Guben – ‚Klostermühle’ am Schwarzen Fließ
Die sog. ‚Klostermühle’ am westlichen Rande der heutigen Klostervorstadt, an der Cottbuser 1, gelegen, ist eines der nicht sonderlich zahlreichen Gebäude aus dem frühen 19. Jahrhundert, welches im deutschen West-Guben die Wirren des 20. Jahrhunderts überlebt hat. Es ist eine Stätte der beginnenden Industrialisierung der Textil-Produktion, in der erst 1815 von Sachsen an Preußen gefallenen Niederlausitz und gleichzeitig ein Dokument eines frühen preußisch-englischen ‚Joint Ventures’, da der erste Tuchfabrikant in der Klostermühle, der aus Haslingden in Lancashire gebürtige William Cockerill Jr. war, welcher aus der Großbritannien, Belgien, Deutschland und Russisch-Polen umspannenden Unternehmerfamilie gleichen Namens stammte. Das Gebäude der ‚Klostermühle’ scheint im Kern auf seine Zeit zurückzugehen.
Die amtliche Denkmaltopographie schreibt über das Gebäude:
(Brandenburgisches Amt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum [Hrsg.]: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Brandenburg. Landkreis Spree-Neiße. Teil 1: Die Städte Forst (Lausitz) und Guben, Amt Peitz und Gemeinde Schenkendöbern. 1. Auflage.Worms 2012: Wernersche Verlagsgesellschaft, S.223-224.)
„Cottbuser Straße 1
[…] historisch gewachsene Anlage am Schwarzen Fließ südlich der Kreuzung Cottbuser Straße / Kupferhammer Straße / Karl-Marx-Straße […] Die Geschichte des Standorts als Stätte der Tuchfabrikation begann 1816 mit dem Erwerb der bereits im Mittelalter bezeugten Klostermühle durch William Cockerill, der auf dem Areal eine Wollspinnerei einrichtete […]
Das Wohnhaus ein Putzbau mit Souterrain und Hochparterre über vieleckigem Grundriss aus dem ersten Viertel des 19. Jh. Langgestreckter Teil in Ost-West-Richtung wie der nördliche Anbau mit Mansardendach und Dachhäuschen. Südliche Auskragung mit repräsentativem Eingang, kleiner Terrasse und Krüpelwalmdach. Östliche Schmalseite altanartig mit Ziergitter, die Ecken durch Pfeiler betont. Fenster und Tür im Dachgeschoss rundbogig, darüber schrägliegende Ochsenaugen. Haupteingang auf der Westseite des nördlichen Anbaus. Das Innere durch Büro- und Wohnheimnutzung mehrfach verändert. Einige Stuckdecken und repräsentative Türen, das Treppenhaus und die mehrfach stehende Dachkonstruktion mit Verblattungen erhalten.“
Dieses Wohnhaus tauchte vor einiger Zeit auf dem Immobilienmarkt auf. Da es denkmalgeschützt ist, besteht also kein akuter Grund zur Besorgnis, daß es eventuell als Spekulationsobjekt aufgefaßt und bei günstiger Gelegenheit in nächster Zukunft durch einen Neubau ersetzt wird. Dennoch würde mich interessieren, ob Einheimische aus Guben oder Leser aus dem weiteren Brandenburg vielleicht etwas zum aktuellen Zustand des Gebäudes beisteuern können ? Aber auch andere Informationen zur Geschichte des Gebäudes sind sehr willkommen !
Abbildung 01
Blick auf die repräsentative Südostseite der ‚Klostermühle’.
Abbildung 02
William Cockerill Jr.
Unter ihm wurden – zumindest - die oberirdischen Teile des Gebäudes im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts neu errichtet.
Abbildung 03
Luftbild von Ost- und West-Guben. Das westlich vom Bahnhof gelegene Areal der ‚Klostermühle’ ist rot eingekreist.
Abbildung 04
Luftbild der Klostermühle mit den südlich angrenzenden, zugehörigen ehemaligen Tuchfabrik-Hallen.
Abbildung 05
Luftbild der Klostermühle von Süden her gesehen. Man erkannt den nördlichen Anbau und die südliche Auskragung.
Abbildung 06
Luftbild der Klostermühle von Norden her gesehen. Der Blick geht auf den Haupteingang im nördlichen Anbau.
Abbildung 07
Blick von der Kreuzung Kupferhammerstraße, Cottbuser Straße, Karl-Marx-Straße auf die Nordseite der Klostermühle. Rechts das ehemalige Pförtnerhaus der Fabrik.
Abbildung 08
Blick auf den Haupteingang im nördlichen Anbau.
Abbildung 09
Der Haupteingang.
Abbildung 10
Blick auf die westliche Schmalseite (im Hintergrund ist die südliche Auskragung sichtbar).Rechts im Bild einer der jüngeren Fabrikhallen.
Abbildung 11
Blick auf die westliche Schmalseite und das ehemalige Pförtnerhaus.
Abbildung 12
Ehemaliges Pförtnerhaus, westliche Schmalseite und Teil der Südfassade.
Abbildung 13
Historische Ansichtskarte der Klostermühle, mit der Ostfassade und dem Wasserlauf des ‚Schwarzen Fließes’.
Abbildung 14
Die Südostseite des Gebäudes in Verlauf der letzten einhundert Jahre:
Links: 1920er Jahre. Mitte: 1950er Jahre. Rechts: Gegenwart.
Man erkennt sehr schön die südliche Auskragung mit dem repräsentativem Eingang, die kleine Terrasse , den altanartigen Anbau an der östliche Schmalseite mit seinem Ziergitter, die Pfeiler an den Ecken, die rundbogigen Fenster im Dachgeschoss, sowie die darüber schrägliegende Ochsenaugen.
Abbildung 15
Dies Bild aus den 1980er Jahren beweist, daß die schrägliegenden Ochsenaugen irgendwann zur DDR-Zeit vermauert worden sind. Nach der Wende wurden sie dann offensichtlich wieder geöffnet.
Abbildung 16
Der Hauptraum des Gebäudes im Hochparterre. Rechts im Bild erkennt man den Übergang in den erkerartigen Altan.
Abbildung 17
Der ‚Weinkeller’. Dieser Raum stammt eventuell noch aus der Zeit der Mühle des Vorwerks des Benediktinerinnenklosters,und somit noch von der namensgebenden, mittelalterlichen ‚Klostermühle’.