Beiträge von Heimdall

    Nun, die Grand Opera passt mindestens genau so gut nach Bonn wie ein Hadid-Bau. Insofern erübrigt sich bei dem vorliegenden Angebot die Frage nach dem Ortsbezug oder der Deplazierung. Im Ernstfall hätte ich nichts gegen Pariser Chic am Rhein. Im derzeit realistischen Fall bevorzuge ich die "Wellen".

    Zitat von "RMA"

    Die beiden modernen Entwürfe sind ja nun nicht grauslich schlecht, und ein Ensemble stören sie auch nicht gerade. Durch die Ablehnung von sowas macht man sich als Reko-Fan genau zu dem, was man (dem Großteil der) Architektenschaft immer vorhält: aus ideologischen Gründen grundsätzlich gegen alles zu sein.

    Prinzipiell richtig. Bloß ändert es natürlich nichts. Man sollte nicht hoffen, daß man durch Zugeständnisse nun Anerkennung seites des Großteils der Architektenschaft erlangen könne. Im Gegenteil. "Na, seht ihr. Die modernen Architekten finden nun sogar Anerkennung bei den Zurückgebliebenen. Es geht doch", werden die sagen. "Härte zahlt sich eben langfristig aus", werden sie denken. Und gleichzeitig werden sie keinen Millimeter von ihren eigenen ideologischen Positionen abweichen. Kurz: Strategisch bringt solches Verständnis und Entgegenkommen für moderne Entwürfe gar nichts. Allenfalls für das eigene Ego, daß man ein scheinbar unideologischer und ausgewogen urteilender Mensch ist. Ansonsten natürlich stören die "Wellen" das Bonner Rheinpanorama nicht wirklich.

    Nun, ich denke, man muß es "Oliver" schon selbst belassen, was seinen Geschmack trifft und was nicht. Wenn ich jetzt zwischen den beiden Entwürfen entscheiden müßte, so wäre ich eindeutig für Hermann & Valentiny, die immerhin eine gewisse Organizität und "Naturform" bemühen. Als Solitär könnte ich damit noch leben. Hadid liefert nur einen typisch dekonstruktiv verformten, kubischen Glas-Brutalismus ab. Dabei wendet sie den Trick der inneren Beleuchtung im Nachtlicht bei ihrer Visualisierung an. Erinnert mich zum Beispiel an folgenden derzeitigen Diskussionsbeitrag für ein modernes Frankfurter "Altstadthaus": http://www.baunetz.de/meldungen/Meld…on=kommentieren

    Habe ich im Frankfurter Altstadt-Strang geschrieben, passt aber zusätzlich auch an diese Stelle, da man die Bauakademie-Entwürfe ja wohl vor allem als Provokation und als nur noch kindisch-trotziges "Nein" werten muß:
    "Auch wenn die noch tonangebenden Architekten in ihrer verblendeten Arroganz ihren Spaß haben mögen, im Grunde sind ihre modernistischen Gegen-Entwürfe (und nicht nur in Frankfurt, sondern z.B. auch in Berlin bei der Schinkelschen Bauakademie) ein Zeichen der Hilfslosigkeit. Längst hat man die Akzeptanz der Menschen, für die gebaut wird, verloren, längst ist die soziale und funktionale Berufung dahin geschwunden. Übrig bleiben nur ein paar selbstverliebte Spielereien, im Grunde nur eine Provokation ohne Hintergrund. Als Pappmodell noch eine lustige Kunst-Plastik, ausgeführt eine finanzielle, nutzungstechnische und städtebauliche Katastrophe. Es ist die von Phraseologie begleitete Feier des eigenen Abgesangs. Dennoch sollte man sie nicht unterschätzen. Sie sitzen noch machtvoll an den Schaltstellen der Ausbildungsstätten und der diversen Lobby-Gruppen."

    http://www.fr-online.de/frankfurt_und_…ionalitaet.html
    http://www.fnp.de/fnp/region/lokales/rmn01.c.6076563.de.htm
    http://www.baunetz.de/meldungen/Meld…on=kommentieren
    http://www.franken-architekten.de/newsletter/090…etter_0901.html

    Auch wenn die noch tonangebenden Architekten in ihrer verblendeten Arroganz ihren Spaß haben mögen, im Grunde sind ihre modernistischen Gegen-Entwürfe (und nicht nur in Frankfurt, sondern z.B. auch in Berlin bei der Schinkelschen Bauakademie) ein Zeichen der Hilfslosigkeit. Längst hat man die Akzeptanz der Menschen, für die gebaut wird, verloren, längst ist die soziale und funktionale Berufung dahin geschwunden. Übrig bleiben nur ein paar selbstverliebte Spielereien, im Grunde nur eine Provokation ohne Hintergrund. Als Pappmodell noch eine lustige Kunst-Plastik, ausgeführt eine finanzielle, nutzungstechnische und städtebauliche Katastrophe. Es ist die von Phraseologie begleitete Feier des eigenen Abgesangs. Dennoch sollte man sie nicht unterschätzen. Sie sitzen noch machtvoll an den Schaltstellen der Ausbildungsstätten und der diversen Lobby-Gruppen.

    youngwoerth
    Doch. Die Platzgestaltung wurde erst soeben abgeschlossen. Er wirkt jetzt sehr steril und kaum gestaltet. Das Schlimmste allerdings ist dabei die Verlängerung in den Roßmarkt. Eine Platzgestaltung vom Charme des alten Alexanderplatz. Leere Fläche. Und wie gesagt, gerade für teures Geld erst fertiggestellt.
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?ti…=20080513135313
    Die Bebauung ist natürlich noch ein anderes und sicherlich gravierendes Thema. Hier allerdings wird Änderung noch schwerer.

    Ich halte diese Diskussion für so überflüssig, wie einen Kropf, weil sie nichts mit unseren aktuellen Problemen zu tun hat. Weder steht derzeit eine historistische Abriss- und Bauwut bevor, noch gibt es eine erhaltene barocke Bautradition, die gegen eine soeben aufziehende Moderne verteidigt werden müsste. Man könnte jetzt auch über weiße Perücke und Dreispitz contra Frack und Zylinder streiten, während draußen alle Leute in Jeans und T-Shirt herumlaufen. Ein rein spekulativer, fiktiver Disput also. Er hat etwas mit ganz unterschiedlichen regionalen Erfahrungen der Diskutanten zu tun und ist weder auf eine gemeinsame Formel zu bringen noch auflösbar. Sei´s drum.

    Zitat von "erbsenzaehler"

    Es gilt, die maximale Ästhetik und Vielfalt aus einer Stadt herauszuholen, ob dies durch mittelalterliche, barocke, klassizistische oder historistische Ensembles gelingt, ist letztlich zweitrangig. Ich pflege auch zu sagen: Die Mischung macht's.

    Finde ich eigentlich einen ganz guten Kompromiss.

    Doch einer Sache möchte ich aus einem bestimmten Aspekt heraus widersprechen:

    Zitat von "ursus carpaticus"

    Gründerzeitfassaden sind nach wie vor beliebig wiederherstellbar oder neu erfindbar. (...) Auch den DD Neumarkt-Rekos, Rampische Straße fehlen bei aller Pracht ein bisschen barocke Leichtigkeit und Schwung, die in Wien errichteten Rekos von Barockbauten würden als Einzelobjekte nicht sehr überzeugen, wenngleich sie im Ensemble ihren Zweck gut erfüllen, Historismusrekos indessen sind in Wien wie DD völlig unproblematisch.

