Orakel: ja so etwas habe ich auch schon überdachtet nachdem ich Hamburg in 2022 (sehr kurz aber doch intensiv) besucht habe.
Hannover hat bestimmt nicht weniger wertvoller Bausubstanz so zu sehen. Hamburg hat mich in dieser Hinsicht etwas enttäuscht.
Ohne dass hier eine Stadtdiskussion ausufern lassen zu wollen, sollte man die Weitläufigkeit der Hamburger Gründerzeitgebiete im Westen der Stadt aber auch nicht vergessen. Was Hannover zumindest in Westdeutschland herausstechen lässt, ist, dass der vollständige Ring der gründerzeitlichen Stadterweiterungen erhalten ist, hier ist nichts komplett neu erbaut worden wie "Neu-Altona" oder der fast komplette Hamburger (Süd)osten. Der Stadtgrundriss in Hannover ist (außerhalb der Innenstadt) weitgehend erhalten.
Ich würde auch sagen, dass Hannover an Leipzig herankommt, was die Fläche an Vorkriegswohnbebauung angeht. Hamburg finde ich schwer abzuschätzen im Vergleich, zumal Hannover durch den besseren Wiederaufbau mit erhaltenen Traufhöhen etc. auch in gemischten Gebieten einen besseren Eindruck macht, während solche Gebiete in Hamburg sehr schnell extrem heterogen und optisch ruiniert wirken, obwohl der Anteil erhaltener Häuser vielleicht gar nicht niedriger ist. Außerdem gab es in Hannover (außerhalb der Innenstadt) schlicht keine "Flächensanierungen" und flächige Abrisse von erhaltenen Gründerzeithäusern. Diese dürften sogar als Einzelfall sehr selten gewesen sein und sich auf wirklich schlichte, kleinere Einzelgebäude, die nicht im Blockrand stehen, beschränkt haben.
Auch interessant an Hannover finde ich diesen, sagen wir, "sozialdemokratischen" Städtebau. Auch die Arbeiterviertel haben ihre eigenen Edelstraßen, und die vornehmeren Stadtviertel ihre schlichteren Straßen. Es gibt nicht so ausgeprägt wie in Hamburg diese extreme Pracht wie in Harvestehude, die in ziemlichem Kontrast zu den wenigen erhaltenen und sehr engen/auch heute noch vergleichsweise ärmlich wirkenden Arbeiterwohnvierteln entgegensteht. Klar heben sich Oststadt und Teile der List hervor, v.a. in den Bereichen nach Osten/Richtung Eilenriede, auch das Zooviertel ist natürlich sehr schick, aber dann eher ein Villengebiet. Selbst in der innenstadtnahen Oststadt aber gibt es Straßenzüge, die genauso in Linden oder in der Nordstadt stehen könnten. Wenn man vom Hbf den Raschplatz nach Nordosten verlässt, kommt man in solche sehr, ich sage mal, "ehrlichen" Bereiche mit Eckkneipen und recht schlichten Klinkerhäusern, die bis an die Straße stehen.
Umgekehrt weisen aber die großen Arbeiter/Industriestadtteile auch jeweils mehrere schickere Straßen auf mit Vorgärten und all den anderen Kennzeichen eines "guten" Wohngebiets in Hannover (Nordstadt z.B. die Straßen Im Moore und Glünderstraße, Linden z.B. Gartenallee und allgemein der Bereich um den Lichtenbergplatz plus die Beethovenstraße). Teilweise wechselt das sogar straßenweise, so dass hier schon Ende des 19. Jahrhunderts eine vergleichsweise gute Durchmischung der Wohngebiete geherrscht haben dürfte.