Berlin in alten Fotografien

  • ...und wenn ich schon auf Brückentour bin.... spreeabwärts folgt auf die Brommybrücke die Schillingbrücke (meine Oma und andere Familienmitglieder sagten immer fälschlicher Weise Schillingsbrücke). Foto von 1912, Blickrichtung Süden meiner Meinung nach.


    und dann fand ich noch dieses Foto von 1881 der Weidendammer Brücke, offensichtlich ein Vorgängerbau der heutigen Brücke, Blickrichtung Osten, da man die Kuppel der Neuen Synagoge sehen kann und die Straße links dürfte der Schiffbauerdamm sein.

  • Ja, das waren noch Zeiten, als man in der Spree noch schwimmen/baden konnte.

    Meine Mutter erzählte mir oft davon, wie sie mit ihren Geschwistern und Spielkameraden gleich nach dem Krieg immer vom Dach eines flachen (Lager-)Gebäudes ins Wasser gehüpft sind, auf der Friedrichshainer Seite ungefähr in der Höhe, wo heute die O²-Arena steht bzw. wo die Neubauten entstehen.

    In späteren Jahrzehnten hingegen ließen die Grenzschutzbanditen kleine Kinder ertrinken, wenn sie am Gröbenufer in die Spree fielen. :boese:

  • Hier noch einige Bilder zur Weidendammer Brücke und Umgebung.

    Das erste zeigt eine Luftaufnahme, die ich anlässlich einer Ausstellung zur Friedrichstraße abfotografiert habe.

    Man sieht den Bau der neuen Weidendammer Brücke, eine Behelfsbrücke daneben und auch den Bahnhof Friedrichstraße. Das Grundstück, auf dem heute das unsägliche Hochhaus steht, nimmt hier ein Zirkus ein.

    Die fünfbogige eiserne Weidendammer Brücke soll 1820 in England entworfen und hergestellt worden sein und bestand bis 1895.

    Diese Weidendammer Brücke existiert in Teilen noch und ist bei Eberswalde zu sehen. Hier ein Foto und Zitat aus "Baudenkmale Eberswald" bei Wiki:

    Zitat

    Die Teufelsbrücke am Finowkanal im Stadtteil Finow auf dem Gelände des ehemaligen Messingwerkes wurde von 1824 bis 1826 als Weidendammer Brücke in Berlin errichtet. 1880 wurde sie um Fußwegbahnen ergänzt. 1895 erfolgte die erste Umsetzung der Brücke, sie wurde um 13 Meter gekürzt in Liepe über den Finowkanal wieder aufgebaut. Im Jahr 1913 wurde sie nochmals gekürzt und über der Ausfahrt des Messingwerkhafens montiert. Der mittlere Brückenteil ist herausnehmbar, um größeren Schiffen eine Durchfahrt zu ermöglichen. Die Brücke ist eine dreijochige, jetzt 23 Meter lange und etwa 2,30 Meter breite Ganzmetallkonstruktion aus genieteten und verschraubten L-Profilen und Blechen. Das Mittelteil ist auf gusseisernen Säulen gebettet. Das genietete und geschraubte Brückengeländer gehört nicht zur Originalausstattung.
    Die gesamte Brücke ist in sich schief, entweder wegen nachlässiger Aufstellung, wegen eventueller Transportschäden, wegen Setzungen oder wegen eines Unfalls. Hafen- und Kanalseite des Bauwerks sind um etwa acht Zentimeter versetzt, was eine Schieflage von zirka drei Grad bedeutet. Da die Widerlager ebenfalls versetzt sind, werden Setzungen oder Unfälle am jetzigen Standort ausgeschlossen.


    Die neue Brücke von Otto Stahn aus verschiedenen Positionen:

    Foto von 1897:

    Blick vom Schiffbauerdamm nach Süden mit der Komischen Oper links, 1906:

    Blick auf die Komische Oper. Friedrichstr 104, von Arthur Biberfeld, Grundrisse von Lachmann & Zauber, aus BAW November, 1906:

    Zitat

    Zitat aus Wiki: "1914 erfolgte im Zusammenhang mit dem Tunnelbau der U-Bahn eine Demontage des Stahlüberbaus, damit Pfeiler und Widerlager den neuen Erfordernissen angepasst werden konnten. Nach Materialprüfungen, einigen verstärkenden konstruktiven Maßnahmen, vor allem dem Ersatz des Stahlfachwerkunterbaus durch einen massiven Stahlträgerunterbau, sowie einer Verbreiterung war ein Wiederaufbau in ursprünglicher Form vorgesehen. Durch den Ersten Weltkrieg und die folgende Wirtschaftskrise dauerte der Neuaufbau dann bis zum 19. Dezember 1923."

