Mainz – die westliche Altstadt um Schillerplatz und Stefanskirche und die Oberstadt (Galerie)

  • Ausgehend von Schillerstraße und Schillerplatz führt der nächste Rundgang durch das Gebiet der westlichen Altstadt. Der Schillerplatz ist neben dem Markt der zentrale Platz in der Innenstadt und führt auch auf die Lu.
    Zunächst der Erthaler Hof:

    Das Proviantmagazin von 1865:

    Der Schönborner Hof von 1668

    Das Gästehaus des Schönborner Hofs

    Das Gästehaus des ehemaligen Weißfrauenklosters

    Auf der Ostseite ist der letzte Rest bürgerlicher Bebauung zu sehen, ein barocker Eckpilaster mit Hausmadonna

    Blick auf die Südwestseite mit Osteiner Hof und Bassenheimer Hof am 01. Januar, an dem immer der Neujahrsumzug der Fassenachtsgarden stattfindet.

    Das gibt es weltweit nur in Mainz: Fassenachtsumzüge am ersten Januar zwischen zwei Adelspalais und noch mit geschmücktem Tannenbaum, aber auch dem heiligen vierfarbigen Banner daneben; und auch die Stefanskirche, der "zweite Dom", guckt zu.

    Der Bassenheimer Hof und der Fastnachtsbrunnen

    Heute ein Teil des Innenministeriums, errichtet um 1830 an der Stelle der Weißfrauen-Klosterkirche, die von den Franzosen verkauft wurde und folgend abgerissen wurde. Die Emmerich-Josef-Straße mündet hier ein.

    Auch dieses Detail der Mainzer Verkehrsgeschichte wird langsam wieder entdeckt: ein Originalexemplar der "Elektrisch", die natürlich während der Fahrt nicht gerade einfach zu fotografieren ist.

    Der Schillerplatz hat einen etwa keilförmigen Grundriß und ist durch die Pflanzungen in seiner Mitte außerordentlich beliebt. Etwa in der Bildmitte Fritze Schiller, Erfinder des gleichnamigen Platzes, der vorher noch Dietmarkt hieß.

    Das Haus zum Tiegel ist eine erweiterte Reko des originalen Gebäudes, welches ursprünglich das Gästehaus des Agnesenklosters war, welches an der heutigen Einmündung von der Lu auf den Schillerplatz stand und ebenfalls gemeinsam mit der einst hier vorhandenen Agnesenkirche von den Franzosen abgerissen wurde.

    Anstelle einer Hausmadonna ist es ein Ausnahmefall, eine Figur des hl. Josef zu finden.

    Ostein und Bassenheim an der Einmündung zur Gaugasse/ -straße, die zur Stefanskirche führt.

    Zum Abschluß: der grandiose Osteiner Hof auf der Südseite.

  • Rechterhand der Schillerstraße zweigt die heute recht kurze Neue Universitätsstraße ab. Mit den drei erhaltenen Professorenhäusern der Alten Universität, welche zwischen 1784 und 1786 von Rudolf Eickemeyer gebaut wurden, hat sich im Bereich der nordwestlichen Altstadt glücklicherweise wenigstens ein kleines Detail der Stadtbaukultur aus der Zeit vom Ende des Kurstaats erhalten, welches ebenfalls wieder die Verwendung der für Alt-Mainz so typischen Elemente Putz und Rahmen aus rotem Sandstein bei gleichzeitiger äußerster Qualität erkennen läßt.

  • Das Haus Markt 7-9 (Haus zum Fuchs) ist am Markt recht bekannt, obwohl es dort niemals bestand, sondern seinen Ursprung in der Augustinerstraße hat, dort 1903 abgetragen wurde und als Eckhaus am Kästrich bzw. "Am Gautor" wieder aufgebaut wurde. Die folgenden Fotos zeigen das Haus am Kästrich.

