Gründe für den Verlust der Schönheit in der Architektur

  • Warum ist die Welt heute technisch so fortgeschritten, hat sich aber ästhetisch "zurück entwickelt"? Diese Kurzdoku von "The School of Life" versucht Antworten zu geben:

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  • Sehr gut gemachtes Video. Für mich noch ein herausragend wichtiger Blickwinkel, der bei dieser eher kulturellen Betrachtung unter den Tisch fiel ist die der praktischen Fehlentwicklungen. Dazu zählt die Form der Ausbildung (relativ kurze Intensive Ausbildung, die höchst akademisch und nicht auf Praxis fußt), der Planungsprozess (Planungen von riesigen Projekten auf einmal, Anpassungen während des Baus unerwünscht, möglichst kurze Planungsphase, Planung von Innen nach Außen), und die Bauherren (mit dem Ort unverbundene Bauherren, welche unter starkem ökonomischen Druck stehen bzw. sich nach diesen Parametern leiten lassen). Generell darf der Faktor Zeit hier als grundsätzliche Klammer betrachtet werden, die auf allen genannten Ebenen immer verkürzter wird. Das bekommt keiner Kunstfertigkeit besonders gut.

  • Absolut. Das organische Entstehen und Adaptieren über längere Zeiträume ist sicherlich einer der Schlüsselfaktoren.
    Wobei auch großartige Ensembles und ganze Städte historisch immer wieder in für die Zeitverhältnisse atemberaubenden Tempo entstanden, man denke an antike Städte, Haussmann-Paris, Venedig, Florenz, Amsterdam im Goldenen Zeitalter, Quito, San Francisco nach dem Erdbeben, Alesund nach dem Feuer, Ypern nach dem Ersten Weltkrieg, uvm.

    Eine weitere sehr sehenswerte und gerade gut passende Doku in dem Zusammenhang:

    "Die Entdeckung der mittelalterlichen Stadtplanung" (2004)

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    "Im Jahre 2100 werden 80% der Weltbevölkerung in Städten leben. Während die Mega-Cities zu lebensfeindlichen Geschwülsten mutieren, blicken wir sehnsüchtig auf die wohnlichen Strukturen der scheinbar natürlich gewachsenen Städte des Mittelalters.

    Seit zehn Jahren beschäftigt sich der deutsche Architekt und Stadtplaner Klaus Humpert mit den Gestaltungsprinzipien mittelalterlicher Städte. Seine Erkenntnisse sind sensationell: Die “gewachsene Stadt” des Mittelalters ist ein Mythos.

    Gottes Plan und Menschen Hand erzählt die Geschichte von Humperts abenteuerlicher Entdeckungsreise. Experten liefern Zusatzinformationen, und ausgemachte Widersacher Humperts werden die Zweifel an seiner Theorie nähren. Zuletzt aber obsiegt der Held.

    Originaltitel: Gottes Plan und Menschen Hand - Die Entdeckung der mittelalterlichen Stadtplanung oder wie unsere Städte in die Welt kamen

    ein Film von Dominik Wessely, in Zusammenarbeit mit SWR / ARTE. 2004, filmtank hamburg / SWR."
    Link

  • Absolut. Das organische Entstehen und Adaptieren über längere Zeiträume ist sicherlich einer der Schlüsselfaktoren.
    Wobei auch großartige Ensembles und ganze Städte historisch immer wieder in für die Zeitverhältnisse atemberaubenden Tempo entstanden, man denke an antike Städte, Haussmann-Paris, Venedig, Florenz, Amsterdam im Goldenen Zeitalter, Quito, San Francisco nach dem Erdbeben, Alesund nach dem Feuer, Ypern nach dem Ersten Weltkrieg, uvm.

    Gute Differenzierung. Man kann schnell und auf großen Flächen bauen, doch dann braucht es eine große Zahl an Bauherren und keine 2-3 Projektgesellschaften. Und das schnelle Hochziehen hat dann trotzdem Probleme, weil es eben keine oder kaum Adaption gibt. Wenn ich ein einzelnes Gebäude in eine Umgebung einsetze, kann ich sehr gekonnt auf örtliche Bedürfnisse eingehen: Brauche ich hier eher eine beruhigende Fassade, oder eine aufregende, fehlt es hier an Höhe oder braucht es im Gegenteil vielleicht mehr Licht und Luft. Auch die Regulatoren können auf solche Dinge nur reagieren, wenn nicht alles in einem Rutsch in kurzer Zeit hochgezogen wird.

  • Toilettenhäuschen 1909 (Entwurf: 1878):

    Toilettenhäuschen 2022:

    Eingestellte Bilder sind, falls nicht anders angegeben, von mir

  • Gedanken vom Gardasee:

    Wie kann es sein, dass, egal wo man auf der Welt hingeht, Altbauten immer stimmig und schön wirken - von der einfachen Hütte bis zum Palast - während Gegenwartsarchitektur mehrheitlich unharmonisch bis absurd hässlich rüberkommt?


    Warum hat die Menschheit den ästhetischen Kompass verloren, und warum stört es ausgerechnet die Entscheidungsträger anscheinend nicht?

    Vielleicht irre ich mich da, aber könnte es daran liegen, dass man heute ganz anders plant? Ich stelle mir vor, dass sehr viel dieser Architektur zwar durchaus mit einer Fassadenskizze geplant wurden, diese aber nicht so exakt realisiert wurde, man während des Baus auch noch Veränderungen vorgenommen hat oder auch später. Das würde effektiv etwas Komplexität aus der Planung heraus nehmen, weil man eben nicht vorher alle tausend Einflussfaktoren einbeziehen muss, sondern vor Ort am echten Objekt noch optimieren kann. Dazu kommt meine These, die ich bereits hier im Forum zur Diskussion stellte, dass man früher viel Wert auf das Äußere gelegt hat und heute mehr auf die innere Nutzung sich fokussiert. Vom Prozess her also die Frage eines Von-außen-nach-innen-planens oder eines Von-innen-nach-außen-planens.

    Dazu würde ich die modernen Baustoffe noch nehmen. Diese ermöglichen extrem einheitliche Ergebnisse, egal ob wir von sehr glatten Oberflächen und perfekten 90 Grad Kanten bei Mauerwerk und Dämmstoffen reden, von perfekten Farbpigmenten, welche große Flächen völlig einheitlich einfärben lassen, von perfekt einheitlichen Elementen, wie Dachziegel, spiegelglatten großen Fenstergläsern, o. ä. sprechen. Dadurch wirken nicht nur schnell viele Oberflächen öde, auch die Alterung der Materialien, vor allem bei unterschiedlicher Ausprägung fällt so extrem auf und wirkt sogleich siffig.

  • Majorhantines
    21. April 2024 um 19:42

    Zitat: Geblieben ist ein Land, das zwar nicht schöner, aber moderner und offener geworden ist. Immerhin.