Beiträge von DrZott

    Zitat

    Überhaupt wundert es mich immer wieder, warum dies gerade in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] immer wieder gelingt, in anderen Städten aber immer gesagt wird, solche Fassaden zu erhalten bzw. wiederherzustellen wäre viel zu teuer. Denn [lexicon='Leipzig'][/lexicon] gehört sicher nicht zu den reichsten Städten, mit den reichsten Bewohnern und den höchsten Mieten in Deutschland. Trotzdem gelingt dies hier, so dass sich das Kostenargument immer mehr als rein vorgeschoben herausstellt.


    Wenn ich mal dazwischen quatschen darf:
    - zunächst hat [lexicon='Leipzig'][/lexicon] einen sehr hohen Bestand an Altbauten
    - dazu auch viele unsanierte Gebäude
    - die Bevölkerung wächst jährlich um 3000 bis 5000 Einwohner
    - [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wird gerade reurbanisiert
    - Neubaugebiete wie Grünau schrumpfen und verstärken damit den Effekt
    - sanierte Altbauten lassen sich gut vermieten - inzwischen auch an Hauptstraßen
    - es gibt noch genug steuersparwillige Leute in Süddeutschland ....
    .... und das ist assoziiert mit den drei Hauptgründen für die Top-Sanierungen: 1) Denkmal-Afa, 2) Denkmal-AfA 3) Denkmal-AfA 8)

    Nun lassen Sie uns doch ein wenig die Klingen kreuzen - das gehört doch dazu. Mein Bezug dazu war ja der, daß wir auch am Standort hier in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] das Problem haben, daß es mehrere Vorgängerbauten gab / gibt. Nicht zuletzt amenophis hat ja auch Wagners Geburtshaus ins Gespräch gebracht. Somit ging es konkret um die Frage: Was bauen wir (wieder) auf? Und zu Dresden: dort wird ja genau das, was Sie hier insistieren ("Vorkriegszustand") nicht gemacht, sondern eher diskutiert, welche Variante rekonstruiert wird. In diesem Kontext kann man von "unerträglicher Diskussion" sprechen. Wo Sie hier eine "Pauschalabfertigung des Historismus" gelesen haben, sagen Sie aber noch, ja?
    Prinzipielle bin ich nicht der Meinung, daß wir hier einen Konsens finden müssen; auch konkrete Ergebnisse einer Diskussion halte ich nicht für notwendig. Teilweise diskutieren wir doch um zu diskutieren - deswegen muß man nichts schließen.

    Zitat von "Pilaster"


    Bestuende diese "Sprache" aus mehr als sturem Gemurmel, purem Stottern und maximal einsilbigen Primitivwoertern, waere sie statt dessen lyrisch, inspirierend, hie und da amuesant oder erleuchtend, verkoerperte sie auch nur das kleinste bisschen von Edelmut, Eleganz und Harmonie, wuerde ich sie gern hoeren. Die Architektursprache unserer Zeit hat in meinen Augen angesichts des Fehlens dieser Eigenschaften kaum Existenzberechtigung.

    Nun ja - es gibt selbst in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] genug Gebäude, die Ihrem Metaphernkompost entsprechen. Ob zum Beispiel die hier in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] besonders beliebte Gründerzeit mit ihren in den Außenbezirken beinahe industriell angepappten Stuckelementen zwischen - meinetwegen - Elegenz, Edelmut und Hamonie changiert, sei dahingestellt. In den Zeiten davor blieb das, was wir heute Architektur nenne, den Palästen, Kirchen und Patrizierhäusern vorbehalten. Der Rest war auch stures Gemurmel und pures Stottern.

    Was allerdings die "metastatisch wuchernden Betonwüsten" des amenophis mit der Blechbüchse, die weder metastatisch wuchert noch eine Betonwüste ist, zu tun haben, bleibt selbst mir ein metastatisch murmelndes Stottern.

    Der Typ, der sich ankettete, ist ein hiesiger Fernsehmoderator, der nur jenen Leuten bekannt sein dürfte, die so wenig Interessantes in ihrer Freizeit zu tun haben, daß sie "[lexicon='Leipzig'][/lexicon] Fernsehen" schauen müssen. Wir anderen kreuzen lieber hier die Klingen. :zwinkern:

    Ich habe nicht den geringsten Grund, sowohl das Trifugium als auch dessen Rekonstruktion irgend gering zu schätzen - im Gegenteil. Nur war dieses Gebäude weder von einer unter Denkmalschutz stehenden Alu-Fassade ummantelt, noch Stand hier ein Neubau zur Debatte. Außerdem sprach ich lediglich vom Hänsel-und-Gretel-Bau aber nicht von einer solchen Zeit. Im Übrigen stimme ich Ihrem letzten Satz, Valjean, vollumfänglich zu.