    Foto von Max Missmann, mit der Weidendammer Brücke kurz vor dem Abriss, 1914:

    Blick nach Norden mit Fründs Hotel und der Weidendammer Brücke, Max Missmann, 1905:

    Das Hotel auf der Ecke, Friedrichstraße 105, 1898:

    Wenige Jahre später durch diesen Neubau ersetzt:

    Und so sah es hier am Weidendamm um 1717 aus. Perspektivischer Plan von Anna Maria Werner:

    Schiffbauerdamm und Weidendammer Brücke, 1780:

    Und so sah die Bebauung des Weidendamm um 1870 aus. Die Planckstraße existierte noch nicht, sondern war ein Wassergraben, auf der Ecke zum Wassergraben stand der Hammelkopf, eine Kneipe. Die Zufahrt in den Wassergraben, aus dem dann die Prinz-Louis-Ferdinand-Straße, die heutige Planckstraße wurde, war über eine Klappbrücke geregelt.

    Der Hammelkof ist links zu erkennen, anschließend etwas näher betrachtet:

    Am Weidendamm, Restauration Hammelkopf, F A Schwartz, 1888:

  • Hier habe ich mal ein Foto gefunden, daß den Bau des U-Bahntunnels der heutigen U2 unter der Spree zeigt auf der Strecke zwischen den Stationen Inselbrücke (heute Märkisches Museum) und Klosterstraße. Auch wenn die Bildqualität sehr zu wünschen übrig läßt, erahnt man doch den Charme der Altstadtbebauung der Fischerinsel im Gegensatz zum heutigen Zustand, der mitten in die Keimzelle unserer Stadt schnöde Hochhauskästen einer x-beliebigen Satellitenstadt.

    Man darf nie vergessen, daß die historischen Häuser, wären sie denn erhalten geblieben, bzw. hätte man sie nicht in den 60er Jahren aus ideologischen Gründen ausradiert wie auch alles andere, was noch vom alten Berlin hätte gerettet werden können, in heutiger Stadt ein lebendige Altstadt ergeben würden, die ein enormer touristischer Anziehungspunkt wären und somit einen (für heutige Zeiten so wichtigen) immensen wirtschaftlich-finanziellen Nutzen für ganz Berlin bringen würden. Im aktuellen Zustand läßt sich hingegen nicht mal ein Hund in dieses Areal locken.

  • Zu diesem Foto habe ich leider keine Jahreszahl gefunden. In der Bildbeschreibung stand auch nur der Ort, vielleicht gibt es hier ja unter uns jemanden, der noch etwas zur Blickrichtung sagen könnte. Interessant übrigens auch die Werbung der Firma Franke und die Schreibweise dessen, was sie auf Lager hat....

    Falls ich übrigens mal ein Foto einstellen sollte, das hier schon gezeigt wurde, bitte ich um Entschuldigung. Das Forum besteht ja wohl schon ein Jahrzehnt, während ich ja erst ein paar Tage mit an Bord bin. :rolleyes:

    Einmal editiert, zuletzt von Oberbaumbrücke (30. Dezember 2013 um 21:06)

  • Zum obigen Foto kann ich mangels Ortskenntnis nichts zur Lokalität beitragen, aber technisch scheint es sich um eine Kalotypie zu handeln. Das Bild müsste demnach so zwischen 1840–60 entstanden sein. Leider gibt es aufgrund der beträchtlichen Belichtungszeit nicht wirklich genug Leute zu sehen, anhand deren Erscheinungsbild man auf das Jahrzehnt schließen könnte, gefühlsmäßig würde ich aber auf die 1850er Jahre tippen.

    Einmal editiert, zuletzt von RMA II. (30. Dezember 2013 um 21:08)

  • Oberbaumbrücke
    Das abgebildete Foto stammt von Friedrich Ferdinand Albert Schwartz und wurde vor 1865 gemacht, um 1872 wurde das Haus nämlich abgerissen. Eine Familie Büttner ist bereits 1862 erwähnt mit August Büttner als Posamentierfabrikant (Biesen, Litzen etc. Kram), später ein O. Büttner bis etwa 1870 als Bäcker.

    Friedrichstraße 174 besaß 1862 der Kürschner Franz Franke, der im Adressbuch 1862 mal mit "c", als Eigentümer des Hauses, mal ohne "c" als Einwohner Berlins geführt wird.

    Es stellt das Haus Friedrichstraße 175 Ecke Jägerstraße 62A dar und nicht die Ecke Mohrenstraße.

    2 Mal editiert, zuletzt von Spreetunnel (30. Dezember 2013 um 17:51)

  • An RMA II und Spreetunnel...

    Ich wollte keinerlei Vermutung zum Entstehungszeitpunkt abgeben, hatte aber auch die Vorkaiserzeit vermutet anhand der Straßenbeleuchtung und der zu erkennenden (Ab-)Wasserrinne. Danke für die erläuternden Worte von Spreetunnel über Ort und Historie.

