So, hier nun auf vielfachen Wunsch eines einzelnen Herrn (und natürlich auch für alle anderen) ein Überblick über die restlichen erhaltenen Fassaden in der Mengstraße, die ich in Teil 2 und 3 zunächst wegließ.
Wie schon erwähnt handelt es sich hier hauptsächlich um Umbauten der alten Lager- und Kontorhäuser aus Gotik und Renaissance im 19. Jhdt. zu Wohnzwecken. Solche Fassaden sind nichts lübeck-spezifisches, sie gibt es so oder ähnlich auch anderswo. Eine Besonderheit ist aber, dass meist nur die Straßenfassade überformt und der sonstige Hauskörper, insbesondere auch die Rückfassade im großen und ganzen bestehen gelassen wurde. Meist wurde aber die hohe Diele in zwei Wohngeschosse unterteilt und teils auch die Geschosshöhen verändert. Dass ein Haus komplett abgerissen und neugebaut wurde, war eher die Ausnahme. In den vielen Bereichen der Altstadt dominieren diese Fassaden des 19. Jhdts. das Stadtbild heute. Gerade im Gründerviertel stand jedoch noch die alte, historische Bebauung der Hansezeit im Vordergrund.
Ich gehe die Nordseite hinauf und die Südseite wieder hinunter. Den Anfang mache ich mit der größten Vorkriegsveränderung der Straße.
Nordseite:
Abb.1: Mengstraße 66-70 (Ansicht Untertrave 91-94, da Mengstraße eingerüstet): Hierbei handelt es sich um ein Lagerhaus der Firma Carl Tesdorpf von 1909 im Stil des Neobarock. Die Jahreszahl 1678 bezieht sich auf die Firmengründung und nicht auf den Bau des Hauses. Für den Bau mussten leider 7 alte, zum größten Teil prächtige Häuser weichen: Mengstraße 68-70 und An der Untertrave 91-94. Die Front an der Untertrave wurde um mehre Meter zurückversetzt, um eine Liefervorfahrt zu erhalten. Das wirkt sich für mein Empfingen störend im Straßenverlauf der Straße An der Untertrave aus - nicht zuletzt durch die nun sichtbare Brandmauer zu Nr. 90.
Ursprünglich war der Bau weit weniger befenstert und hatte ein eher bunkerartiges Aussehen. Beim Umbau zu Läden, Praxen und Wohnungen vor ca. 10 Jahren wurden behutsam geplant mehr Fensteröffnungen geschaffen, wodurch der Bau deutlich gewonnen hat.
An der Front in der Mengstraße wurde ein altes Portal der abgerissenen Häuser integriert, das auf dem folgenden Bild zu sehen ist:
Abb.2: Wiederverwendetes Portal Mengstraße 66-70, leider z.T. durch Gerüst verdeckt.
Abb.3: Mengstraße 62
Abb.4: Mengstraße 60
Abb.5: Mengstraße 58
Abb.6: Mengstraße 46
Abb.7: Mengstraße 42
Kurzer Einschub: Von Mengstraße 42 existiert noch ein wunderbares Aquarell von Johann Wilhelm Cordes von der alten Renaissancefassade von 1587 vor dem Umbau:
Quelle: Wikipedia, gemeinfrei
Für mich eine Schande und unfassbar, wie man eine so schöne Fassade einfach wegkloppen konnte - zumal in dem bestehenden Fassadenreigen.
Aus derselben Kategorie, nur noch schlimmer, da viel größer und älter:
Abb.8: Mengstraße 38: Ein im Kern riesiges gotisches Haus. Im 19. Jhdt. ebenfalls zu Wohnzwecken durchbaut und die einstmals prächtige gotische Fassade "entsorgt" und das Dach bis zur Attika des neuen Giebels abgewalmt.
Abb.9: Mengstraße 38, Rückfassade. Aus der Blocksquerstraße hat man einen guten Blick auf den gut erhaltenen wertvollen gotischen Rückgiebel von Mengstraße 38 mit glasierten Steinen und Formsteinen in Hochblenden und Fensterluken. So ähnlich wird auch die Straßenfassade vor dem Umbau ausgesehen haben - nur mit Giebelstaffeln.
Nun hinüber auf die Südseite:
Abb.10: Mengstraße 17: Einfache Backstein-Fassade aus dem 19. Jhdt.. Ich denke, kompletter Haus-Neubau.
Abb.11: Mengstraße 19. Eine der "reicheren" klassizistischen Fassaden.
Abb.12: Mengstraße 21. Dito.
Abb.13: Mengstraße 35 mit reicher Stuckverzierung
Abb.14: Mengstraße 37. Mit hellen geteilten Fenstern würde die Fassade deutlich gewinnen. Hoffentlich erbarmt sich der Eigentümer irgendwann...
Abb.15: Mengstraße 39
Abb.16: Mengstraße 45: Eckhaus zur Untertrave. Im Kern gotisch, erkennbar noch an den Resten der Hochblenden. Im 19. Jhdt. stark überformt - Treppengiebel abgeschrägt, Fensteröffnungen und Giebelseite durch teilweise Schließung und Asymmetrie stark verändert. Nach dem Krieg noch weiter entstellt durch dunkles Dach, unpassende, ungeteilte Fenster, An- und Einbau von Schaukästen, Kaugummiautomaten, Mülltonnenunterstand usw. In erbarmungswürdigem Zustand. Ich warte schon seit vielen Jahren darauf, dass sich hier endlich mal was tut. Die jetzige Gestaltung ist für diesen Ort und die exponierte Ecklage einfach nur unwürdig und schlimm.
So, damit wären wir mit den einzelnen Hausfassaden durch.
Es folgen noch ein paar Ansichten von der Untertrave aus:
Abb.17: Gesamtansicht des Gründerviertel-Bereichs an der Untertrave. Schön die aufgereihten Türme von St. Marien, St. Petri und Dom (erstere leider momentan eingerüstet). Am rechten Bildrand die Turmspitzen des Holstentores.
Abb.18: Der Abschnitt zwischen Meng- und Alfstraße als Nahaufnahme. Links sieht man deutlich die enorme Höhe des in Teil 3 gezeigten außergewöhnlichen traufständigen Hauses Mengstraße 41-43.
Abb.19: Der Bereich noch einmal mit der über den Häusern thronenden Marienkirche.
Alle Fotos (bis auf Aquarell) von mir, 5.6.2015