    Beim Haus zum Fuchs handelt es sich heute um eine frei adaptierte Rekonstruktion einer Fassade, die an diesem Ort nicht bestand. Für den Standort der jetzigen Parzelle wird in der Stadtaufnahme vor 1620 von einer Vorgängerbebauung mit dem Namen „Zum steinern Stock“ gesprochen; zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte offensichtlich die Teilung der Parzelle. Die 1945 zerstörte Bebauung bestand aus Markt 7, einem dreigeschossigen, schmalen zweiachsigen Bürgerhaus, welches geohrte Fenstergewände aufwies und daher im ersten Drittel des 18. Jhd entstanden sein dürfte. Markt 9 wies als dreiachsiges und fünfgeschossiges Bürgerhaus mit segmentförmigen Fenstern viel Ähnlichkeiten mit Markt 3 (Löwenapotheke) auf und dürfte auch in diesem Zeitabschnitt errichtet worden sein.
    Die heutige Fassade findet ihren Ursprung in dem etwa um 1720 errichteten Haus zum Fuchs (Augustinerstraße 67), bei dem über das originale Erscheinungsbild aufgrund mehrerer Umbauten Unklarheiten bestehen. Desungeachtet gehörte das Haus zum Fuchs zu den bedeutendsten und künstlerisch ambitioniertesten Bürgerhäusern dieser Epoche und steht in der direkten Folge des unter Caspar Herwarthel realisierten Dalberger Hofs in der Klarastraße. Im Erdgeschoß fanden sich jeweils außen zwei rustizierte Arkadenbögen, die einen maskenbesetzten Schlußstein trugen. Zwei Erdgeschoßfenster dürften vermutlich die Funktion von Ladenfenstern gehabt haben. Besonderer Blickpunkt war der nur eingeschossige trapezförmige Erker der Beletage, der von einer maskenbesetzten Konsole gestützt wurde. In den Brüstungsfeldern fand sich Rankenwerk, die drei Fenster wurden von flachen Pilastern flankiert. Die Erkerfenster wurden von mit Bandelwerk besetzten Architraven gehalten. An den Erker schlossen geohrte Fenstergewände an, die mit dem Gesims des Erkers verkröpft waren und zusammen mit den inneren Fenstern der Beletage zu einer Einheit verschmolzen. Die äußeren Fenster waren gekoppelt; unter ihnen waren reliefierte Brüstungsfelder angebracht. Für die Zeit um 1720 typisch, waren an den Außenseiten ebenfalls kolossale Pilaster zu finden, deren Kapitelle allerdings im ersten OG endeten, so daß sich vermuten läßt, daß das Gebäude ursprünglich nur zweigeschossig und mit einem beherrschenden Zwerchhaus oder einem Frontispiz geplant war. Um 1785 wurde das zweite Obergeschoß voll ausgebaut und unter den Fensterkonsolen Festons hinzugefügt. Im 19. Jhd wurde das Haus noch einmal um ein Geschoß aufgestockt. Im Zug der Straßenverbreiterung wurde das Haus im Dezember 1903 abgerissen und dessen wesentliche Architekturteile für eine Wiederverwendung gesichert, die 1906 im neuerrichteten Beamtenwohnhaus Kästrich 1 vom Großherzoglichen Hochbauamt realisiert wurde. Da diese Parzelle breiter war als diejenige des Zeilenhauses in der Augustinerstraße, wurde die Fassade „gestreckt“ und aufgrund der nunmehrigen Eckhaussituation eine weitere Fassade „Am Gautor“ realisiert, die sich schematisch an der Hauptfassade orientiert, aber auch Elemente des Dalberger Hofs mit einbezieht.
    Anstelle der beiden schmalen Vorgängerbauten Markt 7 und 9 diente diese Fassade als Vorbild der heutigen Fassade Markt 7-9, die dem Nachkriegsgebäude vorgeblendet wurde. Aufgrund der schmäleren Parzellenstruktur war allerdings eine Anpassung notwendig, so daß man heute korrekterweise von einer Adaption des Originalgebäudes Augustinerstraße 67 sprechen muß.

    Aufgrund der Vegetation ist es dort etwas schwierig, das Haus abzubilden. Zunächst eine Gesamtaufnahme vom Gautor aus.
    Bei genauerem Hinsehen wird man auch hier an der Grenze zwischen Altstadt und Oberstadt die Mainzer Eigenart blauer und roter Straßenschilder erkennen. Wir merken uns:
    - rote Schilder führen zum Rhein. Bloß net rinfalle!
    - blaue Schilder laufen parallel mit dem Rhein. Da kann also nix bassiern!

