Beiträge von spacecowboy

    Hallo madmellow,

    Über die Motive des Herrn Tiefensees kann nur spekuliert werden. Ich weiß nur, dass die Dynamik der Sanierungen in den letzten Jahren stark nachgelassen hat, und das liegt m.E. nicht nur am fehlenden Geld. Für die Sanierung gibt es mindestens genau so viele Fördergelder wie für den Abriss. Es gibt, wie Du es schon erwähnt hast, einige richtig gut sanierte Stadtviertel. Ich möchte dahingehend noch den Stadtteil Schleußig erwähnen, dessen zahlreiche Gründerzeithäuser auf das allerfeinste saniert wurden.

    http://www.jbs.de/popups/location_popup.html\r
    http://www.jbs.de/popups/location_popup.html

    http://www.brueckenbau-links.de/bilder-db/khp-leipzig_Karl_Heine_Bogen_in_Leipzig-31.jpg\r
    http://www.brueckenbau-links.de/bilder- ... zig-31.jpg

    http://db0exp.de/bofa_2001/BoFa_06.jpg\r
    db0exp.de/bofa_2001/BoFa_06.jpg

    http://db0exp.de/bofa_2001/BoFa_19.jpg\r
    db0exp.de/bofa_2001/BoFa_19.jpg

    http://db0exp.de/bofa_2001/BoFa_31.jpg\r
    db0exp.de/bofa_2001/BoFa_31.jpg

    http://db0exp.de/bofa_2001/BoFa_29.jpg\r
    db0exp.de/bofa_2001/BoFa_29.jpg

    http://db0exp.de/bofa_2001/BoFa_24.jpg\r
    db0exp.de/bofa_2001/BoFa_24.jpg

    http://www.stadttouren-auspurg.de/stadttouren/[lexicon='leipzig'][/lexicon]/t5/t5_bilder.html\r
    http://www.stadttouren-auspurg.de/stadt ... ilder.html

    (die Bilder sollen keinen kommerziellen Zwecken dienen. Sie wurden von mir NICHT unter diesem Aspekt ausgewählt)

    Übrigens, eine Bootsfahrt auf der Weißen Elster und auf dem Karl-Heine-Kanal kann ich für Architekturenthusiasten nur heiß empfehlen. Man schippert an prächtigen Gründerzeitfassaden, herrschaftliche Villen und an restaurierte Industrieanlagen aus der Frühindustrialisierung vorbei, das einem das Architekterlieberhaberherz aufgeht. Ein bisschen wie die Hamburger Speicherstadt, zwar nicht so imposant, aber irgendwie anders schön.

    An der Geschichte mit der historischen Fassade der Blechbüchse ist was dran. Ich weiß dies auch erst seit ein paar Wochen. Unter dem Blechkleid soll sich eine komplette Fassade aus Sandstein befinden. Man hat dem Kaufhaus angeblich deshalb dieses fragwürdige Blechkleid übergestülpt, damit die VerkäuferInnen drinnen von der Außenwelt nicht abgelenkt werden und das Tageslicht sich auch sonst negativ ausgewirkt haben soll. Naja, andere Zeiten andere...

    Hallo madmellow,

    Ein herzliches Willkommen im Forum und danke für Deinen sehr gut geschriebenen Bericht. Deine Eindrücke von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hast Du sehr schön geschildert.

