An Zeugnissen zu Befunden am Fachwerk kann ich vorläufig nur die schriftliche Dokumentation des Restaurierungs-Architekten Hans Noller aus meinem Buch bieten „Das Bietigheimer Hornmoldhaus“, Bietigheim 1979.
Das Zierfachwerk
Noller schreibt zunächst zum Zierfachwerk des Hauses: „Zwischenzeitlich erfolgte Ausräumung der Fachwerkzwickel und der Mauergefache zwischen den Hölzern zeigten eindeutige Spuren früherer Fachwerkverbindungen, die jetzt nicht mehr angetroffen wurden. Vergleiche mit vorhandenen Schmuckfachwerkteilen belegten, dass die Holzverbindungsspuren auf weitere Schmuckfachwerkteile hinwiesen.“ [...] „Das angenommene originale Fachwerk wurde belegt durch Beweise, die an noch vorhandenen und sichtbaren Holzverbindungen abgenommen werden konnten: Zapfenlöcher an Rähm- und Ständerhölzern.“
Nach meiner Erinnerung erfolgte die Rekonstruktion des Zierfachwerks völlig korrekt nach den oben dargestellten Befunden. Ich war bei der Diskussion der Rekonstruktion des Zierfachwerks mit Landesdenkmalamt und Architekt immer dabei. Die Befunde wurden dabei ständig in Augenschein genommen.
Die Befunde der Bohlenwände sind in der Rekonstruktion der Fassaden erkennbar:
Für eine Rekonstruktion der Fenstererker sind die Befunde an den Außenwänden im ersten und zweiten OG zur Straße hin wichtig, die Stubenbereiche.
Noller schreibt weiter: „An mehreren Ständern wurden senkrechte durchgehende Nuten festgestellt. Diese Nuten entsprachen genau den vorhandenen Nuten an Innenwänden, an denen waagerechte Bohlenwände gefunden wurden. Daraus konnte schlüssig abgeleitet werden, daß an drei Seiten der Nordfassade waagerechte Bohlen eingebaut waren und ebenso an mehreren Wandteilen an der Ostseite. Leider wurde an den Außenwänden keine einzige Bohle mehr vorgefunden. Die Bohlen waren längst durch einfaches Fachwerk ersetzt worden, das wenig Gestaltungskraft hatte.“
Damit weist Noller die Befundlage der Zierteile des Hauses und der Bohlenaußenwände der Stuben klar nach und fasst sie in einer Zeichnung zusammen:
Die damals ebenfalls erfolgte Diskussion über die Rekonstruktion der zu den Bohlenwänden gehörenden Fenstererker übergeht Noller verständlicherweise: Die Rekonstruktion ist ja nicht ausgeführt worden. Der Grund war nicht Mangel an Befunden, sondern das damals noch fehlende Wissen über die historisch korrekte Konstruktion. Niemand konnte wissen, dass wenige Jahre später auch in Bietigheim die Rekonstruktion von Fenstererkern an einsprechenden Fassaden Selbstverständlichkeit werden würde.
Fenstererker am Gräterhaus in Schwäbisch Hall. Das Haus ist um 1602 errichtet worden. Die Fenstererker scheinen aus dieser Zeit zu stammen, obwohl bis in die Zeit des Historismus immer wieder Veränderungen vorgenommen wurden, diese betreffen aber nach meiner Meinung eher den Zwerchgiebel.
Um das Jahr 1620 wurden am Hornmoldhaus, wie wir gesehen haben, beträchtliche Erneuerungen und Ergänzungen in Farbe und Stein vorgenommen. Wäre dies auch in Holz geschehen, wären Fenstererker wie am Gräterhaus in Schwäbisch Hall oder am Baumannschen Haus in Eppingen durchaus vorstellbar. Nichts in den Befunden deutet jedoch auf solche Erneuerungen am Hornmoldhaus hin. Niemand wüsste auch, wie solche Erneuerungen wirklich ausgesehen hätten.
Als Spiel der Fantasie wunderbar, für die Grundlagen einer angestrebten Rekonstruktion jedoch untauglich.
Dennoch bleibt das Ziel der Rekonstruktion von Fenstererkern bestehen: Das zeigt schon der Blick auf die Außenwände im Inneren der großen Wohnstube der Hornmolds mit ihren kläglichen Zwillingsfenstern.
Die Balkenbohlendecke über der Stube, die zu den Bohnenwänden gehört, ist fast gänzlich ohne Schadstellen in vorzüglicher Erhaltung - nicht einmal Wurmlöcher - unter abgehängten Decken zum Vorschein gekommen.