Die Paulinerkirche
Mit freundlicher Genehmigung Graphikantiquariat Koenitz http://www.graphikantiquariat-koenitz.de
Vorwort
Dieses Thema ist all jenen gewidmet, die sich dem Weltkulturerbe verpflichtet fühlen. Beispielhaft setzten sich Prof. Günter Blobel und 26 weitere Nobelpreisträger für den mit Spendengeldern zu schaffenden originalgetreuen Wiederaufbau der Leipziger Paulinerkirche ein. Zugleich gilt die Referenz all jenen, die stets aufrecht, standhaft und unerschütterlich selbst Haft und andere Mühsal auf sich nahmen und sich im Sinne von Martin Luther
für die Paulinerkirche starkmachten. Stellvertretend für unsere Zeit seien hier Dr. Dietrich Koch, Benno Kny und Wolfgang Liebehenschel genannt.
Die Paulinerkirche ist seit ihrer Weihe im Jahre 1240 nie entwidmet worden, und so setzte ihre Widmung wieder ein, als nach der Sprengung im Jahre 1968 ein Rohbau im Jahre 2009 einem Teil ihrer Fläche einnahm.
Das bedeutet zugleich, daß die Planungen für ein "Paulinum" nicht nur rechtswidrig und geschichtsfälschend waren und sind, sondern verfassungswidrig,
da sie gemäß ihrer Präambel nicht an die Tradition der sächsischen Verfassungsgeschichte anknüpfen und u.a. gemäß Artikel 5 nicht die Bewahrung der Identität sowie Pflege ihrer Sprache, Religion, Kultur und Überlieferung gewährleisten.
Weitere Erläuterungen dazu fallen unter das Thema siehe "Neubau der Universität". Zugleich wird gebeten, daß - insofern entsprechende Genehmigungen vorliegen - nur das eigentliche Inventar der Paulinerkirche, das beispielhaft restauriert wurde, zu zeigen - ohne die derzeit verunstaltete Anbringung.
Wie bereits das Bronzemodell vor dem jetzigen "Platzhalter" verkündet, steht der originalgetreue Wiederaufbau der Leipziger Paulinerkirche aus und damit ein Bauwerk, was wieder über 700 Jahre überdauern kann. Daß dieser Wiederaufbau umfänglicher und weit komplexer sein wird, als wir das gegenwärtig erahnen, ist Gegenstand dieses Themas. Denn wir wissen über die Paulinerkirche, über die bis 1968 in ihr Begrabenen, über ihre Ruhekämmerlein, historische Ausgestaltungen und das Wirkungsfeld für Rektoren, Dozenten, Studierende, Prediger und Komponisten sehr wenig.
Dies sei der Vorspann und ein Anfang, um näher an das Leipziger Kultur- und Geistesleben in seiner Geschichte und mit der Leipziger Paulinerkirche in
ersten Beiträgen vertraut zu machen.
Die Leipziger Paulinerkirche - Die äußere Sicht
Die bekanntesten ältesten Abbildungen Leipzigs in Chroniken des 16. Jahrhundert wie von Abraham Sauer und Sebastian Münster zeigen die Paulinerkirche eigentlich schon in etwas reduzierter Form.
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Leipzig um 1570, mittig die Moritzbastei, links davon der Stadtzugang über das Peterstor, rechts der Stadtzugang des Grimmaischen Tores mit Paulinerkirche Denn aufgrund vieler kriegerischer Auseinandersetzungen wie hier im Detail der Ansicht von Matthäus Merian 1620 zu sehen, war der Lettner schon im Jahre 1543 der Stadtbefestigung geopfert worden.
Detail von Matthäus Merian d.Ä. 1620 (hinter dem Stadtgraben links jetzige Moritzbastei, daneben die Klosteranlage mit Paulinerkirche und Grimmaischem Tor). Dem Künstler kam es (nach Vorbild einer Ansicht von Bretschneider 1615) mehr auf die kriegerische Szenerie an, so daß die Paulinerkirche arg kurz geriet. Der Gundriß gibt ein genaues Bild der gesamten Klosteranlage.
