Beiträge von Maxileen

    Däne: Ich schätze mal, es sind etwa zwei Drittel der Häuser inzwischen saniert. Problematisch sehe ich es, dass es oftmals die besonders großen Häuser sind (Gasthaus "Zur Tanne", mehrere Häuser an der Kapellenstraße, der Bunte Hof), die noch nicht saniert wurden, was wohl vor allem daran liegt, dass sich erstmal ein Investor finden muss, und vor allem was den Bunten Hof angeht, ist es schwer, auch eine angemessene Nutzung zu finden, ohne dass das Haus gleich völlig umgebaut wird. (mehr zum Bunten Hof kommt noch).

    Leipziger: Tja, gute Frage, wann die Kirche eingestürzt ist. Wenn sie schon 1992 Ruine war, scheint der Dumont-Reiseführer von 1993 da auch schon überholt zu sein.

    Markus: An Literatur habe ich vor allem das Denkmalverzeichnis für den Landkreis Halberstadt von 1994 und das Buch "Die Fachwerkstadt Osterwieck" von 1998 zurate gezogen.

    Oliver: Dachziegel an der Fassade gibt's öfters, vor allem im Giebelbereich. Beim schnellen Durchschauen der Fotos ist das bei mindestens 30 Häusern in Osterwieck der Fall.

    In der Mittelstraße gibt es viele weitere schöne Fachwerkbauten, leider oftmals leerstehend (gerade auch die Läden im Erdgeschoss). Insgesamt wirkt die Straße, ebenso wie die Kapellenstraße, recht unbelebt und trostlos, trotz der teils sanierten Häuser:












    Die historistischen Ladeneinbauten haben ja durchaus noch ihren Charme, der folgende DDR-Umbau ist jedoch eine Katastrophe (nicht, dass es so was im Westen nicht auch gegeben hätte - ich sag nur Hameln) - wobei die Leuchtreklame fast schon Denkmalwert hat:

    Es tut sich was:

    Die Häuser Mittelstraße 23-25 (allesamt aus dem späten 16. Jahrhundert) wurden noch in den 80ern abgerissen. Nummer 23 und 24 wurden durch diesen relativ unauffälligen Neubau ersetzt...

    ... Nummer 25 jedoch durch einen hitorisierenden Bau mit Fachwerkvorblendung. Ob dies noch zu DDR-Zeiten oder erst nach der Wende geschah, weiß ich allerdings nicht:


    Am Ende der Mittelstraße treffen die Rosmarinstraße, die Neukirchenstaße und die Tralle aufeinander. Dort blicken wir auf dieses bemerkenswerte Haus, das an der einen Seite Fächerrosetten zeigt, an der anderen jedoch Arkadenbrüstungen. Es entkam übrigens nur knapp dem Brand von 1884, der das Quartier zwischen Tralle und Rosmarinstraße fast völlig zerstörte.

    Direkt daneben steht eines der schönsten Häuser der Stadt - aber auch gleichzeitig eines der traurigsten Beispiele für die Verwahrlosung in den letzten Jahrzehnten. Es handelt sich um das ehemalige Gasthaus "Zur Tanne", das aus zwei Gebäudeteilen besteht. Die Durchfahrt ist vermutlich der älteste Teil. Sie entstand um 1500. Das Hauptgebäude wurde 1614 erbaut und zeigt schöne Beschlagwerkbrüstungen. Es wurde wohl von Anfang an als Gasthaus erbaut:







    Die Rückseite sieht noch übler aus. Offenbar hat man dort auch (schon vor längerer Zeit) ziemlich unsachgemäße Sicherungsmaßnahmen durchgeführt:

    Noch übler sieht's allerdings bei dem Haus aus, das wiederum daneben steht:

    Und von vorne (mit beeindruckendem historistischem Umbau):

    Auf der anderen Straßenseite stehen Neubauten aus der Zeit nach dem Stadtbrand. Das Ladenlokal der "Pizzaria" war übrigens auch ungenutz.


    Schöne historistische Fachwerkbauten in der Tralle:

    Die Häuser Tralle 1 und 2 wurden Anfang der 80er abgerissen. Nach Vorgabe der Denkmalpflege sollten die Fassaden der beiden Renaissancefachwerkhäuser den Neubauten wieder vorgeblendet werden. Dies geschah jedoch nur in den Obergeschossen, und bei Tralle 2 auch nur zum Teil, da die Fassade des alten Hauses während des Abbruchs einstürzte und einige der Hölzer zerstört wurden. Das ist sicher kein idealer Umgang mit der alten Bausubstanz, aber immer noch besser als wenn die alten Zierhölzer einfach entsorgt worden wären:


    In der Schützenstraße hat nur ein Haus aus dem 16. Jahrhundert den Stadtbrand von 1884 überlebt. Dafür aber ein sehr schönes:


    Am Ende der Schützenstraße steht zum Markt hin dieses Eckhaus aus dem späten 17. Jahrhundert, das jedoch Anfang des 20. Jahrhunderts stark umgebaut wurde, vor allem durch die Abrundung der Ecke. Es haben sich jedoch interessante Balkenköpfe erhalten:


    Der Marktplatz zeigt Häuser aus den verschiedensten Zeiten. Im Mittelpunkt steht das Gerichtsgebäude aus dem 18. Jahrhundert, auf der anderen Straßenseite das neue Rathaus, das nach dem Stadtbrand entstand:




    Das alte Rathaus, im Kern ein spätgotischer Steinbau, steht eher am Rande des Marktes. Es wurde in der Renaissance durch einen Erker ergänzt und bekam im Barock teils neue Fenster. Ich kenn mich mit der Baugeschichte des Gebäudes nicht aus, hab aber das Gefühl, da fehlt an der Schauseite ein ehemals vorhandener Zwerchgiebel, da sie bis auf den Erker auffällig schlicht wirkt. An der Rückseite befindet sich ein Treppenturm:



    Neben dem Rathaus gibt es einen Durchgang zum Stephani-Kirchhof:

    Die Kirche stammt aus verschiedenen Phasen. Der Chor ist spätgotisch, das Kirchenschiff stammt größtenteils aus der Renaissance und die mächtig wirkende Doppelturmfront noch aus dem frühen 12. Jahrhundert. Leider war sie nicht geöffnet, sodass ich sie nur von außen fotografieren konnte:



    Rund um die Kirche befinden sich schlichte Fachwerkhäuser:

    Über den Kirchhof gelangt man in die Schulzenstraße. Dort stehen zwei der bedeutendsten Fachwerkhäuser der Stadt. Das eine ist das Haus Schulzenstraße 3, die alte Vogtei. Es zeichnet sich zum einen dadurch aus, dass es als einziges Haus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert (neben dem Rathaus) ein massives Erdgeschoss mit Vorhangbogenfenstern besitzt, zum anderen aber dadurch, dass es im Jahre 1533 erbaut wurde und schon Fächerrosetten besitzt und damit eines der ältesten Häuser überhaupt mit dieser Zierform ist, was auf gute Verbindungen nach Braunschweig und Halberstadt weist, wo die Fächerrosetten erst kurz zuvor (ich glaube 1532 in Halberstadt) das erste Mal überhaupt auftraten:


    Und wo wir gerade bei Braunschweig sind. Das Haus Schulzenstraße 8, das einzige Haus mit figürlichen Schnitzereien in Osterwieck, wurde 1534 erbaut, wahrscheinlich vom Braunschweiger Simon Stappen:



    Nebenan gibt's wieder Arkadenbrüstungen:

    Damit mache ich erstmal eine kleine Pause. Die restlichen Bilder folgen morgen. Dann geht's in die Straße Sonnenklee, die Neukirchenstraße, die Nikolaistraße (samt Nikolaikirche), die Rössingstraße (mit ehemaligem Adelshof), die Straße Wietholz und den restlichen Teil der Kapellenstraße.

    Weiter geht's mit dem zweiten Teil der großen Harz-Tour. Heute steht Osterwieck (Landkreis Harz) auf dem Programm, die große Schwester von Hornburg, nur zehn Kilometer entfernt, Hornburgs Partnerstadt und bis 1941 zusammen mit dieser im Landkreis Halberstadt gelegen.

    Ich wollte mich eigentlich zu Fuß von Hornburg nach Osterwieck begeben, habe mich dann aber etwa auf der Hälfte der Wegstrecke, nach knapp einer Stunde Wanderung bis zum Dorf Rimbeck, entschieden, den Rest der Strecke doch mit dem Bus zu fahren. Unterwegs ist mir folgender Haufen an Betonblöcken am Straßenrand aufgefallen. Reste der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze?

    Ansonsten war vom Grenzverlauf absolut nichts mehr zu erkennen - mal abgesehen vom Schild "Willkommen im Landkreis Harz" am Straßenrand, das die Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt markierte. Wie gesagt bin ich in Rimbeck in den Bus eingestiegen. Das Dorf hat eine nette Barockkirche, die aber leider verschlossen war.

    Ich bin nicht direkt bis Osterwieck gefahren, sondern in Lüttgenrode ausgestiegen und die letzten zwei Kilometer zu Fuß gegangen. In Lüttgenrode befand sich nämlich bis zum 30-Jährigen Krieg ein Kloster. Die Klausurbauten sind schon lange verschwunden, aber laut meinem Dumont-Reiseführer Harz von 1993 (einen aktuelleren gab's in der Stadtbücherei leider gerade nicht) steht die Klosterkirche St. Stephanus mit ihrem markanten Doppelturm noch. Es handele sich um eine einschiffige flach gedeckte romanische Hallenkirche, die im Inneren noch eine Nonnenempore aufweise, sagte der Reiseführer. Allerdings stand dort auch der Hinweis, dass die Kirche in ihrer Substanz aufgrund der jahrzehntelangen Vernachlässigung stark gefährdet sei. Nur wie gesagt, das war 1993. Also war ich gespannt, ob die Kirche inzwischen saniert sei. Von weitem machten die Türme jedenfalls schon mal einen ordentlichen Eindruck.

    Aus der Nähe betrachtet kam dann jedoch der Schock:




    Das Dach war verschwunden, ein Großteil der Südseite des Langhauses niedergelegt, die Nordseite war abgestützt und wirkte nach wie vor einsturzgefährdet und auch der Chor war offenbar etwas aus dem Lot geraten.

    Ein Schild wies darauf hin, dass die Ruine des Kirchenschiffs 2006 gesichert wurde und zeigte auch einen Längsschnitt durch die Kirche, mit einer beeindruckenden Westkrypta. Die war aber leider völlig zugemauert, sodass ich im Inneren des Kirchenschiffs (das durch einen Bauzaun abgesperrt war) nicht auf Erkundungstour gehen konnte.



    Säulenkapitell gefällig? Das lag einfach auf der Wiese neben der Kirche. Man hätte es einfach einsacken können - vorausgesetzt man ist stark genug.

    Eingestürzte Scheune direkt an den Türmen der Kirche:

    Mit etwas getrübter Stimmung machte ich mich auf den Weg nach Osterwieck. Schon von weitem sah ich die durchaus beeindruckende Stadtsilhouette, aus der die Pfarrkirche St. Stephani dank ihrer westwerkartigen romanischen Doppelturmfront besonders heraussticht.