    Die eigentliche Hauptfassade mit den Spolien des originalen Hauses.

    Der Mittelerker

    Die Erkerkonsole

    Heutiger Hauseingang, der in dieser Form auch in der Augustinerstraße bestand

    Der für die Zeit von etwa 1720 auch etwas ungewöhnliche Schlußstein

    Seitliche Blicke auf den Erker

    Für den Architekten Caspar Herwarthel sind diese Brüstungsreliefs durchaus gebräuchlich und finden sich in sehr ähnlicher Form auch am Dalberger Hof

    Blick auf die Fassade "Am Gautor". Da das originale Haus ein Zeilenhaus war und sich durch die neue Situation ein Eckhaus ergab, wurde beim Wiederaufbau dieses Hauses eine neue Fassade realisiert, die eine gelungene Synthese der originalen Gestaltungsprinzipien in der Augustinerstraße, Elemente des Dalberger Hofs und neubarocker Formen eingeht.

  • Hallo Weingeist: sehr interessant Fortsetzung. Tatsächlich, die Ähnlichkeiten zum Haus Markt 7-9 sind deutlich. Ich nehme an, dass du demnächst Vergleichsabbildungen des Hauses am Marktplatz präsentieren wirst, um die Gemeinsamkeiten deutlicher zu machen, gell!? Wenn es eine so schöne Fassade mit einem so prächtigen Erker ist, darf sie gerne mehrfach errichtet werden, finde ich. Gut gemacht, Mainz :)

  • Direkt an den Schillerplatz und die Ludwigstraße schließt südlich der Ballplatz an, der ganz wesentlich noch durch die Adelpalais des Schillerplatz, insbesondere des Seitentraktes des Osteiner Hofs und im Bereich Ballplatz durch den älteren Dalberger Hof, den Fechenbacher Hof und den Kölnischen Hof geprägt wird. Der Ballplatz ist heute ein sehr empfehlenswerter (!), behaglicher, ruhiger und beschaulicher Platz direkt im Zentrum der Innenstadt und führt u.a. auch in den Bereich der westlichen Altstadt und das Viertel um die Stefanskirche. Da das eigentliche "Herzstück" des Ballplatzes von drei Adelspalais geprägt wird, ist denn auch in seinen beiden Zugängen zum Schillerplatz, sowie im südlichen Bereich zur Maria-Ward-Straße, zur Pfaffengasse und zur Eppichmauergasse nur wenig Profanbebauung zu finden, die das Gesamtbild prägt.
    Der Name Ballplatz ist ein verhältnismäßig junger Name, der auf ein im 18. Jhd. im Bereich des Fechenbacher Hofs einst dort existierendes Ballhauss verweist. Vorher hieß das Gebiet "Auf dem Kil(g)stock.

