Dillingen an der Donau (Galerie)

  • da ich die ganze letzte Woche nicht zu Hause war, kann ich erst jetzt antworten.

    Die extrem kleinteilige Zerstückelung des Donauraums um Dillingen während des HRRDN war mir nicht bewusst. Aber vielleicht ist dies auch ein Grund dafür gewesen, dass es gerade in diesem Raum eine Reihe von sehenswerten kleinen Städten gibt. So war wahrscheinlich der Bedarf an profanen und sakralen Repräsentationsbauten deutlich größer als im hypothetischen Fall, dass das gesamte Gebiet zu einem gemeinsamen Herrschaftsgebiet gehört hätte. Und die unmittelbare Nähe der Territorien einiger anderer Herrschaften hat vielleicht ebenfalls das Bestreben gefördert, auch durch Baumaßnahmen die Eigenständigkeit (und Überlegenheit?) im Vergleich zu den benachbarten Territorien zu demonstrieren.

    Mir gefällt übrigens Dillingen von den genannten Städten dieses Gebietes am Besten, aber das liegt sicherlich auch an meiner Vorliebe für Sakralbauten des Rokokos, durch die sich ja Dillingen besonders auszeichnet.

  • Königstraße 47, Casuisten-Bäckerei

    Was zum Teufel ist eine "Casuisten-Bäckerei"???


    Ja, was sind Casuisten?


    Zitat

    Vor zirka 65 Jahren hat sich Dr. F. Zöpfel, Hochschulprofessor an der damaligen philosophisch-theologischen Hochschule Dillingen, mit dieser Angelegenheit beschäftigt und unter dem Titel "Wie die Casuistenbäckerei zu ihrem Namen kam" eine kleine Abhandlung darüber geschrieben.

    In Anlehnung an seine Ausführungen kann folgendes gesagt werden:
    Schräg gegenüber der Casuistenbäckerei liegt die heutige Akademie für Lehrerfortbildung, die damalige Dillinger philosophisch-theologische Hochschule, die in früherer Zeit eine Universität war.
    An dieser Hochschule wurde damals auch die Kasuistik gelehrt, eine Abteilung der Moraltheologie, welche sich mit der Durchsprache und Behandlung aufgeworfener bzw. angenommener Fälle befasst. Nun wurden früher jene Studenten, die sich mit diesem Zweig der Moraltheologie vertraut machten, kurzum "Casuisten" genannt. Da diese Casuisten, was angenommen werden kann, ihre Einkäufe zu einem erheblichen Teil in jener schräg gegenüberliegenden Bäckerei tätigten, wird sich im Laufe der Zeit der Hausname "Casuistenbeck" eingebürgert haben.


    Quelle: Tafel im Schaufenster der Casuisten-Bäckerei

    Einmal editiert, zuletzt von Zeno (27. Februar 2019 um 10:44)

  • Diesseits der Casuisten-Bäckerei:

    Jenseits der Casuisten-Bäckerei:

    Schloss:

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nun, die Casuisten-Bäckerei, das muss auch angesichts der wundervollen Bilder gesagt sein, ist freilich nicht der Dreh- und Angelpunkt des historischen Dillingen, wenn auch der dortige Heinrich-Roth-Platz eine städtebauliche Vielfalt ohnegleichen zeigt, befindet sie sich doch im Bereich einer früheren Stadtbefestigung, wie auch das Mitteltor. Dillingen verfügt vielmehr um einen anderen Mittelpunkt, sozusagen der Kreuzung von via principalis (Königstraße), via praetoria (Basilikastraße) und via decumana (Schloßstraße). Dieser Mittelpunkt hingegen ist keineswegs platzartig ausgeweitet, wirkt im Gegenzug jedoch durch die Blickbeziehungen zu Basilika und Schloss.

    Zum sechsten Bild: Es zeigt den Neubau Weberstraße 7 - das aprikosenfarbene Haus. Es zeigt ein Gesims, das freilich mehr als Überdachung dient. Und dieses ist, seinem historischen Vorbild nachempfunden, in der Mitte unterbrochen. Und das, obwohl der heutige Bau keine Aufzugsluke mehr besitzt.

  • Zeno, diese Kreuzung ist der Mittel- und Angelpunkt des bürgerlichen Dillingen, des sehr bayerisch amutenden Stadtplatzes. In gewissem Sinne ist es auch die Stadtmitte, zumindest in symmetrischer Hinsicht. Aber nur in dieser. Die Teilung in die beiden städtebaulich relevanten Züge wird einzig und allein von der Casuisten-Bäckerei vorgenommen.
    Einen ähnlichen Einschnitt bedeutet natürlich das Stadttor, aber die dahinter beginnende Vorstadt ist nicht mehr so interessant.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Das ist sicher richtig. Und vor diesem Hintergrund markiert die Casuisten-Bäckerei fraglos den Übergang zweier städtebaulich grundsätzlich unterschiedlicher Bereiche, der bürgerlichen Königstraße und der durch Großbauten geprägten Kardinal-von-Waldburg-Straße.

    "Dreh- und Angelpunkt" und "Mittelpunkt" sind eben zweierlei und Du hast mein Missverständnis geklärt und damit zum richtigen Verständnis der Altstadt beigetragen.