    Osterwieck ist durchaus mit Hornburg vergleichbar, jedoch mit einigen Unterschieden. Zum einen gibt's deutlich mehr historistische Überformungen (vor allem am Marktplatz), auch wenn die sich im Gegensatz zu größeren Städten wie Quedlinburg in Grenzen halten. Außerdem sind die Folgen des Stadtbrands von 1884, der vor allem den südöstlichen Teil der Stadt getroffen hatte, nach wie vor klar erkennbar. Und nicht zuletzt hat die Verwahrlosung der Bausubstanz in DDR-Zeiten (mit fast 40 abgerissen Fachwerkhäusern, knapp die Hälfte davon erst in den Achtzigern) doch einige Wunden in der Stadt hinterlassen, die noch lange nicht alle geheilt sind. Durch diese drei Faktoren (Stadtbrand, Historismus, Abrisse) ist das Stadtbild heute leider nicht mehr so geschlossen wie in Hornburg, doch der Anteil der Fachwerkbauten ist nach wie vor beeindruckend, ebenso wirken die Gebäude selbst teils deutlich größer und weniger provinziell als in Hornburg.

    Noch ein paar Zahlen, bevor wir uns den Bildern zuwenden. Osterwieck hat heute knapp 3800 Einwohner, weniger als im Jahre 1880 (um 1950 waren's noch etwa 6000 Einwohner). Von den 376 Fachwerkhäusern in der Altstadt stammen 13 aus der Zeit vor 1530, 113 aus der Zeit zwischen 1531 und 1620 (das sind 30 Prozent!), 62 aus der Zeit bis 1720, 100 aus der Zeit bis 1830 und 88 aus der Zeit ab 1831. Damit lässt Osterwieck, was Fachwerk vor dem Dreißigjährigen Krieg angeht, nicht nur prozentual gesehen die Städte Quedlinburg, Stolberg und Wernigerode hinter sich (alle drei Städte haben nur 4-12 Prozent ihrer Fachwerkbauten aus dieser Zeit, Osterwieck exakt ein Drittel), sondern auch absolut. Selbst Quedlinburg besitzt nur noch 81 Fachwerkhäuser aus der Zeit vor 1620.

    So, nun aber genug Statistik. Am besten nähert man sich der Stadt von der Schulzenstraße her, denn das ehemalige Schulzentor lässt sich nach wie vor gut erahnen. Und direkt hinter der Torgasse mit ihren barocken Sandsteinfiguren befindet sich auch noch ein Rest der Stadtmauer sowie Reste des Tores selbst (vermute ich zumindest), wie man erkennt, wenn man sich auf den Wall begibt:




    Geht man die Stadtmauer entlang, gelangt man in die Vogtei, wo wir eine alte Bekannte wiedersehen: Die Ilse, beziehungsweise abermals einen abgezweigten Kanal von ihr namens Mühlenilse.

    Bis auf ein Haus ist hier alles gut saniert. Vor allem das ehemalige Hospital St. Bartolomäus wirkt sehr stattlich (man beachte den massiven Brandgiebel):





    Im Hagen ist der Eindruck jedoch schon etwas getrübt. Hier stehen einige Häuser, bei denen dringend Handlungsbedarf besteht - wobei ich die vielen bereits sanierten Bauten natürlich nicht außer Acht lassen will. Dadurch wird der Kontrast zu den verfallenden Häusern jedoch noch verstärkt. Und der Zustand mancher unbewohnter Häuser ist schon erschreckend.





    Das Haus Hagen 45 (ehemaliges Diakonat) fällt vor allem durch seine Giebelständigkeit auf. Damit erinnert es eher an ostwestfälische Bauten als an südniedersächsische. Obwohl auch hier wieder auffällt, dass der Giebel nicht komplett verziert ist, sondern nur im ersten Geschoss.

    Am Ende des Hagen, dort wo er in Richtung Kapellenstraße abknickt, steht eines der traurigsten Beispiele der Stadt, das trotz seiner Verwahrlosung noch immer beeindruckende Haus Hagen 21/22 von 1580. Besondere Sorgen macht mir das teilweise abgedeckte Dach im rechten Hausteil, zumal es nicht so aussieht, als wäre das erst seit gestern abgedeckt.





    Weiteres durchlöchertes Dach (von einem Haus in der Kapellenstraße - von welchem hab ich aber nicht rausfinden können):

    Biegt man am Ende des Hagen in die Kapellenstraße ein, blickt man auf das zweitälteste bekannte Haus der Stadt (dendrochronologisch auf 1453 datiert, noch mit gotischem Treppenfries an der Giebelseite. Die Fassade zur Kapellenstraße wurde später erneuert.


    Und wo wir schon mal dabei sind: Kapellenstraße 34 wurde auf 1450 datiert (links, noch mit angeblattetem Fußband):

    Blick in die Kapellenstraße Richtung Osten, rechts eine Abbruchlücke:

    Blick in die andere Richtung. Der Schlecker rechts ist ein Neubau aus den Neunzigern, der eine DDR-Baulücke schließt. Meiner Meinung nach ganz okay. Der Bau fügt sich gut in die Bebauung ein, ohne groß historisierend zu wirken. Traurigerweise war der Schlecker eines von wenigen Ladengeschäften in der Straße, die nicht leer standen:

    Gegenüber fließt die Mühlenilse unter einer Scheune hindurch, bei der man offenbar mit einer Sanierung begonnen, diese jedoch nicht fertiggestellt hatte:


    Schön saniertes Haus mit gleich zwei Schaufassaden. Die Autos im Vordergrund parken übrigens dort, wo ehemals die Hofbereiche der oben erwähnten abgerissenen Häuser lagen:


    Durch die Stobentwete geht es, vorbei an einem leerstehenden Renaissance-Fachwerkhaus...

