Stuttgart - Neues Kunstmuseum

  • Zitat von "Dirk"

    Das Kronprinzenpalais fand ich schöner als den Glaskasten

    Ich auch. wobei nachts das beleuchtete Kunstmuseum mehr her macht. Den Glaskasten mit innewohnendem Steinbau ;) wiederum finde ich schöner als den vorhergehenden "Kleinen Schloßplatz". Insofern immerhin eine Verbesserung.

    Zitat von "Dirk"

    Ein wunderschöner Stadtplatz, so urban und einladend

    Kann mich andererseits an recht ordentliche Belebtheit bei gutem Wetter diesen Sommer & Herbst erinnern. Zu einer Zeit übrigens als keine besondere Veranstaltung dort stattfand.

  • ...aber warum müssen die Dinger immer Nachts oder bei Dämmerung photographiert werden, wenn die Mehrzahl der Leute schlafen oder zu Hause sind :?:

    Bringt´s das bei Tageslicht nicht??

    Und vor allem ein Hauptproblem: Wie sieht's mit dem Glas und Stahl in 30 Jahren aus? Was kommen da für Kosten auf die Steuerzahler Stuttgarts zu?
    Für mich ist das echt ein Punkt: Nach Fertigstellung des Centre Pompidou in Paris wurde den Einwohnern auch erzählt, der verwendete Stahl sei vollständig rostfrei: bei den kürzlich abgeschlossenen Renovierungsarbeiten mussten auch die völlig zusammengerosteten Stahlbestandteile ersetzt werden. Nach der SZ vom DI dieser Woche, hat das Kosten verursacht, die fast einen Neubau gerechtfertigt hätten... :boese:

  • Das größte Problem des "Stadtplatzes" sind momentan wohl die verwendeten Steinplatten, die nicht nur jegliche Verunreinigungen aufzusaugen scheinen (jedenfalls sieht man auch nach Monaten noch, wenn jemand seine Cola verschüttet hat :) ), sondern vor allem auch schon jetzt teilweise zentimetertiefe Vertiefungen (durch die Kälte herausgebrochen ?) aufweisen. Außerdem habe ich letzte Woche gesehen, daß die Glasplatten momentan nicht mehr begangen werden dürfen, vielleicht zu instabil oder kratzempfindlich?

    Das Kronprinzenpalais war ja durchaus wieder aufbaufähig gewesen, wurde dann aber abgerissen, weil an dieser Stelle im Sinne der autogerechten Stadt ein Durchbruch erfolgen sollte. Nachher kam ein Tunnel, aber das Palais war schon zuvor abgerissen worden...

  • Zitat von "Jürgen"

    ...aber warum müssen die Dinger immer Nachts oder bei Dämmerung photographiert werden, wenn die Mehrzahl der Leute schlafen oder zu Hause sind :?:

    Bringt´s das bei Tageslicht nicht??

    Müssen sie doch gar nicht, die verlinkte Bilderseite zeigt viele Fotos bei Tage. Ich schreibe nur, daß es auf mich beleuchtet, also abends und nachts ansprechender wirkt. So sehen es viele.
    Wenn ein Gebäude schon tags zu wünschen übrig läßt ist es doch besser es sieht wenigstens abends gut aus.

    Zitat von "Jürgen"

    Und vor allem ein Hauptproblem: Wie sieht's mit dem Glas und Stahl in 30 Jahren aus? Was kommen da für Kosten auf die Steuerzahler Stuttgarts zu?
    Für mich ist das echt ein Punkt: Nach Fertigstellung des Centre Pompidou in Paris wurde den Einwohnern auch erzählt, der verwendete Stahl sei vollständig rostfrei: bei den kürzlich abgeschlossenen Renovierungsarbeiten mussten auch die völlig zusammengerosteten Stahlbestandteile ersetzt werden. Nach der SZ vom DI dieser Woche, hat das Kosten verursacht, die fast einen Neubau gerechtfertigt hätten... :boese:

    Ich kann leider nicht 30 Jahre in die Zukunft blicken, gehe aber davon aus, daß es auch Gegenbeispiele gibt. Der Eiffelturm steht heute noch. Vielleicht gibt es unterschiedliche Materialqualitäten oder in Stuttgart wurde aus Erfahrungen andernorts gelernt?