    Bei den großen Rekoprojekten der Gegenwart handelt es sich in der Regel um vorgründerzeitliche Bauten. Mir ist kaum ein historistisches Reko-Projekt bekannt. Insofern ist es heute viel problematischer, Historismusrekonstruktionen durchzusetzen. Das hat eben gerade etwas mit der Geringschätzung des Historismus gegenüber den vorherigen Baustilen, z.B. Barock, zu tun. Insofern nutzt dem Historismus seine theoretische industrielle Reproduzierbarkeit, die ihn gegenüber dem traditionellen Handwerk sicherlich herunterstuft, heutzutage reichlich wenig. Gründerzeitfassaden sind in der Praxis der Gegenwart somit eben nicht beliebig wiederherstellbar oder neu erfindbar.
    Wenn mit "problematisch" die Wiederfindung des Baugeistes gemeint ist: Andererseits kann ich mir durchaus vorstellen, daß man auch einem barocken Reko-Projekt die alte "Leichtigkeit", den "Schwung" auch heute noch einhauchen könnte, wenn man denn mit Sorgfalt an die Sache ginge und nicht so stark nach Vermarktungsinteressen ausgerichtet wäre. Das ist eine Sache der inneren Herangehensweise.
    Fazit: Derzeit sind also jedenfalls die Chancen für historistische Rekonstruktionen (noch ?) sehr gering. Leider, möchte ich anfügen.

    Ich habe die Diskothek seinerzeit ein paar mal aufgesucht und bin etwas erschrocken über den jetzigen Zustand. Ich bemerkte nur, daß der Club irgendwann geschlossen hatte. Das Partyareal war damals durchaus gut in Schuß, der Tanzraum hatte eine mit einem großen Reichsadler bemalte Decke. Von späterer Brandstiftung und Wasserschaden war mir überhaupt nichts bekannt.

    Zitat von "Schloßgespenst"

    Der Erker links oben im Bild diente zu Kaisers Zeiten übrigens als Zuschauerraum, von dem aus Beamten die im Hof stattfindendenden Hinrichtungen beobachten konnten. Im Hof stand nämlich ein Galgen. Jetzt steht dort noch eine zurückgelassene Skaterrampe.

    Man sollte nicht zuviel auf wikipedia geben, ich teile aber dennoch mal mit, daß ich dort gelesen habe, daß die Todesstrafe im Kaiserreich länderspezifisch gehandhabt wurde (es gab also Länder, z.B. Bremen oder Sachsen, ohne Todesstrafe). Wenn bei Schwerstverbrechen (Mord) hingerichtet wurde, dann aber offenbar nur durch Enthauptung (Guillotine). Von Galgen ist dort keine Rede; die Enthauptung war also wohl gesetzlich festgelegt. Den Galgen haben dann später erst die Nationalsozialisten und die Alliierten wieder herausgepackt. Deshalb könnte es vielleicht sein, daß erst nach dem Kaisserreich im Hof des Polizeipräsidiums ein Galgen stand?
    Die Todesstrafe ist übrigens offiziell in Westdeutschland erst etwa ab den 50er Jahren, im Osten erst 1990 abgeschafft worden. In Österreich war damit 1968 schluß.

    Ich weiß natürlich nicht, von welchem Stadtbereich wir sprechen bzw. ob wir möglichenfalls aneinander vorbeireden. Hinsichtlich des exakten Verlaufs der ehemaligen Stadtmauer weißt Du viel besser bescheid als ich, insofern kann ich auch nur von der näheren, fußläufigen Innenstadt in toto sprechen, nicht nur dem ehemaligen Stadtmauer-umrandeten Bereich.

    Als Leitbauten bzw. wieder hergestellte Bauwerke der Innenstadt sind mir spontan noch eingefallen:

    - Die Kirche St. Ludwig
    http://images.pixelio.de/data/media/11/…t_St-Ludwig.jpg

    - Das Kollegiengebäude
    http://www.faz.net/m/%7B52529C10-…F%7DPicture.jpg

    - Der weiße Turm
    http://www.holger-schulze.net/bilder/darmsta…eisser_turm.jpg

    - Das Landestheater, heute Staatsarchiv
    http://farm4.static.flickr.com/3315/3489466044_b1e729cfef.jpg

    - Landesmuseum
    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Darm…andesmuseum.jpg

    - Das achteckige Haus
    http://www.jazzclub-darmstadt.de/Achteckhistory.html

    - Das Prinz-Emil-Schlößchen
    http://www.spd-bessungen.de/tl_files/Bilder/prinzemil.jpg