    ... in die Mittelstraße, in der man unvermittelt vor einer frischen Baulücke steht. Laut Denkmalverzeichnis von 1994 stand dort ein verkleidetes Fachwerkhaus aus der Zeit um 1600. Offenbar war es nicht mehr zu erhalten. Hoffentlich wird die Baulücke wieder angemessen geschlossen.

    Wobei ich mich bei dem Haus mit dem Treppenfries frage, wie viel da auch im Inneren erneuert wurde. Die Balkenköpfe unter der Oberstockschwelle sind ja auch neu, da hat man vermutlich die gesamte Balkenlage ausgetauscht.

    ...werde aber sofort weitermachen, und zwar mit dem letzten Teil der Galerie: Der Wasserstraße. Sie ist die ehemalige Hauptstraße der Stadt (heute ist das Zentrum eher der Bereich um die Marktstraße, was der Wasserstraße insofern gutgetan hat, alsdass viele Häuser von störenden Ladeneinbauten verschont blieben) und hat die prächtigsten Häuser. Die Wasserstraße hat ihren Namen daher, dass die Mühlen-Ilse hier früher offen durch die Straße floss. Heute verschwindet sie an der Stelle, von der aus das obige Foto entstand, unter der Straße, und taucht erst ganz am Ende der Wasserstraße wieder auf.

    Zu Beginn der Wasserstraße sehen wir jedoch erstmal ein ziemlich verhunztes Renaissance-Fachwerkhaus. Der linke Teil sah ursprünglich mal aus wie der rechte. Heute fehlen ihm jedoch die Fußwinkelhölzer mit dem Großteil der Fächerrosetten. Stattdessen gibt's hässlichen Rauputz mit fragwürdiger Farbgebung, der noch dazu vor den Gefachen vorsteht. Außerdem sind die Zwischenräume zwischen den Balken offenbar mit Silikon verschmiert - Fäulnis und Hausschwamm freut's. Die Einscheibenfenster im rechten Hausteil, der ansonsten nicht verhunzt ist, sind da eigentlich nur ein kleineres Übel. Hmm, fehlen eigentlich nur noch Rollladenkästen, dann haben wir das perfekte Lehrbeispiel für "Sanieren falschgemacht":



    Zum Glück geht's erfreulicher weiter, zum Beispiel mit der Rekonstruktion des Neidhammelhauses. Wobei es sich um keine Rekonstruktion im eigentlichen Sinne handelt. Das Haus war 1972 abgebrannt, die Fassade war jedoch stehen geblieben. Sie wurde danach abgebaut und eingelagert. Nachdem sich schon früh eine Bürgerinitiative für den Wiederaufbau eingesetzt hatte, war erst Mitte der Neunziger das Geld dafür beisammen, sodass das Haus bis 1997 wieder stand. Allerdings wurde es zwar als Fachwerkbau mit der alten Fassade errichtet, jedoch sind die rückseitige Fassade und die Innenaufteilung (mehrere Wohnungen) modern.





    Das Nachbarhaus von 1559 wurde bei dem Brand ebenfalls beschädigt, wurde aber leider nicht wiederaufgebaut, obwohl die Fassade ebenfalls stehengeblieben war und sie im Erdgeschoss sogar massiv war:


    (Quelle: Bildindex)

    Die Schwelle, einige Knaggen und ein paar Brüstungsbretter kann man jetzt im Stadtmuseum aus nächster Nähe betrachten. Schöner wäre jedoch eine Rekonstruktion auch dieses Hauses, allein schon, um die Baulücke zu füllen und die Geschlossenheit des Straßenbilds wiederherzustellen:




    Die Wasserstraße hat aber noch mehr zu bieten. Unter anderem die beiden ältesten inschriftlich datierten Häuser der Stadt. Sie stammen von 1508...

    ...und 1526. Bei letzterem wurde jüngst leider die komplette Fassade erneuert, bis auf die Schwelle des Oberstocks mit Treppenfries und der datierenden Inschrift. Das ganze scheint zwar durchaus professionell gemacht worden zu sein, aber ich frage mich schon, ob es ein Facelifting statt einer kompletten Gesichts-OP nicht auch getan hätte.


    So, den Rest der Wasserstraße präsentiere ich nun ohne weitere Kommentare. Ich denke, die Bilder sprechen auch für sich.




















    Am Ende des Wahnsinns... äh, der Wasserstraße tritt die Mühlenilse wieder unter der Straße hervor:

    Hier hat sich ein kleines Stück der Stadtmauer erhalten:

    Ein paar Meter außerhalb der Altstadt steht direktan der Mühlenilse ein für die Stadtgeschichte bedeutendes Bauwerk, das jedoch leider ungenutzt ist: Das alte Siechenhaus.

    Eine Straße hatte ich vergessen, nämlich den Knick, der seinem Namen alle Ehre macht und auf geschwungenen Pfaden von der Dammstraße zum Vorwerk führt. Hier nur ein kleiner Eindruck davon:

    Und ganz zum Schluss noch ein letzter Blick von etwas außerhalb auf die Burg, bevor wir uns von Hornburg wieder verabschieden:

    Hornburg ist übrigens nur ganz knapp daran vorbeigekommen, 40 Jahre als Grenzstadt der DDR mitzuerleben, denn erst 1941 kam die Stadt vom Landkreis Halberstadt zum Landkreis Wolfenbüttel und wurde damit von ihrer Schwesterstadt Osterwieck getrennt - kurz nach dem Krieg für lange Jahre auch endgültig. Wie Hornburg sonst heute aussehen könnte, zeige ich morgen oder übermorgen, wenn ich die Bilder aus Osterwieck in die Galerie einstelle.