    Erlaube mir dennoch bitte, als einen in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] aufgewachsenen Menschen, Dir in einigen Punkten zu widersprechen. Ich möchte auch gern glauben, dass OBM Tiefensee ein Wohltäter dieser, Deiner, unserer Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist. Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Sicher lässt er seine Bürger im Glauben, dass er ein guter OBM sei, das haben Bürgermeister generell so an sich. Die finanzielle Krise der Stadt, die in erster Linie hausgemacht ist (Missmanagement, kommunale Arbeitslosenindustrie bfb, der 650 Mio Euro Schaden anrichtete, Stadionaffaire, Prestigewahn usw.), wird gern als Ausrede benutzt, um historische Bausubstanz abzureißen statt sie zu sanieren. Dazu empfehle ich Dir den Link zur LVZ, den ich eine Seite vorher ins Forum eingestellt habe. Gründerzeithäuser abzureißen und anschließend das Gelände neu zu bebauen oder anderweitig zu nutzen ist teurer, als sie wieder instand zu setzen oder zumindest vorübergehend "einzumotten". Das Argument, dass abgerissen werden muss, um gegen den hohen Leerstand vorzugehen, halte ich ebenfalls für abwegig. Der hohe Leerstand rührt noch aus DDR-Zeit, als die Altbausubstanz marode und unwohnbar wurde, und an ihrer Stelle Trabantenstädte wie Paunsdorf oder Grünau auf der grünen Wiese entstanden waren. Für den Abriss der Altbauquartiere hatte die DDR - Gott sei Dank - kein Geld gehabt. Nach der Wende wurde mit hohem Aufwand mehr als zwei Drittel der Altbauten saniert und wieder wohnbar gemacht. Hinzu kam eine Abwanderung ins Umland bzw. in den Westen, das den Leerstand ebenfalls in die Höhe trieb. Anstatt aber nun überflüssige Plattenbauten abzureißen (die Wohnbevölkerung in Grünau ging seit der Wende um über 40% zurück), um gegen den Leerstand vorzugehen, saniert die Stadt Plattenbauten und reißt lieber ruinöse Altbauten immer öfter ab. Der Stadtumbau Ost, der eigentlich den "Rückbau" von Neubauten vorsah, erweist sich immer mehr als Stadtabriss Ost. Dagegen muss was unternommen werden. Die LWB, zu DDR-Zeiten GLW, hat die "Massenmenschhaltung", wie Dankwart Guratzsch die Situation im Osten richtig beschrieben hat (Der Artikel "Klassenkampf mit der Abrissbirne" hat im [lexicon='Leipzig'][/lexicon]-Thread auf Seite 3 der Philipp eingestellt), nicht verlernt. Der Unterschied zu früher ist nur der, dass die gleichen Leute heute im Nadelstreifenanzug rumlaufen und Audi A8 fahren, wie ich es jüngst im LVZ-Forum gelesen habe.

    Diese Verhältnisse werden meiner Meinung nach auch erst ermöglicht, weil die Bürger im Osten und in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] einfach alles so hinnehmen anstatt ihre neu gewonnene demokratischen Entscheidungsmöglichkeiten auch zu nutzen und gegen fragliche Maßnahmen seitens der Stadt oder andere öffentliche Träger zu protestieren. Es gab in jüngster Zeit eine ganze Latte Beispiele in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], siehe der rechtswidrige Abriss des Hauses in der Karl-Heine-Str. 30, wo die Stadt massiv gegen geltende Rechtsvorschriften verstoßen hat und antidemokratisches Verhalten an den Tag legte (siehe auch Architektenausschreibung Universitätscampus, Paulinerkirche und Bildermuseum).

    Oliver,

    Da scheinst Du aber vom Augustusplatz nicht weit weggekommen zu sein, wenn Dir [lexicon='Leipzig'][/lexicon] als eher als Nachkriegsbebauung vorgekommen ist. Zugegeben, die Altstadt ist zu 50% erhalten, was aber immer noch mehr ist als die meisten anderen Großstädte (ausgenommen Nürnberg und Erfurt).

    Nun ist es aber auch so, dass jeder andere Vorstellungen von einer Stadt hat, was auch so ein bisschen von ihrem Ruf, oder gerade deswegen, abhängt. Also bei einem schlechten Image wie bei Halle an der Saale, geht man ja mit ganz anderen Erwartungen hin. Meine Erwartung war bei Halle nicht groß und ich wurde über alle Maßen positiv überrascht. Bei [lexicon='Leipzig'][/lexicon] war das bis vor ein paar Jahren genauso. [lexicon='Leipzig'][/lexicon] = Plattenwüste = Neonazis = gefrustete Arbeitslose usw, und das Gegenteil war/ist der Fall und die Stadt wurde, im Gegensatz zum benachbarten Halle, beliebter und beliebter, bis die Leute dachten: Mensch, die Stadt muss ja der Hammer sein. Logisch, dass da einige enttäuscht wurden. Ich hatte auch große Erwartungen an München oder Heidelberg und war auch eher enttäuscht, was nicht heißt, dass dies keine schönen Städte sind.

