• Zitat

    Ein großes Baudenkmal wird zerstört und nichtmal beim Webmaster eines
    Forums für Baudenkmäler scheint das Bedauern auszulösen, was soll man da
    noch sagen.

    Ich bin ja als Webmaster mit meinen Beiträgen nur ganz normaler Forumsteilnehmer und spreche nur in technischen Dingen ex cathedra :lehrer: - bin abgesehen davon aber durchaus fehlbar (und meine Meinung ist nur eine von vielen)

    Aber im Ernst:

    Ich persönlich kann mit dieser Bauweise nicht so viel anfangen, ob das nun Mittnachbau, Hindenburgbau, Zeppelinbau (ja auch von Scholer entworfen) oder eben der Bahnhof ist. Mein Interesse endet irgendwo mit Beginn des Ersten Weltkriegs, alles, was danach gebaut wurde, steht vermutlich auch bei den meisten Forumsteilnehmern nicht mehr so im Fokus des Interesses.

    Ich weiß nicht - hat sich denn vor Stuttgart 21 die breite Bevölkerung für den Bahnhof oder die betreffende Ecke des Schloßgartens interessiert? Der Bahnhof war halt irgendwie da, und die bahnhofnahen Bereiche des Schloßgartens wurden doch nach Einbruch der Dunkelheit eher gemieden (Drogen, männliche Prostitution, auch tagsüber etwas dubioses Publikum an der Fußgängerunterführung, siehe auch Stuttgart: Wo die Stricher waren, ist jetzt die Zeltstadt - Stuttgart - Stuttgarter Nachrichten ).

    Auf Historische-Ansichtskarten-Stuttgart-02 gibt es übrigens Postkarten mit ganz interessanten alten Ansichten zu sehen, unter anderem auch eine Vorkriegsaufnahme vom Hindenburgbau gleich gegenüber vom Bahnhof (Hindenburgbau – Wikipedia).

    Da sieht man, daß schon vor dem Krieg offensichtlich mit einer "modernistischen" Umgestaltung der Stadt begonnen wurde, und der Hauptbahnhof fügt sich da meines Erachtens eher stadtzerstörend ein (der Vorgängerbau war da wesentlich gelungener, von dem nur noch einige Fassadenfragmente erhalten sind: Datei:Stuttgart Schlossstraße Bahnhof ca 1900.png – Wikipedia).

    Wie dem auch sei: prinzipiell für die Forumsziele zu sein, heißt ja nicht unbedingt, sich für jedes einzelne Gebäude gleichermaßen zu interessieren.

  • Denkansätze oder Geschmäcker hin oder her. Um die Tragweite, auch die Tragik der Geschehnisse und Vorgänge in Stuuttgart tiefer erfassen zu können braucht es die Wahrnehmung über das Gefühl, sich berühren zu lassen, damit tiefer zu schauen... ! So meine Erfahrung damit!

    Ganz recht, und man muss ein Herz für Stuttgarts historische Bauten haben. Für mich als Stuttgarter ist der Bahnhof eines der Wahrzeichen meiner Heimatstadt und angesichts der Tatsache, daß hier die größte Zerstörung eines deutschen Baudenkmals stattfindet seit dieses Forum existiert, betrübt mich die fehlende Anteilnahme einiger daran zwar, aber ich habe es wohl zu akzeptieren. Unterschiedliche Prioritäten eben.

    Unterdessen müssen jetzt auch die Denkmäler im Schlossgarten dran glauben und werden von ihren angestammten Plätzen weggeräumt (vermutlich auch unbedeutend...):

    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttga…cee3f0e5f8.html

    In dubio pro reko

  • Also mir hat der Bahnhof stets gefallen. Abgesehen davon, ganz so einfach kann man es sich nicht machen mit der Feststellung, dass das Interesse für Architektur ab dem ersten Weltkrieg aufhören dürfte. Das mag zwar für die Masse der Bauprojekte zutreffen. Die Zwischenkriegszeit und auch die Zeit des "Dritten Reiches" haben aber schon einige wertvolle und ansprechende Bauprojekte zu wege gebracht. Und den Stuttgarter Bahnhof zähle ich dazu. Er ist zudem, wie "Dirk" und "SchortschiBähr" richtig bemerken, ein Wahrzeichen der Stadt Stuttgart. Glücklicherweise bleibt zumindest der Kopfbau erhalten.