  • Noch eine kurze Bemerkung zum Bild #229: Friedrich Albert Schwartz hatte sein erstes Fotoatelier in der Wohnung seines Vaters, der als Buchbinder in der Friedrichstraße 73 wohnte. Der Sohn hat hier bis 1867 gewohnt und hat das Foto aus diesem Haus heraus gemacht.

    Straubeplan von 1910:

  • Auch eine alte Postkarte mit einer Ansicht, die keiner von uns mehr bewußt erlebt haben dürfte.... genial die Andeutung eines Tores durch die beiden abgestuften Gebäude mit Kolonnaden.... Ich glaube mich zu erinnern, mal den Spitznamen die "Klaviere" gelesen zu haben.

    Wenn ich an die heutige bauliche Situation denke, kommt mir das :kotz:

  • Ansichten, die das Versagen des heutigen Städtebaus deutlich machen. An allen übel zugerichteten Plätzen und Straßen müssten solche historischen Vergleichsbilder hängen, so daß jedem Passanten die Misere bewußt wird.

    In dubio pro reko

  • Ansichten, die das Versagen des heutigen Städtebaus deutlich machen. An allen übel zugerichteten Plätzen und Straßen müssten solche historischen Vergleichsbilder hängen, so daß jedem Passanten die Misere bewußt wird.

    Leider nutzt das bei den wenigsten (jungen) Menschen etwas, weil sie so vom "Zeitgeist" umfangen sind, daß sie alles, was vor ihrer Geburt entstanden ist, als wertlos beurteilen (wobei das noch eine harmlose Umschreibung ist). Ähnliches kann man doch in anderen Kunstgattungen (Musik, Film) beobachten. Ein Schwarz-Weiß-Film und auch andere Klassiker sind doch "verstaubt" und haben ja nicht mal CGI-Effekte. :sad:

    Vielleicht sehe ich es zu eng, aber nach meinem persönlichen Empfinden war selten (ich will nicht sagen, nie) eine junge Generation so intolerant gegenüber dem, was die Großeltern und vorherige Generationen geschaffen haben, wie die heutige ... wenn man mal von den unerträglichen 68ern absieht, denen aber eine andere Motivation für ihr Verhalten zu Grunde lag.

  • Auf mich wirkt der Platz in dem von dir gezeigten Zustand von 1730 eher monoton und viel zu breit angesichts der niedrigen Randbebauung. Würde ich mir nicht zurück wünschen. Berlin wurde eine Millionenmetropole, da waren zweistöckige Häuserzeilen einfach nicht mehr angemessen und passten eigentlich nur noch ins kleine Potsdam. Die Großstadt der Gründerzeit, das war Berlin in seiner größten Prachtentfaltung.

    In dubio pro reko

    3 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (31. Dezember 2013 um 10:13)

  • Das Berlin des frühen 20. Jahrhunderts als monoton zu bezeichnen zeugt von einer gewissen Unkenntnis der Gegebenheiten. Nie zuvor und nie danach war Berlin so vielfältig, repräsentativ, weltstädtisch und urban.

    In dubio pro reko

  • Was man nicht vergessen darf, daß sich natürlich auch die Bebauung Berlins im Laufe des 20. Jahrhunderts geändert hätte, aber es wäre natürlich nicht so ein radikaler Umbruch gewesen, die der 2.Weltkrieg, seine Zerstörungen und die Nachkriegswirkungen ausgelöst haben. Der Umbau wäre sanfter vollzogen worden und wir hätten damit (jedenfalls was mich angeht) vermutlich auch weniger Probleme.

    Wie harmonisch alte und "neuzeitliche" Architektur harmonieren können, zeigt doch das Berlin der späten Kaiserzeit. Da steht die Staatsbibliothek des Hofbaumeisters Ernst von Ihne neben dem Forum Friedericianum und niemand sieht einen schmerzlichen oder gar unerträglichen Gegensatz zwischen der Mitte des 18. Jh. und dem beginnenden 20. Jh.

    Der krasse Gegensatz kommt doch erst durch Beton-, Glas-, und Stahlfassaden ohne Gesicht und Baurichtlinien, die es nicht verhindern, daß ein modernes Gebäude die historischen Nachbarn erschlägt.
    Darin sehe ich eine ungerechtfertigte Arroganz der heutigen Architektenkaste.


    Um aber noch einmal (aus bisher hier noch nicht gezeigter Perspektive) ein Beispiel eindrucksvoll, ja beinahe dramatisch und gleichzeitig einzigartiger Stadtlandschaft zu zeigen, noch ein Bild vom Mühlendamm

    Einmal editiert, zuletzt von Oberbaumbrücke (31. Dezember 2013 um 11:17)