    Zumindest hätten wir damit eine Patt-Situation: Hänsel-Gretel-Fassade wie Blechbüchsenfassade sind noch da. Doch wer hat nun die größeren Rechte? Zumindest nicht per se das Alte. Aber wie ich schon sagte: auch die Fassade hinterm Blech verdankt ihre Existenz einem Abriß. Ob sie nun wertvoller ist als die Alu-Fassade bleibt fraglich. Zumindest gibt es in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] tausendfach mehr Fassaden aus den Vorkriegsjahren als derartige Alu-Teile.

    Aktuell steht Hänsel-und-Gretel noch - und zwar komplett nackt. Von hinten frißt sich gerade ein Backer durch den rotten DDR-Bau an den Altbau heran.

    Derweil geschah dies:
    http://www.bild.de/BILD/regional/…echbuechse.html

    Zitat

    wenn nicht, dann geht die Welt auch nicht unter


    Dann könnten wir dieses Forum doch schließen. Es sind aber doch die anscheinend unwichtigen Dinge, die das Leben so lebenswert machen. D'Accord? :zwinkern:

    Na sicher.
    Aber gestatten Sie mir zu erwähnen, daß die Blechbüchsenfassade auch etwas ist, das man unter "das zu erhalten, was noch vorhanden ist" subsummieren kann.
    Wenn Sie damit aber dem Wagner-Haus argumentativ eine Wiedergeburt attestieren wollen, dann haben die Alu-Teile das gleiche Recht. Sorry. Die Kulisse für die Frauenkirche in Dresen - pardon für den Exkurs - ist für mich das beste Beispiel: rekonstruieren wir nun den Zustand von 1940 oder 1920 oder 1900 oder 1880 oder 1860 oder ..... ?
    Wir leben im Jahr 2010 - dann können wir doch auch die Architektursprache unserer Zeit sprechen lassen. Natürlich wurde und wird viel Dreck gebaut. Glauben Sie aber wirklich, daß das vor Jahrhunderten anders war? Der Hänsel-und-Gretel-Bau ist - mit Verlaub - auch kein Glanzstück!

    Wobei auch ich ein leichtes Grummeln verlauten lassen will, von dem jeder denken kann, was er will, ich aber niemandem übel nehme, dies als Hoffnung zu werten, man werde die alten Holzhütten, die, da sie ja noch älter und historischer sind, als alles, was wir hier betrauern, eine noch viel größere architektonische Bedeutung haben, wieder aufbauen, um damit an jene goldenen Zeiten zu erinnern, als [lexicon='Leipzig'][/lexicon] gerade christianisiert wurde. Wo sind wir hier? "Welches Schweinderl hätten's denn gern??" In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wurde seit Jahrhunderten abgerissen und neu gebaut. Diese Tatsache einem beliebigen Zeitpunkt in der Vergangenheit opfern zu wollen, ist nicht nur reichlich weltfremd, sondern auch unmöglich. Der mfi-Bau ist schlechter als die Blechbüchse ist schlechter als der Hänsel-/Hähnel-Bau ist schlechter als die italienische Neo-Renaissance-Fassade ist schlechter als das Wagnerhaus ist schlechter als ...... :?

    Immer das Kriterium der Lage unreflektiert zu nutzen, halte ich für gefährlich. Denn was ist die Lage? Eine gottgegebene Situation, in der sich die Umgebung befindet? Nein! Vielmehr eine vom Menschen geschaffenen Situation. Und darum beeinflußt ja jede Sanierung auch in schwieriger Lage diese Lage wieder: eben durch diese Sanierung wird die Lage besser!
    Außerdem: die Firmen, die hier in großem Stil sanieren, tun dies, weil damit die Anleger immer noch größere Summern abschreiben können. Das ist erst einmal lageunabhängig.

