Beiträge von aldilette

    Auch ich verstehe Donat79 so, dass er sich über Tipps zu gut erhaltenen Städten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR freut, und hier seien doch unbedingt die Hansestädte Wismar, Stralsund und zumindest in Teilen auch Greifswald für einen Besuch empfohlen. Schwerin ist allein schon aufgrund seiner Lage und des Schlosses eine Besonderheit und einen Abstecher wert, und wohl auch von Güstrow ließe sich dies mit guten Gründen sagen.

    Das Nachbargebäude des ehemaligen Kunstgewerbemuseums, des heutigen Martin-Gropius-Baus, der Erweiterungsbau der Kunstgewerbeschule (eine Planung des Baubeamten Oskar Hoßfeld) in der Prinz-Albrecht-Straße 8 (heute Niederkirchnerstraße) aus dem Jahr 1905, diente der Gestapo als Zentrale. Die Kellerräume, in denen Gegner des Regimes gefoltert wurden, sind freigelegt und in die Topographie des Terrors einbezogen. Auch steht hier noch ein Rest der Berliner Mauer. Ein Wiederaufbau des Gebäudes erscheint mir angesichts dieser Gedenkstättenfunktion problematisch, zumal er baugeschichtlich auch nicht herausragend war.
    Eine Rekonstruktion des Völkerkundemuseums wäre hingegen eher denkbar, seriös aber nicht für 50, sondern wohl eher für 500 Millionen Euro zu haben.

    Träumen ist nicht verboten. Aber dass der gerade erst sanierte Hauptbahnhof nach all den gescheiterten großen Planungen der 90er und 00er Jahre abgerissen wird zugunsten der Rekonstruktion des Vorkriegsbaus, erscheint mir doch reichlich unwahrscheinlich, zumal der alte Dortmunder Hauptbahnhof nun auch nicht gerade ein Gebäude war, das Baugeschichte geschrieben hat (anders als etwa der Anhalter Bhf in Berlin oder der Stuttgarter Bhf, der gerade verhunzt wird). Die DB hat sich als Bauherr schon lange von jeder architektonisch-gestalterischen Ambition verabschiedet, eine Rekonstruktion könnte hier wohl nur in Betracht gezogen werden, wenn der Bahnhof wie so viele andere Bahnhofsgebäude auch verkauft und abgerissen würde, davon habe ich aber noch nie etwas gehört.

    Dass das Dortmunder Stadttheater bzw. Opernhaus abgerissen wird, um den Vorgänger zu rekonstruieren, halte ich ebenfalls für eher unwahrscheinlich angesichts der städtischen Haushaltslage. Hier müsste wohl ein Bürgerverein gegründet werden, der der Stadt das Opernhaus abkauft, auf eigene Kosten abreisst und den Vorgänger zurückzaubert. Inwieweit das alte Gebäude dokumentiert ist, weiß ich nicht, ich glaube aber kaum, dass sich für das baugeschichtlich ebenfalls eher bedeutungslose alte Theater eine private Initiative von entsprechender Finanzkraft (das dürften etliche hundert Millionen Euro sein) auf die Beine stellen lässt. Wir sind hier nicht in Hamburg... Außerdem ist das nach dem Krieg neugebaute Theater zwar ebenfalls kein baugeschichtlich herausragendes Werk, für seine Zeit aber durchaus typisch und mit Qualitäten, sozusagen auf Augenhöhe mit dem Vorgänger. Ein Austausch erschiene mir nicht als Gewinn.

    Gleiches gilt für die OPD, ein baugeschichtlich bedeutungsloser, dabei ziemlich großer Postbau, für den heute kein Bedarf besteht und dessen Beitrag zur Dortmunder Identität auch vergleichsweise bescheiden ist. Gründerzeitliche Massenware, wenn man will.

