• In Bonn wird am Kaiser Karl Ring ein altes Postgebäude abgerissen, das gut einen halben Block ausmachte:

    (Alle Bilder von mir)

    Das Gebiet:

    (Quelle: Google)

    Stattdessen baut die Swiss Life Asset Management jetzt das da:

    (Quelle: Swiss Life Asset Management)

    OK. Soll man sich darüber jetzt freuen...huh:)

    Für mich schon wieder eine vertane Chance in Bonn. Östlich von dem ganzen Areal beginnt das Kerngebiet der Bonner Nordstadt, in der sehr viele sehr schöne Gründerzeitbauten erhalten sind. Das hätte man hier fortsetzen können, an einem halben Häuserblock - es wäre eine schöne Erweiterung / Lückenfüllung der fürs Wohnen äußerst beliebten Nordstadt gewesen. Das wäre sicher locker finanzierbar gewesen.

    Meine Prognose: Es dauert keine 10 Jahre, dann sieht die Fassade genauso gammelig aus wie die vom schräg gegenüberliegenden Ibis Hotel...

  • ...soll ich beim Abriss mal vorbei gehen und nachfragen? Kannst ihn Dir ja in den Garten stellen, wenn Du magst :biggrin:

    Spaß beiseite, ich habe keine Ahnung... da es bei mir um die Ecke ist, geh ich vielleicht tatsächlich mal fragen, wenn die mit dem Abriss anfangen. Denke der "Swiss Life Asset Management" wird es herzlich egal sein, was mit dem Adler passiert, solang die Rendite beim Neubau stimmt :zeitung:

  • Irgendwo weiter oben wurde, wenn ich mich recht erinnere, gefragt, wie eigentlich die Neubauten auf der Südseite des Hauptbahnhofs, die in den letzten Jahren entstanden sind, aussehen. Hier dazu ein paar Bilder.

    Die östliche Ecke:


    Die westliche Ecke:


    Und dazwischen steht noch dieses "wunderschöne" Parkhaus, das einem Neubau weichen soll (Bezahlschranke):


    Was soll man sagen - mir fällt dazu nicht viel ein, bewertet selbst...

    Achja, auf der gegenüberliegenden Straßenseite sieht es zum Teil so aus:

  • In Bonn Rüngsdorf gibt es Initiativen, eine Erhaltungssatzung aufstellen zu lassen, um den historischen Stadtkern zu schützen. In die historische Struktur drängen sich zunehmend auch Neubauten, was einigen Anwohnern Sorgen macht.

    Hoffen wir, dass diese Satzung bald aufgestellt wird, um das Ortsbild zu schützen.

    Korrektur: Natürlich handelt es sich um Bonn Ramersdorf, nicht Bonn Rüngsdorf - danke Civitas fortis für den Hinweis!

  • In Bonn Rüngsdorf gibt es Initiativen, eine Erhaltungssatzung aufstellen zu lassen, um den historischen Stadtkern zu schützen.

    Wenn ich richtig gelesen habe, geht es in dem Artikel um den Ortskern von Ramersdorf. Für Rüngsdorf ist eine Erhaltungssatzung bereits in Aufstellung, die als positives Beispiel genannt wird.

    Jedenfalls hat Bonn solche Instrumente aus meiner Sicht dringend nötig, denn die dörfliche Struktur der Bonner Stadtteile ist häufig noch erhalten, aber architektonisch vielerorts stark überprägt und Neubauprojekte halten sich fast nie an die überkommene städtebauliche Struktur.

  • Jedenfalls hat Bonn solche Instrumente aus meiner Sicht dringend nötig, denn die dörfliche Struktur der Bonner Stadtteile ist häufig noch erhalten, aber architektonisch vielerorts stark überprägt und Neubauprojekte halten sich fast nie an die überkommene städtebauliche Struktur.

    Dem kann ich als Bonner Bürger nur zustimmen. Die Bonner Bürger begleiten das Baugeschehen überwiegend nahezu teilnahmslos. Beispiel Sanierung der Beethovenhalle: Die Sanierung sollte ursprünglich zum Beethovenjahr 2020 (250. Geburtstag von Beethoven) fertig gestellt sein. Nach aktuellen Schätzungen geht man nun von einer Fertigstellung 2024 aus, also schlappe 5 Jahre zu spät für das Jubiläum, das dank der Pandemie sowieso komplett ins Wasser gefallen ist. Statt der ursprünglich geplanten 60 Millionen Euro wird das Ganze nach aktuellem Stand nun mehr als 190 Millionen Euro kosten. Das Ende der Fahnenstange ist da meiner Meinung nach noch lange nicht erreicht, seit Jahren gibt es nur Verzögerngsmeldungen und Kostensteigerungen. Ich gehe jede Wette ein, dass die Sanierung am Ende deutlich teurer als 200 Millionen Euro wird (vor allem bei den aktuellen Baupreisen) und erst nach 2024 fertig wird. Gibt es einen Aufschrei in der Stadtbevölkerung? Keineswegs. Bis auf ein paar halbwegs empörte Artikel im Bonner General Anzeiger alle paar Monate herrscht weitestgehend Stille.