    - Prinz Georg-Palais
    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Prinz-Georg-Palais02.JPG
    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Prinz-Georgs-Garten.jpg

    - Die alten Giebelhäuser an der Magdalenenstraße
    http://www.frk-stadtmuseum-darmstadt.de/images/Grafike…strasse%202.jpg

    - Im Gegensatz zu Kassel gibt es auch noch ein Stück echte Stadtmauer
    http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Stad…Darmstadt-1.jpg
    http://lh4.ggpht.com/_GGEKWRK7QC8/R…Oo/DSC08626.JPG

    Wie gesagt, inwiefern diese ganzen Bauwerke offiziell zur Innenstadt oder gar zur Altstadt zählen, ist mir nicht bekannt. Sie sind aber alle leicht fußläufig vom Marktplatz.

    Und natürlich sind die Geschmäcker verschieden, vielleicht ist es auch schon die Sonne des Südens, die Darmstadt atmet, und die mir die Stadt stets freundlicher erscheinen lässt, als jenes verbaute Areal dort oben in den kühlen Kasseler Bergen.

    Zitat

    Darmstadt wurde GENAUSO aufgebaut wie Kassel!

    Gut, solche Vergleiche sind ja ohnehin immer müßig. Abgesehen davon, daß man die bedeutenden Leitbauten in der Kasseler Innenstadt faktisch fast an einer Hand abzählen kann und Darmstadt da doch ein wenig mehr erhalten hat, so wurden bei letzterem doch einige Ecken mit altstädtischem Charakter weitgehend beibehalten.

    Oft stellt der Marktplatz einen zentralen Bezugspunkt der Stadtgeschichte dar. Bilder sind subjektiv, sagen aber oft mehr als Worte. Deshalb einfach vier Vergleichsbilder:

    Kassel Altmarkt einst
    http://www.ak190x.de/Shop/03-Shop/s3503.jpg

    Kassel Altmarkt heute
    http://www.bam-deutschland.de/files/webcam/fz-kassel/aktuell.jpg

    Darmstadt Marktplatz einst
    http://de.wikipedia.org/w/index.php?ti…=20080804190858

    Darmstadt Marktplatz heute
    http://lh6.ggpht.com/_XBk02Vdwoww/R…22072007042.jpg

    Aber, wie gesagt, solche Vergleiche sind ohnehin müßig. In Darmstadt sehe ich Chancen zur Verbesserung, in Kassel - wie nicht nur der Umgang mit dem Karlshospital zeigt - ist es derzeit ganz schwer.

    Zitat von "youngwoerth"


    Eine der belanglosesten und identitätlosesten Innenstädte, die ich bisher besucht habe.

    Belanglos mag wohl stimmen, indes finde ich das ja gar immer nicht das Schlimmste. Auch Hanau ist - auf kleinerem Level - belanglos. Dennoch fühle ich mich nicht wirklich unwohl dort. Diese Städte bieten in ihrer bisweilen kleinstädtisch erscheinenden 50er-Jahre-Verschlafenheit nämlich Raum und Potential zur Verbesserung. Immerhin ist Darmstadt also nicht so verbaut, so eng und schmutzig und architektonisch völlig unzusammenhängend, wie manche größeren westdeutschen Städte, in denen sich Investoren und Architekten weitaus mehr unheilvoll ausgelebt haben. Darmstadt hat immerhin seine bedeutenden Leitbauten erhalten und wieder hergestellt, es gibt auch ein paar sehr nette Gründerzeitviertel. Und die städtebauliche Grundstruktur blieb weitgehend erhalten, im Gegensatz etwa zur Kasseler Altstadt. Insofern empfinde ich diese Stadt nicht so negativ und sehe auch durchaus langfristig Chancen zur schrittweisen Verbesserung der Lage.

    P.S.: Ich habe Gaudis Gebäude in Barcelona gesehen. Es mag sicher nicht jedermanns Geschmack sein, aber von "Antiästhetik" würde ich bei diesen teils beeindruckenden Schöpfungen nicht reden wollen.

