Beiträge von Rothenstein

    Heute geht's einmal von Westen nach Osten durch die südliche Altstadt, sprich durch die Lorenzer Altstadt. Die Lorenzer Altstadt ist im Gegensatz zur Sebalder Altstadt deutlich mehr geprägt von der Funktion als Geschäftszentrum der Stadt.

    Hier die heutige Route:

    Wir beginnen also am Plärrer, dem wichtigsten Verkehrsknotenpunkt Nürnbergs, gehen nordöstlich am Spittlertorturm vorbei in die Ludwigstraße und gelangen über den Jakobsplatz und Weißen Turm schließlich in die Karolinenstraße. Die Karolinenstraße ist die wichtigste Einkaufsstraße Nürnbergs mit großstädtischem Charakter und führt direkt auf die Lorenzkirche mit ihrer imposanten Westfassade zu. Danach geht es über den Lorenzer Platz und die Lorenzer Straße, die beide trotz ihres Namens heutzutage eher ein Schattendasein führen, zum Marientor. Zum Abschluss geht es dann entlang dem Königstorgraben zum Hauptbahnhof.

    @ Rothenstein: Deine Sicht der Dinge ist nun mal sehr subjektiv und kann immerhin leicht mit Fakten widerlegt werden

    Ich glaube, dass die Beurteilung des Stadtbildes oder der Atmosphäre einer Stadt teilweise immer subjektiv bleiben muss, nicht nur, wenn ich dazu etwas schreibe. Es gibt natürlich auch objektive Daten dazu, die aber häufig der Interpretation und Einordnung bedürfen.

    • Die These "Nürnberg sei zu einer B-Stadt abgesunken
      Wahr ist, Nürnberg ist spätestens ab Anfang des 18. Jahrhundert nichts anderes als eine gewesen, erlebt aber seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine kontinuierliche ökonomische Entwicklung nach oben. Leicht ist das an den Einwohnerzahlen abzulesen. Während Städte wie Leipzig oder Dresden im Vergleich zur Vorkriegszeit massiv an Einwohnern verloren (und auch an ökonomischer Bedeutung) und nach der Wiedervereinigung durch massive Eingemeindungen gegensteuern konnten (Dresden hat bspw. eine doppelt so große Stadtfläche), ist es Nürnberg gelungen sich Stück für Stück nach vorne zu arbeiten.
      Etwas veraltet aber als Quelle geeignet: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Großstädte_in_Deutschland

    Die Bezeichnung A-Städte und B-Städte sind Kategorien der Immobilienwirtschaft. A-Städte in Deutschland sind die vier Millionenstädte Berlin, Hamburg, München und Köln, sowie drei weitere, kleinere Städte mit internationaler Ausstrahlung: Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart.

    Selbstverständlich haben Leipzig und Dresden unter der deutschen Teilung massiv gelitten. Leipzig war vor dem Zweiten Weltkrieg mindestens ebenbürtig zu Frankfurt, und Dresden war eine Kulturstadt von europäischem Rang; sie wären vor dem Krieg quasi A-Städte gewesen. Nürnberg war auch schon zu jener Zeit von minderem Rang.

    Solche Dinge lassen sich auch ganz gut an der Architektur um 1900 ablesen; diese ist in Nürnberg längst nicht so prachtvoll wie in den sächsischen Städten oder Berlin. Nürnberg erlebte einen langen Niedergang im 17. und 18. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert kam es zwar, wie im übrigen in allen deutschen Städten, zu einem starken Bevölkerungswachstum, aber relativ gesehen verlor Nürnberg immer mehr an Bedeutung, nicht zuletzt wegen des bayerischen Zentralismus, der auf München und Oberbayern ausgerichtet ist.

    Auf der anderen Seite hat die relative Bedeutungslosigkeit zwischen Ende des Dreißigjährigen Krieges und Beginn des Zweiten Weltkrieges dazu geführt, dass die Altstadt Nürnbergs mehr vor Veränderungen als in anderen, dynamischeren Städten geschützt war. Heute merkt man der Stadt ihre Ideen- und Konzeptlosigkeit an; es fehlt das intellektuelle Kapital.

