Beiträge von DrZott

    Zitat

    D.h. dieses "Sozialisten-Blabla" bestand eigentlich darin, sich anzubiedern, indem man mit historisch ungerechtfertigten, herausgekehrten Hochhäusern investorenumschmeichelnd brillieren wollte ...

    Kannst Du bitte mal übersetzen, was es bedeutet, wenn "Sozialisten-Blabla" (?) darin besteht, sich anzubiedern, indem man (?) brilliert.
    Aber Du hast schon recht: wenn rollatorbewaffnete ältere Damen Dir bescheiden, daß sie "das" hassen, kann das nur "Sozialisten-Blabla" sein.
    Sorry - ich weiß nicht, was das hier soll ....

    zu #1184:
    Die "Kleinteiligkeit" der Leipziger Innenstadt gibt es schon seit über 100 Jahren nicht mehr. Oft wird ja auf die mittelalterliche Kleinteiligkeit rekurriert, die spätestens mit den Messepalästen aufgehoben und überbaut wurde. Das Zentrum Leipzigs ist ein sehr heterogenes Gebilde aus diversen Epochen, Baustilen und Gebäudegrößen - etwas, das meiner Meinung nach auch ihren besonderen Reiz ausmacht.
    Auch die in dem Foto gezeigte Perspektive ist temporär und nur durch die fehlende Bebauung der gegenüberliegenden Seite möglich

    Huch, was ist denn hier los? :cool:
    Der / das "Klotz" / "Hochbunker" / "Hochregallager" (zutreffendes bitte aussuchen), derdiedas selbstredend nicht einmal von der Stasi so verbrochen wurde, steht freilich nicht an exponierter Stelle, sondern dort, wo zu unerreichbar guten Zeiten ein Konglomerat aus Innenhöfen und Hinterhäusern stand. Folgerichtig wurde es - diesmal das Bildermuseum - auch nie als Solitär geplant. Von Anfang an sollte es mit Winkelbauten eingerahmt werden. Die auf dem letzten Bild gezeigte Ansicht wird es es dieser Form alsbald nicht mehr geben.

    Vielen Dank, thommystyle™, für die ausführlichen und aufschlußreichen Darstellungen!
    Sie bringen einen anderen Aspekt ein: den, was ein Kirchenbau heute kann und wie ein Kirchenbau heute realisiert werden kann. Dazu vermag ich leider nichts zu sagen.
    Ich wehre mich aber dagegen, St Tinnitus mit billigen Bunker- und Platenbauvergleichen abzukanzeln. Vor allem sehe ich aber nirgends einen negativen Einfluß des Baus auf eine Umgebung, die so, wie behauptet, gar nicht vorhanden ist.

    Sorry, jetzt überschätzen Sie die Kirche aber, wenn Sie ihr einen negativen Einfluß auf hunderte Meter entfernte Altbauten zutrauen. Zumal es schlicht falsch ist, wenn Sie "gründerzeitliche Quartiere" dort vermuten. Der Status-quo ist übrigens auch kein Argument gegen die Kirche.
    Wenn die Kirche also Gründerzeitquartieren schaden soll, die aufgrund des Status-quo gar nicht vorhanden sind, dann weiß ich auch nicht mehr. Ich argumentiere auch nicht pro autobahnartige Schneisen - deren Vorhandensein widerspricht aber dem behaupteten umittelbar negativen Einfluß aufs olle Neue Rathaus.

    Die nächsten Gründerzeitler dürften in Harkort-, Dimitroffstraße sein: https://www.google.de/maps/place/Lei…c67d35107c0b9e9
    Die freien Flächen dazwischen bleiben aber definitiv nicht frei. Dort bleiben keine Sichtbeziehungen bestehen.