Leipzig Paulinerkirche und Paulinerkloster Grundriß des Erdgeschosses
Grundriß der Gewölbeebenen. Die Paulinerkirche selbst kommt damit auf Breite von 33 Meter ohne die zeitweise errichteten Kapellen, aber mit dem Kreuzgang. Die gesamte Länge betrug mit dem frühzeitig abgetrennten Teil beachtliche 72 Meter. D.h. die Grundplatte aus dem Jahre 1969 deckelte abgesehen von ihrer geringen Tiefe nur einen Teil der Kirche zu, ebenso ist es in dem gegenwärtigen Zustand, da auch die Tiefe der Grundmauern und der Grabkammern nicht bekannt ist. Für den Betrachter ist lediglich die Kirchturmspitze ein Wegweiser und Orientierung. Diese lag gemäß der Pläne von Rossbach bei 57 Metern.
Nachdem die Stadtmauern für kriegerische Konfliktfälle nicht mehr geeignet waren, änderte sich auch das Stadtbild. Den Befestigungsanlagen wichen nach allen Seiten Gärten.
Leipzig 1746
Dies ist auch ein symbolisches Bild. Es stellt die Stadt zu Lebzeiten von Johann Sebastian Bach dar, in seiner Überschaubarkeit, aber auch Beschaulichkeit in einer in friedlichem Leben und Treiben sich entfaltenden Stadt.
Diese Idylle hielt nach Abriß der Stadttore und Befestigungsanlagen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts an.
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Unter dem Architekten Albert Geutebrück bekam die Paulinerkirche erstmals zum frei gewordenen Platz ein eigenes Gesicht zwischen dem neu erbauten Augusteum und dem späteren Café Felsche. Selbst Felix Mendelssohn Bartholdy zeichnete schon diese Szenerie, wo statt Grimmaischem Tor nun die Grimmaische Straße einen freien Weg ins Stadtzentrum bot.
Im Zuge des unaufhaltsamen Wachstums der Stadt verschwanden aber die vorgelagerten Gärten wieder, um neuen Bebauungen und Transportwegen Platz zu machen.
So sieht die Neubebauung um den nunmehrigen Innenstadtring im Jahre 1868 sogar noch etwas trist aus (neben der Paulinerkirche links Augusteum, dann Rentamt und Fridericianum), als die ersten Bäume gepflanzt waren.
Einzelansicht der Paulinerkirche im Jahre 1880 (wenn auch nicht in bester Druckqualität)
Coloriert und gehübscht wurden natürlich die ersten Farbpostkarten. Doch im Zuge des 500-jährigen Universitätsjubiläums waren auch diese Ansichten bald Geschichte, da nach Entwürfen von Arved Rossbach das Augusteum neu gebaut wurde und auch die Paulinerkirche eine andere Gestalt bekam.
Farbpostkarte Universitätskirche St. Pauli um 1904
Die Fassade entnahm der Architekt Vorbildern von Orvieto, was ausnahmsweise auch einmal gezeigt werden sollte:
Orvieto - Le cuspidi della facciata del Duomo
Die Architekturzitate von Rossbach waren bestimmt gut gemeint, aber leider waren u.a. die Fialen bald baufällig, so daß diese schon im Jahre 1932 gestutzt werden mußten.
Auf ein sehr nachdenklich stimmendes Foto schrieb jemand die Jahreszahl 1944. Es zeigt in den Kriegsjahren einen weitgehend leergeräumten Platz, wo außer einem Pferdegespann, Straßenbahn und einem Stand mit Hakenkreuz wenig von der ursprünglichen Lebendigkeit der Stadt zu spüren ist. Es ist eine drückende Atmosphäre in Vorahnung dessen, was mit den Bombardierungen alles bis dahin Erdenkliche überstieg. Zu diesem Zeitpunkt waren vermutlich schon wichtige Epitaphien aus der Paulinerkirche ausgelagert worden.
Die Paulinerkirche überstand die Bombenangriffe.
Augusteum und Paulinerkirche im Jahre 1952
Rückseite mit Glockenturm und Albertinum
Der Augustusplatz als "Karl-Marx-Platz" in den 1960er Jahren
Dieser Farblichtdruck gelangte noch im Jahre 1964 in den Verkauf. Die letzten Aufnahmen mit der Paulinerkirche kamen 1965 noch in den Handel, da man auch beim 800-jährigen Gründungsjubiläum der Stadt Leipzig im Jahre 1965 diese nicht vollends ignorieren konnte. Danach kam die Paulinerkirche auch in der DDR-Presse nicht mehr vor.
Die Sprengung 1968 wurde somit auch durch langfristige wie gezielte Bildungsunterdrückung und Desinformation vorbereitet. Da dies hier nicht das Thema ist, kommen wir zu eigentlichen Grundlagen und Gründen.