    Bayern hat Nürnberg ja u.a. auch seine Universität und damit seine intellektuelle Bedeutung genommen, was mit zum Niedergang beigetragen hat. Nürnberg ist die größte deutsche Stadt ohne eigene Universität (die Universität Erlangen-Nürnberg ist ja im wesentlichen eine Erlanger Universität). Der Bildungsstand in Nürnberg ist, für mich wenig überraschend, so niedrig wie in kaum einer anderen deutschen Großstadt.

    Beim Akademikeranteil in der Gruppe der 14 Städte über 500.000 Einwohner nimmt Nürnberg den 11. Rang ein, also gerade noch vor den Ruhrgebietsstädten Essen, Dortmund und Duisburg, aber hinter allen anderen Städten.
    Quelle: https://www.comdirect.de/cms/ueberuns/d…i1088_0767.html

    Das Armutsrisiko in Nürnberg ist höher als in allen anderen dieser 14 Städte mit Ausnahme von Dortmund. Und das merkt man der Stadt auch an, wenn man die vielen Rentner sieht, die im Müll nach Pfandflaschen kramen.
    Quelle: https://www.sueddeutsche.de/bayern/erschre…droht-1.3930929


    • (...)
    • Die These, Nürnberg sei Stolz darauf "nicht hässlicher zu sein als Offenbach, Mannheim, Pforzheim oder Duisburg, die gesellschaftlich eine ähnliche Struktur haben". Tatsächlich landet die Stadt in internationalen Befragungen unter Expats immer wieder auf sehr guten Plätzen. Zuletzt hat Mercer für Nürnberg Platz 23 ermittelt, hinter München (3), Düsseldorf (6), Frankfurt am Main (7), Berlin (13), Hamburg (14) und vor Stuttgart (27) sowie Leipzig (60). Kriterien sind u.a. soziale, politische, wirtschaftliche und umweltorientierte Aspekte sowie Gesundheit, Bildungs- und Verkehrsangebote sowie andere öffentliche Dienstleistungen etc.
      Übrigens, beim gesondert befragten Thema Sicherheit landen Düsseldorf, Frankfurt, München und Nürnberg gemeinsam auf Platz 11, vor Stuttgart auf Platz 17 und Berlin mit Hamburg auf Platz 28. Du hattest meiner Erinnerung nach ja suggeriert, Nürnberg sei ein Kriminalitätshotspot...
      https://www.mercer.de/newsroom/quality-of-living-2019.html

    Wie Mercer das macht, weiß ich nicht; über diese Befragung habe ich mich schon oft gewundert. Allerdings sind sicherlich auch die Ansprüche der Expats verschieden; vielleicht sind die wenigen Expats, die es nach Nürnberg verschlägt, einfacher zufriedenzustellen. In Nürnberg gibt es ja, im Vergleich zu München, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf etc., in denen sich bedeutende Unternehmenssitze, Banken, internationale Großkanzleien und Forschungsaktivitäten konzentrieren, anteilig viel weniger interessante Stellen.

    Was die Sicherheit angeht, so ist ja bekannt, dass Nürnberg 2017 die unsicherste Stadt in Bayern war.
    Quelle: http://www.nordbayern.de/region/nurnber…yerns-1.5880901

    Außerdem habe ich einmal eine Stichprobe gemacht und mir für 2017 die Straftaten gegen das Leben in verschiedenen deutschen Städten angeschaut. Verglichen mit Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt, Hamburg, Dresden und München hatte Nürnberg die höchste Rate an Straftaten gegen das Leben bezogen auf die Einwohnerzahl. Dies waren absolut gesehen 49 Delikte, davon 13 Morde und 25 Totschlagsdelikte. In den etwa gleich großen Städten Dresden und Düsseldorf waren es halb so viele.

    @ Rothenstein: Deine Sicht der Dinge ist nun mal sehr subjektiv und kann immerhin leicht mit Fakten widerlegt werden

    • (...)
    • (...)
    • Das Stadtbild sei nicht attraktiver als das von Frankfurt oder Stuttgart.
      Nunja, es ist schwer direkt zu Vergleichen, den Geschmäcker sind verschieden. Als Teilzeit-Frankfurter, der in dieser häufig unterschätzten Stadt gern lebt, kann ich das aus meiner Sicht das nicht teilen. Hier mal ein Paar Impressionen aus der vormaligen Altstadt Frankfurts, einen Steinwurf entfernt vom Römer, nur mal so als Vergleich zu deinen Bildern aus Nürnberg...