    Da haben Sie allerdings - und leider! - Recht. Zwei Entwicklungen stimmen mich hoffnungsfroh:
    - die Stadt [lexicon='Leipzig'][/lexicon] verfolgt die Pläne der perforierten Stadt und ähnlicher Sachen nicht weiter, zwar gab es keine rechte offizielle Kurskorrektur, doch große Abrißpläne liegen auf Eis, der hier in der Nähe gepflanzte dunkle Wald entsteht auf schon länger brach liegenden Flächen
    - die Sanierungswelle geht ununterbrochen weiter - inzwischen gibt es Stadtteile, die sind schon beinahe "leersaniert"; sprich: es gibt kaum noch unsanierte Gebäude; wenn man sich die avisierten Projekte unserer Lieblingssanierer so anschaut, dann kommen die Einschläge näher und die betroffenen Häuser liegen schon länger außerhalb der 1a-Lagen
    Übrigens ist das Haus diagonal gegenüber des hier schon mehrfach benannten noch stehenden Eckgebäudes von einer Abrißliste auf eine Erhaltungsliste gewandert. DIES macht Hoffnung!

    "Leipziger Osten" - diese Bezeichnung suggeriert, wir hätten es mit einem homogenen Gebiet zu tun. Das Gegenteil ist der Fall! So haben wir einerseits die Magistralen, die überall in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ein Problemfall sind. Unmittelbar nördlich der Eisenbahnstraße oder der Wurzner Straße ist die Sanierungsquote zwar gering, die Substanz der Häuser aber noch sehr gut.
    Pars pro toto darf ich den Link zu Bing hier anheimstellen. Von dort aus fliege man ein wenig über den "Leipziger Osten" und schaue selbst: es ist alles dabei!
    http://www.bing.com/maps/default.a…95627&encType=1

    Das nämliche Gebäude steht an einer Ecke in singulärer Lage. Unmittelbar daneben sind keine anderen Häuser, sondern eine Brachfläche. Das Viertel wurde in den achtziger Jahren großräumig abgeräumt und mit Plattenbauten zugestellt. Der Sanierungsstand hier ist der geringste in [lexicon='Leipzig'][/lexicon].
    Zwar ist der Verlust groß - doch es werden keine gründerzeitlichen Blockrandstrukturen zerstört - die gibt es hier nämlich gar nicht mehr. Zur Orientierung ein Blick:
    http://www.bing.com/maps/default.a…95627&encType=1

    Zitat

    Dann noch ein paar Sanierungen aus Schönefeld, die gerade fertig sind. Im Einzelnen ziemlich unspektakuläre Wohnhäuser der Zeit um 1914, aber alle zusammen bilden dann doch ein beeindruckendes Ensemble.


    Lieber Leipziger, könnten Sie bitte die Sanierungen aus Schönefeld noch genau verorten, dito das Haus in der Kohlgartenstraße? Herzlichen Dank!!!

    Holen wir uns bitte in Erinnerung, daß 75 % des Vorkriegsbestandes, der in Westdeutschland verloren ging, NACH dem Krieg abgerissen wurde, um neuen Häusern und neuen Straßen Platz zu machen, dann sollten wir einfach vom "Bildungsbürgertum" und ähnlichem Schmarrn geflissentlich schweigen. Es gab zwischen 1949 und den achtziger Jahren viele Gründe: abgerissen wurde hier wie dort und Unwiderbringliches ging verloren.
    Das einzig Positive ist doch, daß für die WSB zumindest keine Altbausubstanz fallen muß. Freuen wir uns, daß die Autos endlich mehr Platz haben - für die sind Städte schließlich da!

    Zitat von "Denk_mal"


    Das meinen Sie nicht ernsthaft, oder? Das "nicht alles" besonders schön war, mag ja noch stimmen. Aber Ihre Aussage klingt ja so verallgemeinernd, als wenn vieles was in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] untergegangen ist, verzichtbar wäre.


    Jetzt sind Sie semantisch irgendwo ausgerutscht, lieber Denk_mal: das "nicht alles" ist doch gerade das Gegenteil von "alles" - alles wäre in der Tat verallgemeinernd. 8) Und ich bleibe dabei: nur weil Gebäude vor dem Krieg noch standen, sind sie nicht automatisch herausragend, unverzichtbar, qualitätvoll .... Natürlich ist ZUVIEL und HERVORRAGENDES untergegangen, aber eben nicht nur.
    @ Helmut: von den 4 Winkeln ist einer (Katharinenstraße / Brühl) völlig außen vor: hier ist eine uneinige Erbengemeinschaft Besitzerin, die weder konkrete Pläne hat noch Verkaufsabsichten. Für den Winkel Brühl / Reichsstraße gab es mal Pläne von http://www.frankonia-eurobau.de/de/ für ein Hotel. Die sind aber in der Versenkung verschwunden. Das Ganze sah so aus: http://www.cadman.de/cadman/index.p…lienvermarktung

