Beiträge von frank1204

    Ups, da habe ich wohl das Wörtchen "nicht" überlesen. :schockiert:
    Ja, dann liegst Du natürlich mit Deiner Einschätzung gar nicht mehr so weit von meiner entfernt. Und an meiner Darstellung der Gestaltungs- und Schmuckelemente ändert es ja nichts.

    Du bist tatsächlich jünger als ich? Deiner eigenen Beschreibung nach zu urteilen ("Alter solventer Sack") hätte ich Dich für einen Mittsechziger gehalten, der sich nach seinem offenbar sehr erfolgreichen Arbeitsleben gerade ein neues Betätigungsfeld sucht, weil ihm Rente zu langweilig ist... Tja so kann man sich täuschen. Und ich habe nun gelernt, dass ich wohl bisher irgendetwas falsch gemacht habe. Ich verdiene ja auch nicht so extrem schlecht, aber so ein Millionenprojekt könnte ich finanziell niemals allein stemmen. Nicht mal annähernd... huh:)

    Ok, ich sage dann mal zu, dass ich die restlichen Fassaden nachliefern werde. Es kann aber etwas dauern, also nicht ungeduldig werden.

    P.S.: Wie ich sehe, hast Du nun doch Gefallen an den Smilies gefunden. :thumbup:

    Um noch einmal auf das Thema "Schmuck" zurückzukommen - das hatte ich gestern nicht mehr geschafft:

    Du hast es zwar sehr schön ausgedrückt, ich kann an den alten Kaufmannshäusern dennoch beleibe keinen "königlichen" Schmuck erkennen. Was meinst Du damit genau?

    Die Hochblenden in Gotik und früher Renaissance sind ein ganz normales und vor allem konstruktives Element dieses Baustils. Sie dienten in erster Linie dazu, beim Bau Material und vor allem auch Gewicht bei den sehr dicken Mauern zu sparen und diese durch Profilierung bei gleichzeitig geringerer Wandstärke zu stabilisieren. Dass sie nebenbei auch noch gut aussehen, ist mehr ein positiver Nebeneffekt. Es handelt sich hierbei aber nicht um teuer bezahlten zusätzlichen Schmuck (oft wurden nicht einmal teure Formsteine verwendet) - das beweist auch die Tatsache, dass sogar an kleinen gotischen Handwerkerhäusern ebenfalls Hochblenden zu finden sind - und die eher ärmlichen Handwerker hatten beileibe kein Geld für nicht notwendige Verzierungen.

    Gleiches gilt für die stichbogigen Fensternischen in der Renaissance: Die gemauerten Bögen über den Fenstern sind rein konstruktiver Natur und leiten das Gewicht der darüberliegenden Fassade seitlich ab.

    Und auch einfache Gesimse kann ich nicht als "königlichen" Schmuck verstehen. Seien sie auch nicht konstruktiv erforderlich, so dienen sie lediglich zur Gliederung einer Fassade, um ihre Proportionen gefälliger zu machen. Großartiger Schmuck ist das aber in meinen Augen nicht.

    Als wirklichen Schmuck kann man doch nur Elemente bezeichnen, die nicht konstruktiv erforderlich sind, sondern extra (meist teuer) bezahlt werden und als einzigen Funktion die Verschönerung des Gebäudes haben.
    Dazu zählen im Gründerviertel vor allem die Terrakotten (Statius von Düren), die mit sehr teurem lüneburger Salz glasierten Steinschichten und die Sandsteinportale, deren Material von weit her eingeführt werden musste. Alle drei Elemente kommen aber nur an einer kleinen Minderheit der Häuser vor, so dass ich weiterhin behaupte, dass den Kaufleuten trotz ihres enormen Reichtums der Schmuck ihrer Häuser nicht so wichtig war oder anders gesagt sie keine Priorität auf Äußerlichkeiten, sondern wichtigere/solidere Werte legten.

    ^
    Ja, in Deinen Beiträgen schwang zeitweise ein leicht aggressiver Unterton mit. Aber das wäre ja nun geklärt. :smile:
    Danke, dass Du meinen Beiträgen Niveau bescheinigst - ich weiß ja selbst, dass ich auch leicht mal über die Stränge schlage, wenn die Leidenschaft mit mir durchgeht.

    Klar ist Empfindung von Architektur immer auch subjektiv. Das ist ja bei allen visuellen Dingen so. Und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Aber es gibt doch mit den überkommenen speziellen Merkmalen an dieser Stelle nicht wegzudiskutierende, objektive Tatsachen. Ich meine, dass man beim Bauen in der historischen Altstadt den eigenen Geschmack respektvoll hintenanstellen und sich den genannten Vorgaben anpassen sollte. Wenn man Steinfassaden und Satteldächer nicht ausstehen kann, sondern Glas, Stahl und Flachdächer schön findet (das soll keine Unterstellung sein und ist nicht an Dich gerichtet), sollte man hier tatsächlich lieber nicht bauen wollen. Wie ich schon sagte: Ich mag auch moderne Architektur und finde insbesondere die Hafencity oder auch den Potsdamer Platz in Berlin sehr reizvoll. Aber man kann eben nicht alles an jedem Ort bauen.

    Bzgl. der weggelassenen Häuser in der Mengstraße werde ich dann mal sehen, ob oder besser gesagt wann ich die nachliefern kann. Ich habe in den nächsten 3 Wochen sehr wenig Zeit dafür. Wie schon gesagt handelt es sich hier hauptsächlich um einfache (Spät-)Klassizistische Fassaden, die es so auch in jeder anderen Stadt gibt. Ich wollte mit meiner Bilderserie ja das herausstellen, was typisch "lübsch" ist und insbesondere das Gründerviertel so speziell macht, da hier - im Gegensatz zu vielen anderen Straßen noch Gotik und Renaissance überwiegen bzw. bis 1942 überwogen haben.

    Viele der Siegerentwürfe finde ich auch übertrieben und unpassend, da gehe ich mit Dir konform. Ich habe da die Jury auch nicht verstanden, da es unter den 125 weiteren Arbeiten meines Erachtens deutlich bessere gab.

    Ich glaube, mit einem baulichen Engagement meinerseits wird es wohl nichts werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in einer Bauherrengemeinschaft ohne größere Zwistigkeiten auf einen Nenner kommt, was die Fassade oder gar eine Rekonstruktion mit eventuell zusätzlichen Kosten betrifft. Und selbst in einer Gemeinschaft müssten man bestimmt noch einige hundertausend Euro in die Hand nehmen. Ich habe war ein abbezahltes Haus, möchte mir aber nun nicht erneut einen Kredit ans Bein binden, den ich vielleicht wieder 20 Jahre abzahlen muss. Denn so jung wie Du vielleicht denkst, bin ich auch nicht mehr - das halbe Jahrhundert ist nämlich leider bald voll...
    :opa::biggrin::wink:

    Vielen Dank für die vielen schönen Bilder, vor allem auch aus dem Schlüterhof von den der Webcam abgewandten Seiten! :applaus:

    Ich muss sagen, dass mir die Verkleidung der modernen Seite zumindest nicht unangenehm aufstößt - das hatte ich mir schlimmer vorgestellt.

    Das Kuppel-Gerüst wirkt momentan wie eine moderne Kuppel, die uns ja bei einigen Entwürfen auch hätte blühen können. Man kann jetzt gut abschätzen, was uns da erspart bleibt - ich bin so froh, dass die historische Kuppel wiederkommt und kann es kam abwarten, bis die ersten Teile montiert werden. Es kann ja nicht mehr lange dauern! :smile:

    Ich muss dich korrigieren, einen Konsens haben wir nicht. Straßen als volatiles Abbild der Historie, hier: der verlorenen Historie, auf
    gewiss wertvolle, aber nicht ausschließliche Elemente zu reduzieren - das wird von mir nie Unterstützung finden. Nicht als Investor, nicht als
    Architekturinteressierter, nicht als Partizipant dieses Jahrhunderts.
    Ich schrieb, ich kann deinen Wunsch besser nachvollziehen - nicht, dass ich ihn teile.


    Ja, schade, da habe ich in Deine Worte wohl mehr hineininterpretiert oder sie vielleicht auch anders verstehen wollen.
    Ich muss aber sagen, dass ich Deinen Ansatz natürlich auch verstehen kann. Wenn keine Rekonstruktionen möglich wären, würde ich ihn sogar teilen, höre ich doch heraus, dass Du bereit bist, Dich mit dem Ort und seiner Historie auseinanderzusetzen und ein dem angemessenes Haus zu bauen. Das ist allemal ehrenwerter als einfach "irgendetwas steriles von der Stange" hinzuklotzen, was viele andere hier sicher tun würden, gäbe es keine Vorgaben.

    Zitat

    Im Gegenteil, deine Sichtweise erscheint mir immer noch in vielen Bereichen zu anämisch. Keine Dachterrassen oder -flächenfenster? Lieber Treibhaus und Klo auf dem Gang? Nur roten Backstein? Nur, nur, nur, nicht, auf keinen Fall, niemals, etc... nein, nein, nein. Ein paar offensichtliche Aspekte - d'accord, aber so viel inzestuöse Ansätze kann ich nicht gutheißen. Ich würde mir aber wünschen, dass du ein Haus gemäß deiner Wunschliste erstelltest. Dann würde ich gern sehen, ob es sich mit denen in der Mengstraße messen könnte. Und "messen" meint hier nicht Konkurrenz, sondern Inklusion. Ebenbürtigkeit und Geschlossenheit.


    Ich habe lediglich die ortstypischen Merkmale der historischen Bauweise beschrieben - die sollte man - in welcher Form auch immer - auch an den neuen Häusern verwenden und wiederfinden. Es wird hier ja wohl niemand ernsthaft Glas- und Stahlkästen hinsetzen wollen? Oder eine Holzfassade? Bitte nicht!

    Ich bin leider kein Architekt, daher kann ich so aus dem Stegreif keinen eigenen Entwurf anbieten. Daher werde ich mal ein oder zwei Beispiele aus den Siegerentwürfen anführen, die meinen Vorstellungen am nächsten kommen, was ich auch schon weiter oben getan habe, und zwar diese:

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    Entwurf: Anne Hangebruch, Berlin, Foto von mir.
    Hier kommt die mittlere Fassade dem am meisten entgegen, was ich meine. Das EG würde ich evtl. noch mit dem 1. OG verknüpfen wie Mäckler es auf dem nächsten Bild macht.

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    Entwurf: Christoph Mäckler, Frankfurt, Foto von mir
    Hier würde ich allerdings die auf die große Fassade zusätzlich aufgebrachte kleine Fassade sowie die zu mickrige Eingangstür im mittleren Entwurf verändern. Auch mit ein paar weiteren Entwürfen (z.B. Konermann/Siegmund) aus den Siegern und Anerkennungen könnte ich leben.

    Mir ist klar, dass Du diese Entwürfe wohl als banal und mutlos empfinden wirst - Du schreibst es ja ähnlich weiter unten. Daher würde ich mich über einen Entwurf oder zumindest eine Beschreibung Deinerseits freuen. Vielleicht verstehe ich ja dann besser, was Du Dir genau vorstellst - ich bin durchaus für gute moderne Architektur zu haben und schreibe nochmals: Ich plädiere ja nicht dafür, dass das ganze Viertel 1:1 rekonstruiert werden muss, sondern nur für die Rekonstruktion einiger weniger herausragender Fassaden.
    Der Rest kann gerne modern sein, aber eben angepasst.

    Zitat

    Abseits sozialdarwinistischer Realitäten zum Ästhetischen: Wenn du das Rokoko-Gebäude dort als unpassend empfindest, ist mir dein gestalterischer Ansatz zu monothematisch. Ich sehe eine homogene Synthese mit direktem lokalen Bezug, fraglos meisterlich konzipiert.


    Ja, ich gebe zu, ich hätte das mit dem Rokoko-Haus nicht erwähnen sollen - hatte auch länger darüber nachgedacht. Ich lehne ja nicht den Rokoko an sich ab. Es war in dem Moment, als ich mir die Bilder ansah eher eine spontane Reaktion auf die subjektive Wirkung im Kontext. In anderen Straßen - wie z.B. der großen Petersgrube wirkt ein ähnliches Haus (Musikhochschule) ganz anders und passender. Das hatte ich wohl im Hinterkopf.

