Hallo zusammen,
hier mal ein paar Gedanken zum Ostflügel, über den man sich so bitter beklagt:
Das Schloss, bzw. seine Rekonstruktion war von Anfang an als ein für Museen o.ä. errichteter Zweckbau geplant. Gleichzeitig gab es massiven Widerstand gegen überhaupt eine Rekonstruktion. Daher können wir in erster Linie froh sein.
Froh auch über den Ostblock, der erst in ein paar Jahren seine ganze Hässlichkeit entfalten wird, wenn Algen, Rost und Salzausblühungen seine Oberfläche noch mehr verunstalten.
Was wäre die Alternative gewesen? Idealerweise natürlich die archäologische Rekonstruktion. Aber die hätte nicht mit der vorgesehenen Nutzung des Schlosses zusammengepasst. Man hätte einen Anbau geschaffen, der keine Funktion hat, so wie der obere Raum unter der Kuppel (Dieser Kuppelraum ist im Original erst in den 1850ern entstanden, und man hatte den Raum über Portal III dafür gründlich entkernt, um eine Kirche einzubauen, die nicht rekonstruiert wird).
Die Ostfassade aber ist während Jahrhunderten gewachsen. Jede Bauphase hatte eigenes, charakteristisches Material verwendet, diverse Stile von der Gotik im Schlingrippengewölbe der Erasmuskapelle bis zum Klassizismus finden sich darin.
Die Rekonstruktion der Ostfassade wäre eine komplexe und langwierige Aufgabe, ähnlich wie die Rekonstruktion der Dresdner Frauenkirche, nur ohne vorhandene Trümmerteile.
Hätte man die Ostfassade jetzt rekonstruiert, wäre bestenfalls nur eine halbe Lösung dabei herausgekommen: Ein Betonkern mit modernen Räumen, angepasst an die vorgesehene Nutzung und nur äußerlich ähnlich dem Original.
Jetzt steht dort gar nichts außer ein banaler Betonbau, der unweigerlich schon bald vergammelt aussehen wird. Von dem kann man sich leicht trennen. Gekostet hat er vermutlich auch nicht viel.
Wenn dort jetzt eine äußerlich wieder aufgebaute Ostfassade stünde, wäre ein Abriss auch später undenkbar! Der jetzige Ostblock ist nur ein Platzhalter.
Und wo die Schlossapotheke gestanden hat, braucht man für die Rekonstruktion nicht mal etwas abzureißen.
Die könnte wieder interessant werden, wenn der Autoverkehr einmal nicht mehr zwischen Schloss und Lustgarten tobt, sondern herumgeführt wird um die Spreeinsel. Dann wäre eine komplette Rekonstruktion auch dieses Abschnitts möglich - wobei zu überlegen wäre, ob man den Zustand vor oder nach 1888 wiederherstellt, als ein Drittel der Apotheke abgerissen wurde, um den Weg von der Kaiser-Wilhelm-Brücke nach Unter den Linden freizumachen.
Ostfassade und Apothekenflügel sind keine stilistisch homogenen Teile des Schlosses wie die Barockfassaden. Ebenso wie beim Querbau standen Abriss oder völlige Neugestaltung bei fast jedem Herrscherwechsel als Möglichkeit im Raum, und man verzichtete hauptsächlich aus Kostengründen darauf. So hat sich bis zur Zerstörung ein einzigartiges, nie geplantes Ensemble aller Stile der früheren Epochen angesammelt.
Das zu rekonstruieren wäre eine Aufgabe mit völlig anderer Zielsetzung als der Aufbau des Barockschlosses als HuFo. Vielleicht ist es gut so, dass dort jetzt nur ein nach Abriss schreiender Block steht.