  • Westlich vom Schillerplatz verbindet die Emmerich-Josef-Straße diesen mit der Kupferbergterrasse. In einzigartiger Weise steigt sie nach oben hin an und hat die Mauer der Kupferbergterrasse als Point-de-Vue. Obwohl sie im unteren Bereich annähernd ihren gesamten Bestand verloren hat, verbindet sich die ausnehmend hohe Qualität des 19. Jhd im Zusammenspiel mit der Mauer der Kupferbergterrasse und ihren doppelläufigen Treppen zu einem beeindruckenden und einzigartigen Milieu des 19. Jhd., das sich oben auf der Kupferbergterrasse noch steigert und zu den schönsten Stadträumen der Altstadt gerechnet werden darf. Der in Gegenrichtung als Blickpunkt einbezogene Quintinsturm bildet dabei noch einmal einen glanzvollen Abschluß.
    Durch das Vorhandensein des ehemaligen Weißfrauenklosters an der Ecke von Schillerplatz (vormals Dietmarkt) und der heutigen Emmerich-Josef-Straße war zwar der untere Teil der Straße schon im MA existent, doch ist die Straße im allgemeinen in der heutigen Form erst zur Mitte des 19. Jhd. nach der Explosion des Pulverturms 1857 im Zusammenhang mit der Bebauung des Kästrichs neu angelegt worden.
    Ihren Namen trägt sie vom damals ausnehmend populären Kurfürst-Erzbischof Emmerich Josef von Breidbach-Bürresheim (regierend 1763-74), den man zusätzlich noch als Paten für die Breidenbacherstraße heranzog, die in die Emmerich-Josef nach Süden hin einmündet.
    Als das wohl bedeutendste Zeugnis des 19. Jhd. ist sie zusätzlich noch von Interesse, als daß sie wirtschaftsgeschichtlich einen deutlichen Bezugspunkt bildet für die Wirtschaftsleistung des 19. Jhd., wo besonders erwähnt werden soll, daß nach oben hin zum einen die Mainzer Aktien-Bierbrauerei anschloß als auch das Gebiet durch die damals pionierhafte Herstellung von Sekt in die Geschichtsbücher einging. Hierzu zählen die damals Weltruhm genießenden Kellereien Henkell und Kupferberg; die Goldhand-Kellerei ist bis heute geblieben.
    Ein erster Eindruck vom Schillerplatz aus. Zur linken beginnt die Emmerich-Josef mit dem Gebäude Schillerplatz 5, 1841 von Joseph Roedler an der Stelle der hier stehenden und 1812 abgebrochenen Weißfrauenklosterkirche errichtet.
    Zur rechten bildet die heutige Anlage von Schillerplatz 7 den Auftakt, die eine komplizierte Baugeschichte aufweist. Kernbau ist der 1718 errichgtete Fremdenbau des Weißfrauenklosters, der damals nur zweigeschossig errichtet wurde. Durch die Nutzung als Österreichisches Offizierskasino erfolgte 1863 zum einen eine Aufstockung durch ein zweites OG als auch eine zweiachsige Erweiterung nach Süden zur Emmerich-Josef-Straße hin.

    Auch die Emmerich-Josef blieb nicht vor den Zerstörungen bewahrt, der hier zu sehende Nachfolger fügt sich im Vergleich zu den leider vielfachen Negativbeispielen aber noch relativ in das Straßenbild ein.

    Umgekehrter Blick auf die Seitenfassade von Schillerplatz 5. Auffallend ist, daß trotz der Zeit um 1841 das Gebäude noch vollständig in der Mainzer Tradition stand und die Anpassung an den Bestand zum Schillerplatz hin so gut gelungen ist, daß das Gebäude nicht unbedingt auf den ersten Blick als eines des 19. Jhd. erkennbar ist; auch wenn der Wiederaufbau die Gestalt des OG und der Dachform verändert hat.

    E.J.#18: Das Gebäude wurde 1865 nach Plänen des Baubeamten Philipp Anton Elbert als viergeschossiges Wohngebäude über einem doppelten Keller errichtet. In seiner Gestalt steht es in der Verschmelzung von leicht klassizistischen und historistischen mit barockisierenden Motiven als ein singuläres Gebäude im gesamten Kästrichareal da. Blickpunkt der straff gegliederten Fassade ist der nur geringfügig heraustretende Risalit und der schwungvolle Balkon im 1. OG sowie die barockisierenden Fruchtfestons zwischen den Fenstern. Trotz der Fasadenhöhe wird durch die horizontalen verkröpften Gesimse eine beachtliche Gliederung erreicht. Über dem Mittelrisalit erhob sich einst ein attikaartiger Gaubenaufbau, dessen fehlen natürlich eine Beeinträchtigung darstellt. Im Inneren ist ein halbrundes Treppenhaus und eine gußeiserne Säule sowie gußeiserne Gitterstäbe zu finden sowie ein farbiges Bodenmosaik im Hochparterre.
    Das besonders straßenbildprägende Gebäude ist in seiner Gestalt im Bereich der Altstadt zugleich ein Solitär als auch ein besonders anschauliches Beispiel für den seinerzeit außerordentlich hohen Qualitätsanspruch in der Innenstadt.