie man damals erkannte – ein Nachteil dieses Gebäudetyps, dass er sich in der Regel nur schwer in den in umgebenden öffentlichen Raum integrieren lässt. Wer wissen will, was gemeint ist, möge nur einmal das Siemenshochhaus umrunden.
Gegenwärtig zeichnet sich ein erneuter Hochhausboom in Bremen ab. Da stellt sich die Frage: Haben wir aus den Fehlern der letzten Hochphase gelernt? Zu befürchten ist: nein – beziehungsweise nicht ausreichend. Not täte ein Hochhausrahmenplan, wie ihn andere Städte haben, der festlegte, wo und in welcher Form hohe Bauwerke im Stadtbild verträglich sind. Eine solche Planung sei in Arbeit, hört man.
Hoffentlich kommt sie nicht zu spät, denn erste Tatsachen wurden bereits geschaffen – etwa mit der Hochhausplanung in der Kohlhökerstraße, die wie ein Wiedergänger der quartiersunverträglichen Hochhäuser der Spätmoderne daherkommt. Damals glaubte man, „Urbanität durch Dichte“ erzeugen zu können. Dass Urbanität eine komplexere Angelegenheit ist, könnte man im „Viertel“ studieren, dem vielleicht urbansten Stadtteil Bremens.
Grade hier mit einer unmaßstäblichen Nachverdichtung einzugreifen, statt die nach dem Ende der Trassenplanung begonnene „behutsame Stadterneuerung“ fortzusetzen, erscheint mir als Kardinalfehler aktueller bremischer Stadtplanung. Dass sich eine Bürgerinitiative dagegen formiert, ist die richtige Antwort."
Wer den Gastkommentar ohne mein "Fettgedrucktes" lesen möchte, hier der Link dazu: