Institutionen des Denkmalschutzes in der Kritik

  • Abbruchanleitung nach Gesetz! :schockiert::boese:

    Die ENRW schreibt:

    Landesdenkmalamt genehmigt Abbruch der Katzensteigmühle

    Die ENRW Energieversorgung Rottweil GmbH & Co. KG hat bereits im Jahr 2006 einen Antrag auf Abbruch bei der Baurechtsbehörde der Stadt Rottweil eingereicht, da eine weitere Nutzung des Gebäudes für die ENRW, verbunden mit hohen Investitionskosten, nicht tragbar war.

    Die staatlichen Vorgaben hinsichtlich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Energieversorgungsunternehmen haben sich erheblich verändert (Stichwort Regulierung; dabei werden die Kosten von der Regulierungsbehörde im Detail geprüft). Vor diesem Hintergrund kann die Geschäftsführung der ENRW die Aufrechterhaltung und den Betrieb von Gebäuden, mit denen sich keine wirtschaftlich tragbaren Ergebnisse erzielen lassen, nicht verantworten.

    Das denkmalgeschützte Ausdinghaus Katzensteigmühle auf dem Betriebsgelände der ENRW hätte mit hohem finanziellem Aufwand renoviert werden müssen. (weil es seit über 10 Jahren von der ENRW u.a. ungesichert und verwahrlost wurde) Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden können zwar verpflichtet werden, bestimmte Erhaltungsmaßnahmen ganz oder zum Teil durchzuführen, soweit ihnen das insbesondere unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen zumutbar ist. Im Fall der Katzensteigmühle räumte die Behörde den Umstand der Unzumutbarkeit ein und genehmigte den Abbruch.

    (Anmerk.:.In diesen wenigen Sätzen steckt der Kern der ganzen Problematik. Wo "Eigentum verpflichtet" in der Gegenwart wenig gilt und eine Enteignung des Grundbesitzes nicht in Erwägung gezogen wird, lässt der desintressierte Eigentümer die Immobilien solange vergammeln bis der Aspekt der vermeintlichen oder tatsächlichen Unzumutbarkeit erreicht ist und die gesetzlichen Bestimmungen zum Abbruch erfüllt sind! Für mich stellt sich dabei die Frage wie man genau diese Thematik verstärkt herausstellen und thematisieren kann? Ich denke, sie ist auch eine Frage die von Seiten der Rekonstruktionsbefürworter an die Denkmalpflege gezielt gerichtet werden sollte, weil wo Häuser mit Zustimmung des Denkmalschutzes plattgemacht wurden, bleibt zu deren Herstellung letztlich auch nur wieder die Rekonstruktion!!! Es ist ein Unding, dass Denkmalschutz als erklärtes Ziel des Staates schmückend herausgestellt wird, aber in der Umsetzung an Beispielen wie diesem tagtäglich umgangen werden. WO IST HIER DIE LÜCKE?)

    Hintergrund:
    Wenn -wie hier- ein baurechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt wird, hat die Denkmalschutzbehörde eine Zustimmung zu erteilen (§ 7 Abs. 3 DSchG) (Warum muss sie das zu tun, wie kann sie das aus ihrem Selbstverständnis heraus?) Da sowohl die ENRW als auch die Stadt Rottweil Eigentümer des Gebäudes sind, ist eine Zustimmung durch die höhere Denkmalschutzbehörde zu erteilen (§ 7 Abs. 5 DSchG). Dies hat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 05.08.2008 getan. Voraussetzung für die Freigabe zum Abbruch waren einige Auflagen (u.a. Bestandspläne, Fotodokumentation). Mit Schreiben vom 30.10.2008 hat das Referat 25 des Regierungs-präsidiums bestätigt, dass diese Auflagen mittlerweile erfüllt sind. Dieses Schreiben wurde am 04.11.2008 an die Stadt Rottweil als Genehmigungsbehörde - mit der Bitte um weitere Veranlassung - weitergeleitet. Mit der vorliegenden Genehmigung konnte die ENRW den Abbruch veranlassen.

    :x

  • Der vollständiger Leserbrief des Stadtarchivar a.D. Dr. Hecht:

    10.12.2008

    Nicht fotogen genug?

    Von Rottweils Katzensteigmühle, einst einer der stattlichsten Anlagen ihrer Art in der ältesten Stadt Baden-Württembergs, sei als letzter baulicher Rest das Ausdinghaus abgebrochen worden, erfährt man bezeichnenderweise nachträglich aus der Zeitung - leider ohne Bild der Verantwortlichen, obwohl die "Helden" sonst bei jedem "Heckenbeerlesfest" ins Objektiv lächeln.

    Soviel "schamhafte" Zurückhaltung hängt vielleicht damit zusammen, dass formal alles ordentlich über die Bühne gegangen sein soll. Trotzdem meine ich in Erinnerung an ein Haus, das neben seiner beachtlichen Vergangenheit einmal einen recht ordentlichen Dachstuhl, helle Räume und einen auffallend soliden Keller aufzuweisen hatte, und nach etwa 30-jährigem Ringen um seinen Bestand, es wäre fast schon zu halten gewesen, wenn man den Aufwand für den zurückliegenden Aktenkrieg um das Haus schon vor drei Jahrzehnten in erhaltende Maßnahmen gesteckt hätte.

    Mir ist auch immer wieder aufgefallen, dass erst Außenstehende, beispielsweise aus dem Geschichtsverein, auf entstehende Schadensbilder hinweisen mussten, bevor der Hausbesitzer sich regte. Dabei war er ja kein völlig Unvermögender. Das Haus scheint aber auch der Denkmalpflege kein ganz spezielles Herzensanliegen gewesen zu sein, auch wenn es sich beim Gebäude um ein nach § 2 Denkmalschutzgesetz eingetragenes Kulturdenkmal gehandelt hat, um das man sich mit sachgerechten Auflagen besser und früher hätte kümmern können.

    Wahrscheinlich war das Haus halt nicht fotogen genug, stand am falschen Platz und war ganz einfach im Weg. Allerdings hat die ENRW in seinem Umfeld in den letzten Jahren nicht gerade ein preisverdächtiges städtebauliches Ensemble entstehen lassen. Ich denke von daher an die Zukunft der Schindelbrücke von 1804 in der Au und wünsche mit, dass sie auf Dauer mehr Glück hat als das abgebrochene Ausdinghaus der Rottweiler Katzensteigmühle.

    Dr. Winfried Hecht Rottweil

  • So, jetzt dürfte ich den richtigen Strang gefunden haben...

    Sehr, sehr interessanter Artikel aus der Welt, der wieder einmal zeigt, wie sich die dogmatische Denkmalpflege in ihrer auf Original (hier vorhanden), Originalstandort (hier vorhanden) und Geschichtlichkeit versteiften Theorie selbst ein Bein stellt.
    :lachen:


    http://www.welt.de/welt_print/article3131089/Denkmalpflege-Streit-um-Mauerteile.html\r
    http://www.welt.de/welt_print/article31 ... teile.html

  • Hallo Stefan,

    glaube mir bitte, die meisten Denkmalpfleger_innen wünschen sich im Sinne der Denkmale auch, die Gesetzeslage wäre anders. Das Problem ist nicht das Denkmalschutzgesetz, sondern das allgemeine Baurecht - siehe Baugesetzbuch (BauGB). Die Denkmalpflegebehörden sind Träger öffentlicher Belange, bei der Erstellung eines Bauplanes können sie wie andere Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange bei der Gemeinde eine Stellungnahme einreichen. Die Stellungnahmen werden abgewogen und wenn man in der Gemeinde der Meinung ist, dass der Denkmalschutz in dem Falle geringer zu bewerten ist als beispielsweise der Nutzen einer neuen Straße, dann können die Denkmalpfleger_innen nachts in ihre Kissen weinen, aber der Drops ist gelutscht (jetzt mal stark vereinfacht ;) ). Die Denkmalpflege kann keinen Abriss verbieten, dazu hat sie keinerlei rechtlichen Mittel. Sie kann nur versuchen, mit einer guten Begründung das öffentliche Interesse am Erhalt eines Denkmals so klar darzustellen, dass es überzeugt und im Entscheidungsprozeß über einen Bauantrag berücksichtigt wird. Wenn Du das ändern willst, ändere das Baurecht!