    Sorry, Atticus, aber unser Diskussionsobjekt steht im städtebaulichen Niemandsland. https://www.bing.com/maps/?v=2&cp=s…y=b&form=LMLTCC
    Ringsum darf man nette Brachen genießen. Da wird kein Gründerzeitbau angegriffen.
    Das nächste Gebäude in diesem Kontext ist das Neue Rathaus - dazwischen lauern jedoch gut gewachsene Bäume nebst Abstandsgrün, eine autobahnänliche Straße inklusive Straßenbahn und diverse Fußwege.
    https://www.google.de/maps/search/Ho….335396!6m1!1e1
    https://www.google.de/maps/search/Ho….335396!6m1!1e1
    Das Neue Rathaus ist übrigens auch nach einem massiven Abriß mittelalterlicher Stadträume entstanden.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Plei%C3%9Fenburg

    Selbst wenn man das Gefühl hat, gegen einen allgemeinen Tenor eine andere Meinung zu vertreten, braucht man kein Forum zu verlassen. Zumal hier in diesem Forum diese Gefahr gerade nicht besteht! St Tinnitus wird ja allgemein negativ bewertet - übrigens auch im DAF.

    Ich versuche nur ein wenig die falschen Kriterien abzuwehren: von "billig, einfallslos, lieblos und hässlich" über "Verbrechen an der Menschheit" bis hin zu "Brutalismus" und "Plattenbau" sehe ich hier nämlich nichts. Auch halte ich es für fraglich, dass ein Entwurf sich am Vergangenen messen lassen muß. Ich habe auch meine Probleme mit dem Kriterium "nimmt Bezug auf die Umgebung" - womit nimmt man denn korrekt Bezug auf die Umgebung? Das scheint mir sehr schwammig.

    @ LiebeDeineStadt: ja - das Gürteltier hat in der Tat etwas. Obwohl es aus meiner Sicht too much wäre.

    Was wäre denn jetzt besser? Ein "dreistes Plagiat" eines gotischen Langhauses oder einer Basilika - eines Rundbaus? Welche Formen sind denn noch nicht erfunden und wären eine "wesentliche Weiterentwicklung der Kirchenbauten"??? Man kann einem Gebäude wohl kaum vorwerfen, dass seine Kubatur schon irgendwo existiert.
    Nebenbei bemerkt, ist unsere umstrittene Kirche ein Solitär und kein Übergang zu einem Altbau wie in Deinem Beispiel.
    Eine völlig neue Form wäre dann so etwas wie das Gürteltier (http://www.deutsches-architektur-forum.de/forum/showpost…9&postcount=144) aus den Wettbewerbsentwürfen, das aber am Ende noch weniger zur Umgebung passte ...
    @ Retro79: daß Rekonstruktion "nur die Funktion alter Gebäude wieder ins Leben zurückzuholen versteht", habe ich nirgendwo behauptet - würde ich auch nie. ;) Aber es gehört eben AUCH dazu. D'Accord?

    @ Fusajiro: Was, bitte, ist die "DDR-Struktur des Gebäudes"??? Das da?
    Im Übrigen haben wir es hier weder mit Sichtbeton (das Zeug heißt Porphyr) zu tun noch mit einem Flakbunker . Ehrlich gesagt ist die Repetition dieser Vergleiche (Plattenbau, Flakbunker, ..) auf Dauer auch höchst öde. Und wenn man unter "Grafik"gemeinsam mit dem Duden die "künstlerische, besonders zeichnerische o. ä. Gestaltung von Flächen" versteht, dann kann man hier durchaus eine grafische Struktur erkennen. Eine derartige Aussage hat sogar eine neutrale Konnotation. Da mit Bauklötzern zu kommen, ist in der Tat infantil.
    Da zu guter Letzt "Rekonstruktion" so etwas wie Wiederherstellen bedeutet, darf ich darauf aufmerksam machen, dass unsere hier diskutierte Kirche durchaus etwas wiederherstellt: einen Teil der ehemals am Leuschnerplatz existierenden Bebauung.

    Grandios!

    Dieser Vergleich erinnert mich ganz stark an hunderte andere besonders gelungene Vergleiche!

    ... schon hundertmal geschrieben!!!

    Tolle argumentative Entwicklung  sleep:)

    Tja, was soll's - ein Turm ist ein Turm ist ein Turm, und ein rechteckiger Turm ist ein rechteckiger Turm ist ein rechteckiger Turm ... Auch im Jahr 2060 wird ein rechteckiger Turm an einen rechteckigen Turm erinnern.