    Zitat

    Straßen sind wie Blumenwiesen, im Konzert der Dinge muss es Farbe geben, den faszinierenden Tanz von Varianz und Variation. Den von dir abgelichteten Häusern würde ich auch keineswegs "Schlichtheit" oder "Bescheidenheit" zusprechen. Sie sind auf unaufgeregte Weise elegant und wirken auf mich als Nicht-Lübecker nicht "kühl". Sie besitzen selbstverständliche Schönheit, weisen für meinen Geschmack auch viele plastische/tiefe Elemente auf. Sind geschmückt nicht wie Königinnen, nein, aber auch nicht billig aufgebretzelt wie Dirnen - und schon gar nicht in Sack und Asche gewandet wie Bettler. Elegante Großbürgerinnen. In die Jahren gekommen, verwittert, doch teilweise erstrahlen noch Reste einer einst selbstverständlich gelebten Schönheit und Stärke. Bis Zeit und Schicksal zuschlugen. Irgendwann verlor man Stärke, Eleganz, Noblesse, Macht.

    So sehr, dass diese Stadt keinen Mut mehr hat zu selbstbewusstem Auftreten. Stattdessen spüre ich Angst. Viele der siegreichen Entwürfe wirken auf mich wie
    fahle Imitationen einstiger Noblesse. Ein Herumstolpern in Fußspuren, die eindeutig zu groß sind. Jungs passt Vaters Mantel einfach nicht, so wird es immer sein. Schade. Aber man hat ja noch deine hübsche Bildergalerie, für die ich dir nochmals danke. Das da ist das wahre Lübeck. Und die unentrinnbare Wahrheit ist - es ist passé.

    Einen Weg, dies zu ändern, wüsste ich nicht. Ihr?


    Das hast Du wirklich sehr schön und eindrucksvoll, fast lyrisch formuliert. Dazu kann ich aber nur sagen: Es wurden in Lübeck in den letzten 70 Jahren schon viele Wege beschritten und es wurde dabei oft und immer wieder die selbstbewusste, mutige neue Architektur beschworen. Und es entstand dabei doch immer wieder nur mittelmäßiges und oft auch katastrophales wie das schon erwähnte P&C am Markt, das Haerder Center oder auch die Ecke Beckergrube/Breite Straße. Ich könnte noch sehr viel mehr Beispiele aufzählen, auch ältere. Jahrzehntelang Immer wieder nur Stadtbildzerstörung statt Stadtbildreparatur.

    Daher ist meine Meinung gegensätzlich zu Deiner: Es wird nun gerade hier nach den ganzen "mutigen" Entwürfen der letzten 70 Jahre das erste Mal ein neuer Weg beschritten. Dieser Weg IST in Lübeck endlich einmal eine Änderung. Nämlich eine Anpassung an die alte Stadt, eine Rückbesinnung auf die Tradition und kein Schrei "Hier bin ich, selbstbewusst und modern". Wohin das geführt hat und immer wieder führen wird, habe ich oben geschrieben.

    Und außerdem: Bist Du wirklich der Meinung, dass Du nun der Weisheit letzten Schluss mit Deiner Vorstellung von der für diesen Ort perfekt passenden und einzig richtigen Architektur gefunden hast? Das haben schon so viele vor Dir geglaubt. Ich würde mir wünschen, dass es so wäre und bin wie gesagt sehr gespannt auf Deinen Entwurf.

    Zitat

    P.S. Da ich als alter Sack mit Smileys nicht anfangen kann, kurz nachgeschoben: Ich mag ernst klingen, schreibe dies aber mit dem einen oder anderen Lächeln. Ich finde deinen Ansatz zu dogmatisch und fürchte, er würde Banales gebären, aber sei dem so. Ich würde es toll finden, wenn du dich anhand deiner Leidenschaft und Ideen dazu durchringen könntest, dort zu bauen. Denn Passion hast du.


    Dazu dann auch eine nicht ganz ernstgemeinte Antwort von mir: Nein ich glaube nicht, dass hier alle so denken wie ich - sonst sähe die Altstadt in den 1942 zerstörten und nach dem Krieg wiederaufgebauten Bereichen nicht so schlimm aus wie sie es tut. :wink:

    Dies ist aber doch ernstgemeint: Ja, ich würde sehr gerne dort bauen - und zwar eine Rekonstruktion. Da man dazu allerdings wohl Millionär sein muss, wird mir diese Chance also leider verwehrt bleiben.

    Wundervoll, eine bildschöne Straße, die du famos eingefangen hast. Nur kurz: Ich finde, das prächtige Rokoko-Gebäude fügt sich absolut passabel ein, ich nehme da nichts "Falsches" wahr. Ansonsten teile ich deine Einschätzungen und Empfindungen. Vielleicht kann ich nun sogar deinen Wunsch nach Rekonstruktionen besser nachvollziehen. Denn von derart viel altem, jedoch quicklebendigem Geist umweht, wird derlei vielleicht zum inhärenten Auftrag. Dies ist sie wohl, die DNS der Altstadt.


    Freut mich, dass ich Dich nach unserem anfänglichen Dissens durch die dargestellten Fakten etwas mit meiner Begeisterung anstecken konnte. Ich glaube ja, dass viele potentielle Bauherren einfach nur sehen, dass es da Baugrundstücke in guter, zentraler Lage gibt und da "einfach ein Haus" auf Rendite bauen wollen. Mit der Historie des Ortes haben sich aber wohl die wenigsten beschäftigt. Da will ich nicht einmal bösen Willen unterstellen - sie wollen halt in erster Linie ihr Geld gut in Immobilien anlegen und die Gestaltung oder irgendeine Geschichte sind dabei zweitrangig. Meist ist es wohl nur Unwissenheit oder im schlimmeren Fall Desinteresse - vor allem bei Auswärtigen ohne emotionalen Bezug zu Lübeck (fühl Dich jetzt bitte nicht persönlich angegriffen, ich meine das allgemein). Wenn man dann etwas Aufklärung betreibt, wie ich es hier mache, keimt im einen oder anderen Fall vielleicht doch eine gewisse Begeisterung auf, was mich dann wiederum sehr freut.

    Zitat

    Und gewiss, der Kampf um klassisches Gut ist nicht verkehrt, wenn man sich modernistische Unsinnstaten wie P&C am Kohlmarkt ansieht - oder das Haerder-Center mit dem gelandeten E.T-Raumschiff on top. Doch wenn ich die Altvorderen so sehe, frage ich mich, wie das neue Viertel letztlich überhaupt wirken kann. Wie können jetzt gebaute Häuser eine möglichst rasche Form von Authentizität entwickeln, und auch sehr wichtig: Eigenständigkeit?