    Das Gildenhaus ist ein anderer Fall, das relativ kleine Gebäude könnte in der Tat ein Rekonstruktionskandidat sein, der sich handwerklich seriös zu vermutlich realisierbaren Kosten ins Werk setzen ließe. Freilich weiß ich auch hier nicht, wie die Dokumentationslage ist.

    Das Nordsternhaus habe ich zwar nie gesehen, empfinde es auf alten Ansichten des Marktes aber immer als viel zu auftrumpfend gegenüber dem Alten Rathaus (das in der Tat der wohl vordringlichste Fall einer Rekonstruktion wäre, noch vor dem Gildenhof, als eines der ältesten Rathäuser des Landes bis zu seiner Zerstörung) - da wäre mir die Nachbarbebauung des Rathauses ehrlich gesagt lieber. Baugeschichtlich ist das Nordsternhaus eh unbedeutend, eine Rekonstruktion würde die überragende Stellung eines ebenfalls rekonstruierten Rathauses nur schmälern.

    Hotel Römischer Kaiser, wohl ebenfalls kein Rekonstruktionskandidat, aber wie gesagt, träumen ist erlaubt.

    Demgegenüber erscheint mir die Wiederherstellung historischer Geschäftshausfassaden im Stadtzentrum ein realistisches Vorhaben. Hierfür - und für die Rekonstruktion des Alten Rathauses, und zwar nicht nur seiner Fassade - bürgerschaftliches Engagement zu initiieren, wäre aller Ehren wert - und eine große Aufgabe.

    Da bin ich ganz bei Dir, Weingeist. Gerade die überragende stadträumliche Bedeutung der Alten Schule wird, meiner Meinung nach, über kurz oder lang zu einer Wiederauferstehung des Baus führen, und die quasi industrielle Produktion seiner Formsteine dürfte auch jenen Bedenken nicht im Wege stehen, die ein untergegangenes Bauwerk als singuläre, nicht authentisch wiederholbare künstlerische Leistung beurteilen. Die Alte Schule, sie wird wiederkommen, dessen bin ich mir sicher, und dieses Unterfangen über ein zugängliches Kellergeschoss in Angriff zu nehmen, könnte in der Tat zum Erfolg führen.

    Gestern musste ich von Moabit nach Kreuzberg und bin nach dem Tiergarten durch den Gleisdreieck-Park geradelt. Dabei fragte ich mich, inmitten des bunten Treibens unserer abendlichen Spaß- und Freizeitgesellschaft, ob es wohl eines Tages, vielleicht in Kooperation mit dem Technikmuseum, dazu kommen könnte, hier das alte Gleisfeld des Potsdamer Bahnhofs mitsamt seinem Empfangsgebäude und einem authentischen Dampfzugverkehr zwischen Potsdamer Platz und Südkreuz, vielleicht ja sogar darüber hinaus, zu etablieren, quasi als eine Museumswelt des Maschinenzeitalters. Was meint ihr, wäre es ein lohnenswertes Unterfangen, sich dafür einzusetzen, und bestünden wohl Chancen auf Umsetzung solch eines großflächigen Infrastrukturrekonstruktionsprojekts?

    Ja, das Kronprinzenpalais bietet sich wirklich an für eine hochwertige Entwicklung für russische und arabische Anleger, die für eine weitere Aufwertung der Mitte sorgen könnten. Vorstellbar wäre aber auch eine luxuriöse Herberge analog zum nahen Hotel de Rome oder eine Bildungsausstätte für die Besten wie im Staatsrat. Jedenfalls ließe sich mit diesem Objekt sicher sehr viel mehr Geld verdienen als im Moment.

