Mit der nun schon jahrelangen Beobachtung des Berliner Schloßbaus via webcam habe ich mich immer mal wieder gefragt, wie die barocke Bautechnologie, also die technischen Hilfmittel zur Hebung schwerer Lasten aussahen. Im Prinzip hat sich nicht viel geändert, außer daß die Zugkräfte statt Menschen- und Tierkraft nun durch einen elektrischen oder einem Verbrennungsmotor ersetzt wurden und die Baumaschinen eine größere Hebelast bewältigen können. Die Technik ist zuverlässiger, aber im Prinzip dient die Erfindung des Flaschenzuges nach wie vor dazu Lasten mit geringerem Aufwand der Schwerkraft entgegen anheben zu können. Eine antike Erfindung mit nachhaltigem Erfolg!
Nun, wie sahen die Hebevorrichtungen, die Kräne und Flaschenzüge aus, die Andreas Schlüter und seine Handwerker zur Verfügung standen!? Wie waren die Tretradkräne konstruiert, die Meister Gerhard zur Erbauung des Kölner Domes brauchte?
Dieser Faden soll eine erste Einführung in Form von Abbildungen werden. Gerne dazu fachliche Ergänzungen von kompetenter Seite hierzu. Hier nur mein bescheidenes Rechercheergebnis.
Ein klassisches Hebezeug nach Vitruv, dem römischen Architekten, in einer italienischen Renaissanceausgabe von 1521 wiedergegeben:
Ein Flaschenzug mit mehreren Umlenkrollen und damit Gewichts/Zugkraftverringerung und einer im Hintergrund mit 2 Umlenkrollen.
Ein barockes Kompendium der bautechnischen Hilfmittel ist das "Theatrum Machinarium. Oder: Schau-Platz der Heb-Zeuge"
Wir sehen einen einfachen Kran, eine schweres Gerüst zur Aufrichtung von Säulen mittels Flaschenzügen, einfache Karren, Tret-/Laufräder und Tragegestelle.
Einige weitere Seiten aus diesem Werk zeigen die Konstruktion eines Ochsen oder Pferdekarrens mit Deichsel, eine Hebevorrichtung zum Transport und Pflanzung großer Bäume (Barockgärten!), einige Laufradkonstruktionen, Sänften, Technische Zahnradumlenkungen...
Hier eine Seilwinde in Funktion:
Hier und da stehen noch mittelalterliche Kräne am Rhein oder in den Hansestädten. Der bekanneste vielleicht jener von Danzig. Die Laufräder zum Antrieb von Seilwinden oder Flaschenzügen findet sich hier und da noch unter den Dachstühlen mittelalterlicher Kathedralen, z.B. im Freiburger Münster.
Viele Laufradkräne sind mittelweile rekonstruiert und lassen sich testen und bestaunen:
"Baujahr 2013
Ein Laufrad-Kran basierend auf einem Kupferstich von 1460 wurde neben dem
Turm errichtet. Das Laufrad hat einen Durchmesser von 3,60 Metern. "
Ein Tretradkran von der Bremer Schlachte, oben: Aufriss, darunter: Grundriss. Der Ausleger
Eine Bildersammlung mit weiteren Rekonstruktionen mittelalterlichen-neuzeitlichen Tretradkränen.
Wie verlief die technische Entwicklung des Krans? Anworten hier und hier die technische-physikalische Erklärung zur Funktion eines Flaschenzuges.
Extreme Lasten waren wohl im Barock, wie in der Antike kein Problem, dennoch fragen wir uns staunend, wie haben die es nur geschafft Obelisken aus Granit von mehreren Hundert Tonnen Gewicht zu transportieren und dann auch noch aufzurichten:
Errichtung des Obelisken in Rom vor dem Vatikan mit Hilfe von 40 Erdhaspeln und Flaschenzügen 1586, in:Jakob leupold, Theatrum machinarum.
... und in weiteren Darstellungen:
Eine schematische Funktionsdarstellung mit Animation zur Funktion der Laufradkäne.
Hübsches Modell eines etwas komplexeren Laufradkranes.
Einfaches Hebezeug:
Unten links: Wuppe von der Bremer Schlachte. (Kupferstich aus: J. Leupold: Theatrum Machinarium, Schau-Platz der Heb-Zeuge, Leipzig 1725, Tab. 15)
Wir sehen, offensichtlich hatte sich die Technologie des Hebens von Lasten im Bauwesen seit den Erfindungen der Antike nicht groß weiterentwickelt, wahrscheinlich nach Untergang des römischen Reiches eher verschlechtert und erst wieder in der Romanik , bzw. in der Zeit der Kathedralenbauzeit ein annäherndes Niveau erreicht. Im Barockzeitalter dürften die Hebezeuge ähnlich den antiken Technologien entwickelt gewesen sein, siehe Errichtung des Obelisken auf dem Petersplatz. Erst die industrielle Revolution brachte neue Materialien, Antriebsmittel und Erfindungen.
aus: Ufa-film, "Andres Schlüter" , 1942