    Exilwiener: In Stolberg war ich leider nicht, dafür war keine Zeit...

    So, weiter geht's. Über die Neue Straße und die Hagen-Straße begeben wir uns nun in Richtung Schlossbergstraße und zur Burg. Die Neue Straße und die Hagen-Straße entstanden bei der Anlage einer Stadterweiterung und weisen eine Reihe sehr kleiner Häuschen mit meist ebenso kleinen Grundstücken auf. Die beiden Straßen beeindrucken eher durch ihre Ensemblewirkung als durch die einzelnen Häuser - auch dank der Mühlenilse, die an einem Teil des Straßenzugs entlangführt.

    Neubau oder Runderneuerung? Ich tippe auf ersteres, denn dieser Eckverband sieht recht ungewöhnlich aus:


    Der rechte Teil des Hauses ist jedoch wirklich historisch:

    Schönes Straßenbild (mal abgesehen von den Autos, der geteerten Straße und den Einscheibenfenstern):



    Dabei geht's auch anders. Schönes neues Fenster in traditioneller Bauweise:

    Durch diese hohle Gasse musst du gehen...

    ...und kannst die Häuser von hinten sehen:

    Nun tritt die Mühlen-Ilse an die Seite der Straße - nachdem sie an der 1604 erbauten Hagenmühle vorbeigeflossen ist, einer von nur zwei Wassermühlen im Landkreis Wolfenbüttel, die noch einsatzbereit sind:


    Die hier nun Hagen-Straße genannte Straße öffnet sich zu einem langen Platz. Die Bebauung scheint teils noch aus dem 16. Jahrhundert zu stammen:



    Weiter geht's in Richtung Schlossbergstraße:


    Zwischendurch kann man noch einen Abstecher im Stadtmuseum machen:

    Das tun wir jetzt aber nicht, sondern wir gehen durch ein Tor...

    ...in die Schlossbergstraße. Hinten sieht man noch mal das bereits erwähnte Haus mit den Arkadenbrüstungen:

    Wir gehen jedoch bergauf, in Richtung Burg - nachdem wir noch mal einen Blick auf das Haus geworfen haben, durch das wir gerade gekommen sind:



    Hier ist der Name des Baumeisters vermerkt - der Herr heißt allerdings Seidentopf, auch wenn's hier anders steht:

    Also dann, aufwärts geht's. Nun können wir erstmals einen Blick auf die Burg werfen, die der Stadt ihren Namen gegeben hat:

    Obwohl es so aussieht, handelt es sich jedoch nicht mehr um den mittelalterlichen Palas-Bau. Die Burg wurde nämlich im 30-Jährigen Krieg zerstört und danach abgetragen. Bis auf die Ringmauer und einige Rundtürme ist auf dem Burgberg nichts mittelalterliches und frühneuzeitliches mehr erhalten. Die Burg selbst ist eine Neuschöpfung von 1922-27 (wenn auch am Merian-Stich orientiert). Georg Lüdecke ließ sie wiederaufbauen und nutzte sie als Wohnhaus. Sie ist bis heute in privater Hand, weshalb man auch nicht näher an die Burg herankommt als auf den Fotos. Dafür kann man einige der Rundtürme des Ringwalls betrachten.



    Direkt an der Burgmauer liegt das Biedermeierhaus, das eine kleinbürgerliche Wohnung der Zeit um 1900 museal ausstellt. Leider war es gerade geschlossen, sodass ich es nur von außen zeigen kann:

    Großbürgerlicher geht es an der Schlossbergstraße selbst zu, wo mehrere große Bauten aus Barock und Klassizismus liegen:

    Anstelle des gelben Hauses links befand sich bis um 1900 ein kleines Fachwerkhaus, das angeblich das Geburtshaus des berühmtesten Sohnes von Hornburg war - Papst Clemens II. Clemens II. war der zweite deutsche Papst und ist der einzige, der nördlich der Alpen bestattet wurde - im Bamberger Dom, da er auch der zweite Bischof von Bamberg war. Darum wird man als Bamberger in Hornburg auch freudig begrüßt (muss ja keiner wissen, dass ich eigentlich Lemgoer bin). Natürlich kann dieses Fachwerkhaus nicht die Geburtsstätte von Clemens II. gewesen sein - ein Fachwerkhaus, das mindestens aus dem Jahre 1005 stammt, wäre eine echte Sensation gewesen. Viel wahrscheinlicher ist, dass er auf der Hornburg selbst geboren wurde:

    In der Schlossbergstraße 28 gibt es ein barockes Herrenhaus, das im 18./19. Jahrhundert Königlich Preußische Poststation war. Die Remisen für die Pferdekutschen stehen noch.


    Auch die Schlossbergstraße bietet Renaissance-Fachwerk - mit teils ungewöhnlichen Fächerverzierungen:


    Nun geht es den Schlossberg wieder herunter, in die Pfarrhofstraße. Auch hier gibt's wieder schöne Renaissance-Fachwerkbauten - wenn auch teils übel verkleidet:







    Obwohl hier dringend was getan werden müsste, ist bei diesem Haus der Verputz jedoch erhaltungswürdig. Wie überall hat man auch im Hornburg im 19. Jahrhundert versucht, den Steinbau zu imitieren und hat dazu auch die älteren Fachwerkhäuser mit klassizistischem Quaderputz versehen. Dies ist das letzte erhaltene Beispiel dieser Art:


    Nun sind wir wieder bei der Kirche angekommen (ganz rechts leicht angeschnitten). Hinter uns befindet sich...