    Jetzt aber wieder zu [lexicon='Leipzig'][/lexicon]:
    Die Plattenbauten am Brühl sind sehr störend, vor allem, weil sie oft das erste sind, was man von der Stadt zu Gesicht bekommt.
    Übrigens sollten sie dieses Jahr komplett abgerissen werden. Mir ist aber zu Ohren gekommen, dass die PDS, als schon alles beschlossene Sache war, ihr Veto gegen den Abriss einreichte, weil ihrer Meinung nach die Platten für sozialschwache Menschen fungieren sollten und diese nicht an den Stadtrand verlegt werden sollen. So ein Blödsinn, denn in diesen Häusern wohnt fast niemand mehr. Eine Sanierung wäre so kostspielig und die Lage so perfekt, dass diese Platten danach auch dementsprechend teurer werden dürften. Also bestimmt nix für sozialschwache Menschen, aber dies sind sowieso nur vorgeschobene Gründe. Die PDS scheint mir dahingehend als Fluch längst vergangener DDR-Zeiten zu sein. Zumindest darf man von ihr nicht erwarten, dass sie sich für die vielen noch unsanierten Häuser in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] einsetzen wird. Aber genug der Politik.

    In der Ost- und Südhälfte des Zentrums drängen sich die Bausünden dem Betrachter schon spürbar auf (Brühl, Sachsenplatz und Augustusplatz). Aber der Rest lässt sich schon sehen. Besonders von der Hainstr. über Barfussgässchen, Thomaskirche bis zum Neuen Rathaus ist nix auszusetzen. Den Platz vor dem neuen Bundesverwaltungsgericht finde ich dabei besonders schön. Der Blick zum Bundesverwaltungsgericht, daneben die Albertina, Neues Rathaus und die vielen schönen Villen in der Fr.-Ebert-Str. geben einen imposanten Blickfang.

    http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/442305\r
    http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/442305

    http://www.meteo.uni-bonn.de/projekte/4d-clouds/workshops/2002_leipzig/\r
    http://www.meteo.uni-bonn.de/projekte/4 ... 2_leipzig/


    Ich hoffe, ich habe nicht gelangweilt...
    Der Spacecowboy

    @Schlossgespenst

    Ich werde mir morgen, da ich zum erstenmal die Kaiser-Friedrich-Therme besuche, mir Wiesbaden noch einmal zu Gemüte führen. Vielleicht hast Du recht, und ich habe voreilig geurteilt. War halt nur so mein Eindruck, diesseits der Hauptpfade in Wiesbaden. Aber anderes Thema jetzt:

    @Dr. Mises

    Wie immer vielen Dank für Deine Bilder. In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] stehen wirklich noch schmucke alte Häuser rum. Keine andere Großstadt fasziniert mich dahingehend mehr als [lexicon='Leipzig'][/lexicon]. Das Schöne dabei ist, dass die Sanierungen und Rekonstruktionen meistens sehr respektvoll und originalgetreu von Statten gehen. Nicht nur den Fassaden werden Giebel, Simse, Stuck, Türmchen, vollwertige Dächer usw. verpasst, nein, auch im Inneren wird meistens sehr detailgetreu gearbeitet. Keine Türen und Fenster vom Baumarkt nebenan, keine Teppichauslegware, keine eingezogenen Decken usw., sondern prächtige Treppenhäuser, verspielte Jugendstilelemente, Stuck und hochwertiges Parkett bestimmen die Gebäude. Sogar die Nasszellen versprühen oft einen Hauch von Nostalgie. Da bin ich vom Westen ja eher furchtbares gewöhnt, was die Sanierung und Rekonstruktionen anbelangen.

    Aber es sind immer noch ca. 4000 Gebäude in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] unsaniert, die wie das Haus in der Ratsfreischulstr. auf dem 2. Bild, und schlimmer noch, aussehen. Wenn nicht bald dagegen was unternommen wird, und die Leipziger Wohnungsbaupolitik sich nicht ändert, werden die meisten von den 4000 Häuser mittelfristig verloren sein. Dann scheint nur noch die Abrissbirne zu helfen.