    Bezüglich der Wohnbebauung hat man in Bonn schon das Gefühl, dass den Bürgern die großen und gut erhaltenen Gründerzeitviertel Südstadt, Nordstadt und Weststadt am Herzen liegen und man sich dort auch engagiert für deren Erhalt einsetzt. Bei Neubauten fehlt aber jede Sensibilität für Ästhetik. Moderne Bauten im klassischen Stil a la Frankfurt oder Lübeck sind kein Thema, Rekonstruktionen wie in Potsdam oder Dresden scheinen in der Bonner Vorstellungswelt von Verwaltung und Politik nicht mal zu existieren. Es werden Betonklötze und Glaskästen gebaut, die, wenn man Glück hat, nicht komplett hässlich sind - und in den überwiegenden Fällen hat man Pech, siehe die Bebauung um den Hauptbahnhof (Beiträge weiter oben). Hätte Bonn nicht das Glück, dass nach dem Krieg so viel von den Gründerzeitbauten erhalten geblieben ist - ich bin überzeugt, die Stadt wäre heute so hässlich und verschandelt wie Köln.

    Mir graut es schon davor, wenn das Bonner Stadthaus endlich mal abgerissen werden sollte. Natürlich bin ich für den Abriss dieses monströsen und völlig unpassenden Klotzbauwerks, für das beim Bau in den 1970ern mehrere gründerzeitliche Straßenzüge abgerissen wurden. Aber kein Bonner Politiker oder Verwalter würde auf die Idee kommen, diese Straßenzüge zu rekonstruieren. Mit ganz ganz viel Glück würde sich vielleicht an den historischen Baufluchten orientiert, aber auch da bin ich skeptisch. Mir graut schon davor, welcher emotionslose, austauschbare Glas-/Beton-/Stahlklotz da als nächstes hingebaut werden würde...

  • Nun, viel schlimmer als das Stadthaus kann es nicht werden. Insofern ist das Grauen bereits da. Es könnte also eigentlich nur kleiner werden.

  • Ich frage mich,wo kommt jetzt das ganze noch zusätzlich benötigte Geld nur her? Geplant waren 60 Millionen€ ,jetzt stockt man mal eben alles auf 190 Millionen auf.Und das in einer Politisch und Wirtschaftlich sehr,sehr angespannten Zeit.Deutschland hat speziell in dieser Sache (Sanierung Beethovenhalle) wohl irgendwo einen Goldesel? :/

    Wenn Deutschland da noch so viele Millionen nachträglich in die Sanierung der Beethovenhalle hineinpumpt , dann geht es unserem Land anscheinend Finanziell doch super.

    Oder verstehe ich die ganzen Hintergründe als Laie nur nicht richtig? :wie:

  • dann geht es unserem Land anscheinend Finanziell doch super.

    Ganz und gar nicht. Das alles ist auf und mit Schulden gebaut. Zur Finanzsituation der Stadt Bonn siehe hier, hier, hier. Aktuell hat Bonn wohl über 2,7 Milliarden Euro Schulden. Sparwille war wohl bislang gering. Nun werden sie bald müssen, weil die Einnahmenseite einbricht und die Kosten auch für die Stadt steigen. Derartige teure Großbauprojekte, wie das oben beschriebene, werden in mittelfristiger Zukunft wohl deutlich seltener werden, nicht nur in Bonn. Was bis jetzt nicht saniert oder neu-/umgebaut wurde, wird es womöglich erst mal nicht mehr.

  • Die Bonner Bürger begleiten das Baugeschehen überwiegend nahezu teilnahmslos.

    In Bonn wird sich als Bürger, Verband und auch in der Stadtpolitik gefühlt nur geäußert, wenn es um (wenn auch nur temporäre) Einschränkungen im Straßenverkehr geht, und zwar nicht wohlwollend - außer, der Grund ist Karneval.