    Entschuldigt die kleine Korrektur, aber an der Bachstraße werden keine "losen Bauten" errichtet, sondern dort ist sehr wohl eine straßenbegleitende, geschlossene Bebauung geplant, diese ist allerdings nicht Bestandteil des vorgestellten Projekts - entweder ein späterer Bauabschnitt oder ein anderer Entwickler. Die von Dir, Vulgow, angeführten losen Bauten stehen parallel dazu entlang der Spree. Sicherlich wäre auch hier eine geschlossene Bebauung, wie sie auf der anderen Seite des Flusses auch steht, besser gewesen; dass andererseits die wenig attraktive Lage an der vielbefahrenen Bachstraße mit einer Öffnung des Baufeldes nach Westen, mit Blick auf den Fluss, ein wenig aufgebessert wird, erscheint, so bedauerlich es ist, in gewisser Weise nachvollziehbar.

    Ich bin skeptisch, angesichts des Betonrohbaus dahinter. Das Ergebnis wird, so fürchte ich, ebenso falsch und unglaubwürdig aussehen wie etwa der Zuckerhut in Hildesheim - wie ein 1:10-Modell, dass auf 1:1-hochgezoomt wurde und dann, einerseits zu detailverliebt, andererseits zu grob, die Phantasie tötet. Auf die freieren Neuschöpfungen der Neualtstadt wie die Braubachstr. 23, Markt 14 oder Markt 40 blicke ich da schon mit größerer Erwartung.

    Na ja, im wachsenden Berlin liegt das Areal nun nicht gerade, es befindet sich zwar im Eigentum des Landes, vom Alexanderplatz dort hinaus aber sind es schon noch 40 Kilometer, das ist voll in der Knüste, weit und breit nüscht außer Bäumen. Kreativfirmen gehen da sicher nicht hin, ein Hotelprojekt ist dort auch schon einmal gescheitert, und um da Essen zu gehen oder eine Tagung durchzuführen, na ja, da gibt es halt wirklich besser erreichbare Orte in der Stadt oder in der näheren Umgebung. Schade um die Architektur ist es natürlich, dass der Verfall voran schreitet.

    Da bin ich mir nicht so sicher. nps haben in Berlin in den letzten 15 Jahren nie mehr als mediokre Investorenarchitektur abgeliefert, egal, wo sie gebaut haben, und diese, gepaart mit Luxusapartments und -marken darin, kann ich mir beim besten Willen nicht als Bereicherung dieses in den letzten 15 Jahren zum reinen Luxusmarken-, Luxusapartment- und Luxuseinwohnerviertels verkommenen Stadtgebiets vorstellen. Vor 18 Jahren fand ich den Neubau auch grässlich enttäuschend, aber inzwischen, mit dem Wandel des Viertels, hat sich ihm gegenüber bei mir eine zarte Zuneigung entwickelt - immerhin noch eine ganz normale Bebauung/Nutzung/Bewohnerschaft.

    Die "Bauchschmerzen" aufgrund möglicher rechtsextremer oder -radikaler Käufer erscheinen umso unverständlicher, als dass diese doch die beste Garantie dafür wären, dass die denkmalgeschützte Immobilie langfristig erhalten bleibt.
    Moderationshinweis (Aedificium): Ich bitte doch sehr darum abstruse unterschwellige politische Unterstellungen zu unterlassen. Beitrag wurde um entsprechende Passage gekürzt.

    Nun, bei aller berechtigten Kritik am herrschenden Wirtschaftssystem - in diesem Fall sollte doch zumindest nicht vergessen werden, dass auch in der sozialistischen DDR zahlreiche Dörfer dem Tagebau zum Opfer fielen. Und da wir alle wohl nicht nur mit Kerzen unsere Wohnungen beleuchten, vielleicht sogar einen Kühlschrank betreiben oder ab und an mal Radio oder eine Schallplatte hören, außerdem auch Produkte konsumieren, für deren Herstellung die ein oder andere Tasse Strom verbraucht worden ist, sind wir mitverantwortlich für den Energiebedarf. "Der pöhse Kapitalismus" ist es also nicht allein, der hier am Pranger steht, so bedauerlich die Verwüstung einer Kulturlandschaft natürlich ist.

    Klinker: Verstehe ich Dich richtig, wenn Du mit dem Satz "Die Modernisten sollen sich an ihren eigenen Maßstäben messen lassen" die Architekten des Trias-Hauses Schulz & Schulz meinst? Diese sprechen doch unumwunden selbst davon, das von Dir gefundene Beispiel aus Madrid, wo der ältere der beiden Brüder studiert hat, mit diesem Gebäude interpretiert zu haben, vor dem Hintergrund von Ritters Hochhausplänen derselben Zeit für den Leipziger Ring. Sie erheben also gar keinen Originalitätsanspruch, sondern bekennen sich ganz offen zu einer historistischen Herangehensweise an das Projekt.

    Abgesehen von Fragen persönlichen Gefallens/Nichtgefallens ist zum Dreischeiben- bzw. Thyssenhochhaus in Düsseldorf anzumerken, dass mit diesem die in den USA verwandelte Architektur der moderne Architektur nach (West-)Deutschland quasi reimportiert wurde. Die in den 20er und 30er Jahren häufig mit dem Ruch des "Jüdischen", "Kommunistischen" oder sonstwie "Volksfremden" (Weißenhofsiedlung = Araberstadt) in Verbindung gebrachte Gestaltungsweise reüssierte plötzlich als "Repräsentationsarchitektur" der neualten Wirtschaftselite, und dies aus der Hand von Architekten (Hentrich & Petschnigg), die zuvor noch ganz jener "Erdenschwere" verbunden waren, mit der sie im sog. Dritten Reich für die Hitlerjugend geplant hatten, und in einer Stadt, die nach dem Zweiten Weltkrieg unter Friedrich Tamms zum Sammelbecken von Architekten und Künstlern aus Speers Generalbauinspektion geworden war (allen voran Schulte-Frohlinde, aber auch Gutschow und natürlich Breker). Das Manifest einer kleinen Zeitenwende, sozusagen, oder, wie Du, Hildesheimer, es formulierst, des seinerzeitigen Wirtschaftswunderoptimismus.

    Doch, das gab es damals auch schon. Das Wort wurde schon von den "alten Griechen" benutzt (architékton, mit noch einem geraden Strich über dem o, den krieg ich jetzt nicht aus der Tastatur) und bezeichnete den "ersten Zimmermann", also quasi den Leiter einer Baustelle. In seiner heutigen Bedeutung ist der Begriff seit dem 16. Jahrhundert gebräuchlich (wobei mir seine Dimension als Schimpfwort neu ist, aber da ist man in der Pfalz vielleicht schon weiter). So, Klugscheißmodus aus. Guten Rutsch den Foristen!

    Eine Zeitobergrenze für Baudenkmäler zu ziehen, ist in meinen Augen nicht zu begründen. Pauschalurteile wie "alles, was in den letzten hundert (fünfzig/fünfundzwanzig...) Jahren entstanden ist, ist Schrott", ist nicht mehr als dumme Polemik. Zu jeder Zeit entstehen bessere und schlechtere Gebäude, solche, die den Geist und die Ideen ihrer Zeit auf besonders augenscheinliche Weise verkörpern und neue Wege gewiesen haben und dann auch völlig zu Recht erhalten werden sollten. Um nur mal aus Berlin ein paar Beispiele anzuführen: aus den 20ern die Siedlungen, aus den 30ern der Flughafen THF, aus den 50er Jahren die Stalinallee und das Hansaviertel, aus den 60er Jahren die Philharmonie und die Neue Nationalgalerie, aus den 70er Jahren das ICC und der Flughafen Tegel, aus den 80ern die Bauten der IBA und das Nicolaiviertel, aus den 90er Jahren der Potsdamer Platz und das "Band des Bundes" (dies nur die prominentesten, natürlich gibt es weitere). Ob mir oder Dir diese Häuser gefallen, ist in meinen Augen kein Kriterium für ihren Wert, die Geschmäcker ändern sich, siehe den Wandel der Wertschätzung des gründerzeitlichen Mietskasernengürtels.