Also ich bin für einen Abriß dieses Bauwerks. Was ich von den baulichen Hinterlassenschaften von Diktaturen halte, habe ich ja bereits in der Forumsrubrik "Restliches Europa" dargelegt und dort ebenso für einen Abriß der Mussolini-Bauten in Südtirol plädiert (welche übrigens heute noch von italienischen Rechtsradikalen für Aufmärsche genutzt werden...).
Bei den hohen Kosten einer Sanierung darf man durchaus die Frage stellen, welche Nutzen sich daraus ergeben. Immerhin darf letztendlich der Steuerzahler dafür aufkommen. Und das Geld, das dafür ausgegeben wird, fehlt an anderer Stelle.
Bereits bei der Installation des Informationssystem (diese Metalltafeln) versuchte sich der OB zu rechtfertigen, daß man dafür keine anderen Geldquellen angezapft hätte – „Für das Reichsparteitagsgelände tun sie was, aber für unserern Kindergarten nicht“. Ein klares Zeichen dafür, daß Nürnbergs Bevölkerung Investitionen in diese Hinterlassenschaften ablehnt oder ihnen zumindest extrem kritisch gegenübersteht.
Und selbst wenn dafür keine anderern Finanzmittel angezapft werden, fehlt das Geld an anderen Stellen, da es anderweitig investiert werden hätte können, z.B. in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder den Bau neuer Grünanlagen.
Ein Abriß dieser Bauwerke bedeutet ja nicht, daß man diesen Teil der Geschichte verdrängt. Die Geschichte der Reichsparteitage ist aber sehr umfangreich dokumentiert. Wer sich mit dieser Geschichte befaßt, findet dazu umfangreiches Material, und für den ist es wichtiger, zu verstehen welchem Zweck diese Veranstaltungen dienten, wie dies umgesetzt wurde. Doch ist dazu nicht unbedingt die Erhaltung der baulichen Hinterlassenschaften nötigt: das Märzfeld wurde in den 60er Jahren abgerissen, und ganz offensichtlich empfindet den Abriß heute kaum jemand als Verlust.
Natürlich bin ich gegen eine Verdrängung, so wie dies München getan hat. Aber ich bin auch dagegen, die Reichsparteitage als wichtigstes Kapitel der Nürnberger Stadtgeschichte darzustellen oder den Namen der Stadt als „belastet“ hinzustellen.
Wichtig wäre jetzt, endlich mit einer umfassenden Pflege der gesamten Stadtgeschichte zu beginnen. Und dabei sollte die Geschichte der Reichsstadt Nürnberg eine zentrale Rolle spielen. Auch andere positive Aspekte der Stadtgeschichte – wie Nürnbergs Rolle als wirtschaftliches Zentrum des Königreiches Bayern – sollten viel stärker herausgearbeitet, dokumentiert und gepflegt werden als bisher.
Wenn Nürnberg die Pflege der Nazi-Geschichte aber noch stärker intensiviert als bisher, so befürchte ich auf Dauer tatsächlich einen beträchtlichen internationalen Imageverlust für die Stadt. Bisher verbanden Besucher aus dem In- und Ausland den Christkindlmarkt, die Burg, die Nürnberger Bratwürste und viele andere positive Aspekte mit der Stadt. Das dürfte aber naher Zukunft in den Hintergrund treten. Ausländische Investoren werden sich dann sehr genau überlegen, ob sie in einer Stadt mit so einem „braunen Image“ eine Niederlassung (wodurch ja Arbeitsplätze geschaffen werden…) eröffnet oder nicht.
Daher sollte man bei der Zeppelintribüne die Abrißbirne sprechen lassen und lieber andere, wichtigere Zeugnisse der Stadtgeschichte wie das Pellerhaus rekonstruieren. Weitere Rekonstruktionen in der Altstadt wären ebenso angebracht wie Sanierungen in anderen Altbauvierteln. Und wenn man über die Stadtgrenze nach Westen blickt, so wäre die Fürther Innenstadt ein guter Ort, um die gesparten Finanzmittel zu investieren.