    Eine gute Zusammenfassung über den Bonner Baubestand gibt aus meiner Sicht dieser Artikel der Bonner Umwelt-Zeitung. Ich würde aber nicht so ein selbstzufriedenes Fazit ziehen, wie der Verfasser, denn diese Einstellung scheint mir der Grund zu sein, warum die Stadt keine klare Vision der Bauleitplanung zu haben scheint. Städtebauliche Probleme gibt es in Bonn mehr als genug:

    • Man zähle einmal die Rheinbrücken (unter Berücksichtigung der über sie führenden Verkehrsarten) und vergleiche mit ähnlich großen/bedeutenden Städten an Flüssen
    • Man stelle die großflächigen, die Zersiedelung des knappen Platzes vorantreibenden Neubauprojekte in Relation zum erwarteten Bevölkerungswachstum (z.B. Vilich-Müldorf)
    • Man vergleiche die ÖPNV-Leistung mit dem MIV-Aufkommen, oder auch, wie lange ÖPNV-Projekte zerredet werden (z.B. Stadtbahntrasse Beuel, Stadt/-Straßenbahn zum Hardtberg, Verlängerung Straßenbahn Dottendorf)
    • Man betrachte völlig belanglose Neubauvorhaben an sensiblen Orten der (historischen) Altstadt (z.B. Maximilianscenter am Hauptbahnhof oder das Wohnprojekt "Constance" an der Poppelsdorfer Allee)
  • Ganz und gar nicht. Das alles ist auf und mit Schulden gebaut.

    So ist es. Und soweit ich richtig informiert bin, trägt die Stadt Bonn die Kosten der Sanierung komplett alleine, eine Beteiligung des Bundes gibt es nicht.

    Ein Artikel des Kölner Express von 2020, treffend betitelt mit "Analyse eines Desasters", fasst das ganze Fiasko nochmal anschaulich zusammen. Interessant auch, dass das projektplanende Architekturbüro Nieto Sobejano Arquetectos wohl ordentlich zum Chaos beiträgt:

    Zitat

    Dann wäre da die Wahl des Projektplaners: Nieto Sobejano Arquetectos (NSA) erwies sich nach Aussagen der Stadt als absoluter Rohrkrepierer, hatte keinen Überblick, vergab Aufträge an Subunternehmer, schlampte bei Zeitplänen. So jemanden sollte man eigentlich feuern. Aber hier kommt die Stadtverwaltung ins Spiel. Denn die hat mit NSA einen Vertrag geschlossen, der nicht einfach kündbar war. Als die Stadt dann endlich eine Möglichkeit sah, NSA loszuwerden, blieb nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Denn NSA hat Unterlagen und Wissen, die für die Sanierung dringend nötig sind. Also blieb NSA.

    NSA baut momentan auch das "Archiv der Avantgarden" im Dresdner Blockhaus, wo es aber gegenwärtig nicht ansatzweise solche Probleme gibt wie bei der Beethovenhalle in Bonn.

  • Hier mal einer der positiveren Neubauten in Bonn, in der gründerzeitlichen Weststadt (Humboldtstraße).

    Zwei Risalite strukturieren die Fassade, die Traufhöhe passt zur Nachbarbebauung:

    Im EG gibt es wenigstens bis zur halben Höhe eine materielle Absetzung:

    Die Fenster sind umrandet:

    Die Farbgebung ist harmonisch und ein Zaun und begrünter Vorgarten grenzen zur Straße ab:

    Blick in die Humboldtstraße:

    Klar wäre noch mehr gegangen - ein paar Gesimse hätten zum Beispiel sehr gut getan. Dennoch einer der besseren Neubauten der letzten Jahre. Insbesondere wenn man den Neubau mit dem alten Zustand vergleicht:

    https://goo.gl/maps/CTLjZP7de63MDn1k8

  • Ich war gestern auf einer Veranstaltung: "Zukunft des Bauens in Bonn". Es gab zwei kurze Vorträge von der Leiterin des Stadtplanungsamtes und der Vorsitzenden des BDA Bonn Rhein Sieg, mit anschließender Podiumsdiskussion von deutlich über einer Stunde.

    Es war das Übliche: Solardächer, Wärmedämmung, Regenwassermanagement, Schwammstadt, Energieeffizienz, Verdichtung innerhalb der Stadt, Hitzeresistenz etc. etc. Mit keinem Wort wurde die Ästhetik der Gebäude auch nur erwähnt. Genau dies sprach ich dann bei der Fragerunde an und wies darauf hin, dass auch die Ästhetik entscheidend für Nachhaltigkeit ist, denn nur schöne Gebäude begeistern die Menschen auch noch Jahrhunderte nach der Errichtung und werden nicht nach wenigen Jahrzehnten wieder abgerissen.