  • Hmm... der Bahnhof als solcher bleibt doch stehen - abgerissen werden die Seitenflügel (Fotos im Januar 2012 aufgenommen):

    Sorry, aber ich finde diese Fassade einfach trostlos, wie eine Mischung aus Oberpostdirektion Karlsruhe – Wikipedia und Akademie für Jugendführung – Wikipedia - bei der Hauptfassade muß ich immer an das Haus der Kunst – Wikipedia denken (mit den zahllosen Säulen).

    Damit will ich weder das Gebäude noch irgendwen in irgendeine Ecke stellen, aber die Ähnlichkeiten sind doch verblüffend...

    Nichtsdestoweniger werde ich mich jetzt aus dieser Diskussion zurückziehen, da vermutlich sämtliche Aspekte schon mehrfach besprochen wurden.

  • betrübt mich die fehlende Anteilnahme einiger daran zwar, aber ich habe es wohl zu akzeptieren.


    Wie schon gesagt, wo war denn Deine Anteilnahme am Abriss der Kaiser-Joseph-Straße 192 in Freiburg? Die bedeutete mir emotional enorm viel und dennoch erwarte ich nicht, dass Du diese Gefühle teilst und mit demselben Herzblut dabei bist. Du kannst doch nicht davon ausgehen, dass jeder zu jedem Problempunkt in Deutschland (von denen es tausende gibt) so steht und agiert, wie Du es tust? huh:)

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • :knuddel:

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Die Arbeiten dürften derzeit ruhen oder? Ein Abrissbagger hat einen Stahlträger des Bahndachs beschädigt, welches daraufhin bedrohlich abgesackt ist, bei vollem Betrieb.

  • Letzte Woche sprach er sich laut Spiegel (steht sogar im Fokus-Artikel) noch dafür aus, jetzt plädiert er wieder für seinen Kombi-Bahnhof, eine Kombination aus bisherigem Bahnhof und 4 unterirdischen Gleisen, die souverän die Nachteile von Kopf- und Durchgangsbahnhof miteinander verbindet :)

    Ich frage mich sowieso, weshalb man den "richtigen" Durchgangsbahnhof nicht einfach an anderer Stelle errichtet (z.B. im Neckartal, wurde nicht der frühere Güterbahnhof Bad Cannstatt inzwischen beräumt?) und den jetzigen Hauptbahnhof nur noch per S-Bahn anbindet. Den meisten Leuten, die einfach nur umsteigen, dürfte der Standort des Bahnhofs doch gleichgültig sein, und selbst wer im Stuttgarter Raum wohnt, muß ja nicht unbedingt in der Stadtmitte auf die öffentlichen Verkehrsmittel oder das eigene Auto umsteigen.

  • Kommt man denn überhaupt noch aus den ganzen Verträgen heraus? Welche Kosten würde das verursachen (Schadensersatz)? Und was macht man mit der nun bestehenden Baustelle? Also das ganze ist Chaos pur.

  • Tja, das ist wohl alles weitgehend ungeklärt. Wirklich viel hat sich auf dem eigentlichen Gelände im Schloßgarten seit der Einzäunung sowieso nicht getan - ich wollte es eigentlich letztes Wochenende fotografieren, habe dann aber mangels jeglicher Änderungen seit mindestens Januar 2012 darauf verzichtet.

    Ich persönlich halte es aber für ausgeschlossen, daß das Projekt tatsächlich realisiert wird, wenn nicht Stadt und Land massiv ihre Beteiligung erhöhen, was angesichts der mittel- bis langfristigen Machtverhältnisse (Ministerpräsident und OB werden ja von den Grünen gestellt) extrem unwahrscheinlich ist.

    Vor allem glaube ich, daß die völlig unrealistischen Kostenschätzungen und Zeitpläne für die Tunnel das Projekt zu Fall bringen, in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] kosten 1,5 km City-Tunnel rund 1 Mrd. Euro bei einer Bauzeit von mindestens 10 Jahren (Verdreifachung der ursprünglichen Zahlen), hier in Stuttgart sind z.B. für den Fildertunnel mit 9,5 km "immerhin" 750 Mio. und 5 Jahre Bauzeit vorgesehen (siehe Bahnprojekt).

    Sprich: Stuttgart 21 trifft es schon, denn unter 21 Mrd. Euro Kosten wird es wohl kaum realisiert werden...

  • Die Abrisse sind ohnehin durch, dann soll man den Bahnhof nun auch bauen. Nichts würde mich wütender machen als zu wissen, dass der schöne Bonatz Bau völlig umsonst verstümmelt wurde.