    Selbstverständlich ist Frankfurt eine Katastrophe im europäischen Vergleich. Im Vergleich zu Nürnberg besticht Frankfurt aber durch den Römerberg (ich denke, auch objektiv besser als der Hauptmarkt in Nürnberg), durch den viel schöneren und ausgedehnteren Gründerzeitgürtel um die Altstadt herum, durch teilweise gelungene, beeindruckende moderne Architektur (die Hochhäuser), und neuerdings durch die sehr kleine, aber hübsch wieder aufgebaute Altstadt um den Hühnermarkt.

    Oder hier, aus der französischen Perspektive des Jahres 2018:

    Il est des villes dont le nom résonne d'un écho tragique dans les profondeurs de l'histoire. Associée au nazisme, Nuremberg appartient à cette catégorie de destination dont tout le monde connaît le nom mais qu'on ne sait plus très bien où situer et encore moins ce qu'on peut y voir.


    C'est dire si la surprise est totale de découvrir quasi à mi-chemin entre Francfort et Munich une cité médiévale digne du décor d'un opéra de Wagner: épais remparts semés de tours rondes, rues bordées de maisons à pan de bois et à pignons ouvragés, rivière d'opérette, petits ponts bossus, forteresse majestueuse… Quel charme! On est loin de l'image d'une ville allemande reconstruite et industrielle. Entrée dans l'histoire contemporaine par les parades du national-socialisme, dont on voit encore le théâtre quasi intact, Nuremberg en sort après la guerre en ruines par un procès retentissant qui scelle son destin. Mais dans cette ville où le devoir de mémoire est presque une affaire d'État, les contrastes saisissent le voyageur.

    Dès les premiers pas dans le cœur médiéval de Nuremberg, on peine à croire que la ville a été détruite à plus de 90 % par des bombardements alliés. Sa reconstruction quasi à l'identique, en partie financée par les Américains qui ont occupé la ville jusque dans les années 1990, est dans le genre un petit chef-d'œuvre. On se croirait dans le quartier de la Petite France, à Strasbourg, quand on voit la silhouette en grès rose de l'hôpital du Saint-Esprit, échoué sur un îlot de la rivière Pegnitz, ou quand on emprunte la Trödelmarkt.

    Man sei also weit vom Bild einer deutschen, wiederaufgebauten Industriestadt entfernt; der Wiederaufbau sei gleichsam identisch zum historischen Vorbild erfolgt, voller Charme, und sei ein kleines Meisterwerk in diesem Genre.

    Wie kommt man nur zu diesem Urteil? Bewertungen (gefällt/ gefällt nicht) sind das eine, aber Fakten (identisch rekonstruiert... oder eben nicht) das andere.

    Wir sind uns wohl einig darin, dass die Bewertung des Wiederaufbaus Nürnbergs uneinheitlich ist. Ich möchte hier einmal einige Stimmen zu Wort kommen lassen, die ich für bemerkenswert halte.

    Hier aus der New York Times des Jahres 1984, als der Wiederaufbau Nürnbergs als weithin abgeschlossen und gelungen galt - auch jenseits des Atlantiks:

    [...] Nuremberg has been splendidly rebuilt. Proposals for an entirely new city were rejected in favor of a plan that called for patching up as many of its historic monuments, majestic Gothic churches and patrician houses as could be salvaged from the wreckage while simultaneously reconstructing the rest of the old town, using the materials that had characterized Nuremberg for centuries, especially sandstone. Where walls, towers, fountains, bridges and burgher mansions could not be simply put back together stone by stone, gargoyle by gargoyle or gable by gable, new buildings expressing the vaulted, steep-roofed, turreted architectural spirit of the Middle Ages and the Renaissance took their place. Planners adhered faithfully to the old maps and property lines. They preserved the jumble of narrow, crooked, old cobblestone streets so that even Durer and Behaim would easily find their way.

    The rebuilding took 38 years. It was not until last spring that reconstruction of the half-timbered chatelain's house within the Kaiserburg, the Imperial Castle, was completed.

    The view from that mighty fortress, built between the 12th and 16th centuries on a bluff high above the city, is of a Nuremberg remarkably resuscitated - a jigsaw puzzle of gabled roofs, slender church spires, towers and bastions, a crazy quilt of streets, lanes and courtyards, bisected by the meandering Pegnitz River, and all girded by three miles of massive walls and moats that encircle the old town like a huge stone corset. No other major city has so effectively recaptured the appearance of its medieval past, and few others of its size - nearly a half million population - have as much appeal to visitors.[...]