    Restitutor Orbis

    Na, beim who is who der hessischen Kleinstädte habe ich Lich gleich zweimal mit unterschiedlicher Bewertung nominiert. Eigentlich blöd so ein Ranking, denn eigentlich sind alle Städtchen sehr schön. Punktabzug gab es von mir, wenn die eine oder andere Nachkriegssünde sich respektlos in die Altstädte hineingedrängelt hat. Die "Minusstädte" musste ich auch erwähnen, denn diese habe ich in sehr schechter Erinnerung. Wohlgemerkt nur, was die Architektur anbelangt.

    Mit langweilig meinte ich eher, dass in den hessischen Kleinstädten nichts los ist, besonders für Nachtschwärmer. Aber wenn man wie Du, falls ich das richtig mitgekriegt habe, im schönen Seligenstadt wohnst, kann man ja bequem nach Frankfurt oder sonstwohin im Rhein/Main-Gebiet düsen.


    @Johann

    Sehr schöne Bilder, die Du da von Erfurt geschossen hast. Ja, ja, Erfurt steht bei mir auch ganz hoch im Kurs. Wenn nicht der Juri-Gagarin-Ring wäre, wäre die Stadt nahezu perfekt. Aber ich will nicht nörgeln. So einen Plattenbauring macht der Schönheit in Erfurt keinen Abbruch. Die Stadt hat mindestens die Note 4 mit Sternchen verdient.

    Für so kleinere und mittelgroße Städte kann ich mich ja nicht so begeistern. Sie sind hübsch, aber für mehrtägige Aufenthalte sind sie für mich ungeeignet. Besonders die hessischen kleinen Städtchen sind zwar architektonisch geshehen kleine Wunderwerke, aber irgendwie auch sehr verschlafen und langweilig. Da ich in Hessen lebe, werde ich mal ein kleines Ranking unter hessischen Kleinstädten, die ich gut kenne, machen.

    1. Büdingen (5)
    2. Seligenstadt (4-5)
    3. Lich (4-5)
    4. Michelstadt (4-5)
    5. Lich (4)
    6. Eppstein (4)
    6. Butzbach (3-4)
    7. Wetzlar (3-4)
    8. Herborn (3)
    9. Friedberg (2)
    10. Bad Nauheim (1-2)
    .
    .
    .
    .
    Maintal (-1)
    Neu Isenburg (-2)
    Dietzenbach (-3)
    Hanau (-5)...Ortsteil Steinheim (3), Ortsteil Kesselstadt (3)
    Offenbach (-5), obwohl mit 117000 EW eigentlich eine Großstadt, aber die Stadt ist für mich der Inbegriff für falsche Städtebaupolitik im Westen

    Hallo liebes Schlossgespenst,

    Ja, es ist traurig, was da im Osten passiert. Der Vorteil vieler ostdeutscher Städte war ja eigentlich, dass durch die fehlenden finanziellen Mittel in der DDR, eine flächendeckende Zerstörung ausblieb. Außer in den Pilotprojekten Berlin, "Karl-Marx-Stadt"oder Dresden, besitzen auch größere Städte noch allerlei zusammenhängende Albauquartiere. Eigentlich hatte die DDR ja vorgehabt,sämtliche Albauquartiere ihrer Städte dem Erdboden gleich zu machen, da sie Zeugen kapitalistischem Großbürgertum sind, und dafür Plattenbauten en masse an ihrer Stelle zu errichten. Das ist ihr Gott sei Dank nicht gelungen.

