Beiträge von Wikos

    @younghwoerth: Natürlich hat mir auch einiges gefallen in Freiburg. Auch wenn ich die Stadt insgesamt für überschätzt halte, bin ich immer sehr angetan von den beschaulichen Gassen und dem quirligen Leben in der Altstadt. Trotzdem muss ich noch einmal eine Lanze für Colmar brechen. Mag sein, dass dort einiges "versifft" ist, aber ich habe dort Dutzende Häuser gesehen, die in Deutschland längst weggerissen wären, die aber in Colmar selbstverständlicher Teil eines historisch gewachsenen Stadtbildes sind. Dazu gehört auch, dass dort Häuser zwar vielfach unsaniert sind, aber dort auch nicht auf grobe Art und Weise Plastikfensterrahmen eingesetzt oder alte Türen herausgebrochen werden. Colmar besitzt einen altertümlichen Charme, fast alle Fachwerkhäuser sind bewohnt und wie gesagt Graffiti haben ich in der Colmarer Innenstadt nicht gesehen. Graffiti - was Du als Selbstverständlichkeit für eine Studentenstadt beschreibst - findest Du z.B. in Heidelberg in der Altstadt weitaus weniger als in Freiburg.

    Ich war am WE in Freiburg und musste bei der Anfahrt zur Altstadt eine grausame Baustelle entdecken. Dort wird derzeit ein monströser 9-geschossiger Solitärbau hochgezogen - das schon kurz in diesem Forum genannte "Quartier Unterlinden"
    http://www.jung-projekt.de/index.php?id=quartier_unterlinden\r
    http://www.jung-projekt.de/index.php?id ... nterlinden
    Was bitte, hat die Stadtväter dazu bewogen, am Rande der Altstadt eine "Neuordnung" im Stile der siebziger Jahre-Brachialarchitektur auf dem Weg zu bringen?

    Was mir sonst noch in Freiburg aufgefallen ist - Freiburg hat offensichtlich ein großes Graffiti-Problem. Selbst im sensiblen Altstadtbereich überall "Tags". Ein Tag später war ich in Colmar - dort alles in der Altstadt viel sauberer - nahezu Graffitifrei. Erwähnenswert in Colmar auch das Beleuchtungskonzept - da kann sich das "Dunkelland" Deutschland eine Scheibe von abschneiden...

    Mäckler ist die Idealbesetzung. Da brauchen wir "nichts auf unsere Seite zu ziehen" - er hat ein Herz für Frankfurt und weiß ganz genau welches Maß an Moderne und Reko das richtige ist. Vor allen hat er das nötige Gewicht um auch allzu modernistischen Wiederständen stand zu halten. Einen besseren Mann für eine solche Aufgabe gibt es in Frankfurt/M. nicht.

    @erbsenzähler: es wird die nächsten Jahren keine Einzelrekonstruktionen/Leitbauten mehr in Frankfurt/M. geben. Die geplanten Rekos in der Altstadt sind eine absolute Ausnahme. Ansonsten herrscht überhaupt kein Klima/politischer Wille/Bürgerdruck/Medieninteresse/Architekturverständnis dass so etwas in Frankfurt/M. fördern würde.

    Der Medienhafen in Düsseldorf ist eines der wenigen gelungenen Ensembles zeitgenössischer Architektur - auch wenn die obige Fotoauswahl das nicht unbedingt wiedergibt - aber vor Ort sieht es größtenteils sehr überzeugend aus. Ansonsten muss man sagen, es gibt wesentlich schlimmere wiederaufgebaute Städte wie Düsseldorf.


    Muss noch einaml zum Thema Central Theater in Dresden kommen. Habe entdeckt dass sich unter dem Theater ein riesiges Tunnel-Bierrestaurant mit 1000 Sitzplätzen (AK u.a. auf Ebay) befand. Ein paar wesentliche Mauern des Theaters standen ja noch nach Ende der Bombardierung - kann mir nicht vorstellen, dass es den Keller komplett erwischt hat. Was ist mit diesem Keller geschehen? Zugeschüttet, weggesprengt, vergessen?

    Ich kann mir gut vorstellen, dass der Keller dort noch komplett erhalten ist. Die Trümmeransichten von diesem Areal zeigen, dass dort doch noch einiges, wie Erdgeschosse, erhalten war.