    ...das barocke Rathaus. Das Renaissancerathaus wurde leider im 30-Jährigen Krieg zerstört. Aber den Barockbau finde ich auch ganz nett. Ist irgendwie niedlich:


    Im Brauerwinkel steht gut versteckt das alte Brauhaus. Und mit alt meine ich wirklich alt. Der steinerne Unterbau mit Kellergewölbe stammt aus dem Spätmittelalter, das Fachwerk erst von 1638, also mitten aus dem Dreißigjährigen Krieg:


    Ob die wohl mit Ilse-Wasser gebraut haben?

    Nun mache ich noch mal einen kurzen Schnitt...

    In Hornburg habe ich die ersten vier Übernachtungen auf meiner einwöchigen Harzreise gebucht. In einer kleinen Pension direkt am ZOB - Na ja, was man halt in einer 2700-Einwohner-Stadt so als ZOB bezeichnet - da fährt etwa stündlich ein Bus zum Bahnhof nach Schladen.

    Ein Bahnhofsgebäude gibt's übrigens auch. Nur keine Gleise mehr. Dort ist heute der ZOB:

    Auf dem Weg in die Altstadt kommt man an einem schönen Gründerzeit-Fachwerkhaus vorbei:

    Außerdem grüßt einen aus der Ferne eine Villa, die wirkungsvoll an einem Hang platziert ist.

    Den schönsten ersten Eindruck der Hornburger Altstadt bekommt man, wenn man sie durch das Dammtor betritt, das letzte der ehemals fünf Stadttore. Sonderlich wehrhaft sieht es allerdings nicht aus (ohne jetzt die Hornburger beleidigen zu wollen), ebensowenig wie der nördlich anschließende Wall:


    Stadtwappen am Dammtor (mit Adam und Eva?):

    Umso beeindruckender ist der Anblick hinter dem Stadttor:

    Noch ein Blick zurück...

    ...und dann lassen wir die Gegenwart hinter uns und tauchen ein ins 16./17. Jahrhundert (Autos und geteerte Straßen bitte wegdenken). Von den knapp 300 Häusern in der Altstadt stammen noch etwa 100 aus dem 16. Jahrhundert. Und viele davon können locker mit den (ehemaligen) Bauten aus den größeren Städten Goslar, Quedlinburg, Halberstadt, Hildesheim oder auch Braunschweig mithalten.

    Zuerst ein Blick in die Dammstraße:



    Überrest einer Tordurchfahrt:



    Hopfenspeicher in der Dammstraße (steinerner Unterbau aus den 1630ern, Oberbau von 1672).
    Der Hopfen hat die Stadt wohl auch so wohlhabend gemacht, dass sie heute ein Geheimtipp für alle Liebhaber des niederdeutschen Fachwerks ist.


    Weiter geht's (wir sind immer noch in der Dammstraße):





    So, das war's. Aber erst mit der Dammstraße. Das beste kommt noch. Also bitte festhalten und staunen (und Mund zumachen, sonst fliegen Fliegen rein). Konsequenterweise müsste ich jetzt mit der direkt anschließenden Wasserstraße fortfahren. Aber das beste soll man sich ja für den Schluss aufheben. Also begeben wir uns erstmal zur Pfarrkirche der Stadt, der Kirche Beatae Mariae Virginis, einer der wenigen Renaissancekirchen in Deutschland, und der ersten evangelischen Kirche, die in Südniedersachsen fertiggestellt wurde (ihre größere gleichnamige Schwester in Wolfenbüttel wurde zwar früher begonnen, jedoch später vollendet).

    Die Marienkirche in Hornburg wurde unter Einbeziehung der Reste eines gotischen Vorgängerbaus (vor allem im Turm, aber auch zwei Portale und die Sakristei stammen aus der Gotik) zwischen 1614 und 1616 erbaut und steht noch ganz in der Tradition der gotischen Hallenkirchen, nur eben in Renaissanceformen umgesetzt.



    Der Orgelprospekt ist noch der ursprüngliche aus dem frühen 17. Jahrhundert. Die alte Orgel funktioniert jedoch nicht mehr. Dahinter versteckt steckt eine neue:

    Auch der Altar stammt noch aus der Erbauungsphase der Kirche, ebenso die Kanzel:


    Taufstein von 1581 mit hölzernem Deckel von 1704:

    Auch die Emporen gehören größtenteils noch zur ursprünglichen Ausstattung der Kirche:


    Laut der Küsterin war die Kirche niemals ausgemalt (bis auf den Chor und einige Pfeiler im Langhaus). Ich weiß jedoch nicht, ob dieses schlichte Weiß wirklich zur Spätrenaissance passt:


    Bevor wir wieder aus der Kirche rausgehen, noch ein kurzer Blick auf die spätgotische Sakristei:

    Nun geht's in die Marktstraße. Noch ein letzter Blick zurück...

    ...und dann ein Blick nach vorne auf den Marktplatz und eines der schönsten Häuser der Stadt. Leider im Erdgeschoss durch Ladeneinbauten beeinträchtigt (was vor allem nachts auffällt):



    Haus auf dem Marktplatz:

    Weiter geht's die Marktstraße entlang. Dort trifft man auch auf die Mühlen-Ilse, die vor der Stadt vom Flüsschen Ilse abgezweigt wird, das auch durch Osterwieck fließt:

    In dem Haus in der Bildmitte (um 1550 noch ganz in spätgotischer Tradition errichtet) ist die Sparkasse untergebracht. Leider wurde es völlig entkernt:

    Man beachte besonders das Haus mit den Arkadenbrüstungen, einer Schmuckform, die nur im Harzraum (vor allem in Osterwieck und Halberstadt) auftaucht. Dieses ist das einzige Beispiel in Hornburg - noch dazu eines mit verzierter Giebelseite, dank der Ecksituation (wobei der Giebel selbst, ganz in südniedersächsischer Tradition, trotzdem unverziert bleibt).