    Genau - nicht zuletzt die von Dir treffend als "modernistische Unsinnstaten" bezeichneten Beispiele sind eine der Intentionen für mich zu sagen: "Lasst es uns doch mit der Wiederherstellung historischer Bauformen zumindest einmal versuchen"! Wir haben doch jetzt wirklich lange genug mit modernem in Altstädten herumexperimentiert, von dem fast alles nie zufriedenstellend war. Warum wohl wird das meiste "moderne" nach 50 Jahren wieder abgerissen, während das meiste historische auch nach 500 Jahren noch hochgeschätzt und bewundert wird?
    Die mittlerweile zahlreichen Beispiele aus vielen anderen Städten zeigen doch, dass die anfängliche, auch von Dir geäußerte Skepsis gegenüber Rekonstruktionen nach der Fertigstellung fast überall mehrheitlicher Begeisterung und der Überzeugung, das Richtige getan zu haben, gewichen ist.

    Ich glaube, eine Authentizität kann sich nur entwickeln, wenn die überkommenen Formen respektvoll aufgegriffen und richtig verstanden und eingesetzt werden. Dazu unten bei den Kriterien mehr. Die Berufsschulen haben zwar die roten Satteldächer und Backsteinfassaden aufgegriffen, aber die monolithische, orthogonale und überwiegend traufständige Bauweise haben ein jegliches Gefühl von Authentizität an diesem Ort zunichte gemacht. In der Vorstadt dagegen wären sie sicher ganz passabel gewesen.

    Zitat

    Nicht jeder kann oder darf ein Gebäude wie Mengstraße 6 translozieren (so denn überhaupt jemand die Chance erhält, schließlich fällt die Parzelle Fischstraße 19 an eine Bauherrengemeinschaft, und ob dort jemand die nötigen Mittel oder Intention haben wird, nun ja).


    Ich denke, dass gerade bei einem Zusammenschluss mehrerer Bauherren doch mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen müssten und die Belastung für den einzelnen geringer wird. Zugegeben wird es dabei aber sicher schwieriger, sich auf einen Entwurf oder speziell eine Rekonstruktion zu einigen. Die beste Lösung wäre gewesen, für einige Grundstücke Rekonstruktionen vorzuschreiben, dann wäre alles von vornherein klar gewesen und die Käufer hätten gewusst, was auf sie zukommt. Da Rekonstruktionen in Lübeck aber offenbar immer noch ein ungeliebtes Kind sind und bis vor kurzem noch rundweg abgelehnt wurden, ist so ein Leitbautenkonzept hier wohl leider nicht möglich. Ich bin ja schon glücklich, dass die Rekonstruktionen nach jahrelangem Ringen überraschenderweise überhaupt erlaubt wurden. Ich habe das Gefühl, dass die Entscheider da irgendwann genervt "ja" gesagt haben, damit die Befürworter endlich Ruhe geben und man insgeheim hofft, dass sowieso niemand eine Rekonstruktion bauen wird. Hoffentlich werden sie eines besseren belehrt werden.

    Ich bin ja nun auch nicht so extrem, das sich sage, es muss jedes der 39 Häuser rekonstruiert werden; aber ein paar wichtige Fassaden aus Gotik und Renaissance, vielleicht 3 pro Straße als Maßstabsgeber und Hinweis auf das, was dort einmal an bedeutender Geschichte war, wären schon schön. Auch, wenn es nur eine sein würde, würde ich mich schon sehr darüber freuen.

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    Spolien werden nicht Teil der neuen häuslichen Infrastruktur sein, da keine Portale erhalten sind. Fast jeder Klinker dorten wird frisch gebrannt sein, selbst bei (Fassaden-)Rekonstrunktionen. Es geht also um Illusion, schönen Schein. Was aber, wenn man auf Wahrhaftigem gründen will? Gibt es Mittel und Wege, um auch abseits der Rekonstruktionen zu einem authentischen, wahrhaftigen und würdigen Haus zu finden? Was wären Kriterien?


    Ich muss ehrlich sagen, dass mir schöner Schein inzwischen lieber wäre als hässliche Wahrhaftigkeit. Die hatten wir hier nun 70 Jahre lang und davon haben wir immer noch mehr als genug in Lübeck. Man könnte ja durch Hinweistafeln, einen Info-Punkt zum Gründerviertel/dem Bombenangriff/dem Krieg ö.ä. das interessierte Publikum über den Sachverhalt informieren - z.B. in den zu erhaltenden Kellern Fischstraße 24-28.

    Zu den Kriterien für ein würdiges Haus an diesem Ort würde ich zuallererst nennen: "Weniger ist mehr". Genauer: Wer sich meine Bilderserien - insbesondere die der Mengstraße ansieht, wird erkennen, dass die Häuser aus Gotik und Renaissance sehr schlicht sind. Das überrascht, wenn man weiß, wie unermesslich reich die meisten Kaufleute zu Zeiten der Erbauung dieser Häuser gewesen sind. Dieses Wissen zugrundelegend, versteht man, dass es sich hier um pures Understatement handelt, vielleicht auch treffend mit Unaufgeregtheit, Bodenständigkeit, Bescheidenheit, Zurückhaltung oder nordischer Kühle (was nicht negativ gemeint ist) zu bezeichnen, was mir persönlich sehr sympathische Eigenschaften sind. Man hat sich in wenigen Fällen vielleicht mal ein paar Terrakotten oder glasierte Steinschichten gegönnt, im Extremfall auch mal ein Sandsteinportal. Das war es dann aber auch. Zurschaustellung von übertriebenem Prunk und Protz: Fehlanzeige. Wenn man diesen Geist bei dem Entwurf eines neuen Hauses aufgreift, ist das schon einmal ein gute Grundlage.
    Vielleicht wird jetzt klar, warum ich weiter oben so gegen türmchen-erker-und-was-weiß-ich-verzierte Neugotik gewettert habe, die hier völlig fehl am Platze ist. So etwas gab es nur bei öffentlichen Bauten wie dem Rathaus oder dem Holstentor. Aber selbst hier finde ich die Gestaltung nicht übertrieben, wenn man weiß, wie mächtig Lübeck zu der Zeit war.

    Zudem hat sich durch diese Zurückhaltung kein Haus in den Vordergrund gespielt - das Gründerviertel war in Gotik und Renaissance ein sehr homogenes Gebilde, das sich später durch Umbauten nach dem jeweiligen Zeitgeschmack zwar veränderte, in Grundstruktur und Charakter aber bis 1942 unverändert blieb.

