Böblingen (Galerie)

Böblingen gehört zu den Städten, in die mich normalerweise gar nichts zieht. Wegen eines Termins war ich nun doch dort und habe einige Photos mitgebracht. Böblingen wurde 1943 durch einen Luftangriff weitgehend zerstört. Heute ist die Stadt zusammen mit der Nachbarstadt Sindelfingen einer der wichtigsten Industriestandorte Deutschlands; man kann sich denken, was das bedeutet.
Fangen wir an. Blick von Westen. Die Altstadt lag/liegt ganz reizvoll auf einem Hügel. Das große Krüppelwalmdach gehört zur Zehntscheuer, rechts daneben der Turm des Rathauses, daneben die Stadtpfarrkirche St. Dionysius.

Von Südwesten

Die Poststraße am Rand der Altstadt

Typischer Neubau in Böblingen; rechts führt die Marktstraße zum Marktplatz

Der Marktplatz mit dem Rathaus

Wir wenden uns nach rechts und entdecken ganz überraschend einige Fachwerkhäuser.

Diese zwei Häuser aus dem 15./16. Jahrhundert lassen erahnen, wie Böblingen einmal aussah. Soweit ich weiß, war Böblingen vor 1943 nie zerstört worden.

Wir verlassen den Marktplatz fürs erste und steigen weiter den Hügel hinan zur Stadtpfarrkirche. Sie wurde im Krieg schwer beschädigt und zumindest äußerlich rekonstruiert.

Blick von Osten. Links stand bis 1943 das Böblinger Schloss (Infos und Bilder hier). Nach dem Krieg wurde es ersetzt durch - gar nichts.

Auch auf der anderen Straßenseite gähnende Leere und das mitten in der Stadt! Laut Hinweistafel soll hier ein Park angelegt werden. Meine Erwartungen halten sich sehr in Grenzen.

Eine Kriegsruine?!

Die Aussicht. Ist das nicht idyllisch hier???

Gegenüber der Kirche.

Zurück zum Marktplatz. Der Christophorusbrunnen vor einem der wenigen erhaltenen Fachwerkhäuser (rechts anschließend die beiden schönen und schon gezeigten Fachwerkhäuser.)

In Baden-Württemberg gilt sowas als altstadtgerechtes Bauen. Übrigens herrscht in der Altstadt insgesamt tote Hose; ich habe kaum Passanten gesehn und an Läden gibt es fast nur Dönerbuden und Goldankaufgeschäfte und dergleichen.

In natura noch um einiges häßlicher als auf dem Photo.

Zwei weitere Fachwerkhäuser westlich unterhalb des Markplatzes.

Gleich schräg gegenüber liegt die Zehntscheuer.

Selbige von der anderen Seite, von der Poststraße aus gesehen.

Wir gehen weiter durch die "Untere Gasse" im nördlichen Teil der Altstadt

Noch ein Fachwerkhaus, im Kern vielleicht sehr alt; ein typischer "Schandfleck" und als solcher in Ba-Wü fast schon zum Tode verurteilt.

Die Gasse weiter entlang; gar nicht mal so häßlich.

Blick nach Süden, den Hügel hoch zur Stadtkirche.

Am Ende der Gasse an der Ecke zur Turmstraße liegt dieses Haus.

Falls jemand denkt "Böblingen ist doch gar nicht so häßlich": Gleich daneben steht diese Garagenanlage aus Sichtbeton.

An der Turmstraße finden wir als einsamen Rest der Stadtbefestigung den "Grünen Turm".

Möchte jemand wissen, wie Böblingen direkt außerhalb der Altstadt aussieht? Ungefähr so:

Das wars!

Zitat von Neußer

Das ist wohl mein Stichwort. Aber genau so sieht es aus. Das geht alles noch viel häßlicher. Auch dieses Haus finde ich gar nicht so übel. Böblingen ist sicher keine Perle, jedoch in meinen Augen ebenfalls keine richtig abstoßende Stadt.

Schlimmer geht immer, sagt man. Ich wollte Böblingen eigentlich möglichst objektiv dokumentieren, aber unwillkürlich habe ich eher die besseren Ecken photographiert. Die Mehrzahl der erhaltenen Fachwerkhäuser dürfte ich abgebildet haben; die bemerkenswerteren vermutlich vollständig. Sehr frappiert hat mich die große Brache mitten in der Altstadt; da sieht es fast aus, als sei der Krieg erst seit ein paar Jahren vorbei. Was meinen Eindruck mitbestimmt, ist die überwiegend übelst häßliche und stark vom Autoverkehr beeinträchtigte Umgebung der Altstadt. Ein gutes Luftbild der unzerstörten Stadt findet man übrigens hier.

