Gestern war ich bei dem schönen Wetter mal mit meiner großen Kamera in der Stadt unterwegs. Ich dachte mir, vielleicht interessiert es den einen oder anderen, was vom Gründerviertel noch an alter, wertvoller Bausubstanz übrig ist. Dazu erstelle ich hier mal eine Liste mit Bildern und Erklärungen - wird etwas länger werden!
Also, los geht´s mit den Straßen von Süden nach Norden, als erstes daher die Braunstraße:
Braunstraße Nordseite:
Abb.1: An der Nordseite haben sich noch vier alte Häuser erhalten - Nr. 6, 8, 10 und 12 (von rechts). Hier Blick von Südwesten
Abb.2: Braunstraße 6-12, Blick von Südosten
Abb.3: Braunstraße 6 und 8 (von rechts). Ranaissance, barock überformt. Braunstraße 6 (rechts wurde 1942 stark beschädigt, die Fassade aber als eine der ganz wenigen glücklicherweise dennoch erhalten. Das Gebäude hat allerdings nur ein provisorisch aussehendes Dach anstatt eines steilen Satteldachs.
Abb.4: Braunstraße 10 und 12 (von rechts). Nr. 10 barock, Nr. 12 gotisch. Ich vermute wegen der gleichartigen Befensterung, dass Nr. 10 ursprünglich ähnlich wie Nr. 12 aussah und dann überformt wurde.
Abb.5: Braunstraße 12 im Detail
Braunstraße Südseite:
Auf der Südseite haben sich nur das neugotische Paketpostamt (1905-1909) und der untere Baublock zwischen Lederstraße und Untertrave erhalten.
Abb.6: In das Paketpostamt (Nr. 1-5) wurde das Renaissanceportal des prächtigen Amtshauses der Krämerkompanie von 1587 integriert, das leider für das Paketpostamt abgerissen wurde. Das Haus stand allerdings um die Ecke im Schüsselbuden. Die Tür ist - wie man auf dem Foto sieht - in einem erbärmliche Zustand. Wenn man mit der Sanierung noch länger wartet, wird da bald nicht mehr viel zu retten sein. Oberlicht Rokoko, ca. 1765.
Abb.7: Braunstraße 19, Barock mit Rokokoportal. 1942 beschädigt, aber wiederhergestellt. Braunstraße 21 rechts daneben war ein großer barocker Speicher, der in den 70ern (?) abgerissen wurde. Mit dessen Steinen wurde das bestehende Haus gebaut. Rechts sieht man den Ansatz - ich erspare uns ein eigenes Bild.
Abb.8: Braunstraße 23, Renaissance, ehemals hohe Diele im EG zu Wohnzwecken in 2 Geschosse geteilt und überformt.
Die restlichen Häuser bis zu Untertrave spätes 19./frühes 20. Jhdt., daher erst einmal keine eigenen Bilder.
Fischstraße:
Die Fischstraße ist aufgrund der vollständigen Zerstörung schnell abgehandelt. Hier gibt es nur noch die Steine der Fassade Nr. 19, die in der Mengstraße 6 relativ "kreativ" wiederverwendet wurden.
Abb.9: Mengstraße 6 (links) und 4 (Bruddenbrookhaus). EG von Nr.6 zu Gunsten einer Parkhaus-Einfahrt "weggelassen". Es wird diskutiert, ob die Fassade wieder an den originalen Standort mit originalem Aussehen zurückversetzt wird (was ich sehr hoffe).
Abb.10: Mengstraße 6 / Fischstraße 19, Detail.
Alfstraße:
In der Alfstraße haben sich im unteren Bereich der Nordseite noch einige wenige Häuser erhalten.
Abb.11: Erhaltener Teil der unteren Alfstraße (Nr. 28-38, von rechts). Nr. 28-30 (im Vordergrund) barocker Speicher (Jahreszahl über dem Portal 1775). 1942 bis auf die Grundmauern ausgebrannt, dann wiederaufgebaut, allerdings wurde das riesige barocke Mansarddach leider nicht wiederherstellt, so dass der Baukörper mit dem jetzigen Flachdach sehr kastenförmig wirkt.
Abb.12: Nr. 32: Renaissance in wiederhergestelltem originalen Zustand. Rechts Blick in die Gerade Querstraße zur Mengstraße.
Abb.13: Nr. 34 und 36: Nr. 34 (rechts) 1942 zerstört, historisierender Neubau von 1950 unter Verwendung alter Steine. Nr. 36 frühes 20. Jhdt. über historischem Keller.
Abb.14: Nr. 38: Ältestes Haus, im Kern romanisch (Ende 12. Jhdt.). Traufseite barock überformt, Giebel zur Untertrave relativ frei rekonstruierte "Re-Renaissanceisierung" aus den 1930ern, nachdem der barocke Giebel baufällig war, soweit ich weiß.
Abb.15: Nr. 38, Portal.
Auch an der Straße An der Untertrave hat sich ein kleiner Teil des Gründerviertels erhalten: Der Bereich zwischen Alf- und Mengstraße. So richtig alt ist hier von den Fassaden her aber leider trotzdem nicht mehr viel:
Abb.16: Baublock An der Untertrave zwischen Mengstraße und Alfstraße. Rechts Alfstraße 38 - "Renaissance"-Giebel aus den 1930ern, links daneben Neugotischer Speicher von 1870 (An der Untertrave 98), links daneben Nr. 97, Neugotische Fassade vor Renaissance-Haus. Fassade 1871 nach Abbruch der baufälligen Originalfassade. Renaissance-Rückfassade erhalten. Links daneben, Nr. 96, eines der in Lübeck extrem seltenen Fachwerkhäuser. Im EG Laubengang, Renaissance. Wiederum links daneben Mengstraße 45. Im Kern wohl gotisch, im 19. Jhdt. stark überformt und nach dem Krieg noch weiter verschandelt.
Abb.17: An der Untertrave 96 im Detail
Abb.18: Blick von der anderen Traveseite auf dieselbe Zeile.
Und zum Schluss noch die aktuellen Blicke in die drei Straßen von der Untertrave aus:
Abb.19: Blick in die Alfstraße mit Marienkirche
Abb.20: Blick in die Fischstraße mit Marienkirche
Abb.21: Blick in die Braunstraße mit Rathaus ganz hinten. Rechts noch die am Anfang ausgelassenen erwähnten Häuser Anfang 20. Jhdt. (teilw. Heimatschutz).
So. das war erstmal viel Tobak. Ich bin natürlich auch durch die Mengstraße gegangen. Da dort noch viel erhalten ist, werde ich in einem weiteren Beitrag die wichtigsten Häuser dort zeigen. Das kann aber ein paar Tage dauern, da die Auswahl und Bearbeitung der Bilder sehr zeitaufwändig ist.
Alle Fotos von mir vom 24.5.2015