    Diese Grundlage vorausgesetzt, würde ich als spezielle Gestaltungskriterien für Neubauten nennen:
    - Giebelständigkeit
    - Steile Satteldacher (mind. 50°), Dächer geschlossen (keine Dachterrassen o.ä., möglichst keine Dachflächenfenster)
    - Dachdeckung rote Dachziegel (möglichst nicht zu glatt, also kein Biberschwanz etc.)
    - Straßenseitiger Giebel über das Dach überstehend, möglichst Treppengiebel oder Abwandlungen davon
    - Hohes Erdgeschoss oder zumindest optische Verbindung EG/1.OG
    - Lochfassaden, Befensterung von unten nach oben kleiner werdend, Verhältnis von Wand- zu Fensterfläche (EG mehr Fenster, Giebel mehr Wand)
    - Fenster eher hochformatig, aber niemals bodentief, keine Gitter/Geländer außen an den Fenstern.
    - Fassadengliederung eher vertikal als horizontal
    - Fassade eher flach als zu plastisch/zu tief, evtl. Zitate von Hochblenden oder Stichbögen/Luken im Giebel
    - Fassaden möglichst symmetrisch, insbesondere in OGs und Giebel
    - Fassadenmaterial: Roter Backstein (Natur oder geschlämmt) oder heller glatter Putz, KEIN Naturstein wie Granit etc., kein Rauhputz, keine gelben o.ä. Backsteine.
    - Keine übertriebenen Verzierungen/Spielereien wie extreme Lisenen, Türmchen, Zinnen usw.
    - Keine Balkon, Erker usw.

    Das alles gilt in erster Linie für die Straßenfassaden. Im Hof kann man ja meinetwegen über den einen oder anderen Punkt diskutieren.

    Aber ich denke, dass viele dieser Punkte ja sowieso schon von der Stadt vorgeschrieben sind und auch Basis des Wettbewerbs waren, mit dessen Ergebnis ich ja allerdings zum Teil nicht ganz so glücklich bin.

    Ja, das ist das Internationale Studentenwohnheim, das 2006 fertiggestellt wurde. Leider kam das ein paar Jahre zu früh. Das Grundstück war seit dem Krieg unbebaut geblieben und hätte wunderbar in das nun vorliegende Konzept einbezogen werden können. 2006 war man aber leider noch nicht ganz soweit. Ursprünglich war ja im Gründerviertel auch Geschosswohnungsbau geplant gewesen - und dazu hätte das Studentenwohnheim ja auch gepasst. Wirklich schade - hier hätten noch 5 Parzellen mehr (2 an der Alf- und 3 an der Fischstraße) für Häuser in historischer Kubatur zur Verfügung gestanden.

    So, hier wie angekündigt die Südseite der Mengstraße. Auch hier habe ich nur die meiner Ansicht nach "wertvollsten" Häuser herausgesucht, da das ganze sonst den Rahmen sprengen würde. Bei dieser Serie hatte ich naturgemäß etwas mit dem Gegenlicht zu kämpfen, aber ich denke, dass ich die Bilder mit etwas Nachbearbeitung ganz brauchbar hinbekommen habe.

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    Abb.1: Mengstraße 23, Renaissance, EG im 19. Jhdt. verändert, Ansätze des ursprünglichen Portals und der Fenster über dem verputzten Bereich noch sichtbar.

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    Abb.2: Mengstraße 25, gotisch. Ich meine irgendwann mal gelesen zu haben, dass die Fassade nach dem Krieg z.T. neu aufgebaut und dabei verändert wurde. Das kann ich momentan aber nicht verifizieren, da ich den Text nicht wiederfinde.

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    Abb.3: Mengstraße 25, Portal. Tür und Oberlicht Rokoko. Das Haus hieß früher auch "Im goldenen Hirschen", daher die Tafel über dem Portal.

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    Abb.4: Mengstraße 27, Renaisscance, Fassadenaufbau nahezu im Originalzustand, Verzierung mit Terrakottafries von Statius von Düren.

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    Abb.5: Mengstraße 27, Portal.

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    Abb.6: Mengstraße 27, Ausschnitt aus Terrakottafries und Sandsteingesims und -pilastern.

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    Abb.7: Mengstraße 29, gotisch, ehemals hohe Diele im EG in zwei Geschosse unterteilt. Fenster oberhalb der Hochblenden im Giebel ungewöhnlich, wahrscheinlich in der Renaissance eingefügt.

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    Abb.8: Mengstraße 31, Renaissance, reiche Innenausstattung erhalten.

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    Abb.9: Mengstraße 33, barock überformter älterer Speicher.

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    Abb.10: Mengstraße 41-43, Renaissance, Portal im 19.Jhdt. verändert. Ein in mehrfacher Hinsicht ungewöhnliches Gebäude:
    - Traufständig in einer der großen Rippenstraßen im Gründerviertel
    - Enorme Höhe für Traufständigkeit (in etwa gleiche Höhe der Straßenfassade wie die giebelständigen Häuser)
    - Doppelhaus mit gleicher Fassaden- und Zwerchgiebelgestaltung
    - Anklänge an die in Lübeck sehr seltene niederländische Renaissance mit Sandsteinschichten zwischen den Backsteinen in Fassade und Stichbögen (ist mir ansonsten nur bei den Nordfassaden von Zeughaus und Kanzleigebäude bekannt).

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    Abb.11: Mengstraße 41-43, Fassadendetail

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    Abb.12: Mengstraße Südseite ab Nr. 23 von Osten

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    Abb.13: Mengstraße Südseite von Westen, Nr. 23-31, zwischen Nr. 23 und 25 Turmspitze der Marienkirche zu sehen.

    So, das war es erstmal mit dem großen Überblick. Den Danksagungen und positiven Kommentaren entnehme ich, dass es vielen gefallen hat und bedanke mich wiederum dafür, dass die viele Arbeit, die ich da reingesteckt habe, gewürdigt wird. :smile:

    Fotos von mir vom 24.5.2015

    Boddien wettert gegen die geplante Steinwüste um das Schloss herum.

    Siehe >>
    http://www.morgenpost.de/berlin/article1…-gesammelt.html
    http://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/ver…leere-drumherum


    Na, das geht doch in die richtige Richtung. Ich glaube schon, dass Herr von Boddien da noch was bewegen kann - zumal auch die Stiftung [lexicon='Berliner Schloss'][/lexicon] als Bauherr in dieselbe Kerbe schlägt. Dass von Seiten des Bausenats dazu eine Trotzreaktion wie bei einem kleinen Kind kommt, ist nachzuvollziehen - wer gesteht schon gerne eine Fehlentscheidung ein?
    Das Argument der Barrierefreiheit des modernen Entwurfs erscheint albern und vorgeschoben. Auch bei der historischen Gestaltung sind alle Portale natürlich ebenerdig zu erreichen wie man auf historischen Fotos leicht sehen kann. Wie hätte man auch mit Kutschen über Stufen fahren sollen? Immerhin lässt sich der Senat zu der Äußerung herab, dass auch im modernen Entwurf die Figuren und der Brunnen aufgestellt werden könnten. Das ist doch schonmal der Anfang des Einknickens. Ich bin da noch ganz positiv gestimmt. :thumbup:

    Wenn man Schloss und Umfeld von vornherein als Einheit geplant hätte, wäre das Problem aber gar nicht erst aufgetreten.