    Erfreuen wir uns lieber heute am Abendbild

    ... und bei Tage gehen die Blicke gen Schloßplatz.

    Zitat von "GanskeStortSett"

    Das größte Problem des "Stadtplatzes" sind momentan wohl die verwendeten Steinplatten, die nicht nur jegliche Verunreinigungen aufzusaugen scheinen (jedenfalls sieht man auch nach Monaten noch, wenn jemand seine Cola verschüttet hat :) ), sondern vor allem auch schon jetzt teilweise zentimetertiefe Vertiefungen (durch die Kälte herausgebrochen ?) aufweisen.

    Also Stein, nicht Glas oder Stahl? ;)
    Man gewinnt den Eindruck, Materialien und Verarbeitung und/oder das Wissen darum werden immer schlechter :(

    Zitat von "GanskeStortSett"

    Das Kronprinzenpalais war ja durchaus wieder aufbaufähig gewesen, wurde dann aber abgerissen, weil an dieser Stelle im Sinne der autogerechten Stadt ein Durchbruch erfolgen sollte.

    Hat keiner der Wettbewerbsentwürfe für das Kunstmuseum das frühere Kronprinzenpalais aufgegriffen?

  • Wie ich dem Buch "Damals über Stuttgart" von Harald Schukraft aus den achtziger Jahren entnehme (nur noch antiquarisch erhältlich), gab es bei der Neugestaltung des kleinen Schloßplatzes in den siebziger Jahren Überlegungen, das Palais wieder aufzubauen - realisiert wurde dann diese bizarre Betonplattform, die zugunsten des jetzigen Museums wieder abgerissen wurde.

    Die meisten Luftaufnahmen in diesem Buch stammen übrigens aus den vierziger Jahren und wurden angesichts der wohl damals erwarteten Zerstörungen zu Dokumentationszwecken angelegt, ganz ähnlich wie die schon erwähnten Fotos von Innenräumen.

    Dabei ist auch ersichtlich, daß Stuttgart eine wirklich schöne Stadt war, die leider 1. im Krieg zerstört, 2. im Zuge des Wiederaufbaus flächendeckend abgerissen und 3. gnadenlos zubetoniert bzw. mit Verkehrsschneisen versehen wurde. Es ist geradezu unglaublich, daß bis in die siebziger Jahre hinein wertvolle erhaltene Bausubstanz zugunsten von Straßen, Parkhäusern oder Freiflächen abgerissen wurde... entsprechend trostlos präsentiert sich heute auch die Innenstadt.

    Wenn ich mal wieder etwas mehr Zeit habe, werde ich Fotos in die Galerie einstellen.

  • Immerhin ist das Neue Kunstmuseum aber auch ein gutes Beispiel für die völlig veränderte Wirkung heutiger modernistischer Bauten in einer Innenstadt, die bereits weitgehend von Nachkriegsmoderne geprägt ist. Was in den sechziger und siebziger Jahren noch ein gezielter Kontrast und provokanter Bruch gegenüber einer traditionellen Umgebung gewesen wäre, ist heute ein Bau, der sich nahtlos einfügt ins modernistische Stadtbild. Traufhöhe, Fassadengliederung, verwendete Materialien orientieren sich streng an den Nachbarbauten (mit Ausnahme natürlich des klassizistischen Königsbaus, der in dieser Umgebung mittlerweise völlig exotisch wirkt). Gab es da etwa eine rigorose Gestaltungssatzug, die so enge Auflagen machte? Oder hat sich der städtebaulich sensible Architekt freiwillig all dem unterworfen?? - Oder fiel ihm einfach nichts besseres ein als der immer gleiche öde Würfel mit Rasterfassade...

    Jedenfalls hat dieser Bau in seiner städtebaulichen Funktion erstaunlich viel gemeinsam mit einem Bau wie dem Berliner Adlon - er ist ziemlich "kontextsensitiv"! :zwinkern:

  • Zitat von "Mathias"

    , ist heute ein Bau, der sich nahtlos einfügt ins modernistische Stadtbild. Traufhöhe, Fassadengliederung, verwendete Materialien orientieren sich streng an den Nachbarbauten (mit Ausnahme natürlich des klassizistischen Königsbaus, der in dieser Umgebung mittlerweise völlig exotisch wirkt)

    Da gehst Du vielleicht dem Nachtbild etwas auf den Leim, dort mag es so ähnlich wirken. Bei Nacht sind alle Katzen grau.
    Warst Du schon dort? Tatsächlich wirkt ist das Kunstmuseum zu jedem seiner Nachbarbauten recht unähnlich, speziell Material und Form. Die Traufhöhe stimmt überein, doch das ist nun wirklich unspektakulär. Auch die anderen dort jüngst entstandenen und entstehenden Neubauten kann man den Vorwurf des Kontrastes, nicht aber den der Nachbarschaftsorientierung oder Langweiligkeit machen, und dabei meine ich nicht nur den Königsbau.

    Der wiederum wirkt auch nicht exotisch, besteht der (große) Schloßplatz dorch ringsum weiterhin aus historischen Gebäuden, lediglich die hier sichtbare Nordwest-Ecke ist modern. Ich hatte das an anderer Stelle schon geschrieben, mindestens 7/8, eher 15/16 der Schloßplatzbebauung ist im ursprünglichen Gewand oder dem was man nach dem Krieg davon gerettet hat.

    Schloßplatz mit Schloß und Umgebung
    Schloßplatz Nordseite

    Luftbild-Karte

    Nach Abriß des "Kleinen Schloßplatzes" verbleibt als die Bausünde am Platz der Wittwer-Bau links neben dem Kunstmuseum. Diesem Bau hätte man im Zuge der WM-Projekte eine ansehnlichere Fassade spendieren sollen, statt dieses unglaublich verschwenderischen Tunneldeckelchens an der Kulturmeile. Außerdem scheint der Wittwer-Bau einen Teil des ehemaligen Kronprinzenpalais-Grundstücks zu belegen.

    Ohne ein Freund jener rituellen modernen Architektenzitate zu sein, welche Unschönes wortreich beschönigen, hier stimmt, daß die Glasfassade des Museum durch Spiegelung je nach Winkel und Wetter eine wechselhafte Beziehung mit der (historischen) Umgebung eingeht.
    Ändert allerdings wenig am grundsätzlich bescheidenen Aussehen bei Tage.

    Noch ein paar - leider kleine - Bilder des Kleinen Schoßplatzes aus 1930, 1970 und 2001

  • Es gab tatsächlich Pläne, das Kronprinzenpalais wiederaufzubauen und zwar von einer Bank (Vermutlich BW Bank oder Deutsche). Aus diesem Vorhaben wurde leider nichts. Das Palais wurde 1958 abgerissen (die Mauern standen bis dahin noch) um Platz für eine neue Strasse zu schaffen, die dann ca. 7 Jahre lang bestand.

    Von allen Grosstädten Deutschlands war Stuttgart eine der am wenigsten zerstörten, sieht man die Stadt heute, muss man das Gegenteil vermuten. Einer der für diese rücksichtslose Abrisspolitik massgeblich verantwortlich war, der damalige OB Arnulf Klett. Der dieser Stadt das Gesicht (ihre Idendität) raubte. Komischerweise wird er von vielen Stuttgartern immer noch als eine Art "Held" (Im Amt von 1945 bis zu seinem Tode 1974) betrachtet.

  • Aus der "Welt" 1999:


    Wie Stuttgart sein Gesicht verlor
    Das Ergebnis des Schlossplatz-Wettbewerbs ist die Fortsetzung der Nachkriegssünden mit anderen Mitteln


    Von Dankwart Guratzsch


    Nun also scheint es unumkehrbar. Stuttgarts Schlossplatz wird nie wieder das, was er einmal war. Das klaffende Loch an seiner Westseite, Hinterlassenschaft einer geschichtliche und ästhetische Werte missachtenden Verkehrsplanung der fünfziger Jahre, bleibt bestehen. Das ist das Ergebnis des dreistufigen Wettbewerbs "Kleiner Schlossplatz", mit dem sich Stuttgarts Stadtverwaltung schwer getan hat und der die Jury zuletzt in eine Zerreißprobe trieb, die in schroffer Konfrontation endete: 16 Stimmen für den Sieger-Entwurf, elf dagegen.

    Den Triumph davongetragen hat ein Büro aus Berlin: Hascher + Jehle Architekten und Ingenieure. Es schlägt für die Städtische Galerie einen frei stehenden Würfel mit gläserner Ummantelung vor, der wie bisher über Freitreppen vom Fußgängerstrom umspült werden soll. Oberhalb wird ein neuer "Kleiner Schlossplatz" freigehalten, den im Norden ein ebenfalls in Glas gepackter lang gestreckter Riegel flankiert. Er ist über ein modisches "Galeria"-Dach auf ganzer Länge mit der Hauptpost verbunden. Diese neue "Fürstenpassage", zu verstehen als eine Art "Schleuse" parallel zur Hauptströmung über die Freitreppen, ist mit 9820 Quadratmetern Handelsfläche der "Geldesel", sprich: die Finanzierungsgrundlage für das 100-Millionen-Projekt, das dadurch zu 50 Prozent abgedeckt ist.

    Entscheidend für die Bewertung erweist sich weniger die Architektur als vielmehr der Beitrag zum Städtebau. Für Stuttgart ist der Kleine Schlossplatz, dessen Name schon allein einen Zynismus bedeutet, zu einem Trauma geworden: Pavillons aus Waschbeton türmen sich über Plattformen, monströsen Auf- und Abgängen, Brückenresten und Treppenabsätzen zu einem chaotischen Geschiebe, vor dessen Unansehnlichkeit selbst Efeu und Wilder Wein zurückzuschrecken scheinen: Alle Berankungsversuche der Nachkriegszeit sind gescheitert.

    Diese städtische Abseite, für die es nur in ganz wenigen deutschen Gemeinwesen heute noch etwas Vergleichbares gibt, befindet sich nicht etwa in einem Hinterhof, sondern markiert die Westseite des von dem Architekten und Haupt der "Stuttgarter Schule" Paul Bonatz einst so genannten "edelsten Bezirkes der Stadt": des Schlossplatzes. Es ist ein Un-Ort, der das Bild der Stadt beschädigt, der den benachbarten säulengeschmückten "Königsbau" ebenso deklassiert wie sein Gegenüber, das zumindest äußerlich in alter Pracht wieder erstandene Schloss.

    Vor allem aber ist durch diesen - wie es heute unumwunden heißt - "Schandfleck" die ganze Logik der Platzanlage zerrissen: Das Betonmassiv, das aussieht, als seien hier Reste früherer Gebäude zum Abtransport zusammengekehrt worden, füllt das Loch in der abschließenden Raumkante des Platzes nur mit einer Art Trümmerberg, schlecht kaschiert durch eine Freitreppe, die sich seit sechs Jahren zum Treff von Jugendlichen und von Skateboard-Fahrern entwickelt hat. Das Preisgericht erkannte darin eine schützenswerte Nutzungsform, die eine Reparatur des Platzes verbiete.

    Der jetzt prämierte Entwurf ändert an der Grundstruktur des im Westen aufgerissenen Platzes folglich nur wenig. Er stellt mit dem aus der alten Fluchtlinie zurückgesetzten Galeriebau lediglich einen Fels in die Brandung. Das zeichnet ihn zwar gegenüber dem zweitplazierten Entwurf von Hanno Chef (Berlin) aus, der die Treppe noch breiter aufgerissen und die Passage zu der dahinter liegenden Stadtautobahn (einst Rote Straße, heute Theodor-Heuss-Straße) noch zugiger gestaltet hat, führt aber vom einprägsamen Bild des einstigen Schlossplatzes weg.

    Doch der Gedanke der "Flutung" hatte das Preisrichter-Kollegium schon bei der ersten Stufe des Wettbewerbs im Februar derart fasziniert, dass es alle Alternativen unter den 341 eingereichten Arbeiten ausgesondert hatte. Selbst dem dritten und letzten in die Endrunde vorgestoßenen Entwurf (Johann Überlackner, Berlin), dem originellsten von allen, haftet dieser Gedanke noch an. Er schließt zwar als einziger die Raumkanten, bildet dafür aber die "Flutwelle" zwischen den parallelen Straßenzügen in der Gebäudeform ab - mit fragwürdigen Folgen für Funktionalität und Innenarchitektur.

    So hat zwar der beste der drei Entwürfe gesiegt, im Hinblick auf den jahrzehntelangen "Reifungsprozess" dieser Entscheidung ist das Resultat jedoch enttäuschend. Dabei hätte die Chance bestanden, eine Planungssünde ersten Ranges wieder gutzumachen. Denn der Kleine Schlossplatz ist ja keine Hinterlassenschaft des Krieges, sondern das Ergebnis eines mutwilligen Zerstörungsaktes, gegen den Bonatz und große Teile der Stuttgarter Öffentlichkeit in den fünfziger Jahren vergeblich Sturm gelaufen waren.