    Biegen wir gleich neben dem Haus mit den Arkadenbrüstungen mal ab, und zwar in die Straße Vorwerk. Da gibt's keine Staubsauger, aber dafür einige weitere sehr schöne Fachwerkhäuser - und, wie in der gesamten Altstadt, auch sehr schöne Straßenlaternen:




    Ackerbürgerhof von 1590, 1840 in zwei Häuser geteilt. Der linke Teil wurde 1878 und 1902 für das kaiserliche Postamt stark umgebaut:





    Das Zeughaus von 1565/1609, dank der Stützen, die dem Erker Anfang des 19. Jahrhunderts untergesetzt werden, wird es auch als "Stelzenhaus" bezeichnet:


    Zwei der wenigen Bausünden stehen im Vorwerk - dort wurden in den 60ern/70ern Fachwerkhäuser abgerissen. In anderen Städten würden sie wahrscheinlich überhaupt nicht auffallen, hier wirken sie jedoch wegen des ansonsten geschlossenen Straßenbilds etwas störend. Wobei da meiner Meinung nach ein anderer Putz, ein Entfernen der Verklinkerung und zweiflügelige Fenster schon viel bewirken würden.


    Mit einem letzten Straßenlaternenblick mache ich erstmal einen Schnitt, um die ersten 60 Bilder sacken zu lassen:

    Je nach Lust und Laune geht's dann entweder noch im Laufe des Abends oder spätestens morgen weiter. Bislang hab ich euch ja erst drei Straßen gezeigt.

    Mein Denkmalpflege-Professor schwärmt auch immer von Heideloff, auch wenn ihm seine Rekonstruktionstendenzen eindeutig zu weit gingen.

    Übrigens hab ich's ganz versäumt, Heideloffs Grab zu suchen und zu fotografieren. Ich weiß aber nicht, ob man das zurzeit überhaupt sehen kann, wo die Kapelle eingerüstet ist.

    Zitat von "Oliver"

    Hübsche Kirche. Da wurde gute Restaurationsarbeit geleistet, wie ich das als Laie so überblicken kann. :D Aber es fehlen noch die Figuren oder ?

    Die scheinen nach den Bildern in der Wikipedia zu schließen schon vor der jüngsten Restaurierung gefehlt zu haben. Vielleicht das Werk irgendwelcher reformatorischer Bilderstürmer.

    In den vergangenen sieben Tagen war ich im Harz unterwegs - beziehungsweise in den Städten rund um den Harz. In dieser einen Woche habe ich mir Hornburg, Osterwieck, Wolfenbüttel, Goslar, Halberstadt und Quedlinburg angeschaut und knapp 1700 Fotos gemacht. Von Hornburg, Osterwieck und Halberstadt gibt es hier noch keine Galerie, von Goslar und Quedlinburg zwar schon, aber beide nicht sonderlich umfangreich, sodass ich beide Städte (auch etwas verstecktere Sehenswürdigkeiten) noch einmal in einer Galerie vorstellen werde. Wolfenbüttel lasse ich mal aus, das hat Johan vor einiger Zeit schon ausführlich vorgestellt.

    Anfangen möchte ich jedoch mit ein paar Bildern aus einer Kleinstadt, die mit dem Harz überhaupt nichts zu tun hat, die aber wohl auch eher unbekannt ist: Haßfurt in Unterfranken. Dort musste ich wegen des stürmischen Wetters letzten Samstag knapp eine Stunde auf meinen Anschlusszug warten, genug Zeit also, einmal kurz durch die Stadt zu schauen (auch wenn's mit Gepäck im Schlepptau etwas anstrengend war).

    Beginnen möchte ich mit dem Wahrzeichen der Stadt, der Ritterkapelle, die vor allem durch ihren prachtvollen spätgotischen Chor hervorsticht, die ab 1856 vom Architekten Carl Alexander Heideloff, einem der Begründer der Denkmalpflege, restauriert wurde. Bis zu seinem Tode schaffte er es jedoch nur, den stark mitgenommenen Chor wiederherzustellen. Im Nachhinein ist das ein Glück, denn er plante, das weitaus schlichtere Langhaus dem Chor anzugleichen, was dann am Ende zu einer ziemlichen historistischen Überformung geführt hätte:


    (Quelle: Wikipedia)

    Mehr als der Chor ist momentan auch nicht zu sehen, da die Kapelle zurzeit erneut restauriert wird. Der Chor sieht schon aus wie neu:



    Direkt neben der Kapelle steht das ebenfalls spätgotische Beinhaus, das hoffentlich auch noch restauriert wird. Momentan scheint man jedenfalls keine Gebeine drin zu lagern, sondern Mülltonnen.



    Nun noch ein kurzer Blick auf die Hauptstraße der Altstadt, die nach wie vor von zwei beeindruckenden Stadttoren (Würzburger und Bamberger Tor - ein bisschen Lokalstolz: Das Bamberger Tor ist das größere :D ) eingerahmt wird. Leider führt eine Hauptstraße mitten durch die Stadt, und das, obwohl mit der B 26 eine Ortsumgehung existiert. Eine geänderte Verkehrsführung würde die Altstadt deutlich attraktiver machen.



