Architekt Peter Kulka: „Dresden ist ein bisschen zu selbstverliebt“

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    Dresden muss nachdenken und sich an manchen Stellen auch ändern. Ich komme ja in Deutschland viel rum, und oft sind kleinere Städte urbaner und lebendiger als Dresden. Die Stadt muss mehr nach vorn schauen.

    Was meinen Sie damit?

    Die Stadt versteht sich als so vollendet und ist dabei ein bisschen zu selbstverliebt und auch ein bisschen zu schön. Das bekommt kreativen Menschen nicht so sehr, und junge Leute haben damit auch wenig am Hut. Eine lebendige Stadt braucht auch das Ungestaltete, braucht die Auseinandersetzung zwischen schön und hässlich und zwischen fertig und unfertig.

    Zitat

    Oh ja, über das Internet gibt es ja schon Fragen und Kommentare. Aber wir wollen nicht mit den Dresdnern über unser unfertiges Haus diskutieren. Ohnehin wird in dieser Stadt um jedes kleine Ding zu viel Spektakel gemacht.

    Zitat

    Nein, das ist doch eine Hilfe, wenn eine solche Kommission gut besetzt ist. Da gehören unbequeme Leute rein, die den Politikern mit Fachverstand sagen, was ist. Und die schwierige öffentliche Projekte und den Stadtrat begleiten. Das funktioniert in anderen Städten auch. Ich selbst saß schon in solchen Gremien. Ich würde das sehr begrüßen, aber auch da ist Dresden ja nicht gerade vorne dran.

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    Vor allem sollten nicht mehr nur Investoren in der Innenstadt Häuser bauen, sondern die Bürger selbst. Aber das gibt es bisher kaum. Da sehen wir uns fast ein bisschen als Pioniere.

    Quelle: http://www.sz-online.de/nachrichten/dr…bt-2798502.html

  • Zitat

    ...Es wird kein Haus mit einem barocken Walmdach sein, wie es viele Dresdner gern hätten. Eher streng, sehr einfach und ohne Schnörkel. Meine Wohnräume werden total in Sichtbeton gegossen. Aber das müssen die Dresdner ja nicht ertragen. Das wird von außen nicht sichtbar sein. Man sollte es uns nicht verübeln, dass wir in einem Haus wohnen wollen, wie es uns gefällt....


    Da wird mal wieder schön mit zweierlei Maß gemessen, er nimmt sich das Recht so zu bauen und zu wohnen wie er will, kritisiert aber bei den Dresdnern den Wunsch nach Schönheit und barocker Pracht als Selbstverliebtheit. Und immer wieder das Gleiche: "spannende Kontraste", "ohne Schnörkel"... :blah:

    Zitat

    Eine lebendige Stadt braucht auch das Ungestaltete, braucht die Auseinandersetzung zwischen schön und hässlich und zwischen fertig und unfertig.


    Eine lebendige Stadt baucht Harmonie, Schönheit und nicht die von ihm und den Modernisten geforderte Disharmonie! :gehtsnoch:

    Labor omnia vincit
    (Vergil)


  • Eine lebendige Stadt baucht Harmonie, Schönheit und nicht die von ihm und den Modernisten geforderte Disharmonie! :gehtsnoch:

    In diesem Punkt würde ich ihm schon recht geben.
    Ihm scheint es hier ja um städtische Freiräume zu gehen, wie man sie etwa auf Industriebrachen, alten Hafenanlagen usw. findet und wo sich kreatives Potential entfalten, wo Subkulturen blühen können. Dieses Potantial wird durch die fortschreitende Gentrifizierung verdrängt bzw. dazu gezwungen, sich zu verlagern; und das nicht selten zum Schaden einer Stadt oder eines Stadtteils.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Ich glaube kaum dass er jetzt ein Herz für die alternativen Kreativquartiere entdeckt hat und diese damit gemeint hat. Ihm geht es offensichtlich um die zentralen Stadtbereiche in denen diese genannten Gegensätze sich ausdrücken sollen. Aber was will man schon erwarten, Sichtbeton im privaten Wohnbereich... :kopfschuetteln:

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • bilderbuch

    Falls ich es richtig verstehe und Du Dir Kulkas Stellungnahme in diesem Punkt auch zu eigen machst, gerätst Du natürlich in einen inneren Widerspruch. Denn schließlich ist es ja gerade Dein Herzanliegen, durch Verdichtung und städtebauliche Fassung von Blöcken neue Urbanität in Dresden zu erlangen. Dahinter steht dann sogar die Qualität der gebauten Architektur zurück. Das widerspricht dann aber dem Wunsch, städtische Brachen für Subkulturen zu erhalten. Beides gleichzeitig auf einem Raum geht irgendwie nicht richtig.

    Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass in Dresden schon ein massives Problem mit der Verdichtung und Gentrifizierung existiert. Zumindest nicht hinsichtlich von Industriebrachen usw. Da dürfte noch ausreichend Platz als Spielwiese für Subkulturen vorhanden sein. Vielleicht nicht direkt in der City, aber am Rand der Innenstadt allemal. Diesbezüglich haben Ballungsräume im Westen ganz andere Probleme.

  • Herzlichen Dank für deinen Einwand, lieber Heimdall.
    Wie du schon richtig angemerkt hast, blühen die "Subkulturen" nicht auf den Brachflächen der Innenstadt. Diese werden als Parkplätze genutzt oder verkommen zu illegalen Mülldeponien mit Urwaldcharakter. Jedoch sollte man sich auch hier vor Pauschalisierungen schützen.
    So befinden sich etwa in der ehemaligen Gleisschleife Pfotenhauerstraße in der Dresdner Johannstadt die "Internationalen Gärten", ein sogenanntes Urban-Gardening-Projekt, das man u.U. dem subkulturellen Milieu zuordnen könnte (Ich weiß, in Berlin gehört das schon wieder zum Mainstream!). Jedenfalls soll die Fläche, die von einer ausgedehnten Kleingartenanlage umgeben ist und sich gegenüber der Uni-Klinik befindet, mit einem Parkhaus überbaut werden. So gedenkt man das eklatante Stellplatzproblem des Großkrankenhauses zu lindern. Nun regt sich natürlich Protest, den die Stadt durch die Bereitstellung neuer Flächen im Stadtteil sowie weitere Zugeständnisse zu lindern erhofft. Dennoch ist das Vorhaben erst vor wenigen Tagen im Bauausschuss durchgefallen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe