@ Rothenstein: Deine Sicht der Dinge ist nun mal sehr subjektiv und kann immerhin leicht mit Fakten widerlegt werden
Ich glaube, dass die Beurteilung des Stadtbildes oder der Atmosphäre einer Stadt teilweise immer subjektiv bleiben muss, nicht nur, wenn ich dazu etwas schreibe. Es gibt natürlich auch objektive Daten dazu, die aber häufig der Interpretation und Einordnung bedürfen.
- Die These "Nürnberg sei zu einer B-Stadt abgesunken
Wahr ist, Nürnberg ist spätestens ab Anfang des 18. Jahrhundert nichts anderes als eine gewesen, erlebt aber seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine kontinuierliche ökonomische Entwicklung nach oben. Leicht ist das an den Einwohnerzahlen abzulesen. Während Städte wie Leipzig oder Dresden im Vergleich zur Vorkriegszeit massiv an Einwohnern verloren (und auch an ökonomischer Bedeutung) und nach der Wiedervereinigung durch massive Eingemeindungen gegensteuern konnten (Dresden hat bspw. eine doppelt so große Stadtfläche), ist es Nürnberg gelungen sich Stück für Stück nach vorne zu arbeiten.
Etwas veraltet aber als Quelle geeignet: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Großstädte_in_Deutschland
Die Bezeichnung A-Städte und B-Städte sind Kategorien der Immobilienwirtschaft. A-Städte in Deutschland sind die vier Millionenstädte Berlin, Hamburg, München und Köln, sowie drei weitere, kleinere Städte mit internationaler Ausstrahlung: Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart.
Selbstverständlich haben Leipzig und Dresden unter der deutschen Teilung massiv gelitten. Leipzig war vor dem Zweiten Weltkrieg mindestens ebenbürtig zu Frankfurt, und Dresden war eine Kulturstadt von europäischem Rang; sie wären vor dem Krieg quasi A-Städte gewesen. Nürnberg war auch schon zu jener Zeit von minderem Rang.
Solche Dinge lassen sich auch ganz gut an der Architektur um 1900 ablesen; diese ist in Nürnberg längst nicht so prachtvoll wie in den sächsischen Städten oder Berlin. Nürnberg erlebte einen langen Niedergang im 17. und 18. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert kam es zwar, wie im übrigen in allen deutschen Städten, zu einem starken Bevölkerungswachstum, aber relativ gesehen verlor Nürnberg immer mehr an Bedeutung, nicht zuletzt wegen des bayerischen Zentralismus, der auf München und Oberbayern ausgerichtet ist.
Auf der anderen Seite hat die relative Bedeutungslosigkeit zwischen Ende des Dreißigjährigen Krieges und Beginn des Zweiten Weltkrieges dazu geführt, dass die Altstadt Nürnbergs mehr vor Veränderungen als in anderen, dynamischeren Städten geschützt war. Heute merkt man der Stadt ihre Ideen- und Konzeptlosigkeit an; es fehlt das intellektuelle Kapital.
Bayern hat Nürnberg ja u.a. auch seine Universität und damit seine intellektuelle Bedeutung genommen, was mit zum Niedergang beigetragen hat. Nürnberg ist die größte deutsche Stadt ohne eigene Universität (die Universität Erlangen-Nürnberg ist ja im wesentlichen eine Erlanger Universität). Der Bildungsstand in Nürnberg ist, für mich wenig überraschend, so niedrig wie in kaum einer anderen deutschen Großstadt.
Beim Akademikeranteil in der Gruppe der 14 Städte über 500.000 Einwohner nimmt Nürnberg den 11. Rang ein, also gerade noch vor den Ruhrgebietsstädten Essen, Dortmund und Duisburg, aber hinter allen anderen Städten.
Quelle: https://www.comdirect.de/cms/ueberuns/d…i1088_0767.html
Das Armutsrisiko in Nürnberg ist höher als in allen anderen dieser 14 Städte mit Ausnahme von Dortmund. Und das merkt man der Stadt auch an, wenn man die vielen Rentner sieht, die im Müll nach Pfandflaschen kramen.
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/bayern/erschre…droht-1.3930929
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- Die These, Nürnberg sei Stolz darauf "nicht hässlicher zu sein als Offenbach, Mannheim, Pforzheim oder Duisburg, die gesellschaftlich eine ähnliche Struktur haben". Tatsächlich landet die Stadt in internationalen Befragungen unter Expats immer wieder auf sehr guten Plätzen. Zuletzt hat Mercer für Nürnberg Platz 23 ermittelt, hinter München (3), Düsseldorf (6), Frankfurt am Main (7), Berlin (13), Hamburg (14) und vor Stuttgart (27) sowie Leipzig (60). Kriterien sind u.a. soziale, politische, wirtschaftliche und umweltorientierte Aspekte sowie Gesundheit, Bildungs- und Verkehrsangebote sowie andere öffentliche Dienstleistungen etc.
Übrigens, beim gesondert befragten Thema Sicherheit landen Düsseldorf, Frankfurt, München und Nürnberg gemeinsam auf Platz 11, vor Stuttgart auf Platz 17 und Berlin mit Hamburg auf Platz 28. Du hattest meiner Erinnerung nach ja suggeriert, Nürnberg sei ein Kriminalitätshotspot...
https://www.mercer.de/newsroom/quality-of-living-2019.html
Wie Mercer das macht, weiß ich nicht; über diese Befragung habe ich mich schon oft gewundert. Allerdings sind sicherlich auch die Ansprüche der Expats verschieden; vielleicht sind die wenigen Expats, die es nach Nürnberg verschlägt, einfacher zufriedenzustellen. In Nürnberg gibt es ja, im Vergleich zu München, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf etc., in denen sich bedeutende Unternehmenssitze, Banken, internationale Großkanzleien und Forschungsaktivitäten konzentrieren, anteilig viel weniger interessante Stellen.
Was die Sicherheit angeht, so ist ja bekannt, dass Nürnberg 2017 die unsicherste Stadt in Bayern war.
Quelle: http://www.nordbayern.de/region/nurnber…yerns-1.5880901
Außerdem habe ich einmal eine Stichprobe gemacht und mir für 2017 die Straftaten gegen das Leben in verschiedenen deutschen Städten angeschaut. Verglichen mit Düsseldorf, Stuttgart, Frankfurt, Hamburg, Dresden und München hatte Nürnberg die höchste Rate an Straftaten gegen das Leben bezogen auf die Einwohnerzahl. Dies waren absolut gesehen 49 Delikte, davon 13 Morde und 25 Totschlagsdelikte. In den etwa gleich großen Städten Dresden und Düsseldorf waren es halb so viele.
@ Rothenstein: Deine Sicht der Dinge ist nun mal sehr subjektiv und kann immerhin leicht mit Fakten widerlegt werden
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- Das Stadtbild sei nicht attraktiver als das von Frankfurt oder Stuttgart.
Nunja, es ist schwer direkt zu Vergleichen, den Geschmäcker sind verschieden. Als Teilzeit-Frankfurter, der in dieser häufig unterschätzten Stadt gern lebt, kann ich das aus meiner Sicht das nicht teilen. Hier mal ein Paar Impressionen aus der vormaligen Altstadt Frankfurts, einen Steinwurf entfernt vom Römer, nur mal so als Vergleich zu deinen Bildern aus Nürnberg...
Selbstverständlich ist Frankfurt eine Katastrophe im europäischen Vergleich. Im Vergleich zu Nürnberg besticht Frankfurt aber durch den Römerberg (ich denke, auch objektiv besser als der Hauptmarkt in Nürnberg), durch den viel schöneren und ausgedehnteren Gründerzeitgürtel um die Altstadt herum, durch teilweise gelungene, beeindruckende moderne Architektur (die Hochhäuser), und neuerdings durch die sehr kleine, aber hübsch wieder aufgebaute Altstadt um den Hühnermarkt.