    Es gibt nur sehr wenige und ziemlich stumpfe rechtliche Mittel, einen Eigentümer davon zu überzeugen, sein Gebäude nicht verfallen zu lassen. Auch das ist leider so, aber nicht Problem des Denkmalrechtes. Der Denkmalschutz kann nach der geltenden Rechtslage nur dann eingreifen, wenn etwas aktiv zerstört wird. Im anderen Fall kann er nur auf den Eigentümer einwirken, ihn aber nicht zum Erhalt zwingen. Auch das ist nicht Problem der Denkmalschutzgesetze, sondern hängt ganz allgemein mit Privateigentum zusammen. Gerade die Zumutbarkeit staatlicher Eingriffe in das private Eigentum ist genau geregelt und sehr gering. Enteignung des Grundbesitzes ist nicht Bestandteil der Denkmalschutzgesetze. Also ändere die Gesetze! Plädiere offen und laut für die Zwangsenteignung von erhaltungsunwilligen Denkmaleigentümern! Viel Spaß! :zwinkern:

  • Berolina

    Der Artikel ist echt gut und zeigt uns wieder einmal das Unvermögen des heutigen Denmalschutzbegriffs!

    Diese Denkmalschützer sind so etwas von dogamtisch erblindet, dass sie sich hoffentlich bald reformieren oder abschaffen und sich neu erfinden.

    Sollen diese ideenlosen Dogmatiker doch eine neue Charta erlassen, in welcher drinnen steht, was längst schon mancherorts praktiziert wird und schon können sie sich wieder beruhigt zurücklehnen, da ihre Charta das dann auch erlaubt.

  • Zitat

    Bedauerliche Konsequenz der Rekonstruktion ist, dass der Laie kaum den Unterschied zwischen Original und Kopie erkennen kann.

    Er hätte allerdings auch nach dem bevorzugten Vorgehen des Denkmalschutzes keine Erkennungsmöglichkeit des Originals. Dieses nämlich funktioniert schließlich nur in seinem optischen Kontext. Was nutzt es dem Betrachter, wenn er weiß, daß es sich bei einer Wandecke um einen originalen Substanz-Rest einer Stuckdecke handelt, wenn von der gesamten Impression dieser Stuckdecke, so wie sie geplant, geschaffen und für den damaligen Zeitgenossen erlebbar war, nicht mehr viel übrig ist. Er bekommt statt dessen vom Denkmalschutz einen Flickenteppich, der nicht mehr viel über die Kunst der Vergangenheit erzählt, weil er nur einen völlig neuen, einen "heutigen" Raum- oder Architektureindruck hinterlässt.

  • Entweder wurde dem Gebäude Flöttlinstorstraße 13 in Rottweil, eines der beiden Torhäuser vom Flöttlinstor, vor Umbau noch eben schnell die Eigenschaft als Kulturdenkmal aberkannt oder es handelt sich in der Umsetzung um ein weiteres Zeichen für das Versagen der staatlichen Denkmalpflege. Sofern DAS die Ergebnisse sind, die mit Unterstützung der staatlichen Denkmalpflege entstehen, sehe ich für die Zukunft und Einmaligkeit der Ensembles alter Stadtkerne in Baden-Württemberg schwarz. Bei allem Verständnis für das Bemühen der Bauherrrschaft wäre hier gestalterisches Fingerspitzengefühl dringend erforderlich gewesen - schade.

    Vor Umbau:
    http://www.rwbilder.de/frame/Ansichten/Innenstadt/Floetlinstorstrasse/Floettlinstorstrasse_13/Mai2000/frame.php\r
    http://www.rwbilder.de/frame/Ansichten/ ... /frame.php

    Nach der modernistischen General- bzw. Kaputtsanierung:
    http://www.rwbilder.de/frame/Ansichten/Innenstadt/Floetlinstorstrasse/Floettlinstorstrasse_13/Oktober2010/frame.php\r
    http://www.rwbilder.de/frame/Ansichten/ ... /frame.php

    ...etwas mehr "Fassadismus" täte durchaus wohl.

  • Ich kann es im Grunde nur bestätigen oder gebetsmühlenartig wiederholen: Die Fenster sind die Augen des Hauses.
    Sofern deren Gestaltung zwingend mehr Beachtung geschenkt würde, wären selbst die Neubauten in den Stadtkernen
    um ein vielfaches erträglicher.

  • Links steril und amputiert, rechts dagegen wieder richtig gemütlich - eine hervorragende Illustration, Stefan. Vor allem große Mengen halbwegs angepasster Wiederaufbaurarchitektur im Land wären oftmals mit solchen einfachen Mitteln leicht aufzuwerten. Hier wären verpflichtende Verordnungen zumindest in den Altstadtbereichen, die explizit auch für Neubauten gelten, sinnvoll. Aber im Falle derartiger "Nebensächlichkeiten" ist die deutsche Bürokratie ausnahmsweise einmal liberal und zurückhaltend...

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • @Danke Georg Friedrich :)

    Zitat von "Leipziger"

    Denkmalschutz:
    In den 70er und 80er Jahren hat sich der Denkmalschutz eigentlich nur um Gebäude aus der Zeit vor 1918/1933 gekümmert. Mitte der 80er Jahre wurden in Westdeutschland zum aller ersten Mal überhaupt systematisch und Massenhaft und zeitlich sehr schnell Bürgerhäuser, Bauernhäuser usw. aus jener Zeit unter Denkmalschutz gestellt (nur Kirchen, Schlösser, sonstige herausragende Dinge waren vorher schon verzeichnet). Auch dadurch kam es neues Bewusstsein auf, das von der Bevölkerung aufgenommen wurde. Damals, vor der Wende, und vor dem großen Zeitalter von Ikea, Lidl, Aldi und Media-Markt, hatten die Leute noch Geld, und konnten als Privatpersonen kleine Baudenkmäler sanieren.
    An diesen Erfolg konnte man 1993 mit den weitgreifenden Denkmalschutzgesetzen der neuen Bundesländer anknüpfen. Ohne diese und die Förderungen sähen die ostdeutschen Städte heute noch schlimmer aus als jene im Westen. Man schaue sich an, was bis 1993 passierte: Es wurden, -wenn überhaupt- nur billige Neubauten gebaut, und niemand sanierte die Altbauten. Wenn doch, dann mit Plastikfenstern ohne Sprossen. Die Phase, in der man sich der denkmalgerechten Altbausanierung zuwandte, kam im Osten erst später. (Bedingt auch durch die unklaren Eigentumsverhältnisse.)
    Seit Mitte der 90er Jahre habe ich festgestellt, dass im Westen auf einmal im Zusammenhang mit Denkmalschutz nur noch über 50er-Jahre-Architektur geredet wurde. Jene Architektur, die unsere Städte optisch zerstörte, sie zerfleddern ließ. Und dann kam auch diese "neues muss ich sehen-Mode" im Denkmalschutz.
    In Ostdeutschland kam/kommt das alles zeitversetzt später.
    Fazit: Der Denkmalschutz ist nicht wirklich "böse". Die derzeitige "neues-muss-ich-sehen-Mode" wird wieder vergehen.

    Interessante Beobachtung. Ich habe einen vergleichbaren Eindruck. Selbstverständlich ist der Denkmalschutz an sich nicht böse, aber eben auch immer nur so gut wie das jeweilige Personal in den Ämtern. Die Vertreter sichtbarer Brüche sind weit verbreitet. Eine Änderung wäre vermutlich ausschließlich mit nachkommenden, jungen Menschen erreichbar, die den Professoren an den Hochschulen nicht nachplappern wie man den Denkmalschutz zu verstehen hat. Nur ob die Kulturdenkmäler und Stadtbilder nebenbei so lange standhalten ehe sie kippen, muss ich aus der gegenwärtigen Situation heraus infrage stellen.

  • Wieder meldet sich eine Person aus der staatlichen Denkmalpflege zu Wort und vertritt gegenüber den Bewohnern eines der letzten städtebaulichen Kleinode, Schiltach im Kinzigtal, dass bei Neubauten kein historisierender Baustil gewählt werden sollte, sondern moderne, sich klar abhebenden Gebäude. Wann endlich hört diese unerträgliche Bevormundung auf? Warum sollen die wenigen, vom Modernismus verschont gebliebenen Kleinstädte mit Kontrasten, Brüchen und Zäsuren einer dogmatischen Architekturauffassung verunstaltet werden? Schiltach hat mit seinen historisierenden Neubauten in den vergangenen 40Jahren dank der Sensibilität seiner Bewohner gezeigt wie ein Stadtbild erhalten wird. Daran sollten sich viel mehr Städte und Dörfer ein Beispiel nehmen. Die Ansicht von Herrn Roth ist kontraproduktiv.

    http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.schilta…6279498ac1.html

    Jeder, der sich die Fähigkeit erhält Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.
    http://www.archicultura.ch

    4 Mal editiert, zuletzt von zeitlos (26. März 2011 um 01:18)

  • Ein weiteres Beispiel dafür, daß der Denkmalschutz heute oft nur noch als Steigbügelhalter für die Baumoderne fungiert. Dies erfolgt über die klare Abtrennung des "Denkmals" von der Gegenwartsarchitektur. Gegenwartsarchitektur hat demnach "modern" zu sein, bzw. das was ein bestimmter Zeitgeist unter "modern" versteht (z.B. Stahl-Glas). Sie hat im Kontrast zum "Denkmal" zu stehen, das nur als museales Überbleibsel von Substanz einer längst überwundenen Zeit seine Existenzberechtigung besitzt. Somit ist die Traditionslinie vom "Denkmal" zur aktuellen Architektur abgerissen, und dieser Riss wird vom Denkmalschutz verfestigt. Die Vergangenheit liegt also unwiederbringlich zurück, wir dürfen nicht mehr an sie anknüpfen, sondern nur noch völlig anders und im Kontrast zu ihr bauen. Das indes würde auch jeder modernistische Architekt exakt so unterschreiben.

  • Denkmaldebatten

    Zitat

    Was ist ein Denkmal? Und wie geht man mit ihm um?
    Mit DenkmalDebatten will die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Gründe denkmalpflegerischen Handelns darlegen und zeigen, warum es sich lohnt, unser Kulturerbe zu bewahren. [...]

    Zitat

    Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, selbst eine große "Bürgerinitiative", will mit DenkmalDebatten auf die vielfältigen und fruchtbaren Verflechtungen zwischen Denkmalkunde und dem gesellschaftlichen Bewusstsein für dieses Erbe hinweisen. Dies entspricht ihrem Satzungsauftrag, Bewusstseinsbildung für den Gedanken des Denkmalschutzes zu betreiben. Sie will deutlich machen, wie folgenreich sich ein kulturell verwurzelter, oft wechselhafter Respekt für die baulichen Zeugnisse der Vergangenheit auf die erfahrbare Denkmallandschaft ausgewirkt hat und noch immer auswirkt. Dazu werden Protagonisten, Vereine und richtungsweisende Denkmalkontroversen mit oftmals überraschend aktuellen Fragestellungen, in pointierten Debattenbeiträgen und ausführlichen Texten vorgestellt – DenkmalDebatten ist eine Einführung in die Diskurskultur der Denkmalpflege und ermöglicht die Begegnung mit einer ebenso spannenden wie drängenden Thematik, die uns alle angeht und zur Stellungnahme auffordert.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Fachbelange als Bettvorleger
    Warum sich die Denkmalbehörden nicht zu S 21 äußerten
    Über das „Schweigen der Denkmalpflege bei S 21“ diskutierten zwei Fachleute in der Kunsthalle Tübingen.

    hthttp://www.tagblatt.de/Home/nachricht…rid,130700.html

    "Der Denkmalschützer wandte sich dagegen, den abgerissenen Nordflügel am
    Stuttgarter Hauptbahnhof zu rekonstruieren. Er solle vielmehr analog
    wiederaufgebaut werden, die Symmetrien zur Haupthalle berücksichtigen –
    als „Neubau, der sich partnerschaftlich einfügt“. Eventuell könne man
    Reste des abgerissenen Flügels als „optischen Widerhaken“ einbauen,
    solle aber keinesfalls einen Stahl- und Glasbau hinstellen."

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    Welt am Sonntag, Autor: Andreas W. Voigt|, 04.04.2010
    Bürger sehnen sich nach der guten, alten Stadt
    http://www.welt.de/die-welt/wirts…lten-Stadt.html
    Initiativen setzen sich für bauliche Rekonstruktionen
    ein. Ausgerechnet der Denkmalschutz warnt aber vor Beliebigkeit

    "Die Rekonstruktionswelle gefährdet sogar den Bestand an wertvoller
    historischer und denkmalgeschützter Bausubstanz, sagt Ursula Schirmer,
    Pressesprecherin der Stiftung Denkmalschutz: "Je mehr Rekonstruktionen
    entstehen, desto größer ist die Gefahr, dass wirklich historische
    Bausubstanz nicht mehr geschützt wird, weil sie jederzeit reproduzierbar
    erscheint", mahnt die Denkmalschützerin. Dabei seien komplette
    Rekonstruktionen nichts anderes als Neubauten ohne Geschichte, hinter
    deren historischen Fassaden sich statt jahrhundertealter Bauschichten
    Betonmauern verbergen.

    Den Grund für die Unzufriedenheit vieler Bürger
    sieht sie weniger in der Rückbesinnung auf die bauliche Vergangenheit
    als im Versagen der modernen Architektur. Diese, so Schirmer, schaffe es
    nicht Häuser zu bauen, die sich am gewachsenen Umfeld orientieren.
    "Dadurch fehlt es schlichtweg an Aufenthaltsqualität in vielen Städten."


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    Mein Resumee im Vergleich beider Artikel:
    E
    ine staatliche Denkmalpflege, die zum Handlanger der Politik verkommen ist und über ihr eigenes Versagen hinweg Forderungen aufstellt, hat ihre Daseinsberechtigung verspielt.

  • Eine seltsame Denkmalschutz-Geschichte, zu der ich allerdings keine objektiven Details berichten kann. Ich habe mal im Internet recherchiert, allerdings nichts dazu gefunden. Ein Freund, der dort wohnt, erzählte mir die Geschichte, die sich in seinem Hinterhof abspielt. Es handelt sich um ein Areal nahe des Frankfurter Alleenrings (ich kann nicht sagen, ob es schon zum Stadtteil Bornheim gehört). Es befindet sich im Innern des Quartiers Brüder-Grimm-Straße, Dahlmannstraße, Rhönstraße, Luxemburgerallee. In diesem Hinterhof befand sich eine alte Garagenanlage. Vielleicht waren es auch mal kleine Gewerbehallen. Jedenfalls wollte vor wenigen Jahren dort ein Investor ein Wohngebäude errichten. Bekannte von uns hatten sich bereits eine Wohnung gesichert. Dann wäre wohl der Denkmalschutz gekommen und hätte gesagt, daß die Garagen-/Gewerbehalle ja unter Schutz stände und deshalb nicht abgerissen werden dürfe. Der Investor hat daraufhin wohl umgeplant und die Geschosse seines Rohbaus auf die Halle gesetzt, was wohl die Denkmalbehörde abgenickt hat. Dann indes hätte sich herausgestellt, daß die Statik der alten Halle die Obergeschosse gar nicht trage. Nun steht das Ding als Rohbau und Investitionsruine in dem Hinterhof. Unsere Bekannten hatten mittlerweile einen Verlust von 30.000 Euro, weil sie von dem Vertrag zurücktreten mußten.

    Die so denkmalwürdige Garage ist das Erdgeschoss des von mir aus Richtung Brüder-Grimm-Straße geschossenen Handypics (Sorry für die schlechte Qualität). Ich kann nichts denkmalwürdiges an dieser Anlage finden, dazu muß man wohl Denkmalexperte sein. Mein Freund meinte, daß das Ding extrem hässlich und nichtssagend sei, und dann witzelten wir, daß dort vielleicht mal Guido Westerwelle geparkt hat und das Ding deshalb unter Denkmalschutz geraten sei usw.

    2 Mal editiert, zuletzt von Heimdall (20. April 2011 um 04:10)

  • Ensembleschutz? Was ist das?
    Bei einem derartig engen, dogmatischen Denkmalverständnis dürfte nicht mehr allzu viel in die Zukunft überdauern.
    :augenrollen:

    Zitat

    Willstätt kämpft um Ruf als Fachwerkdorf
    2006 verzeichnete das Denkmalamt noch 83 denkmalgeschützte und 69 weitere erhaltenswerte Häuser – Doch es werden weniger.
    [...]Bei einer Kartierung des Orts 2006 verzeichnete das beim Regierungspräsidium Freiburg angesiedelte Denkmalamt 83 denkmalgeschützte und 69 weitere erhaltenswerte Häuser. Doch es werden weniger. Fünf Fachwerkhäusern ist seither der Denkmalstatus aberkannt worden, sie sind mittlerweile teils abgerissen. Dass dies nun auch mit zwei weiteren, auf Grund ihrer Lage sehr prägenden Fachwerkbauten in der Hauptstraße passieren kann, führt in Willstätt zu Diskussionen. Die Stimmung entlud sich bei einem Informationsabend. Viele der Besucher im prall gefüllten Bürgerhaus hatten das Gefühl, von den Denkmalschützern im Stich gelassen zu werden.[...]

    Willstätt: Willstätt kämpft um Ruf als Fachwerkdorf - badische-zeitung.de

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Zitat

    Ensembleschutz? Was ist das?

    Genau dieser fehlt in Willstätt offenbar und es lag bisher am guten Willen der Gemeinde einschließlich seiner Bewohner, dass der Ort sein Ortsbild glücklicherweise bewahren konnte. Möge im Falle der beiden Häuser der umsichtige Bürgermeister ein glückliches Händchen in der Verhandlung mit den Hauseigentümern besitzen und ob Sanierung oder Neubau Schaden für das Ortsbild abwenden. Darüber hinaus sollte die Gemeinde einen entsprechenden Schutz für das Ortsbild in eigenem Interesse umgehend ausweisen.

    Abgesehen von der individuellen Problematik vor Ort zeigt das Beispiel ebenso die Haltung der Denkmalpfleger. Die Gesetzgebung ist das eine. Problematisch ist zudem die Handhabung der Gesetze, die an Willkür der jeweiligen Denkmalpfleger grenzt. Vor dem Hintergrund, dass Denkmalschutz und Denkmalpflege in Baden-Württemberg dem Wirtschaftsministerium unterliegt (dank der Ära CDU unter MP a.D. Erwin Teufel) und mit Herrn Dr. Jacobs einen ausgesprochen wirtschaftsfreundlichen Denkmalpfleger im Amt besetzt, wundern einen solche Phrasen wie folgende nicht "Bei den Gebäuden Hauptstraße 58 und 60 ist die Substanz so marode, dass kein Denkmalschutz gegeben ist".
    In Villingen/Schwarzwald hat Dr. Jacobs zugunsten des Neubaus einer großen Drogeriemarktkette den Abbruch eines halben Stadtquartiers im mittelalterlichen Stadtkern mit zu verantworten (was dort übrigens trotz bestehenden Ensembleschutzes möglich war) und auch die Zerstörung der gotischen Decken sowie eine für Villingen seltenen Mansardendachkonstruktion des Gasthauses "Zum Wilden Mann" wurde unter Herrn Dr. Jacobs besiegelt. Bedenklich auch in diesem Zusammenhang das Vokabular "unwerte Bausubstanz". :gehtsnoch:

    Ein wesentlicher Punkt, der hier angesprochen wird, ist die Zuständigkeit der Denkmalämter. Es zeigt sich immer wieder, dass sofern kein Interesse des jeweiligen Denkmalpflegers für eine Angelegenheit besteht kurzerhand auch die Zuständigkeit in Frage gestellt wird.

    Wie erklären sich Aussagen "Denkmalpflege ist nicht Ortsbildpflege.", "Der Schutz des Ortsbilds sei Sache der Gemeinde und abhängig von deren Gestaltungsgrundsätzen." oder "Gewiss sei ein Neubau in Fachwerk wünschenswert – aber das sei nicht Sache seiner Behörde." , die im klaren Widerspruch zu Fallbeispielen der Rekonstruktion (Marktbrunnen Villingen, LDA für zeitgemäße Lösung) stehen, in der sich die Ämter durchaus und außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs bemächtigt sehen unaufgefordert Empfehlungen abzugeben und Einsprüche zu erheben?

    Jeder, der sich die Fähigkeit erhält Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.
    http://www.archicultura.ch

    Einmal editiert, zuletzt von zeitlos (27. Juli 2011 um 18:19)