    Vielen Dank, Dase! Es ist richtig, daß dieser Klotz oder Bunker oder Kubus überdimensioniert ist und genau so auch wirkte, stünde er unmittelbar an Blockkanten - zum Beispiel direkt an der Katharinenstraße. Dies ist jedoch nicht so. Die Beziehung zur Umgebung wird mit Abschluß der Bebauung explizit durch die Winkel hergestellt. Dies ist auch sehr schön auf dem von Dase gezeigten Plan zu erahnen.
    Helmut hat einen wichtigen Aspekt genannt: die Zerstörungen in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] VOR und NACH dem Krieg (bitte denken Sie dito an die autogerechte Stadt in D-West mit ihren 50er-, 60er- und 70er-Jahre-Bauten!) sind nicht so gravierend gewesen. In der DDR sind die Gebäude "nur" verrottet. Heute haben wir prozentual einen sehr hohen (den höchsten???) Anteil von Vorkriegsbebauung einer deutschen Großstadt hier in [lexicon='Leipzig'][/lexicon]. Das macht es den Leipzigern (vielleicht nicht allen 515.437) etwas leichter, mit Neubauten umzugehen und auf Reko zu verzichten.
    Ich bleibe übrigens dabei, daß, wenn man schon von Reko spricht, alle Epochen, auch die mittelalterliche, das gleiche Recht haben. Schließlich waren der Abbruch ganzer Barockquartiere für die Messehäuser, die Stadtbrände, der Ersatz der mittelalterlichen Hütten durch Paläste im Absolutismus AUCH Zerstörungen. Und, mal im Ernst: nicht alles, was auf hsitorischen Photos erkennbar ist, sieht so aus, als wäre es irgendwie besonder schön oder wiederaufbauwert.

    zu Helmut:
    ..., die, um dies zu Ende zu führen, nie vollständig verloren war, wie die Bauten, von denen wir hier sprechen.
    Natürlich fordern die meisten hier die Rekonstruktion des Zustandes vor dem WKII. Ich frage auch nur eher polemisch: warum gerade dieser Zustand? Weil es der letzte war? Ist DAS jetzt polemisch?
    Merken Sie: es führt zu nichts. Wenn sich jetzt eine Bürgerinitiative fände, die eine Rekunstruktion des Zustandes von 1750 wiederherstellen will, hätte sie das gleiche Recht, wie die Initiative, die das alte Dorf Lips auf Holzpfählen wieder aufbauen wollte.
    @ youngwoerth: Sie waren wieder schneller! :zwinkern: Ich gebe Ihnen aber Recht mit Ihrem letzten Satz.

    @ youngwoerth: Was Sie nicht verstehen, ist, daß mein Niveau auch nur eine Anpassung an schon vorhandenes Niveau war, da der Beitrag, auf den ich mich bezog, wieder beim Thema Rekonstruktion anfing und zum wiederholten Mal den Kontext, in dem sich die Fassadengestaltung befindet, nämlich die Winkelbebauung, ignoriert. Beim Thema "Rekonstruktion" ist es selbtsverständlich zu fragen, WELCHES Jahrhundert man rekonstruiert. Trotzdem war dieses Thema auch ironisch gemeint.
    Mit Ihrer Information, ich spräche nicht für 500.000 Einwohner, die Ihrem Erstaunen implizit ist, überraschen Sie wiederum mich. Aber nur, wenn Sie meine Ironie nicht verstanden haben und also Ihre Replik keine Ironie war. Abgesehen davon, war das Thema "Rekonstruktion" in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] nie auf der Tagesordnung, was meine Behauptung wieder näher an die Realität heranrückt als Ihr Erstaunen.

    In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wird es nie zu irgendwelchen Rekonstruktionen von aktuell nicht vorhandenem kommen, weil das - Gott sei's gelobt! - keiner hier will! Wir bauen hier nicht die Situationen von vor 100/200/oder 800 Jahren wieder auf, sondern das, was heute aktuell ist. Wer legt denn eigentlich fest, daß das Barocke wiederentstehen muß? Vielleicht war die Situation von 1365 oder 1143 viel spannender? Nein, so geht das nicht!
    Außerdem: Die Fassade des Bildermuseums ist kein solitär! Sie funktioniert im Kontext mit der Winkelbebauung - ich weiß, das hat hier noch nie jemand gesagt, aber so ist es. :augenrollen:
    Und auf Grünflächen für ungewisse Potemkinschen Dörfer im Barockstil können wir auch verzichten.