    Natürlich wird in Amerika Nürnberg immer primär als Stadt der Reichsparteitage und der Nürnberger Prozesse wahrgenommen. Die historische Stadt ist im wesentlichen Beiwerk, das man mitnimmt - dafür bekommt es in dem Artikel relativ breiten Raum.

    @ Rothenstein:

    • Zähle doch mal auf welche Städte "in dieser Größenordnung" (also offenbar nicht das von dir stets erwähnte Rothenburg o.d.T oder eben Freudenstadt) aus deiner Sicht "besser" sind und weshalb genau?
    • Oder erkläre doch mal konkret was du verändern würdest?
    • Und welche "verdreckten Viertel" um die Altstadt meinst du?

    d.


    Um auf deinen zweiten Punkt zurückzukommen: Man müsste im Prinzip großflächig abreißen, allerdings würde ich das gegenwärtig nicht empfehlen, sonst enden wir eben so wie im Augustinerhof oder den Sebalder Höfen.

    Und was deinen dritten Punkt angeht, frage ich mich gerade, welches Viertel um die Altstadt herum denn nicht verdreckt sei? Da fallen mir allenfalls einige Bereiche der Nordstadt ein, insbesondere das Gebiet um den Kaulbachplatz ist eines der wenigen attraktiven Viertel um die Altstadt herum (https://www.google.com/maps/@49.46330…!7i13312!8i6656), dann noch Teile von Johannis, die aber durch billige Wiederaufbauarchitektur zu einem großen Teil entwertet sind (https://www.google.com/maps/@49.45859…!7i13312!8i6656), und dann vielleicht noch die Jugendstilarchitektur am Prinzregentenufer, die sich aber in ganz wenigen Häuserzeilen erschöpft (https://www.google.com/maps/@49.45324…!7i13312!8i6656).

    Oder wolltest du etwa behaupten, der Bereich um den Plärrer (https://www.google.com/maps/@49.44803…!7i13312!8i6656), oder gar das Südstadt-Ghetto (https://www.google.com/maps/@49.44005…!7i13312!8i6656) seien nicht verdreckt? Oder die Ausfallstraßen (https://www.google.com/maps/@49.45853…!7i13312!8i6656) seien ein Ausbund an Schönheit?

    Wer Nürnbergs Innenstadt in seiner Gesamtheit unter Frankfurt a.M. oder gar Stuttgart stellt, der disqualifiziert sich für weitere Ausführungen.


    Um noch einmal auf den Vergleich zurückzukommen und was an Nürnberg so schlimm sei: Nun, ich erkenne durchaus an, dass Nürnberg noch zahlreiche Einzeldenkmale besitzt, die man in dieser Zahl und Qualität eben kaum oder gar nicht in anderen deutschen Städten dieser Größenordnung findet. (Wobei deutsche Städte natürlich außerordentlich arm an solchen Einzeldenkmalen sind, und deswegen der Einäugige unter den Blinden gefeiert wird.) Es handelt sich dabei aber eben um Einzeldenkmale, nicht um städtebauliche Gesamtleistungen.

    Insgesamt ist Nürnberg nicht attraktiver als Städte wie Frankfurt oder Stuttgart, nicht zuletzt deswegen, weil die beiden letztgenannten erstens noch attraktive Gründerzeitviertel aufweisen und daneben auch wirklich interessante, großartige moderne Architektur zu bieten haben, wie beispielsweise die Neue Staatsgalerie in Stuttgart oder die Hochhäuser in Frankfurt. Man merkt den beiden Städten auch an, dass sie eine ganz andere Bedeutung im weltweiten Städtegefüge haben als das Nürnberg des Jahres 2019, das schon lange zu einer B-Stadt abgesunken ist und keinerlei Ambitionen hat, dies jemals zu ändern. Man hat sich ja hier zwischen Bratwürsten, Lebkuchen, Nazi-Grusel, Multikulti und Fünfzigerjahre-Mief ganz gut eingefunden und ist stolz darauf, nicht hässlicher zu sein als Offenbach, Mannheim, Pforzheim oder Duisburg, die gesellschaftlich eine ähnliche Struktur haben.

    Im übrigen will ich gar nicht verhehlen, dass mein Urteil auch emotional geprägt ist. Es ist einfach furchtbar bitter, wenn man weiß, wie Nürnberg früher ausgesehen haben muss, wenn also gewisse Erwartungen trotz aller Zerstörungen vorhanden sind, und man dann damit in die real existierende Stadt kommt. Deswegen polarisiert Nürnberg hinsichtlich seines Wiederaufbaues und seines heutigen Stadtbildes wie wohl wenige andere Städte.

    Von Duisburg, Essen und Dortmund erwartet man nichts anderes. Leider kann sich Nürnberg, und im übrigen auch Köln, heute eher mit diesen dreien messen als mit, sagen wir: Lyon oder Bologna, oder den meisten anderen europäischen Städten von historischer Bedeutung. Die wenigen, beziehungslos herumstehenden Kirchen und sonstige historische Restbestände wirken entwürdigt und deplaziert in einem Meer von Belanglosigkeiten, Geschmacklosigkeiten und Hässlichkeiten.

    Und trotzdem ist man es in Nürnberg, wie auch in Köln, zufrieden. Man meint, noch einmal davongekommen zu sein, und entwickelt deswegen auch keinerlei Ehrgeiz, das eigene Stadtbild zu verbessern. Dabei muss doch jedem, der das jeweilige Stadtbild in seiner Entwicklung kennt, einleuchten, dass Nürnberg wie auch Köln ein hässliches Entlein ist, das man nicht ernsthaft in eine klassische Tour europäischer Städte von Rang und Namen aufnehmen würde.

    @ Rothenstein:

    • Zähle doch mal auf welche Städte "in dieser Größenordnung" (also offenbar nicht das von dir stets erwähnte Rothenburg o.d.T oder eben Freudenstadt) aus deiner Sicht "besser" sind und weshalb genau?
    • Oder erkläre doch mal konkret was du verändern würdest?
    • Und welche "verdreckten Viertel" um die Altstadt meinst du?

    d.

    In vielen deutschen Städten gibt es noch historische Platzanlagen und Ansichten, die entweder ganz oder teilweise erhalten bzw. rekonstruiert worden sind.

    Dresden hat seine innerste, höfische Altstadt zu großen Teilen rekonstruiert; die Elbsilhouette, aber auch ganze Plätze wie der Theaterplatz sind wunderschön und ohne modernistische Zutaten, die einem alles versalzen, genießbar. Dazu kommen natürlich die unvergleichlichen Villenviertel, die kaum zerstört wurden und Dresden immer noch umgeben. Das Problem ist das Fehlen der bürgerlichen Altstadt, und der Ring von Plattenbauten um die höfische Altstadt.

    Leipzig wollen wir mal gar nicht vergleichen. Hier ist noch so viel erhalten, dass sich ein Vergleich mit dem hässlichen gerupften Entlein verbietet.

    In Stuttgart wird es schwieriger. Aber auch der Schillerplatz ist ganz weitgehend, mit einer kleinen Ausnahme, eine Augenweide, die es so in Nürnberg nicht gibt. Mal ganz abgesehen davon, dass auch der Schlossplatz in Stuttgart trotz der teilweise modernen Bebauung eine gute Figur macht.

    Ähnliches gilt für Bremen, das seinen Marktplatz als gute Stube hat, trotz einiger moderner Einsprengsel, die aber nicht so spießig und banal daherkommen wie in Nürnberg.

    In Frankfurt gibt es den Römerberg, der zwar nicht frei von Bausünden ist, aber durchaus wieder mit seiner Ostzeile Wirkung entfaltet. Und nun gibt es dazu als intimes Pendant ja auch wieder den Hühnermarkt!

    Nürnberg kann da nicht mithalten. Der Hauptmarkt ist vollkommen unwürdig und verhunzt, und selbst bei kleineren Plätzen, an denen viele Häuser gut erhalten waren, hat man es geschafft, die Atmosphäre durch moderne Einsprengsel zu zerstören, siehe Unschlittplatz, Platz am Tiergärtnertor oder Albrecht-Dürer-Platz. Die Partien an der Pegnitz sind entstellt durch spießige, grobschlächtige Fünfzigerjahre-Bauten und unmaßstäbliche spätere Bauten, zu denen sich ja jetzt auch noch das Augustinerareal gesellen wird. Was für ein Armutszeugnis.

    Ich denke es gibt hier niemanden der behauten würde das diese Ecke einen besonders gelungenen Wiederaufbau zeigt.
    Auf dem Gelände der Sebalder Höfe war übrigens bis zur Neuentwicklung das Gelände einer hier schon vor dem Krieg ansässigen Druckerei.

    Das Areal der Altstadt Nürnberg, damit bezeichnet man die Quartiere innerhalb der Stadtmauer, umfasst ca. 160 ha. Damit verfügte das historische Nürnberg über eine der größten Altstädte Europas. Als die Altstadt zu über 90% zerstört wurde, traf es besonders schlimm den östlichen, davon vor allem den nordöstlichen Teil. Dies sollte hinlänglich bekannt sein. Die heutige Nutzung dieses Bereichs (den Rothenstein hier zeigt) dient vor allem Wohnzwecken. Vornehmlich (abgesehen von den Sebalder Höfen) leben dort Rentner und Studenten, den die Wohnungen sind recht klein und meist in sehr einfachem Zustand.
    [...]

    Das Areal, das ich im heutigen Spaziergang gezeigt habe, sprich die östliche Sebalder Altstadt außerhalb der vorletzten Stadtmauer, war sicher auch schon vor dem Krieg baukünstlerisch und ästhetisch nicht überall von Interesse, insbesondere abseits der größeren Straßen. In der Tat gab es hier auch landwirtschaftliche und industrielle Flächen. Dennoch gab es früher auch hier Bemerkenswertes, und heute eben nicht mehr, außer dem Tucherschloss, der Stadtmauer und ganz vereinzelten Altbauten.


    Es ist nun aber völlig vermessen diese Bilder hier zu Zeigen und als repräsentativ für den gesamten Wiederaufbau zu bezeichnen. Nürnberg, mit all seinen kulturhistorisch wertvollen, wieder aufgebauten Denkmälern, auf eine Stufen mit "Ruhrgebietstädten" (so deine Worte) zu stellen, deren historische Meile wahrscheinlich in etwa die Größe eines Häuserblocks unterhalb der Burg hat, zeugt auch von einer gewissen Geschichtsvergessenheit.

    Apropos Geschichtsvergessenheit:
    http://www.nordbayern.de/region/nuernbe…GJheWVybi5kZQ==

    https://www.nuernberg.de/internet/qb_al…ldersteppe.html

    d.

    Es bleibt anzumerken, dass diejenigen Gebiete der östlichen Sebalder Altstadt, die früher von herausragender Bedeutung waren - dies sind die Gebiete innerhalb der vorletzten Stadtmauer - heute ähnlich aussehen wie das, was ich hier heute von der äußeren östlichen Sebalder Altstadt vorgestellt habe. Und das Gleiche gilt auch für die Lorenzer Seite; es ist vollkommen egal, wo man die Bilder macht.

    Das Gebiet, in dem die Altstadt Nürnbergs heute noch teilweise erlebbar ist, die nordwestliche Sebalder Altstadt, macht vielleicht ein Siebtel der Gesamtfläche aus. Ist es dann dieses Siebtel, das repräsentativ ist? Dieses Siebtel ist im übrigen auch nicht wegen des Wiederaufbaus bemerkenswert, sondern einfach deswegen, weil hier die Schäden am geringsten waren.

    Interessanterweise ist es selbst in diesem kleinen Areal nicht gelungen, angemessen und angepasst wiederaufzubauen. Beim Fotografieren muss man höllisch darauf achten, keine banale Fünfzigerjahre-Notarchitektur mit draufzubekommen. In der Realität kann man sich fast nirgendwo strategisch so positionieren, dass man einen Rundblick genießt, der frei ist von den Nürnberger Nachkriegszumutungen.

    Nun nähern wir uns dem Ende unseres Rundgangs. Vor uns öffnet sich der Hübnerplatz mit einer Überraschung:

    Dies ist das Haus Hübnersplatz 14, bereits an der Pegnitz gelegen.