    Zu Wiesbaden: Ich kenne die Stadt eigentlich ganz gut, da ich gleich nebenan in Frankfurt wohne. Klar, Wiesbaden macht auf mich in architektonischer Hinsicht einen viel besseren Eindruck als Frankfurt oder Mainz. Wohl auch deswegen, weil sie im Krieg kaum zerstört worden ist. Dennoch bin ich schockiert, was in den letzten Jahrzehnten so alles an Schund errichtet wurde. Die vielen Prachtalleen werden immer wieder von Bausünden unterbrochen, die das ganze klassische Ensemble empfindlich stören. Es gibt eigentlich kaum einen Straßenzug, geschweige denn ein Viertel, das nicht massiv mit hässlichen Betonbauten zugepflastert wurde. Mir tun regelrecht die Augen weh, wenn ich den kontrastreichen Anblick zwischen Altem und Neuem in Wiesbaden seh'. Und die Randgebiete vermitteln typisch hessische Langeweile, Einfalls- und Identitätslosigkeit. Ob man sich dort in Kassel, Offenbach, Hanau, Marburg oder Frankfurt befindet, ist optisch zumindest nicht auszumachen. Schade, Wiesbaden wäre ansonsten sehr, sehr schön.

    In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] spitzt sich die Lage dramatisch zu. Von den 4000 unsanierten Gründerzeithäusern sind ca. 400 akkut einsturzgefährdet. Wenn der Verfall dieser Häuser weiter voranschreitet, werden der Stadt in den kommenden Jahren flächendeckende Abrisse bevorstehen.

    Dass die LWB als größtes kommunale Wohnungsbauunternehmen durch ihre absurde Sanierungspolitik diesen Prozess noch beschleunigt, habe ich bereits ausführlich erwähnt. Ungeklärte Eigentumsverhältnisse dürften, entgegen den Behauptungen der Stadt, nach 15 Jahren kaum noch eine Rolle spielen. Bis vor ein paar Jahren wurde mit größter Anstrengung, vor der ich großen Respekt habe, ca. 75% aller maroden Gebäude saniert. Es scheint aber nun fast aussichtslos zu werden, die restlichen 25 % schnellstmöglichst vor dem Verfall zu retten.

    Viele der unsanierten Häuser sind in privater Hand. Nach der Wende gingen westdeutsche "Normalbürger", die mit Immobilien noch nie was am Hut hatten, zwielichtigen Versprechungen, was den Immobilienmarkt im Osten (und insbesondere in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]) angeht, auf den Leim. Seit 15 Jahren besitzen viele Eigentümer in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] Häuser, ohne jemals ihr Objekt besucht zu haben. Ja, ihr habt richtig gehört: 15 Jahre haben die eine oder mehrere Immobilien in der Stadt, ohne ihnen auch nur einen Besuch abgestattet zu haben. Man hoffte, ohne große Anstrengung, ne Menge Kohle scheffeln zu können. Die gingen blauäugig auf die Versprechungen über hohe Renditen im Osten ein und sind nun in der Schuldenfalle gefangen. Von diesen Hauseigentümern ist es natürlich nicht zu erwarten, dass sie in Zukunft auch nur einen Cent in diese schönen, aber sehr maroden Gebäude stecken werden.

    Und das Häusersterben geht weiter. Praktisch erhielten die meisten akkut einsturzgefährdeten Häuser seit ihrer Entstehung vor über 100 Jahren keine umfangreiche Sanierung. Die Plattenbauten, meistens kaum älter als 20 Jahre alt, erhalten mindestens genauso viel Aufmerksamkeit, was die Sanierung angeht, wie die Altbauten.

    Das ist nicht nur ein Leipziger Problem, sondern ein Problem des ganzen Ostens. Aber vielleicht ist es in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] am Offensichtlichsten, weil diese Stadt deutschlandweit und mit großem Abstand die meisten Altbauten zu verbuchen hat. Dazu zwei interessante Artikel aus der Leipziger Volkszeitung von mir, die die gegenwärtige Lage sehr verdeutlichen.

    http://www.lvz-online.de/aktuell/content/151076.html\r
    http://www.lvz-online.de/aktuell/content/151076.html

    http://www.lvz-online.de/lvz-heute/151054.html\r
    http://www.lvz-online.de/lvz-heute/151054.html

    Hallo Dr. Mises,

    Ich dachte, dass dieses markante Eckgebäude, das auf dem Foto unterhalb des Felsenkellers zu sehen ist, vor ein paar Wochen rechtswidrig, weil ohne Zustimmung der Denkmalbehörde [lexicon='Leipzig'][/lexicon], abgerissen wurde. Ich selber hatte noch keine Gelegenheit, da ich nicht in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wohne, mir ein Bild von diesem Platz zu machen. Aber wie gesagt: Ich glaube, dass das Eckgebäude, das durch seine eigenwillige Bauweise hervortrat, nicht mehr an Ort und Stelle steht.