    Heute fand ich dann einen Artikel über die Veranstaltung im Bonner Generalanzeiger (leider Bezahlschranke). Neben einer Zusammenfassung der Vorträge der beiden Damen stand ganz am Ende des Artikel Folgendes:

    Zitat

    Kritik an fehlender Ästhetik von Häusern

    Ein Besucher kritisierte die fehlende Ästhetik der heutigen Wohnhäuser. „Die Baukultur sollte natürlich nicht auf der Strecke bleiben“, pflichtete Denny ihm bei. Aber die Architektur sei auch immer die Sprache der Zeit. Knye ergänzte, dass ihr – was die ästhetische Seite bei einem Neubau angeht – doch enge Grenzen gesetzt seien. „Wir als Architekten leiden sehr darunter“, sagt sie. „Der Rohbau wird immer teurer, dann kommt häufig eine Tiefgarage hinzu, dann noch die Technik. Da bleibt dann kein Geld mehr übrig für die Fassade.“

    Ich schreibe das jetzt hier nicht um mich selbst zu beweihräuchern. Aber interessant finde ich, das der von mir erwähnte Punkt es als einziger in den Artikel geschafft hat, neben mindestens einem Dutzend weiterer Fragen zu steigenden Mieten, Mobilität, Siedlungsverdichtungen etc. etc. Das bestärkt meinen Glauben daran, dass das Stadtbild eben doch sehr vielen Menschen ein Anliegen ist. Nur vielleicht eines, dass nicht so präsent ist, und bei dem viele auch "ohnmächtig" sind, weil man überall nur top-gerenderte Flachdach-Kastenbauten mit Lochfassade gezeigt bekommt, wenn etwas neu geplant wird - und diese Gebäude in der Realität dann doch oft sehr triste aussehen.

    Das Argument der BDA Frau Knye ("Alles Geld fließt in Tiefgarage und Gebäudetechnik und wir Architekten haben dann kein Geld mehr für die Fassade") fand ich auch sehr schwach. Sie hat übrigens auch noch hinterhergeschoben, dass es ja auch nicht darum gehen könne, jetzt wieder Stuck an die Wände zu packen - worauf ich am liebsten noch geantwortet hätte: "Doch, genau darum geht es!". Frau Denny vom Stadtplanungsamt hatte da schon eher einen Punkt, wenn sie auf den Zeitgeist verweist, der nun mal von Flachdach und Kastenbau geprägt ist. Wobei wir dann wieder bei dem Thema sind, dass dieser Zeitgeist doch wohl hauptsächlich von einer kleinen Elite - den Architekten - geprägt wird, und nicht von einer überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung.

  • Wunderbar, dass du der Schönheit eine Stimme gegeben hast. Das zeigt wieder, dass es sich lohnt. Immer und immer wieder.
    Je omnipräsenter wir sind, desto eher werden unsere Anliegen gehört. Wenn wir entschieden für die Schönheit eintreten, wird sie auch wieder ein bedeutsamer Faktor.

    Und gerade in der allgegenwärtigen Diskussion um Nachhaltigkeit, Stadtumbau und mentale Gesundheit ist Schönheit DER entscheidende Faktor.

  • Und, soll der Schriftzug sichtbar erhalten oder zumindest konserviert bleiben?

    Leider weiß das keiner. Im Artikel steht nur Folgendes:

    Zitat

    Ware und Familienname waren oft untrennbar miteinander verbunden, und das oft seit Generationen. So hatte man beim Namen Segschneider automatisch den Duft von Kerzen und Badezusätzen in der Nase. Ein alter Handelsregistereintrag gibt in kurzen Worten Auskunft: „Firma Adam Segschneider, Inh. Geschwister Segschneider, Wachswarenfabrik - Alte Stern-Drogerie“. Norbert Volpert, Vorsitzender des Vereins StattReisen, weiß: „Das Geschäft von Segschneider war lange Zeit ein Begriff in Bonn, als man in der Apotheke auch Kerzen und Wachswaren kaufte. Natürlich wäre es schön, wenn man den alten Schriftzug erhalten könnte.“

    Mehr als dieser Kommentar des Vorsitzenden des Vereins StattReisen steht zum Erhalt des Schriftzugs nicht in dem Artikel. Im Gegenteil, der Artikel verliert sich darin zu feiern, dass Adam Segschneider nicht nur Apotheker, sondern auch "Hauptmann der Artillerie" im Bonner Karneval war. Es folgt eine Beschreibung seines Wirkens bei Karnevalsumzügen. Typisch Rheinland... huh:)

    Ich war dann letzte Woche selbst vor Ort. Den Schriftzug gibt es noch, aber die Trockenbauer vor Ort, die gerade das Ladenlokal im Erdgeschoss komplett sanieren, wussten auch nicht Bescheid. Einer meinte: "Wahrscheinlich kommt was drüber, für die nächsten 100 Jahre." Mal schauen, ich werde das mal im Auge behalten.

    PS: Interessant ist, dass sich durch den Schriftzug auch die beiden Apothekerkreuze in der Fassade über dem ersten Stock erklären - sie finden sich im Schriftzug über dem Ladenlokal wieder und zeigen an, dass dieses Haus von einem Apotheker gebaut wurde. Das macht den Erhalt und die dauerhafte Sichtbarkeit des Schriftzugs natürlich umso wünschenswerter...

    Bild von mir.