    An der Stelle, wo jetzt die Betonhalde starrt, stand noch zehn Jahre nach dem Krieg das Kronprinzenpalais - ein neoklassizistischer Bau von Ludwig Gaab aus dem Jahr 1850. In der Ära von Arnulf Klett, dem von der "Modernisierung" der zerbombten Stadt besessenen Oberbürgermeister, hatte die gut erhaltene Ruine des Gebäudes keine Chance. Als sie niedergelegt und durch die 5850 Quadratmeter große, 100 Millionen Mark teure Betonplatte ersetzt war, jubilierte das Stadtoberhaupt: "Ein imponierendes Ergebnis."
    An der Seite Kletts waren es damals vor allem die Verkehrsplaner gewesen, die den Abbruch des Palais gefordert hatten. Es stand einer tragfähigen Nord-Süd-Verbindung im Wege. Heute sind die Autos unter der Erde. Einer Reparatur des Platzes - auch mit "moderner" Architektur - hätte somit nichts mehr im Wege gestanden. "Wenn man das Kronprinzenpalais abreißt", so hatte Bonatz 1951 gewarnt, "verliert die Westseite des Schlossplatzes die Hälfte ihres Gesichts." Sie wird es auch jetzt nicht wiederfinden.

    Mit der Idee eines gläsernen Würfels gewann das Berliner Büro Hascher + Jehle den Stuttgarter Schlossplatz-Wettbewerb. Rechts im Modellfoto die lang gestreckte Kolonnade des Köngisbaus

    Was lange währt . . .

    Seit Jahrzehnten müht sich Stuttgart mit der Neugestaltung des westlichen Schlossplatzes. Die Ergebnisse eines Gutachtens aus dem Jahre 1987, bei der sich der Entwurf des Architekten Cobb vom Büro Pei & Partner durchgesetzt hatte, wurden nicht realisiert. 1993 war interimsweise eine Freitreppe errichtet worden.

    Das jetzt prämierte Projekt hat ein Volumen von 100 Millionen Mark, es umfasst eine Galerie von 12 000 und Handelsflächen auf 10 000 Quadratmetern. Das Büro Hascher + Jehle hat bisher unter anderem die Landesversicherungsanstalt in Schwaben, die Hauptverwaltung der Datenverarbeitungsgesellschaft in Hannover und das Klinikum Kröllwitz in Halle gebaut.

    Der Kommentar des Stuttgarter Oberbürgermeisters Wolfgang Schuster zum Wettbewerb: "Die Entwürfe zeigen, wie schwierig es ist, eine qualitätvolle Lösung zu erzielen."

  • Entschuldigung, wenn ich ein bisschen vom Thema abschweife, aber man liest ja in Texten über "Modernisierungen" der im Krieg zerstörten Städte oft über "autogerechte Innenstädte". Mir würden jetzt zig Beispiele einfallen (FFM, Hildesheim, Minsk etc.). War das so eine Art "Baudoktrin", oder hängt es nur mit dem vermehrten Aufkommen von Autos zusammen?

  • Ich glaube, das war schon eine Doktrin - selbst in meiner Heimatstadt (damals um die 15.000 Einwohner) sollte unbedingt in den 70ern die Innenstadt autogerecht umgestaltet werden. Hierzu war geplant, mehrere riesige Schneisen durch die Innenstadt zu schlagen und unter anderem unser relativ neues Wohnhaus mitsamt der ganzen Häuerreihe abzureißen (!)

    Zum Glück wurde dieser Irrsinn nach Bürgerprotesten wieder ad acta gelegt. Heute schlägt das Pendel ja eher in die andere Richtung aus - jetzt sind die Autos ganz böse und müssen unbedingt aus der Stadt verbannt werden.

    Und so gibt es jetzt statt der Durchfahrtschneise an derselben Stelle eine verkehrsberuhigte Zone mitsamt teuren Anwohnerparkausweisen und einen ausgedehnten Fußgängerbereich. Und wundersamerweise klappt das auch trotz deutlich gestiegener Zulassungszahlen.

    In anderen Städten war man da schneller - Stuttgart mit seinen 8- bis 12-spurigen Straßen im Zentrum ist da ein klassisches Beispiel.

  • Zitat von "Senator"

    Von allen Grosstädten Deutschlands war Stuttgart eine der am wenigsten zerstörten, sieht man die Stadt heute, muss man das Gegenteil vermuten.

    Das stimmt so nicht, Stuttgart wurde zu etwa 60% im Krieg zerstört, die hier relevante City sogar zu 90% !

    Es wäre angesichts der Industrieanlagen auch etwas verwunderlich, wenn ausgerechnet Stuttgart besser weggekommen wäre. Daneben hatte die RAF ganz offensichtlich Spaß daran, gleich die Wohngebiete und Innenstädte mitzubombardieren. Ich glaube, man muß erst einmal akzeptieren, daß in Stuttgart die Kriegsverluste größer sind als die nachträglichen, auch wenn sie den Heutigen weniger in Erinnerung sind und weniger Diskussionen ausgelöst haben.

    Zitat von "Senator"

    Einer der für diese rücksichtslose Abrisspolitik massgeblich verantwortlich war, der damalige OB Arnulf Klett. Der dieser Stadt das Gesicht (ihre Idendität) raubte. Komischerweise wird er von vielen Stuttgartern immer noch als eine Art "Held" (Im Amt von 1945 bis zu seinem Tode 1974) betrachtet.

    Vielleicht bewertete man angesichts solcher Bilder

    mehr seine Leistung beim Wiederaufbau?

    Daß Klett nicht sehr behutsam mit Altbausubstanz umging, stimmt natürlich. Nur sollte man die Verhältnisse beachten. Auch zahlenmäßig. Da widerspreche ich der These, in Stuttgart sei erst nach dem Krieg so richtig abgerissen worden. Bisher höre ich immer wieder von etwa 5-10 prominenten Gebäuden, die i.d.R. vorgeschädigt jedoch rekonstruierbar waren, um die es auch jammerschade ist. Bekanntestes und häufigstes Beispiel das Kronprinzenpalais. Nach den Bildern, die ich bisher gesehen habe, ist es um eine alte Bibliothek (heute Neubau Landesbibliothek) und einen Festsaal (heute Neubau Liederhalle) noch mehr schade.

    Gibt es eigentlich Bilder wie das Kronprinzenpalais innen aussah?

    Was natürlich sein kann, ist, daß unter Klett noch mehr nachträglich zerstört worden wäre, wenn mehr übrig geblieben wäre. Das allerdings ist dann doch etwas viel Spekulation, denn andererseits genauso denkbar, daß von einer intakteren Altstadt nach dem Krieg mehr Erhaltungsreize ausgegangen wären.

    Folgendes Zitat zeigt sehr gut die im Nachhinein als allzu eifrig zu bezeichnende "Fortschrittlichkeit" des OB Klett:

    Zitat

    Stuttgart konnte sich als erste deutsche Großstadt “trümmerfrei” vermelden. Klett und das in seiner direkten Umgebung wirkende Team mit Erstem Bürgermeister Josef Hirn und Generalbaudirektor Professor Walther Hoss stellte die Weichen für das moderne Stuttgart.
    Dass in der Rückschau manche Entscheidungen von damals heute auf Kritik stoßen, wird man unumwunden zugeben müssen”, schreibt OB Dr. Schuster in seinem Geleitwort. In dem Buch wird deutlich, dass es andere Gesichtspunkte und Denkweisen waren, die die damalige Zeit prägten und denen sich die Macher in Stuttgart, wie auch in den anderen Städten Westdeutschlands, verpflichtet fühlten. Bezeichnend hierfür mag der Inhalt eines Offenen Briefes sein, in dem Klett 1951 auf die Initiative von Professor Paul Bonatz, das Kronprinzenpalais nicht abzureißen, anwortete: “Die Erhaltung ist dort sinnvoll, wo die geschichtlich gewordene Gegenwart die Zukunft befruchtet, dort aber nicht, wo sie die gegenwärtige und künftige Entwicklung ausschließlich oder überwiegend hemmt. Wertvoller als die beschädigte Fassade des Kronprinzenpalais ist der lebendige Mensch unserer Zeit und unserer Stadt. Diesem haben wir zu dienen.“

    Quelle: http://www.stuttgart.de/4/sixcms/detail.php?id=5437\r
    http://www.stuttgart.de/4/sixcms/detail.php?id=5437


    Angesichts der wiederhergestellten Stuttgarter Schlösser
    und großer Gründerzeitviertel in der ganzen Innenstadt außerhalb der City kann man durchaus das Glas als mindestens halbvoll betrachten. Mir fällt speziell in solchen Diskussionen immer wieder auf, daß das Vorhandene allzu selbstverständlich genommen und schnell unter den Tisch gekehrt wird. Aber welche Stadt weltweit hat schon eine solche Fülle Schlösser, wenn man dazu noch das 10 km nördlich gelegene Ludwigsburger Ensemble einbezieht?

    Zitat

    Die bekanntesten Attraktionen sind zweifellos das Alte und das Neue Schloss. Das Alte Schloss entstand nach der Reformation und ging aus einer alten Wasserburg aus dem 10. Jahrhundert hervor.
    (...)
    bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg wurde das Alte Schloss erneut zerstört. 1946 begann man erneut mit dem Wiederaufbau. Das Landesmuseum in seiner heutigen Form besteht seit 1971. Im Renaissance-Innenhof finden zahlreiche Veranstaltungen statt.

    Das Neue Schloss hatte eine mehr als 60-jährige Bauzeit zu verzeichnen. Herzog Carl Eugen legte 1746 als 18-Jähriger den Grundstein für sein Schloss. Nach dem Tod des Herzogs Carl ließ Herzog Friedrich II. schließlich die Räume von Nikolaus von Thouret neu gestalten.

    Nachdem auch das Neue Schloss 1944 zerstört worden war, entschloss man sich 1958 zum Wiederaufbau. Heute werden die Räume von mehreren Ministerien und zu Repräsentationszwecken genutzt.

    Quelle: http://www.stuttgart.de/sde/menu/frame/top.php?seite=http%3A//www.stuttgart.de/sde/item/gen/14355.htm\r
    http://www.stuttgart.de/sde/menu/frame/ ... /14355.htm

    Ältere APH-Diskussion zum gleichen Thema

    Frage an die Fachleute. Kann das sein:

    Zitat

    Stuttgart-West gilt als das am dichtesten besiedelte Wohngebiet in Deutschland. Der Bezirk ist im Zweiten Weltkrieg vor großflächiger Zerstörung verschont geblieben und gilt daher zudem als das größte zusammenhängende Altbaugebiet in Deutschland.

    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Stuttgart-West\r
    de.wikipedia.org/wiki/Stuttgart-West


    Zitat von "GanskeStortSett"

    In anderen Städten war man da schneller - Stuttgart mit seinen 8- bis 12-spurigen Straßen im Zentrum ist da ein klassisches Beispiel.

    Dennoch ist Stuttgart alles andere als autogerecht. Das sind Übertreibungen, genauso wie das Zitat von der Stadtautobahn. Berlin hat eine Stadtautobahn, Stuttgart hat eine "Stadtautobahn", auf der Tempo 60 erlaubt ist, die im größten Teil von Ampeln unterbrochen ist und die schließlich im zweistreifigen Heslacher Tunnel endet ;).

    Ob eine Stadt autogerecht ist, erkennt man am besten an den Staus, die anzeigen, ob die Straßenkapazität ausreicht, den Verkehr abzuleiten und da sieht es eben alles andere als günstig in Stuttgart aus. Das ist natürlich zu einem großen Teil der engen und dicht bebauten Kessellage geschuldet. Zwar hatte man zu Zeiten als noch tatsächlich nur für das Auto geplant wurde, ein gut ausgebautes Straßennetz in den Hanglagen angedacht. Doch entscheidend dafür, ob eine Stadt in diesem Sinne autogerecht ist, sollte nach meiner Überzeugung immer noch die gebaute Realität und weniger der angedachte Plan sein. Insofern, Stuttgart wäre möglicherweise eine autogerechte Stadt, wenn der Hund nicht geschissen hätte.

    Vielleicht ist diese negative und vor allem sachlich unzutreffende Verschlagwortung von Diskussionen ein besonders häufiger Charakterzug im Raum Stuttgart. Egal ob autogerechte Stadt, Nachkriegsbausünden, Stuttgart 21 oder die neue Messe, die mit gerade einmal 100.000 qm Fläche zwar nur einen Bruchteil so groß wird wie Pendants in Hannover, Frankfurt, Düsseldorf oder Köln, aber hier als Gigantomanie auf den Fildern umherspukt, überall bekommt man den Eindruck, diese Stadt sei der lebensfeindlichste Fleck auf Erden. Glücklicherweise gibt es hinter dem Monitor noch die Realität, die jenseits des Internet auf Erkundung wartet und auf der Grundlage für äußerst positive Überrachungen sorgt.

  • @ Max: Danke für deine Stellungnahme; allerdings fällt es auf, dass jeder immer seine Heimatstadt verteidigt und auf ihre besonders schlechten Vorrausetzungen hinweist.

    Das sollte uns zu denken geben, gerade wenn man bedenkt, dass bei gleicher Zerstörungsrate andere Städte mehr Geschick beim Wiederaufbau hatten.


    Zitat

    Glücklicherweise gibt es hinter dem Monitor noch die Realität, die jenseits des Internet auf Erkundung wartet und auf der Grundlage für äußerst positive Überrachungen sorgt.

    Deswegen finde ich es immer so schön, dass wir APH´ler uns regelmäßig in verschiedenen Städten persönlich treffen und die Städte nicht nur aus dem Internet her kennen lernen. Ich denkewir sollten das nächste Trefffen mal wieder im westdeutschen Raum stattfinden lassen. Warum nicht auch in Stuttgart?

  • Ich wohne schon seit vielen Jahren im Landkreis Esslingen und finde Esslingen (oder Tübingen) wirklich toll, Stuttgart aber rundum häßlich. Ich bin gerade dabei, eine umfangreiche Fotogalerie zusammenzustellen und werde diese dann bis morgen hochladen.


    Stuttgart-West (und weitgehend wohl auch Süd) wurden wohl tatsächlich kaum beschädigt, ich finde insbesondere West aber wirklich nicht toll - ein simples Gründerzeitgebäude neben dem anderen, keine Parks, alles eng auf eng. Daß Stuttgart tatsächlich nicht in dem Sinne autogerecht ist, daß es tatsächlich zu keinen Staus mehr kommen würde, ist richtig (beispielsweise eben wegen Hesslacher Tunnel etc.). Daß aber die Schneisen in der Innenstadt, zu denen ich auch die Friedrichstraße zähle, äußerst störend wirken, würde ich aber weiterhin behaupten.

    Was den großflächigen Abriß nach dem Krieg (von durchaus ausbaufähigen und teilweise sogar schon wieder genutzten Gebäuden) anlangt, so sind die Gebäude hinter dem neuen Schloß (da steht ja nur noch das ehemalige Waisenhaus) oder zwischen dem ehemaligen Kaufhaus Schocken und der Leonhardtskirche gute Beispiele. Letzeres Stadtviertel wurde erst zum Bau der Stadtbahn in den späten 60ern abgerissen!

  • Stuttgart hat übrigens noch eine Menge Altbauten die "lediglich" umgestaltet und in diesem Zuge ihrer Ornamentik beraubt wurden, wie zB das Kaufhaus Union, den Wilhelmsbau, Kaufhaus Breuninger, Geschäftshäuser der Königstrasse wie das WMF Haus oder der Salamanderbau, selbst ein Drittel des Großen Bazars ist noch erhalten. Würde man all diese Fassaden wieder herstellen, ergäbe sich ein positiveres Bild.

    Ein Beispiel, das Gebäude des Stadtarchivs in der Silberburgstraße:


    Am 19. November wurde das neue Gebäude der Stuttgarter Volksbibliothek in der Silberburgstraße Nr. 191 eröffnet
    ( Arch. Eisenlohr/Weigle). Die Architektur des Gebäudes besteht aus einer freien Verwendung von gotischen und Renaissance-Formen im modernen Sinne. Die Fassade ist ganz aus schönem Haller Sandstein hergestellt. Den Abschluß der Fassade nach oben bildet eine Pergola, die sich an einen über dem Portal errichteten Eckpavillon anleht. Dahinter ist auf dem Dach des Gebäudes für den Stifter ein Lustgarten angelegt, der durch eine massive Brücke mit der auf gleicher Höhe liegenden Wohnung verbunden ist.

    Nach Umbau 1937:

    In dubio pro reko