    Noch einmal der Blick zurück nach Norden, wo wir hergekommen sind:

    Jetzt geht es durchs Hübnerstor:

    Damit gelangen wir zur U-Bahn, nicht ohne noch einen Blick auf die Jugendstil-Architektur auf der gegenüberliegenden Straßenseite, am Prinzregentenufer gelegen, zu werfen:

    Das war's für heute, und ich befürchte, dass einige meinen Spaziergang wieder nicht als repräsentativ erachten werden. Leider sieht die Nürnberger Altstadt an den meisten Stellen aber genau so aus.

    Jetzt gehen wir zur Stadtmauer, hier der Laufertormauer mit einem Wehrturm (S), und schauen uns zunächst diese und dann die benachbarte Bebauung näher an:


    Blick zurück über praktische Parkplätze und Garagen zum Spitzenberg, von dem wir gerade gekommen waren:

    Links die Stadtmauer und rechts der gefeierte Nürnberger Wiederaufbau:

    Besonders hübsch die Balkone. Ich wusste gar nicht, dass diese typisch sind für die Nürnberger Altstadtbebauung, aber man lernt ja immer wieder Neues über das Mittelalter:

    Immer wieder beeindruckend: Die stil- und geschmackssichere Farb- und Materialwahl, neben den ausgereiften, meisterlichen Proportionen dieser Bauten.

    Jetzt sind wir wieder in der echten, also der Fünfzigerjahre-Altstadt. Die Kreuzung der Beckschlagergasse mit dem Spitzenberg ist typisch für die romantische Nürnberger Altstadt, und, so nehme ich an, ein wichtiger Grund für Touristen aus aller Welt, nach Nürnberg zu kommen.

    Hier das Eckhaus an der östlichen Ecke von Beckschlagergasse und Spitzenberg:

    Details sind in Nürnberg liebenswert gestaltet:

    Diesen Blick hat man, wenn man die Beckschlagergasse nach Westen, also in Richtung innere Altstadt, betrachtet:

    Dies muss wohl den Ruhm des Wiederaufbaus Nürnbergs begründet haben.

    Nach Osten, Richtung äußerer (letzter) Stadtmauer, dieser erhebende Blick:

    Auch im Spitzenberg gibt es viel für das kenntnisreiche Auge zu erhaschen:

    Etwas deplaziert wirkt es, wenn man sich an dieser Stelle nach links umwendet - da findet sich doch tatsächlich eine mittelalterliche Stadtmauer:

    Hier nun also Eindrücke vom Münzplatz, zunächst in der Blickrichtung von Norden nach Süden...

    Hier im Detail eines der Häuser, das diesen Platz flankiert, mit allem, was den viel gelobten Wiederaufbau der Nürnberger Altstadt ausmacht, etwa Balkone, Glasbausteine, Garagen und die für Nürnberg so typische gemütliche, zwanglose Hinterhof-Atmosphäre:


    Blick zurück nach Norden:

    Jetzt gelangen wir in die an den Münzplatz angrenzende Münzgasse, mit Bebauung ähnlicher Qualität:

    In Nürnberg denkt man praktisch. Es ist doch toll, Garagen direkt vor dem Haus zu haben. Das wäre in vielen anderen europäischen Altstädten, etwa Prag oder Florenz, nicht möglich. Von daher ist die Nürnberger Altstadt doch durch die kriegsbedingte Auflockerung sehr gut aufgestellt:

    Nun gehen wir die Hirschelgasse, an der das Tucherschloss liegt, nach Osten weiter, bis wir rechter Hand die Universitätsgasse erblicken. Würde man solches erwarten, wenn man in einer alten europäischen Stadt auf eine "Universitätsgasse" trifft? In Nürnberg schon, hier ist man modern!

    Altstadtgefühl in der Universitätsgasse:


    Von der Universitätsgasse kann man ein Haus erblicken, das ein Altbau zu sein scheint:

    Es müsste sich dabei um die Rückseite der Äußeren Laufer Gasse 25 handeln, in der das Einwohneramt der Stadt Nürnberg untergebracht ist.

    Hier sieht man das eingerüstete Gebäude von der anderen Seite; die Universitätsgasse mündet zwischen dem eingerüsteten Gebäude und dem Haus links davon:

    Von der Äußeren Laufer Gasse, in der wir uns nun befinden, blickt man nach rechts (Westen) zum Laufer Schlagturm, der die vorletzte Stadtbefestigung markiert...

    ...und geradeaus blickt man auf den Münzplatz, zu dem wir nun gehen werden:

    Wir gehen nach Westen weiter.