    So, hier ist wie angekündigt der nächste Teil meiner kleinen Serie. Es geht also weiter mit der Mengstraße. Ich denke, dass ich wegen der Menge der Bilder wohl zwei Beiträge (einen je Straßenseite) machen werde.

    Die Mengstraße gehört zwar nicht zum Baugebiet, aber was hier erhalten ist, ist im Gegensatz zu den kläglichen Resten der drei anderen Straßen einfach großartig und liefert einen sehr guten Eindruck, wie das ganze Viertel einmal ausgesehen hat und - wenn es nach mir ginge - auch wieder aussehen könnte. Man kann von Glück reden, dass hier in der Mengstraße das meines Erachtens wohl größte zusammenhängende Ensemble an typischen Lübecker Häusern mit unveränderter Giebelgestaltung erhalten geblieben ist. Als "typische Lübecker Häuser" bezeichne ich vor allem die Treppengiebelhäuser aus Gotik und Renaissance. Damit sich das hier einigermaßen in Grenzen hält, habe ich die jüngeren klassizistischen Fassaden, die so auch anderswo vorkommen, ausgespart.

    Kurze Info: Die Hausnummern von Nord- und Südseite liegen bei gegenüberliegenden Häuser weit auseinander, da die Nordseite mit der Zählung an der Breiten Straße beginnt und die Südseite erst am Schüsselbuden, da die Marienkirche die oberen Südseite einnimmt. Dadurch zählt die Nordseite bis Nr. 70, die Südseite aber nur bis Nr. 45. Erhalten ist die Nordseite ab Nr. 38, die Südseite ab Nr. 17.

    Und noch eins vorweg: Die Straße ist ziemlich schmal, daher ist der Winkel bei den meisten Fotos etwas ungünstig. Selbst mit 17mm Brennweite und auf den Portalstufen der gegenüberliegenden Häuser stehend habe ich nicht alles ganz draufbekommen...

    Also, los geht´s mit der Nordseite der Mengstraße von Westen nach Osten:

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    Abb.1: Mengstraße 64, Renaissance, schon mit horizontaler Fassadengliederung, im Inneren historische Ausstattung erhalten, als Weinhandlung genutzt. Wer mal in Lübeck ist: Unbedingt reingehen!

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    Abb.2: Nr. 64, Portal aus gotländischem Kalkstein, daher schon relativ stark verwittert...

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    Abb.3: Mengstraße 56, ein tatsächlich barocker "Neubau" im Gegensatz zu den sonst üblichen Überformungen, da der Vorgängerbau eingestürzt war.

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    Abb.4: Mengstraße 54, Giebel Renaissance mit noch vertikaler Gliederung. EG und 1. OG leider im 19. Jhdt. überformt. Wie unglaublich wäre das Ensemble Nr. 48-56 gewesen, wenn auch Nr. 54 unten noch die Originalfassade gehabt hätte.

    Kurzer Exkurs zu den Renaissancefassaden:
    Als man nach der Epoche der Gotik begann, neue Häuser zu bauen oder die Fassaden nach dem neuen Baustil der Renaissance zu erneuern, wollte man zunächst keinen groben Schnitt im Aussehen der Häuser machen und behielt in der frühen Renaissance die Elemente der gotischen Häuser, also die vertikale Gliederung durch Hochblenden und die kleineren lukenartigen Öffnungen bei - nur eben rund- statt spitzbogig. Erst nach und nach ging man zur "richtigen" Backstein-Renaissance über, die sich durch eher horizontale Fassadengliederung und in einzelnen Stichbogen-Nischen sitzende größere Fenster auszeichnet.

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    Abb.5: Mengstraße 52, Renaissance, Geschosshöhen zu Wohnzwecken verändert, erkennbar an den "tiefergelegten" Fenstern im 1. OG. Fassadengliederung ursprünglich wie Nr. 50 (siehe nächstes Bild).

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    Abb.6: Mengstraße 50, Ebenfalls Renaissance, beherbergt zusammen mit Nr. 48 das Restaurant "Schabbelhaus". Reiche historische Innenausstattung aus verschiedenen Epochen, unbedingt mal reinschauen, wenn in Lübeck! Fotos gibt es auf der Webseite des Restaurants.

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    Abb.7: Mengstraße 50, Portal. Gerade lese ich selbst erst, dass das Portal ursprünglich zu Fischstraße 34 gehörte und bin ganz erstaunt. Es gibt also doch noch etwas, was aus der Fischstraße noch vorhanden ist. Fischstraße 34 liegt aber nicht im Neubaugebiet, sondern im unteren Baublock.

    Daher hier kurz ein altes Foto zwischendurch:

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    Abb.7a: Fischstraße 34 um 1900. Quelle: Wikipedia, gemeinfrei

    Und weiter mit meinen Bildern:

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    Abb.8: Mengstraße 50 und 52 als Ensemble

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    Abb.9: Und weil´s so schön ist, nochmal die Giebel von 50 und 52

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    Abb.10: Mengstraße 48, gehörend zum Schabbelhaus. Barock überformt, ursprünglich wohl Renaissance, zu erkennen an den Veränderungen im Bereich der Fenster im 2. OG (insbesondere an den Rillen und andersfarbigen Steine, die die Lage der alten Fenster (offenbar 2 Reihen übereinander) andeuten).
    Das erste Schabbelhaus befand sich übrigens bis 1942 in Nr. 36 und ging mit seiner überaus reichen historischen Ausstattung leider ganz knapp verloren. Wir erinnern uns: Erhalten ist die Straße ab Nr. 38... :crying:

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    Abb.11: Nr. 48, Portal

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    Abb.12: Mengstraße 48-54 im Zusammenhang

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    Abb.13: Mengstraße 44, Renaissance, Erdgeschoss neuzeitlich verändert. Ehemaliges mittiges Portal und EG-Fenster noch ablesbar.

