Frank Plasberg zum deutschen Baurecht

  • Frank Plasberg, Moderator der ARD-Talkshow "Hart aber fair", erzählt in seinem Buch "Der Inlandskorrespondent" von einem interessanten Fall.

    Es geht um W., der in einer Kleinstadt eine alte Hofanlage kauft: Scheune, Wohnhaus, Stallungen. W. betreibt eine Unternehmensberatung und möchte gerne alles - Arbeit und Wohnen - unter einem Dach haben.
    Die Hofanlage ist sehr günstig, da sie fast "einer Ruine gleicht". W. ist zuversichtlich, dass er alles instandsetzen kann. Er spielt mit dem Gedanken, das angrenzende Grundstück gleich mitzukaufen. Dort könnten Wohnmöglichkeiten für seine Mitarbeiter entstehen und vielleicht ein kleines Seminarhaus. Die Scheune soll die Unternehmensberatung beherbergen. Außerdem plant W., die Mauer, die den Hof zur Straße hin abschließt, im ursprünglichen Stil wiederherzustellen und dabei die Toreinfahrt aus praktischen Gründen um ein paar Meter zu versetzen.

    Beim Bauamt gibt es Bedenken, da die Anlage im "sensiblen Außenbereich" liegt, auch wenn sie nicht unter Denkmalschutz steht. Kreisbehörde, Landschaftsschutz, Landrat und untere Wasserschutzbehörde müssten eingeschaltet werden. Es kommt erst einmal zum Stillstand.

    W. verzichtet schließlich auf die Verlegung der Toreinfahrt (was für ihn in Zukunft mühsames Rangieren bedeuten wird). Der Bauantrag wird angenommen. Jetzt fehlt noch die Planung für das angrenzende Grundstück. W. sucht nun schon im Vorfeld das Gespräch mit dem Bauamt. Man sagt ihm, dass es wohl keine Probleme geben werde, denn anders als die Hofanlage befindet sich das Nachbargrundstück bereits im "Innenbereich" der Kleinstadt. Genaues ließe sich aber nicht sagen:

    Zitat

    Besser wäre es, W. würde einen Planungsvorschlag machen, damit die Behörde wisse, worüber sie zu befinden habe. Im Klartext heißt das, Thomas W. muss seinen Architekten mit einer vollständigen Bauplanung beauftragen, ohne auch nur im Ansatz zu wissen, ob sie die Gnade der Behörde finden wird.

    W. lässt also die Gebäude auf dem Nachbargrundstück planen. Dem Bauamt gefällt nicht, dass nun die Sicht auf wesentliche Teil der Hofmauer, die W. ja rekonstruieren lassen will, verdeckt werden würde. Die Neubauten stellten zudem eine "erhebliche Beeinträchtigung des geschützten 'Außenbereichs' dar". Das sei jetzt erst so richtig klar geworden.

    Für W. wird aber eine geringere Bebauung des Grundstücks, wie sie das Bauamt vorschlägt, unwirtschaftlich. Er zieht den Bauantrag für das Nachbargrundstück komplett zurück.

    Nach einem Jahr liegt die Genehmigung für das ursprüngliche Grundstück vor, es kann losgehen. W. entfernt den Zaun, der das Grundstück auf drei Seiten umgibt und so marode ist, dass nur eine Kompletterneuerung infrage kommt. Das aber war nicht erlaubt.... bei Plasberg heißt es:

    Zitat

    Tatsächlich dürfe man einen existierenden Zaun im Außenbereich, der schadhaft ist, ohne Rücksprache mit dem Bauamt erneuern, aber nicht im Ganzen, sondern nur abschnittsweise. Dahinter steckt die bauphilosophische Überlegung, dass ein Zaun im Normalfall Stück für Stück kaputtgeht und ebenso stückweise erneuert wird. Die Summe dieser Teilerneuerungen hat zwar im Ergebnis auch einen vollständig neuen Zaun zur Folge, aber quasi als Resultat evolutionärer Flickschusterei. Dass sich in diesem besonderen Fall der Vorbesitzer des Hofes jahrzehntelang nicht um den Zaun gekümmert hat und deshalb eine Ausbesserung nicht mehr möglich war, spielt dagegen keine Rolle. Der Ersatzzaun ist ein Neubau und hätte genehmigt werden müssen.

    Es kommt zu einer Ortsbesichtigung durch das Bauamt. Die Beamten entdecken den neuen Zaun. Sie zweifeln an, dass es vorher einen alten Zaun gegeben hat, weil sich auf ihren Katasterblättern nichts darüber findet. Der neue Zaun sei ein schweres Vergehen gegen die Bauordnung und müsse wohl wieder entfernt werden. Anschließend könne W. einen Bauantrag für einen neuen Zaun einreichen. Allerdings sei fraglich, ob ein solcher Antrag genehmigt würde, da sich die Hofanlage ja im "sensiblen Außenbereich" der Stadt befinde.

    Morgen erzähle ich, wie es weitergeht!