    Der Spacecowboy

    "Ich empfehle dazu den Beitrag "Klassenkampf mit Abrissbirnen", den Phillip auf der 2. Seite uns gepostet hat."

    Der Beitrag heißt natürlich "Klassenkampf mit Abrissbirne" und Philipps Namen habe ich auch etwas verstümmelt. Sorry!

    Zitat von "Booni"

    Hab übrigens grad mal nach News bzgl. der Funkenburg gesucht und hab noch ein weiteres Gebäude entdeckt, dass rechtswiedrig abgerissen wurde: Eine Gründerzeitvilla oder so an der Karl-Heine-Straße 30. Weiß jemand mehr?

    "Abriss am Felsenkeller


    Lindenau hat seit gestern ein imposantes Gebäude weniger: Spezialisten der Abrissfirma Caruso brachten die erste Fassadenfront des Geschäftshauses Karl-Heine-Straße 30 zum Einsturz. Sonntagabend soll von dem Gründerzeithaus nur noch ein Schuttberg übrig sein.

    Die Abbruchexperten rückten am frühen Morgen an, sperrten eine Spur der Zschocherschen Straße und begannen, einen Giebel des denkmalgeschützten Baus abzutragen. Als die ersten Steine zu Boden polterten und der erste Abrissbagger in Stellung ging, blieben Autos und Passanten stehen. Einige Plagwitzer schüttelten die Köpfe; andere attackierten die Bauleute verbal. Doch der Hauseigentümer hatte vorgesorgt: "Wir haben eine Abbruchgenehmigung, es ist alles korrekt", versuchte ein Mann in Schlips und Kragen die Aufgeregten zu beruhigen.

    In der Tat: Nachdem die stadteigene Wohnungsgesellschaft LWB schon einmal im Jahr 2001 vergeblich eine Abrissgenehmigung beantragt hatte, ist ihr ein zweiter Anlauf gelungen. Der Großvermieter konnte nachweisen, dass das vernachlässigte Gebäude einstürzen wird. Anlass dafür war eine Straßenbahnumleitung, durch die in den nächsten Wochen zahlreiche Bahnen die Gleiskurve nutzen werden, die unmittelbar am Haus entlang führt. "Bis zu 18 Fahrzeuge werden dann pro Stunde für enorme Erschütterungen sorgen", erklärte gestern LWB-Sprecher Gregor Hoffmann. "Die Decken der oberen Hausetagen sind ja schon vor einigen Monaten bis zur ersten Etage durchgebrochen."

    Dies hat auch engagierte Anwohner bewogen, ihren Wiederstand gegen den Abriss einzustellen. "Wir mussten die bittere Pille schlucken", sagte René Reinhardt von der Interessengemeinschaft Plagwitzer Geschäftsstraßen. "Aber die LWB hat uns zugesagt, das Grundstück anschließend als öffentlichen Platz zu nutzen und uns in die Gestaltung einzubeziehen." Reinhardt will dabei den Natursteinsockel des Hauses ebenso einbeziehen wie dessen charakteristische Elemente, zum Beispiel den alten Balkon.

    PDS-Stadtrat Reiner Engelmann befürchtet dennoch einen Identitätsverlust. "Das sieht hier bald aus wie am Adler in Kleinzschocher", prophezeit er. "Von der Ecke bleibt nur noch ein unansehnliches Loch." Er forderte gestern von der Verwaltung ein Rettungsprogramm für verfallsbedrohte Häuser, die für das Stadtbild unverzichtbar sind. "Das Rathaus muss seine Kräfte viele stärker auf solche wichtigen Gebäude konzentrieren", meinte er."