Zitat von prat

Am häßlichsten finde ich die Wolfgang-Brumme-Allee (http://binged.it/1rPCFhM) und früher auch die Bahnhofsgegend, wo aber praktisch alles abgerissen wurde und momentan die Mercaden (http://mercaden-boeblingen.de/) errichtet werden. Der Bahnhof selbst wird wohl auch gerade umgebaut, jedenfalls präsentierte er sich bei meinem letztem Besuch Ende 2012 in einem extrem heruntergekommenen Zustand.

Wenn wir die häßlichste Straße Böblingens ermitteln wollten, dann hätten wir lange zu tun. Für die Zerstörung im Krieg kann Böblingen nichts, doch die Stadt hat seitdem zu wenig getan, um die Wunden zu schließen.

Zitat von prat

im großen und ganzen dreht sich in Böblingen/Sindelfingen alles um Industriegebiete und Arbeitsplätze. Ich kann mir nicht vorstellen, daß da jemand aus anderen Gründen hinzieht.

Glaube ich auch. In die größte Fertigungshalle von Daimler im Werk Sindelfingen könnte man die ganze Böblinger Altstadt hineinstellen. (Für Ortsunkundige: Sindelfingen ist die Nachbarstadt von Böblingen; beide Städte sind inzwischen zusammengewachsen.)

Zitat von Jörg Mauchen

Ich kannte dieses Gebäude aus einer Broschüre der Denkmalpflege von 1984. Was für ein Unterschied!!! Die unansehnlichen Rollläden wurden durch schöne Klappläden ersetzt, die ununterteilten Fenster durch schöne Sprossenfenster. Geschossvorsprünge wurden durch Gesimse aufgewertet und die schreckliche Erdgeschosszone ansprechend gestaltet.

Ohne die Sanierung in den 80gern bestünde die ganze Zeile wohl aus Abrisskandidaten.

Auf dieser Ansichtskarte aus dem 60er Jahren sieht man das Haus im Vorzustand. Man erkennt auf der Karte auch, daß ein stattliches Fachwerkhaus abgerissen und durch das mit gelblich-braunem Naturstein verkleidete Gebäude ersetzt worden ist. Ein ortskundiger Freund erzählte mir, daß in Böblingen nach dem Krieg zahlreiche Fachwerkhäuser abgebrochen wurden. Das hörte ich ohne jedes Erstaunen. So sah der Marktplatz übrigens vor dem Krieg aus.

Zitat von Zeno

Das ist das neue Rathaus.

Das wußte ich nicht. Du kennst wirklich jeden Ort. Es handelt sich um den Erweiterungsbau von 1981. Das alte Rathaus von 1952 wird auch noch als solches genutzt. Übrigens möchte der Böblinger Bürgermeister ein ganz neues Rathaus bauen. Denn der Bau von 1981 ist stark mit Formaldehyd belastet und das alte Rathaus ist auch sanierungsbedürftig.

Zitat von Zeno

Also ist der jetzige, höchst inferiore Zustand der Altstadt nicht nur den Kriegszerstörungen zu verdanken...

Das ist kein Wunder, sondern der Normalfall in deutschen Städten. Wenn ich bedenke, was in Ulm noch an Häusern für die Neue Straße abgerissen wurde... Übrigens ist das kein neues Phänomen. In Tübingen wurden im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Stadtbrand von 1789 etliche unversehrte Häuser abgebrochen, die den neuen verbreiterten und begradigten Straßen im Wege waren.

Zitat von Zeno

Das Stadtbild von Böblingen ist wirklich enttäuschend. Es gibt zwar diverse reizvolle Bereiche, aber bei genauerem Hinschauen muss man die Frage stellen, ob von der einstigen Altstadt nicht nur ein paar Häuser übriggeblieben sind: Die Nordseite das Marktplatzes, die Zehntscheuer und einige Häuser an der Unteren Gasse.

Das siehst Du ganz richtig. Mehr ist da nicht mehr. Und die "reizvollen Bereiche" sieht man vor Ort auch nur, wenn man ein Auge zukneift und starr in eine bestimmte Richtung schaut. Am erträglichsten fand ich noch das westliche Ende der Marktstraße zwischen Rathaus und Zehntscheuer. Um die Altstadt herum, vor allem nach Osten zu, stehen noch Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. Aber die sind meistens schlecht erneuert und geschlossen erhaltene Ensemble gibt es dort keine mehr.

Zitat von Zeno

Ungemütlich freilich ist das neue Haus der BW-Bank (http://abload.de/img/dp7240004dmsd8.jpg) an der Einmündung der Marktstraße in die Poststraße. Wenn es so weitergeht, dann gute Nacht.

Alles, was ich in Böblingen in den letzten Jahren gesehen habe, läßt mich vermuten, daß das Haus der BW-Bank die Richtung anzeigt, in die sich Böblingen entwickelt. Sollte das Rathaus tatsächlich abgerissen werden, würden im besten Falle als Neubebauung Giebelhäuser mit einer ansonsten modernen Gestaltung kommen. Ich glaube nicht, daß das die Situation am Marktplatz verbessern würde.