    Durch einen schlecht gepflegten Grünstreifen erkennen wir ein Haus, das in dieser Umgebung als Fremdkörper wirkt. Es handelt sich um das in den Sechzigerjahren wieder aufgebaute Tucherschloss, das Stadtschloss der Patrizierfamilie Tucher aus dem 16. Jahrhundert (nicht zu verwechseln mit dem Tucherpalais am Egidienplatz):

    Im Garten des Schlosses wurde der während des Krieges ausgelagerte Hirsvogelsaal, einer der bedeutendsten deutschen Säle der Frührenaissance, wieder aufgebaut, d.h. transloziert von seinem ursprünglichen Standort, um und ohne Kontext.
    Blick von Norden:

    Hirsvogelsaal von Westen aus:

    Nur gehen wir weiter und blicken schließlich von Süden auf das Tucherschloss und die dort angebrachte Plakette:

    Die Bebauung gegenüber, die "Universitätsresidenz", sieht so aus:

    Wir gehen nördlich um die Universität herum und betrachten sie nun von Westen aus:

    Rechts der sogenannte Altbau, der momentan renoviert wird. Hier ein Fassadendetail:

    Vielleicht soll die rote Farbe Lokalkolorit signalisieren, indem sie an den in Nürnberg häufig verwendeten roten Sandstein erinnert?

    Hier einer der Eingänge zur Universität:

    Beim Blick nach Norden an diesem Eingang vorbei erkennt man einen Parkplatz, der sich der Stadtmauer anschmiegt. Es ist sicherlich sehr praktisch, so nah an der Universität einen Parkplatz zu haben, und das mitten in einer der ehemals bedeutendsten Altstädte Mitteleuropas.


    Hier der nach einer Seite offene Hof der Universität:

    Zur Erinnerung: Wir befinden uns in der Nürnberger Altstadt (falls es jemand vergessen haben sollte). Hier noch der südliche Flügel der Universität, wohl der zu renovierende "Altbau":

    Ist sicherlich nicht billig, diesen Kasten zu renovieren.

    Im folgenden möchte ich Bilder eines Spaziergangs zeigen, der mich durch die östliche Sebalder Altstadt, also außerhalb der vorletzten, aber innerhalb der letzten Stadtbefestigung geführt hat. Hier zeigt sich, dass an der modernen Bebauung der Altstadt konsequent festgehalten wird.

    Zunächst verschaffen wir uns einen Überblich über die heutige Route:

    An der Maxtormauer zeigt sich folgendes Bild - rechts die Mauer, links eine Baustelle und dahinter die Friedrichs-Alexander-Universität, von der die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Nürnberg untergebracht sind:

    An der Baustelle noch eine alte Mauer; ich habe nicht weiter nachgeforscht, was es damit auf sich hat:

    Gegenüber ein Wehrturm...

    ...an dem folgende Plakette angebracht ist:

    Beim Blick nach links ergibt sich ein Blick auf die Universität, in der fleißig gearbeitet wird:

    Man hat sich beim Bau der Universität also dazu entschieden, "mutig" zu bauen und "Kontraste" zu setzen - oder gilt das in Nürnberg als "angepasstes Bauen im Bestand" oder als "altstadtgerecht"?

    Also ich bin selbst - obwohl "Auswärtiger"- Mitglied der Altstadtfreunde und mag Nürnberg und bin von daher natürlich nicht ganz neutral. Klar fehlen hier ein paar wichtige Rekonstruktionen, aber insgesamt ist die Stadt wirklich nicht schlecht und der Wiederaufbau als eines der besseren Beispiele anzusehen!

    Was konkret findest du denn am Wiederaufbau Nürnbergs besser als in anderen Städten? Was ist an der Stadt insgesamt nicht schlecht, städtebaulich und architektonisch gesehen?

    Mich wundern solche Aussagen immer wieder, und ich möchte verstehen, wie man dazu kommt. Ich empfinde Nürnberg als eine der banalsten, hässlichsten Städte in Deutschland in dieser Größenordnung. Nürnberg spielt meiner Meinung nach in einer Liga mit den Ruhrgebietsstädten, wenn man neben der Altstadt im billigsten Wiederaufbaustil noch die heruntergekommenen, verdreckten Viertel um die Altstadt herum berücksichtigt.