    Andreas Tappert

    © Leipziger Volkszeitung vom Freitag, 1. Oktober 2004


    Anmerkung: Als der Text geschrieben wurde, war noch nicht bekannt, dass die Denkmalbehörde in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] einen Abriss dieses Gebäude abgelehnt hatte. Die LWB - also quasi die Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] (da die LWB 100prozentige Tochter von ihr ist) hat somit rechtswidrig abgerissen. Ein Skandal, aber keine Konsequenzen für die Verantwortlichen. Der ganz normale Umgang mit historischem Bauerbe in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] eben. Ich empfehle dazu den Beitrag "Klassenkampf mit Abrissbirnen", den Phillip auf der 2. Seite uns gepostet hat. Dieser Beitrag passt zu den Leipziger Verhältnissen, wie die Faust auf´s Auge.


    Das Eckgebäude auf dem Bild, das uns Dr. Mises gepostet hat, ist die Kleine Funkenburg. Auch sie ist vom Abriss bedroht. Dass sie jetzt noch steht, ist allein dem Umstand zu verdanken, dass Bürger und Initiativen gegen den geplanten Abriss protestierten. Jetzt ist wieder alles offen, aber gewonnen ist noch nichts. Die Jahnallee, an der die Kleine Funkenburg steht, soll auf 4 Spuren ausgebaut werden. Der Ausbau ist dringend nötig, denn, wie Ben bereits anmerkte, ist die Straße wirklich nicht in Schuss (wobei 2 Spuren völlig genügen würden). Da noch der alte Elstermühlgraben wieder ans Tageslicht kommen soll, was ich sehr begrüße, ist der Ausbau mit der Kl. Funkenburg scheinbar nicht möglich. Architekten und Stadtplaner äußerten aber, dass der Elstermühlgraben unter der Funkenburg hindurchfließen könnte, das m.E. auch noch toll aussehen würde. Die Stadt blockt aber: zu teuer.

    Aschaffenburg ???

    Ich kenne diese Stadt ziemlich gut. Zugegeben, im Vergleich zu ihren hessischen Nachbarstädten Offenbach und Hanau, ist Aschaffenburg wirklich eine schöne Stadt. Sie wurde im Zweiten WK ähnlich stark wie andere Städte im Rhein/Main-Gebiet bombardiert. Der Wiederaufbau ging wesentlich behutsamer von Statten. Tja, ein Glück für diese Stadt, dass sie politisch zu Bayern gehört.

    Bei Aschaffenburg wäre ich allerdings weit entfernt, sie als gut erhaltene Stadt zu definieren. Die Bausünden der Nachkriegszeit sind in der Altstadt allgegenwärtig. Es gibt keinen Straßenzug, keine Gasse, in der nicht so ein wildcharmanter Betonklotz steht. Die Rekonstruktionen sind oftmals miserabel und halbherzig durchgeführt worden. Außerhalb des Zentrums herrscht genauso eine Nachkriegstristesse vor, wie in anderen Städten. Einem Vergleich mit den meisten Städten hier im Ranking, ist Aschaffenburg hoffnungslos unterlegen.

    Der Spacecowboy

    Hallo Rob,

    Ich gebe Dir recht, was Berlin angeht. Diese kalte, abweisende und seelenlose Architektur der Nachwendezeit ist wirklich übel. Ich war seit ca. 2 Jahren nicht mehr in Berlin, aber die Stadt schien mir damals sehr unübersichtlich und ungemütlich.

    Zu [lexicon='Leipzig'][/lexicon]: Wie gesagt, die noch allerhand vorhandenen, sehr originalgetreu sanierten und geschlossenen Gründerzeitviertel sind bedroht, denn es werden zunehmend Gebäude in diesen Vierteln abgerissen, die dann hässliche Lücken hinterlassen. Erste Ausmaße vor Ort kann man sich in der Friedrich-Ebert-Str. machen, wo schon das Henriette-Goldschmidt-Haus unsinnigerweise weichen musste. Demnächst scheint die Jahnallee mit dem Abriss der Funkenburg dran zu sein und die vom Bevölkerungsrückgang betroffenen Stadtteile im Osten der Stadt. Diese Viertel sollen dann mit vielen Grünanlagen wieder aufgewertet werden. Diese Maßnahme bedeutet meiner Meinung nach ein Verlust an Urbanität, die westdeutsche Großstädte krampfhaft versuchen wieder zu erlangen, und außerdem ist es ein nicht wieder gutzumachender Eingriff in städtisch gewachsene Strukturen.