    In der Mitte der Straße steht das schöne spätgotische Alte Rathaus (1514-16 erbaut):

    Wie gesagt, ein schönes, ziemlich geschlossenes Stadtbild - wäre da nicht der ganze fahrende und ruhende Verkehr:





    So, das war's erstmal für heute. Morgen beginne ich dann mit dem ersten Teil der Harztour, genauer mit der Fachwerkstadt Hornburg.

    Trotzdem eher unbefriedigend, so eine halbgare Rekonstruktion. Vor allem haben die Hildesheimer dann hinterher ein umgestülptes Pfeilerhaus neben einem Betonpfeilerhaus.

    Auch wenn's eine eher winzige Stadt ist, sollte man Osterwieck nicht vergessen, das vor allem äußerst hochwertige Renaissancebauten zu bieten hat (geschätzte 400 Fachwerkhäuser, von denen ca. 180 unter Denkmalschutz stehen - leider wurden auch hier in DDR-Zeiten etwa 40 Bauten abgerissen, oft aus dem wertvollsten Bestand und in bis dahin geschlossenen Ensembles wie Kapellen- und Mittelstraße).

    Weiß eigentlich jemand, wie hoch der Fachwerkbestand in Wolfenbüttel ist? Und in Einbeck?

    Ich kenn nur den Begriff "Rothenburg des Nordens" (v.a. für Halberstadt), der aber oftmals auch inflationär für jede Stadt mit mehr als zehn Fachwerkhäusern benutzt wird (laut Google für Visby, Quakenbrück, Hornburg, Pazleck etc.)

    In Nordhausen gibt es übrigens meiner Meinung nach kein niederdeutsches Fachwerk mehr, die Bilder beim Bildindex sehen doch eher mitteldeutsch aus, waren aber auch insgesamt eher schlichter gehalten.

    Disneyland, Disneyland, Disneyland :D

    Wobei, mit ein paar kleineren Verbesserungen: Sprossenfenster, andere Balkongeländer, anderes Giebelfenster, anderes Dach auf dem einen Erker (bzw. überhaupt eins auf dem anderen)... Und was soll diese komische Rutschbahn da auf dem Dach?

    Nun ja, immerhin kann man dem Architekten ein gewisses Bemühen um eine ungewöhnliche Gestaltung zugute halten. Wenn's denn nur nicht beim Bemühen geblieben wäre.

    Nicht zu vergessen Hildesheim und Paderborn, die auch erst in den letzten Kriegswochen dem Erdboden gleichgemacht wurden. Hätten die Nazis schon Mitte 1944 aufgegeben, als ihnen von den Alliierten die Kapitulation angeboten wurde, hätten zigtausende von zerstörten Baudenkmälern bis heute überlebt.

    Abriss der Alten Mainbrücke in Ochsenfurt?

    Derzeit gibt es einen Streit zwischen den Denkmalpflegern und der Stadt Ochsenfurt um die 1512-1519 gebaute Mainbrücke. Die Stadt plant, die baufällige Brücke abzureißen und an gleicher Stelle einen Neubau zu errichten, "der seiner Verkehrsfunktion auch entspricht" (obwohl nur 200 m weiter in den 50ern eine neue Brücke gebaut wurde - die allerdings inzwischen ebenfalls baufällig ist). Die Denkmalpflege drängt natürlich auf den Erhalt und die Restaurierung des alten Bauwerks, das laut Bayerischem Landesamt für Denkmalpflege auf einer Stufe steht mit der Alten Mainbrücke in Würzburg und der Steinernen Brücke in Regensburg.

    Die Brücke wurde wie gesagt Anfang des 16. Jh. errichtet, allerdings unter Verwendung älterer Reste in den Mauerpfeilern. Das Bauwerk hatte ursprünglich 13 Bögen, wovon jedoch einige durch ein Hochwasser im 18. und durch den Krieg gegen Preußen 1866 zerstört wurden.


    (Quelle der Fotos: Wikipedia)

    Die größten Schäden erlitt die Brücke jedoch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, als der mittlere Bogen von den Deutschen gesprengt wurde. Beim Wiederaufbau in den Fünfzigern legte man einen zweiten Bogen nieder, um die Durchfahrt für den Schiffsverkehr zu verbreitern. Geschlossen wurde sie dann durch dieses schmucke Beton-Verbindungsstück:

    Nachdem die Brücke in den letzten Jahren für den Autoverkehr gesperrt war, wurde sie wegen Baufälligkeit im April 2007 gesperrt und das Betonstück abgerissen (unter Verlusten weiterer historischer Substanz - Video gibt's unter Brücken-Abriss in Ochsenfurt - Kanal8.de - Regionale Nachrichten aus Deutschland - Aktuelles aus Bayern, Sachsen, Hessen und Baden-Württemberg in einem Nachrichtenportal > Nachrichten - lokal > Würzburg).

    Die Brücke abzureißen wäre meiner Meinung nach ein Riesenskandal. Besser wäre es, die verbliebenen Reste zu restaurieren und die Lücke durch eine Rekonstruktion zu schließen. Schon im letzten Jahr hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, die zum Ziel hat, dass der endgültige Abriss der Brücke verhindert wird. Hoffentlich haben die auch Erfolg.

    Scheint mir aber eine sehr freie Rekonstruktion zu sein, noch dazu eine aus denkmalpflegerischer Sicht ziemlich bedenkliche Vorgehensweise, denn beim Abbau eines Fachwerkhauses gehen die meisten Baubefunde und die Gefachfüllungen verloren. Und so ein Haus besteht nun mal aus mehr als nur dem Holzskelett.

    Positiv erscheint mir aber die handwerksgemäße Verarbeitung der rekonstruierten Bauteile. Sieht jedenfalls nicht nach Holz aus dem Baumarkt aus.