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    Abb.14: Mengstraße 40, bestehend aus diesem und den unter Abb.15 gezeigten Haus. Diese "Haushälfte" mit für Lübeck seltener aufwändiger Rokokofassade - ist zwar prächtig, passt m.E. hier nicht so recht in die Straßenfront - das wird auch auf Bild 18 erkennbar...

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    Abb.15: Mengstraße 40, zweite Haushälfte, Renaissancefassade, Fenster und Fassadengliederung in den OGs stark verändert.

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    Abb.16: Mengstraße 36: Portalreste des o.g. ersten Schabbelhauses, eingebaut in einen 50er-Jahre-Neubau.

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    Abb.17: Mengstraße, Nordseite von Westen

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    Abb.18: Mengstraße, Nordseite von Osten


    Ergänzend möchte ich noch kurz die hier erhaltenen zur Beckergrube führenden Querstraßen zeigen:

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    Abb.19: "Siebente Querstraße" zwischen Nr. 54 und 56. Diese hat auch einen geschwungenen Verlauf wie die ehemalige Krumme Querstraße, ist aber deutlich länger. Wie man sieht, findet man auch hier erhaltene, wenn auch kleinere Häuser aus Gotik und Renaissance.

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    Abb.20: "Blocksquerstraße" zwischen Nr. 38 und 40. Die sogenannten "Schwibbögen" dienten zur gegenseitigen Abstützung und Sicherung der Häuser gegen Abrutschen auf dem sandigen Stadthügel und waren an fast allen Querstraßen zu finden.


    Und als kleine Zugabe am Schluss:

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    Abb.21: Zwei historische Straßenschilder, wie sie noch oft zu finden sind. Manchmal findet man einen Zusatz, zu welchem der ehemaligen 4 Quartiere der Altstadt die Straße gehörte: "M.Magd.Qu." steht für "Maria-Magdalenen-Quartier". Der Name bezieht sich auf das Burgkloster (Maria-Magdalenen-Kloster).


    Die Südseite folgt demnächst...

    Alle Fotos (außer Abb.7a) von mir vom 24.5.2015

    Gestern war ich bei dem schönen Wetter mal mit meiner großen Kamera in der Stadt unterwegs. Ich dachte mir, vielleicht interessiert es den einen oder anderen, was vom Gründerviertel noch an alter, wertvoller Bausubstanz übrig ist. Dazu erstelle ich hier mal eine Liste mit Bildern und Erklärungen - wird etwas länger werden!

    Also, los geht´s mit den Straßen von Süden nach Norden, als erstes daher die Braunstraße:

    Braunstraße Nordseite:

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    Abb.1: An der Nordseite haben sich noch vier alte Häuser erhalten - Nr. 6, 8, 10 und 12 (von rechts). Hier Blick von Südwesten

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    Abb.2: Braunstraße 6-12, Blick von Südosten

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    Abb.3: Braunstraße 6 und 8 (von rechts). Ranaissance, barock überformt. Braunstraße 6 (rechts wurde 1942 stark beschädigt, die Fassade aber als eine der ganz wenigen glücklicherweise dennoch erhalten. Das Gebäude hat allerdings nur ein provisorisch aussehendes Dach anstatt eines steilen Satteldachs.

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    Abb.4: Braunstraße 10 und 12 (von rechts). Nr. 10 barock, Nr. 12 gotisch. Ich vermute wegen der gleichartigen Befensterung, dass Nr. 10 ursprünglich ähnlich wie Nr. 12 aussah und dann überformt wurde.

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    Abb.5: Braunstraße 12 im Detail


    Braunstraße Südseite:

    Auf der Südseite haben sich nur das neugotische Paketpostamt (1905-1909) und der untere Baublock zwischen Lederstraße und Untertrave erhalten.

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    Abb.6: In das Paketpostamt (Nr. 1-5) wurde das Renaissanceportal des prächtigen Amtshauses der Krämerkompanie von 1587 integriert, das leider für das Paketpostamt abgerissen wurde. Das Haus stand allerdings um die Ecke im Schüsselbuden. Die Tür ist - wie man auf dem Foto sieht - in einem erbärmliche Zustand. Wenn man mit der Sanierung noch länger wartet, wird da bald nicht mehr viel zu retten sein. Oberlicht Rokoko, ca. 1765.

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    Abb.7: Braunstraße 19, Barock mit Rokokoportal. 1942 beschädigt, aber wiederhergestellt. Braunstraße 21 rechts daneben war ein großer barocker Speicher, der in den 70ern (?) abgerissen wurde. Mit dessen Steinen wurde das bestehende Haus gebaut. Rechts sieht man den Ansatz - ich erspare uns ein eigenes Bild.

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    Abb.8: Braunstraße 23, Renaissance, ehemals hohe Diele im EG zu Wohnzwecken in 2 Geschosse geteilt und überformt.

    Die restlichen Häuser bis zu Untertrave spätes 19./frühes 20. Jhdt., daher erst einmal keine eigenen Bilder.


    Fischstraße:

    Die Fischstraße ist aufgrund der vollständigen Zerstörung schnell abgehandelt. Hier gibt es nur noch die Steine der Fassade Nr. 19, die in der Mengstraße 6 relativ "kreativ" wiederverwendet wurden.

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    Abb.9: Mengstraße 6 (links) und 4 (Bruddenbrookhaus). EG von Nr.6 zu Gunsten einer Parkhaus-Einfahrt "weggelassen". Es wird diskutiert, ob die Fassade wieder an den originalen Standort mit originalem Aussehen zurückversetzt wird (was ich sehr hoffe).

    10-Fischstrasse-19-Detail.jpeg
    Abb.10: Mengstraße 6 / Fischstraße 19, Detail.


    Alfstraße:

    In der Alfstraße haben sich im unteren Bereich der Nordseite noch einige wenige Häuser erhalten.

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    Abb.11: Erhaltener Teil der unteren Alfstraße (Nr. 28-38, von rechts). Nr. 28-30 (im Vordergrund) barocker Speicher (Jahreszahl über dem Portal 1775). 1942 bis auf die Grundmauern ausgebrannt, dann wiederaufgebaut, allerdings wurde das riesige barocke Mansarddach leider nicht wiederherstellt, so dass der Baukörper mit dem jetzigen Flachdach sehr kastenförmig wirkt.

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    Abb.12: Nr. 32: Renaissance in wiederhergestelltem originalen Zustand. Rechts Blick in die Gerade Querstraße zur Mengstraße.