    Vor ca. einem halben Jahr stand ein großer Bericht über [lexicon='Leipzig'][/lexicon] in der FAZ. Von der perforierten Stadt war da bereits die Rede. Was die eine Hand gerade geschaffen hat, schmeißt die andere wieder um, hieß es weiter im Text.

    Das Onlineangebot der Leipziger Volkszeitung hat zu diesem heiklen Thema extra ein neues Forum eingerichtet, in dem vorwiegend LeipzigerInnen zum Thema "Umgang mit Bauerbe" diskutieren. Für alle Interessierte hier der Link:

    http://www.lvz.de/db/forum/index.html?div=AAAAAAAAA_Bauerbe&sid=090974000110243161141b5c57be168d\r
    http://www.lvz.de/db/forum/index.html?d ... 5c57be168d

    Steelenser hat vollkommen recht. Gerade die Stadtteile von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] sind sehr attraktiv und mit keiner anderen Großstadt zu vergleichen. Hier ein Link mit Gohliser (Stadtteil nördlich der Innenstadt gelegen) Stadtansichten aus dem Fotoalbum [lexicon='Leipzig'][/lexicon], das uaoj36 bereits in seinem "Schwerpunkt [lexicon='Leipzig'][/lexicon]?" Beitrag gepostet hat.

    http://www.fotoalbum-[lexicon='leipzig'][/lexicon].de/bilder/fotos/Gohlis/thumbs_d/thumbs_p.html\r
    http://www.fotoalbum-[lexicon='leipzig'][/lexicon].de/bilder/ ... mbs_p.html


    Die Innenstadt von [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist zu 50% sehr gut erhalten. Die anderen 50% sind eher eine Katastrophe und eine Ansammlung von Nachkriegsbauten. Ich muss Philon völlig recht geben, denn was derzeit mit dem Zentrum passiert, ist wirklich alles andere als vorbildlich. Die Entkernung bis auf einige wenige historischer Fassaden denkmalgeschützter Gebäude auf dem riesigen Karstadtkomplex, ist reiner Etikettenschwindel, kein vorbildlicher Denkmalschutz.

    Hallo Dr. Mises,

    vielen, vielen Dank für die schönen Fotos. So ein Zufall: Ich war vor einiger Zeit in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] und habe das gleiche Eckhaus in der Beethovenstr. fotografiert. Leider habe ich noch nicht die technische Möglichkeit, Fotos ins Forum zu senden.

    Dieses Haus ist wirklich eins von vielen Schmuckstücken in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]. Wir dürfen uns davon aber nicht blenden lassen. Ein Drittel aller denkmalgischützten Gebäude in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], ihre Anzahl beträgt mehr als 12000, sind seit der Wende noch nicht saniert und massiv vom Verfall bedroht. Leider verfolgt die Stadt momentan eine "altbaufeindliche" Politik, weil sie vorgibt, dass die schlechte Immobilienlage der Stadt, eine Sanierung historischer Bausubstanz derzeit nicht zulässt. Die LWB (Leipziger Wohnungsbaugenossenschaft), 100prozentige Tochter der Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon], hat vor einiger Zeit ein imposantes und denkmalgeschütztes Geschäftshaus am Felsenkeller über Nacht rechtswidrig abgerissen. Die Denkmalbehörde wurde vorsätzlich übergangen. Sie hatte einen Abriss des Gebäudes im Vorfeld schon klar abgelehnt. Leider stehen noch viele Altbauten auf der Abrissliste, nicht nur die kleine Funkenburg.

    Ich wäre Dir weiterhin sehr dankbar, wenn Du noch weitere Fotos von historischen Gebäuden aus [lexicon='Leipzig'][/lexicon] hier ins Forum posten könntest (gern auch von unsanierten Gebäuden, damit wir - von Architektura - wissen, dass es in dieser Stadt noch viel zu tun gibt). Besonders die Stadtteile Gohlis, Schleußig, Plagwitz, Lindenau, Waldstraßenviertel oder die Südvorstadt scheinen ein Mekka historischer Bausubstanz zu sein.

    Der Spacecowboy