    Was all diese "kunstsinnigen" Freunde moderner Ästhetik gemeinhin übersehen, ist, daß es sich bei diesen Raster-Blocks nicht um geschmäcklerisch zu bewertende Großskulpturen handelt, sondern um konkrete Lebenswelten, in denen Menschen täglich wohnen und arbeiten müssen.

    Das ist ja oft so, daß diese Bau-Ästheten die Gebäude wie ein Foto oder Gemälde betrachten und sich darin verlieren, womöglich einige verquaste Eindrücke und Eingebungen formulieren, sich danach aber wieder zurück in eine Lebenswelt verdrücken, in der sie selber sich viel lieber aufhalten.

    Hier zeigt sich die Unmenschlichkeit dieser Moderne, denn was haben die Bewohner einer Stadt davon, daß diese zum Beispiel aus der Vogelperspektive nach Funktionsarealen optisch geordnet ist? Oder auch: gewinnen Bewohner der Anordnung von Quadratsegmenten eines Hochhauses auch noch nach Wochen, nach Monaten, nach Jahren, nach Jahrzehnten so viele interessante und belebende Aspekte ab, wie ein Herr von Buttlar bei der Kurzvisite?

    Zum Nachtvergleich verlinke ich mal zwei Ansichten.

    Heute:
    http://farm4.static.flickr.com/3165/3020212774_074cb24917.jpg
    http://www.blup.fr/wp-content/upl…gare_nuit_t.jpg

    Einst (schlechtere Bildqualität):
    http://leportailferroviaire.free.fr/urbain/str391.jpg
    http://k53.pbase.com/u46/lfreed/large/35433020.DSCN0187.jpg

    Man sollte aber bedenken, daß tendenziell nachts weniger Züge fahren, weniger Reisende unterwegs sind, das Gebäude weniger frequentiert wird. Der für die Bürger häufigere Eindruck dürfte also die Tagansicht sein.

    Tja, ein Beispiel für den nur scheinbar "konservativen" Geist der CDU, denn deren Oberbürgermeister regieren Stuttgart immerhin seit 1974. Korrekturen des verhängnisvollen Weges von OB Arnulf Klett fanden seither keine statt.

    Ginge es nach heutigen Architekten bzw. deren herangezüchtetem studentischem Unibestand sähe es sogar noch schlimmer aus, würde all das noch mit schiefen dekonstruktiven Dächern und wabernden Glasstrukturen überwuchert.

    Interessanterweise zieht diese Öde dann auch immer wieder irgendwelchen Kunstnachwuchs an, wie der Kuhfladen die Fliegen. Graffiti blüht, irgendwelche kleinen "Kunstinstallationen" und "kreative" Bemalungen sind bei genauem Hinsehen erkennbar. Schxxx wirkt attraktiv auf noch mehr Schxxx. Wollen wir hoffen, daß der Schrott auch in Folge der Wirtschaftskrise zunehmend vergammelt und die Stadt - faktisch als "Strafe" - hinsichtlich jeder Attraktivität das Rennen endgültig verliert. Erst durch Not wird Einkehr kommen.

    Gerechterweise muß man allerdings dazu sagen, daß es in manch anderer deutschen Stadt (ich erinnere mich z.B. an Essen) auch nicht viel besser aussieht, und daß es auch in Stuttgart schönere Ecken, z.B. Gründerzeitquartiere oder das Bohnenviertel, gibt, die in dieser Fotoreihe nicht auftauchen.

    Ich finde zwei Aspekte daran bemerkenswert:

    1. Es existiert bei den Menschen das Bedürfnis nach Kleinteiligkeit und Altstadt-Gassen-Gemütlichkeit. Die Geschäftswelt macht sich dies hier zu nutze, bedient es, obwohl sie in der Realität gerade die gegenläufige Entwicklung fördert - hin zu Monostrukturen, zu kultureller Angleichung, zu Automatisierung, zu Modernisierung (fit für Konsum) usw.
    Diese putzigen Einkaufscenter sind insofern eine optische Täuschung. Sie spiegeln Kleinteiligkeit, kulturelle Einbettung vor, wo in realitas das Gegenteil läuft.