    @ Der Münchner: sehr interessante Sicht, die verdeutlicht, daß man als Eingeborener doch oft recht betriebsblind die eigene Stadt betrachtet.
    Erstaunlich ist jedoch in der Tat, welche Eindrücke Sie erfahren haben.
    Das Wesen der Leipziger Innenstadt ist in der Tat gerade das Nebeneinander von barocken, gründerzeitlichen, modernen, DDR- und Nachwendebauten. Dies kann man durchaus als Bruch konnotieren - ich sehe hier eine angenehme Vielfalt und Abwechslung. Mit Ruinen und Brachen können wir in der unmittelbaren City kaum noch dienen. Trotz allen Widersprüchen hat die Innenstadt dennoch mehr Vorkriegsware als die meisten vergleichbaren Städte in Deutschland.
    Verwundert hat mich Ihr Statemant, wonach die Innenstadt kaum erkennbar sei - ist sie doch deutlich abgegrenzt. Nun ja - "Es gibt keine falschen Eindrücke." (Fontane)
    Die zusammenhängenden Gründerzeitviertel - die wahrscheilich Leipzigs prägendstes städtebauliches Merkmal bilden - sind nicht sehr weit von der City entfernt. Gerade Südvorstadt, Waldstraßenviertel und Zentrum Nord darf ich hier nennen.
    Was [lexicon='Leipzig'][/lexicon] natürlich fehlt - da nie Residenzstadt oder Bischofssitz - sind die wirklich herausragenden Bauten. Die haben wir in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nicht. Und unser großes Problem sind die sogenannten Einfallstraßen und - so es sie noch gibt - großflächigen Industrieruinen.
    Vielleicht finden Sie ja noch einmal Gelegenheit, die eher charmante Seite Leipzigs kennenzulernen - das würde mich sehr freuen!

    Vor langer Zeit kam mir eine Statistik in die Finger über die Quantitäten des erhaltenen Altbaubestands in deutschen Städten. Danach ist natürlich Berlin einsame Spitze, weit vor allen anderen deutschen Städten rangierend. Nur leider ist dieses baugeschichtliche Kapital weitgehend totes Kapital, da die meisten Stadtteile aus überwiegend entstuckten Altbauten bestehen, in zahllosen Straßen hat sich keine einzige Stuckfassade erhalten. Auch die prachtvollen Fassaden am Anfang der Pariser Straße sind eine insulare Erscheinung; schon die Nachbarbauten wurden vor nicht langer Zeit ohne Neubestuckung renoviert.

    Vielleicht hilft das:
    Wohnungsbestand Berlin
    Altbau bis 1918: 522.200
    Altbau 1919-1948: 282.700
    Neubau ab 1949: 1.094.400

    http://passthrough.fw-notify.net/download/12286…ericht_2013.pdf S 39

    Zum Vergleich Wohnungsbestand [lexicon='Leipzig'][/lexicon]:
    Altbau bis 1918: 110.000
    Altbau 1919-1948: 63.000
    "Alt"bau 1949-1990: 95.000
    Neubau seit 1991: 58.000

    Quelle Monitoringbericht_2013_14_web.pdf

    @ Dirk:

    - in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wurde Anfang der neunziger Jahre nahezu der gesamte Baubestand vor 1918 unter Denkmalschutz gestellt
    - die sogenannte Denkmal-AfA sorgt dafür, daß Investitionen in diese Denkmale attraktiv waren / sind / bleiben
    - je höher der Anteil der Denkmalsanierung an den Investitionskosten, desto höher die Abschreibungssumme
    - deshalb werden alte Photos und Baupläne gewälzt, um noch jeden Stuckpfau wieder herzustellen
    - [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wächst - für die sanierten Wohnungen gibt es genug Mieter
    - gleichzeitig "muß" man attraktive Wohnungen anbieten, da in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] immer noch ein Mietermarkt herrscht
    - inzwischen ist ein Niveau erreicht, bei dem ein Großteil der Nachfrage einen bestimmten Sanierungsgrad erwartet - bei relativ niedrigen Mieten
    - es ist einfach genügend Potential da - der Stuck wurde auch kaum abgehackt


    Wenn man unmittelbar davor steht, ist es ein unerträgliches Machwerk. Es ist eine Karikatur der einstigen Kirche. Die atheistische Zweckbestimmung des jetzigen Baus muss wie der gewollte Triumph über das Christentum erscheinen, das als bedeutungslos geworden erhofft wurde. Nein, dieser Veranstaltungssaal ist keine Kirche, er steht nur an der Stelle einer einstigen. Die Paulinerkirche hätte insgesamt rekonstruiert werden müssen. Offensichtlich konnten sich jedoch die Kräfte durchsetzen, die dies zu verhindern zielten.