  • Finde ich auch - von den tatsächlichen Arbeiten ist meines Erachtens weniger als 1 % erfolgt, man könnte also immer noch alles rückgängig machen bzw. die Arbeiten einstellen.

  • Glaubt ihr ehrlich, man würde die alten Flügel wieder aufbauen?! xD
    Also irgendwie halte ich das für reichlich unwahrscheinlich, da könnte man ja glatt von einer "gesunden Vergangenheits-
    bewältigung" sprechen, nein nein, entweder die Stelle bleibt leer oder bestenfalls kommen da in 10 Jahren Glas-kuben hin.

    Wäre Stuttgart 21 wirklich verkehrstechnisch sinnvoll und rentabel oder gar unausweichlich für die Stadtentwicklung gewesen, wäre mein architekturfreundlicher Vorschlag (von dem ich aber nicht weiss ob er statisch möglich wäre): Man würde die Seitenflügel erhalten, allerdings die Gleise wie geplant, um 90° gedreht drunter führen, die Seitenflügel würden dann die Funktion von Bahnsteigbrücken übernehmen. Der Bahnhof (außer die alte Bahnsteigüberdachung) wäre in seiner Ganzheit erhalten geblieben. Der "Graben" zwischen den Seitenflügeln mit den Gleisen drin könnte man dann eine stylische, avantgardistische Bahnhofshalle schenken, an dem sich (begabte) moderne Architekten auslassen könnten. Diese Art der Bahnhofsumgestaltung würde mir rein optisch sehr gut gefallen
    Da das Projekt allerdings eh ins Wasser fällt und die Flügel leider auch verschütt gegangen sind, ist das wohl obsolet.

  • Die Abrisse sind ohnehin durch, dann soll man den Bahnhof nun auch bauen. Nichts würde mich wütender machen als zu wissen, dass der schöne Bonatz Bau völlig umsonst verstümmelt wurde.

    Ganz genau. Und nur weil die Bahn-Bosse und Stadt-Politiker super geil auf ein Megaprojekt sind, mit dem sie in die Geschichte eingehen können. Das werden sie nun wohl auch tun. Jedoch nicht als Modernisierer der Stadt, sondern als die Verantwortlichen für einen sagenhaft peinlichen und selbstherrlichen Egotrip, der in einem Milliardengrab endete. Nicht zu fassen, daß es sich dabei um erwachsene Menschen handelt. Denn die Verhaltensweisen erinnern doch stark an ein naives Kind, dessen Handykosten auf Grund von Massen-SMS und heruntergeladenen Klingeltönen ins Unermessliche steigen. Diese ganze Geschichte verschafft mir einen äußerst ungesunden Blutdruck von 220/100 :wuetenspringen:

  • Die Abrisse sind ohnehin durch, dann soll man den Bahnhof nun auch bauen. Nichts würde mich wütender machen als zu wissen, dass der schöne Bonatz Bau völlig umsonst verstümmelt wurde.

    So sehr ich ein Fan zahlreicher alter, schmucker Bahnhofsgebäude bin. Den Bonatz Bau mochte ich nie. Ich habe auf Wikipedia gerade einmal zum Baustil recherchiert und dort die Beschreibung "Nazi-Design avant la lettre" gefunden. Diese Bezeichnung finde ich zutreffend. Der Bahnhof wirkt auf mich megalomanisch, klotzig, kalt und abweisend.

    Ich bin ein Befürworter von Stuttgart 21 und hoffe immer noch, dass das Projekt gebaut wird. Die neuen Bauflächen, die es der Stadt bringt, das Ende der Zerschneidung durch oberirdische Bahngleise sehe ich immer noch sehr positiv - auch wenn die meisten der Neubauten aus meiner Sicht leider enttäuschen. Außerdem finde ich die Anbindung Stuttgarts an die Fernbahn und an die Region als stark verbesserungwürdig. Ich finde es schade, dass man heute scheinbar keine Visionen mehr umsetzen kann.

  • Wenn Sie ein Fan alter schmucker Bahnhofsgebäude sind, aber gleichzeitig für Stuttgart 21, was halten Sie dann von dem Abriss des größten Teils der alten Bahndirektion? Auch zu klotzig?
    Die Bahn wollte sie sogar komplett abreissen. Wären Sie damit auch einverstanden gewesen? Als Projektbefürworter hätten Sie wohl kaum Einspruch erhoben. Baudenkmäler weg, aber hauptsach' mir Schwoba hen "Fortschritt". Weg mit dem alta Klump, heißt die Devise seit Klett.

    In dubio pro reko