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    Abb.13: Nr. 34 und 36: Nr. 34 (rechts) 1942 zerstört, historisierender Neubau von 1950 unter Verwendung alter Steine. Nr. 36 frühes 20. Jhdt. über historischem Keller.

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    Abb.14: Nr. 38: Ältestes Haus, im Kern romanisch (Ende 12. Jhdt.). Traufseite barock überformt, Giebel zur Untertrave relativ frei rekonstruierte "Re-Renaissanceisierung" aus den 1930ern, nachdem der barocke Giebel baufällig war, soweit ich weiß.

    15-Alfstrasse-38-Portal.jpeg
    Abb.15: Nr. 38, Portal.


    Auch an der Straße An der Untertrave hat sich ein kleiner Teil des Gründerviertels erhalten: Der Bereich zwischen Alf- und Mengstraße. So richtig alt ist hier von den Fassaden her aber leider trotzdem nicht mehr viel:

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    Abb.16: Baublock An der Untertrave zwischen Mengstraße und Alfstraße. Rechts Alfstraße 38 - "Renaissance"-Giebel aus den 1930ern, links daneben Neugotischer Speicher von 1870 (An der Untertrave 98), links daneben Nr. 97, Neugotische Fassade vor Renaissance-Haus. Fassade 1871 nach Abbruch der baufälligen Originalfassade. Renaissance-Rückfassade erhalten. Links daneben, Nr. 96, eines der in Lübeck extrem seltenen Fachwerkhäuser. Im EG Laubengang, Renaissance. Wiederum links daneben Mengstraße 45. Im Kern wohl gotisch, im 19. Jhdt. stark überformt und nach dem Krieg noch weiter verschandelt.

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    Abb.17: An der Untertrave 96 im Detail

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    Abb.18: Blick von der anderen Traveseite auf dieselbe Zeile.


    Und zum Schluss noch die aktuellen Blicke in die drei Straßen von der Untertrave aus:

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    Abb.19: Blick in die Alfstraße mit Marienkirche

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    Abb.20: Blick in die Fischstraße mit Marienkirche

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    Abb.21: Blick in die Braunstraße mit Rathaus ganz hinten. Rechts noch die am Anfang ausgelassenen erwähnten Häuser Anfang 20. Jhdt. (teilw. Heimatschutz).


    So. das war erstmal viel Tobak. Ich bin natürlich auch durch die Mengstraße gegangen. Da dort noch viel erhalten ist, werde ich in einem weiteren Beitrag die wichtigsten Häuser dort zeigen. Das kann aber ein paar Tage dauern, da die Auswahl und Bearbeitung der Bilder sehr zeitaufwändig ist.

    Alle Fotos von mir vom 24.5.2015

    Südseite zum Lustgarten:


    Zeigt nicht die Nordseite zum Lustgarten? :lehrer:

    Quoted from "Spreetunnel" Man kann schon jetzt gut erkennen, dass die Fensterlaibungen unterschiedlich sind, aufwendiger zur West- und Nordseite, schlichter, da geputzt zur Südseite.


    Bist du dir sicher, dass da nicht noch Sandsteinlaibungen drumherum kommen?


    Ja, es kommen auch an der Südseite noch Sandstein-"Rahmen" dran. Die wurden sogar letzte Woche zum Teil schon probeweise gesetzt und dann für die Hintermauerung wieder entfernt, wie man auf der Webcam beobachten konnte.

    Quoted from "Spreetunnel"


    Sind diese groben Blöcke in der Überdachung Platzhalter für bildhauerische Arbeiten, die später eingesetzt werden?


    Nein, die gehören so. Wie man auf historischen Fotos sehen kann, waren die Fensterbedachungen im EG relativ schlicht und erst in den OGs aufwändiger gestaltet:


    Portal V (also ungefähr die Stelle, um die es hier geht). Quelle: Gesellschaft Berliner Schloss e.V., gemeinfrei

    Vielen Dank nochmal für die Aufklärung. Ja, jetzt dämmert es mir, dass ich vor langer Zeit hier schonmal davon gelesen hatte. Ich hatte wohl damals nicht ganz verstanden, wie das im einzelnen aussehen wird, wenn es fertig ist. huh:)
    Das ist ja geradezu nicht zu fassen - einen der schönsten Räume des Gebäudes nicht zu nutzen und mit der Innenkuppel auch quasi für später unnutzbar zu machen.
    :kopfwand:

    Durch die Fensterhöhlen ist auch erkennbar, dass mittlerweile die Innenkuppel (bzw. flache Achteckpyramide) über dem hier höher gezogenen Raum im 3. OG eingespannt wurde.


    Durch die Fensterhöhlen des Kuppel-Unterbaus ist zu sehen, dass die Innenkuppel nun offenbar betoniert wurde bzw. gerade wird. Diese Innenkuppel erstaunt mich nun doch etwas - Wie ist denn nun überhaupt noch eine Nutzung des Kuppel-Oktogons mit diesem hochgewölbten Fußboden möglich? Der Scheitelpunkt der Innenkuppel liegt ja offenbar auf ca. 1/3 der Fensterhöhe. Wenn man da einen ebenen Fußboden einziehen würde, läge die Bodenebene ja direkt vor den Fenstern?
    :wie:

    Die Betonteile sind offenbar nicht dazu bestimmt (wäre auch ein bisschen früh dafür). Links vom linken Portal wurde so ein Betonteil senkrecht eingebaut.


    Es scheinen zwei verschiedene Arten von Betonteilen zu sein. Ja, das eine oben an der Seite des Portals habe ich auch gesehen und mich gefragt, warum das nicht gleich mit der Wand zusammen gegossen, sondern nachträglich angebracht wurde. Es wird wohl mit der Konstruktion der Fassade zusammenhängen.

    Die anderen Teile sind aber meiner Meinung nach dennoch die Fassadenverkleidungen des modernen Flügels - auf dem Bild habe ich das mal mit Pfeilen gekennzeichnet. Ich denke nicht, dass dort noch eine Schicht davorkommt. Dafür spricht auch, dass die Betonteile auf der Außenseite sehr sauber und glatt sind und einen im Vergleich zu dem normalen Betongrau relativ angenehmen sandsteinähnlichen Farbton haben, soweit man das auf der Webcam sehen kann. Falls jemand eine der Baustellenführungen mitmacht, würde ich mich über ein Foto freuen, das dann endgültige Aufklärung bringen dürfte.


    Quelle: http://cam04.berlinerschloss-webcam.de