    Lieber gar kein Wiederaufbau als das, was jetzt dasteht.

    Ich kann dem nur meine eigene Beobachtung entgegenstellen: Mit dem Neubau ist es gelungen, einen Teil der Westkante des Augustusplatzes auf hervorragende Weise zu schließen. Die Fassade ist ein Novum in ihrer Optik, sehr dynamisch, modern und mit veränderten Lichtverhältnissen auch sehr abwechslungsreich. Sowohl das Fassadenmaterial als auch die Form der "Kirche" fordern vom Betrachter erfolgreich Aufmerksamkeit. Das Paulinum ist eindeutig in seiner Formensprache als Kirche lesbar. Eine Karikatur ist keineswegs zu erkennen - allein die Monumentalität des Paulinums ist, so man davorsteht, beeindruckend! Die unsymmetrische Optik wirkt eher als moderne Interpretation, denn als Persiflage. Wo hier ein "gewollter Triumph über das Christentum" erkennbar sein soll, ist mir schleierhaft. Sie haben Recht: der Bau ist keine Kirche - er ist mehr als das; im architektonischen wie im inhaltlichen Sinne. Er ist vor allem mehr und größer als der abgerissene und mehrfach umgeformte Vorgängerbau.
    Insgesamt ist der Augustusplatz jetzt nahezu komplett. Sobald man sich in eine andere Richtung dreht, erkennt man andere Epochen, andere Baustile, andere Zeiten - jeder Bau hat seine Berechtigung und Kraft. In der Fernwirkung ist eine beeindruckende Torsituation zur Grimmaischen Straße entstanden.

    Die sehr zu preisende Dokumentation Stahlbauers über unter anderem die Innenstadt zeigt Neubauten, sanierte Gebäude - aber auch Baulücken und unsanierte Gebäude. Diese sind recht unterschiedlich über die Leipziger Innenstadt verteilt. Ich erlaube mir einmal, eine Übersicht anzuhängen, die die Baulücken (pink) und unsanierten Gebäude (grün) hervorhebt. Wie man sieht, herrscht besonders in der nördlichen Innenstadt noch erheblicher Baubedarf:

    Der SPIEGEl beschäftigt sich mit dem

    http://www.spiegel.de/kultur/gesells…,712632,00.html

    Ach, lieber Leipziger, haben wir in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nicht andere Baustellen als diese inzwischen nervende Hänsel-und-Gretel-Fassade? Tut mir leid, aber das Problem in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] sind die Magistralen, sind die Viertel im Osten und Westen, sind die schmerzhaften Lücken in den Gründerzeitquartieren, sind "Oelsners Hof" und Co. DORT wäre Engagement notwendig.

    Meines Erachtens katastrophale. Denn in diesem Sinne fielen viele Gebäude aus der Denkmalliste und könnten mit oben genannter Abschreibungsart nicht mehr abgeschrieben werden. Einer der wesentlichen Gründe für den Erfolg der Denkmal-Afa in unserem Sinne in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ist ja auch darin zu sehen, daß in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] knapp 15.000 Gebäude unter Denkmalschutz stehen - eben auch die Masse an Altbauten in den innerstädtischen Gebieten. Momentan wird aber noch diskutiert, wie die Folgen konkret aussähen. Die Leipziger Denkmalstiftung ist da auch gerade dran: http://www.leipziger-denkmalstiftung.de/Home.2.0.html

    Eventuell noch ein paar Zusatzinfos:
    http://www.das-baudenkmal.de/denkmalschutz/…CFUgz3wodeUYPew
    http://www.denkmalschutz.in/Denkmalschutz-AfA.html