Teil 2 zum Portal der Schlosskapelle
Nachfolgend einige Informationen, was sich bis November 2005 getan hatte.
Beitrag auf der Internetseite des Kultursenders MDR-Figaro (Radiosender):
Das Portal der Schlosskapelle im [lexicon='Residenzschloss Dresden'][/lexicon] (datiert November 2005)
von Wolfram Nagel
In der Steinwerkstatt der Firma Heidelmann & Hein stehen vor allem alte Grabsteine. Manche sind so stark verwittert, dass die barocken Ornamente kaum noch zu erkennen sind. Es ist ein hoch spezialisiertes Unternehmen für Steinrestaurierung.
"Wir haben sowohl den Thomae-Altar in der Dreikönigskirche restauriert, konserviert, als auch den Altar der Frauenkirche, was den originalen Fund betrifft."
Restaurator Christoph Hein
Auf stählernen Böcken lagern Teile des Sandsteinportals der Dresdner Schlosskapelle. Es wird hier in der Werkstatt von alten Farbresten gereinigt und dann konserviert. Es habe Jahre gedauert, bis ein geeignetes Verfahren gefunden wurde, sagt Restaurator Arnd Kiesewetter vom Landesamt für Denkmalpflege:
"Nach vielen Versuchen mit Abbeizern und allem Möglichen, die wir dann aufgegeben haben, wurde letztendlich entschieden: Wir machen einen Versuch mit Laser. In den 90er Jahren hat es ein deutschlandweites Forschungsprojekt gegeben zu den Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Laser zur Reinigung von Naturstein."
Restaurator Arnd Kiesewetter
Das wertvolle Portal der Schlosskapelle wurde als sächsisches Pilotprojekt ausgewählt. Größtes Problem ist eine Ölfarbschicht, die das feine Relief völlig verkleistert hat. Bei Untersuchungen zeigte sich, dass der Stein unter der Farbe stark angegriffen ist. Deshalb ist eine Reinigung mit chemischen oder mechanischen Mitteln nicht möglich.
"Dann sind erste Versuche gemacht worden, wie man den Laser steuern kann, wie man die Energie fahren muss, dass es tatsächlich gelingt, die Farbe wegzunehmen, ohne den Stein anzugreifen."
Restaurator Arnd Kiesewetter
Und das Verfahren funktioniert. Wochenlang war Praktikant Sebastian Kolbe damit beschäftigt, die Farbschicht Millimeter für Millimeter abzutragen.
"Jetzt kann man wunderbar sehen, wie die schwarze Oberfläche verdampft... Und zum Vorschein kommt der originale Stein."
Praktikant Sebastian Kolbe
Das Portal der Dresdner Schlosskapelle stammt aus dem Jahre 1555, dem Jahr des Augsburger Religions- und Landfriedens zwischen Katholiken und Protestanten. Es ist ein Meisterwerk der Bildhauerkunst in der Renaissance. Ja, es ist eines der schönsten Renaissance-Portale nördlich der Alpen überhaupt, sagt die Kunsthistorikerin Angelika Dülberg:
"Dieses Portal hat einen außerordentlich hohen kunsthistorischen Wert. Schon der Kunsthistoriker Wilhelm Lübke sagt, dass es sich um die weitaus edelste Portal-Komposition der deutschen Renaissance handelt."
Kunsthistorikerin Angelika Dülberg
Anmerkung von mir: Der Kunsthistoriker Wilhelm Lübke (1826 -1893), der nach dem Studium der Altphilologie zunächst den Beruf des Schullehrers ausübte, wandte sich 1849 dieser Tätigkeit ab und widmete sich fortan der Kunstgeschichte. Von 1857 bis 1893 übte er Professuren in Berlin, Zürich, Stuttgart und Karlsruhe aus. Die von ihm verfassten Werke, darunter die „Geschichte der Baukunst“ (1855) sowie der „Grundriss der Kunstgeschichte“ (1860) hatten maßgeblich daran Anteil, die noch junge Disziplin der Kunstgeschichte einer breiteren Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen und dem Fach die ihm zukommende Geltung zu verschaffen.
Anmerkung 2: Der Volksmund schuf für das Portal die Bezeichnung „Schöne Pforte“, was wirklich alles sagt. Heutige Architekten sollten sich endlich einmal fragen, warum ihre Schöpfungen so selten eine annähernd große Zustimmung erfahren bzw. häufig genug auf breiteste Ablehnung stoßen.
Es ist nicht genau bekannt, wer das Portal geschaffen hat. Aber die Quellen belegen, dass sechs italienische Bildhauer maßgeblich mitgewirkt haben. Von ihnen sollen vor allem die feinen Ornamente stammen.
"Sie haben das Portal aber nicht alleine geschaffen, sondern in Zusammenarbeit mit der Werkstatt des Dresdner Hofbildhauers Hans Walther II."
Kunsthistorikerin Angelika Dülberg
Auf Hans Walther II geht wohl auch das protestantische Bildprogramm zurück, das nach Konversion Augusts des Starken zum Katholizismus nicht mehr hof-fähig war.
Anmerkung von mir: August wollte die Königskrone im erzkatholischen Polen – und so wurde er im Jahr 1697 Katholik, während seine sächsischen Untertanen stramm protestantisch blieben. Sachsen war schließlich die „Wiege“ der Reformation. Die Konstellation der religiösen Zugehörigkeit erklärt letztlich auch, warum es in Dresden mit der katholischen Hofkirche und der protestantischen Frauenkirche zwei dominante Hauptkirchen gibt.
"Oben auf der Attika steht Christus mit der Siegesfahne als Triumphator, wo in der Antike der Kaiser stand. Begleitet wird er von vier Tugenden, davon sind allerdings schon seit dem 17. Jahrhundert nur noch drei vorhanden. Darunter befindet sich ein Relief mit der Auferstehung Christi, ein protestantisches Hauptthema. Und auf der originalen Holztüre befindet sich eine Darstellung 'Christus mit der Ehebrecherin', das ist auch ein typisch protestantisches Thema."
Kunsthistorikerin Angelika Dülberg
Also wurde das Portal ausgebaut und in die benachbarte Sophienkirche integriert. Doch auch dort sollte es nicht bleiben. Etwa 1864, als die Fassade der Sophienkirche neogotisch umgestaltet wurde, baute man es aus und brachte es in den Großen Garten, wo es jahrelang im Gras lag. 1876 wurde das Portal dann am Jüdenhof aufgestellt, wo es sogar den Bombenangriff auf Dresden überstand. Nun, gereinigt und konserviert, soll es wieder an seinen ursprünglichen Ort zurückkehren, in die Kapelle des Dresdner Residenzschlosses.