    2. Das Schweigen der Architekten und Anti-Reko-Brüller. Hier nun könnten sie sich endlich richtig über "Disneyland" auslassen, doch sie bleiben bemerkenswert ruhig. Ganz anders, als wenn jemand in einer Stadt ein originales Fachwerkhaus rekonstruieren möchte. Dieses Verhalten ist verdächtig.

    Warum? Sie alle stecken drin im internationalistischen System, sind Teil desselben, sind von ihm verblendet oder profitieren kurzfristig davon. Sie alle sind mit dabei auf dem Zug in Richtung einer kulturlosen "Weltgesellschaft", die nur noch geschichtslose "Menschen" und "Konsumenten" sehen will. Die netten Einkaufscenter stehen dem Trend nicht wirklich entgegen, sie wirken einfach nur kompatibel für die zurückgebliebenen Massen, die eben noch nicht ganz so weit für den großen Sprung in die Hypermoderne sind. Sie dienen nur als behutsamer Schritt. Eine echte rekonstruierte Altstadt aber wäre ein Rückschritt, würde sie den Menschen doch erneut vermitteln, daß es noch eine andere, eine eigene Kultur und Geschichte gibt. Und dass man Entwicklungen rückgängig machen kann. Das aber gilt es, so gut dies möglich ist, zu verhindern bzw. durch "Brüche", "Kontraste" usw. zu stören.

    Der Typ soll von mir aus Farbbeutel gegen das "Coelln-Palais" dieser "Just Living GmbH" werfen, wenn es fertig gestellt wird. Letzteres aber sollte unbedingt in dieser Form verhindert werden. Dieses Gebäude in dem altstädtischen Kontext ist ein Affront gegen die umliegende Bebauung, gegen die Berliner Geschichte und trägt nichts zur Stadtreparatur bei.

    In unmittelbarer Nähe sieht es noch so aus: http://www.in-berlin-brandenburg.com/Location/Zur-letzten-Instanz.html

    Hier ist Nachbesserung also ganz dringend geboten. Kann nicht jemand bei der Gesellschaft Historisches Berlin vorstellig werden?

    An sich ist es ja eine positive Sache, wenn jemand wirklich ermöglicht, daß das Schloß sogar als Dreiflügelanlage wiederhergestellt wird. Es wäre eine Großtat. Und es ist auch selbstverständlich, daß ein solcher Investor auch die Immobilie in seinem Sinne nutzen kann. Aber bezüglich der Interessen der Bürger und des Vereins, der die Bewegung ja gerade erst initiiert hat, muß eben unbedingt ein Kompromiß gefunden werden. Dieser lautet, daß der Park mindestens in Teilen öffentlich zugänglich bleibt, und daß der Verein oder eine eventuelle Nachfolgeinstitution einige Räumlichkeiten in dem Flügel behält, den er teils saniert hat. Eine solche Mischnutzung könnte zum Vorteil aller sein, niemand bräuchte sich vom anderen übergangen oder eingeengt fühlen. Es kommt hier auf einen guten offenen Dialog an. Also, ich wünsche gutes Gelingen.

    Zitat

    Es ist vorgesehen, die gesamte Dreiflügelanlage äußerlich originalgetreu zu rekonstruieren. Nachteil: Der gesamte Schlossgarten wird abgeriegelt, die Bevölkerung hat keinen Zugang mehr. Außerdem soll die Stadthalle, ehemals fürstliche Reitbahn, mit veräußert werden. Damit ginge ein einmaliges Kulturzentrum verloren. Dass der Förderverein völlig außen vor ist, versteht sich von selbst ...

    Aus welchen Quellen hast Du diese Informationen, "Akanthus"? Auf der Seite des Vereins steht nichts darüber. Gab es Presseartikel? Ist kein Kompromiss mit dem Verein (Überlassen von Räumlichkeiten; teilweiser Parkzugang) möglich? Und für welchen Zeitraum wäre denn eine solche Herstellung der Anlage anvisiert?