    Hier noch ein weiteres Bild - runterscrollen zu Artikel Schopenhauer, Adorno
    http://www.kultur-und-reisen.de/index.php?id=stadtkultur\r
    http://www.kultur-und-reisen.de/index.p ... tadtkultur
    demnach hatte Adorno auch in der Schönen Aussicht gelebt - sein Geburtshaus stand in der Nr. 9, in der Schönen Aussicht 7 betrieb sein Vater eine Weinhandlung. (sein Abitur machte Adorno übrigens mit 17 Jahren auf dem Kaiser-Wilhelm-Gymnasium, der heutigen Freiherr-vom-Stein-Schule - dieses kriegsüberlebte Originalgebäude von 1911 wurde übrigens in den siebziger Jahren "umgebaut" und teilweise abgerissen - die letzten historischen Gebäude wurden Anfang 2009 ! weggerissen und durch Neubauten ersetzt - soviel zum Geschichtsbewußtsein in Frankfurt/Main)
    Und hier noch einmal ein Bild aus dem Frankfurter Altstadtmodell - "An der schönen Aussicht 16" - dem Sterbehaus Schopenhauers:
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Treuners_Altstadtmodell_Schoene_Aussicht_16_03012008.JPG&filetimestamp=20080103233011\r
    de.wikipedia.org/w/index.php?tit ... 0103233011
    und hier noch einmal der Artikel aus der FR vom 13.08.03 - http://www.schopenhauer.de/130803schopenhauehaus.htm\r
    http://www.schopenhauer.de/130803schopenhauehaus.htm

    Zitat von "Stephan"

    Derzeit wird das Museum für angewandte Kunst, eines von nur drei erhaltenen klassizistischen Bauwerken, restauriert. Dazu ein Artikel aus der F.A.Z.:


    http://www.faz.net/s/RubFBF93A39DCA8403FB78B7625AD0646C5/Doc~E090FF70DB72D4E359393389591400862~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_aktuell\r
    http://www.faz.net/s/RubFBF93A39DCA8403 ... ss_aktuell

    In der Villa Metzler ist wieder Leben eingekehrt. Die aufwendig renovierten Räumlichkeiten können für Veranstaltungen gemietet werden und stehen Besuchern bei Veranstaltungen offen - absolut sehenswert was dort für epochale Innenräume rekonstruiert wurden. Damit findet nach Jahrzehnten das Kapitel "Villa Metzler" doch noch ein Happy End. Die klassizistische Villa sollte 1960 abgerissen werden und konnte nur durch eine Bürgerinitiative gerettet werden. Danach war die Villa über Jahrzehnte in einem verwahrlosten Zustand und konnte nur durch Initiative z.B. des Kunstgewerbevereins rekonstruiert werden.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Villa_Metzler\r
    de.wikipedia.org/wiki/Villa_Metzler
    http://www.kgv-frankfurt.de/portal/alias__kgv/lang__de-DE/tabid__5307/default.aspx\r
    http://www.kgv-frankfurt.de/portal/alia ... fault.aspx

    Hier wird wieder einmal der "Bilbao-Effekt" beschworen. Doch die Gleichung "Verrücktmoderne Architektur = Mehr Touristen", geht leider meistens nicht auf. Das menschliche Auge sehnt sich nach harmonischen Formen. Deswegen empfinden Menschen Bamberg, Regensburg und Rothenburg als schöne Städte und modernistische Stilblüten aus dem modernen Formundfunktions-Kasten der Architekten als häßlich.

    "Die Stadt hat Zukunft", sagt Otto. Da gibt es momentan keine Alternative. Auf der grünen Wiese wird derzeit kaum eine Gemeinde ein Center genehmigen. Die Zukunft heißt Stadt und bedeutet für Otto auch weiterhin Fläche. "Fläche heißt Vielfalt", so Otto, je mehr ein Center zähle, desto attraktiver sei es. Er spricht von "marktführenden Häusern", die man künftig auch gezielt in Mittelstädten bauen will. Die Großstädte sind voll. "(Zitat aus Brand Eins 10/09)

    Jetzt geht es in die letzten intakten Zentren der deutschen Mittelstädte...

    Hans Stimmann als den Buhmann für die Berliner Bausituation zu machen ist lächerlich. Stimmann hat zu dieser Zeit regelrecht gegen Windmühlen angekämpft. Er musste sich permanent gegen die grenzenlose Arroganz von modernistischen Architekturlobbyisten durchsetzen. Ein großer Teil der politischen Fraktionen war gegen ihn und auch die Medien, Investoren und linke Bündnisse hatten zu Zeiten des Planwerkes Innenstadt Stimmann massiv wegen seinen Bemühungen zur Stadtreparatur bekämpft. Nur ihm ist es zu verdanken dass nach der Euphorie des Mauerfalles ein planvolles in Gestaltungssatzungen gemeißeltes "steinerndes Berlin" innerhalb eines historischen Stadtgrundrisses umgesetzt werden konnte. Er hat gegen politische Wiederstände das Maximun des möglichen herausgeholt.

    Weiß jemand ob der Bau noch steht? Kann im Netz nichts über den derzeitigen Stand / Vorhaben zu diesem Bau finden. Seit 2003 besteht offensichtlich eine Abrissgenehmigung, die aber wohl zum Glück bisher nicht vollzogen wurde. Stattdessen Vandalismus und Verfall bis es einstürzt.

    Dannheimer & Joos haben den Wettbewerb gewonnen. http://www.baunetz.de/meldungen/Meld…den_831127.html
    Die Begründung des Preisgerichtes, immer wieder dieselben Argumente: "Der Entwurf verfolgt die Strategie des bewussten Kontrastes des Neuen gegenüber der Umgebung: in der Massenverteilung, der Konstruktionsweise, der Materialität, der Oberflächengliederung, der Art der Belichtung und Zugänglichkeit. Der Bau zeigt seine Zeitgenossenschaft authentisch und konsequenter als jeder andere Entwurf im Wettbewerb. Die Fugen zur Nachbarbebauung unterstreichen, dass hier funktional und architektonisch bewusst ein neues Kapitel begonnen wird. Das neue Gebäude repariert mit seinem Volumen die Fehlstelle in der Stadtstruktur, ohne dass Zweifel aufkommen, dass es hier um einen Neuanfang nach einer Zerstörung geht. Die Eigenständigkeit, die Modernität und die Offenheit zur Stadt spiegeln das Bild der Kulturstiftung des Bundes in einer überzeugenden Weise."

    Das Buch stellt einen wichtigen Diskurs vor. Ich finde die Frage spannend, inwieweit sich die Architektur fortentwickelt und auf welchem Stand wir heute sind. Im Moment sehe ich zwei große Trends: Bauten mit strengen Formen, die unverkennbar Anleihen an der klassischen Moderne nehmen und dekonstruktivistische Bauten. Erstere Bauformen sind ja nicht wirklich was neues, auch wenn Architekten das pausenlos propagieren. In diesem Sinne verschmähen die Architekten alles althergebrachte und stemmen sich gegen rekonstruktive und klassische Architekturformen. Auf der anderen Seite verkaufen diese Architekten ihre Architektur als fortschrittlich und klauen permanent bei der klassischen Moderne. Bliebe als "neues" Bauen also nur der Dekonstruktivismus. Doch dieser kann nur glänzen, wenn er in einem Spannungsbogen zu konventionellen Bauten steht. Eine durchgängig dekonstuktivistische Häuserzeile sieht einfach nach nichts aus. Wo, liebe Architekten, geht also die Reise hin? Im Moment steckt der Architekturdiskurs offensichtlich in einer Sackgasse.

    Eine Frage zur Diskussion: Es gibt jedes Jahr soviel schlechte Architektur. Sollte man da vom APH-Forum aus nicht mal eine in die Öffentlichkeit getragene Wahl für "die schlechteste Architektur des Jahres" in Deutschland machen? "Als "Auszeichnung" des Preisträgers könnte ich mir einen "abgebrochenen Zollstock" o.ä. vorstellen...

    @Johan: natürlich hast Du recht, man sollte auch bei unserem Thema Architektur alles etwas lockerer sehen. Natürlich kann man sagen, ich habe ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen und wenn im Zentrum was abgerissen wird, dann ist es mir egal - ich kann ja an den Strand gehen oder in meiner Platte spaß haben. Aber trotzdem (zum Glück) denken die meisten Menschen nicht so. Städte werden für die Menschen gebaut. Es ist ein Bürgerrecht, sich bei der Gestaltung der Stadt einzumischen und nicht alles in Schicksalsergebenheit hinzunehmen. Wenn hier um die Sache diskutiert wird, dann ist es n.m.Ermessen auch so angebracht. Wenn Du mal in andere Foren schaust (gehe z.B. mal in ein Fußballforum) da wird noch viel verbissener um viel banalere Dinge gestritten.