Er würde aber keinen nutzbaren neuen (Wohn)raum schaffen, außerdem hat die Idee bereits die Altstadtgilde viele Jahre erfolglos verfolgt und das Thema ist verbrannt. Daher ist das eine schlechte Idee, die Indiz dafür ist, dass du die Verhältnisse vor Ort nicht kennst. Was wäre dadurch gewonnen? Das wird der Stadt kein Kleinod zurückgeben, dass der Besucher nicht an jeder beliebigen Dorfkirche bewundern könnte. Ein weiterer Kirchturm, na und? Nichts Besonderes, noch dazu, wo St. Jakobi profaniert ist und als Veranstaltungsraum genutzt wird.
Jede neue Gebäudereko abseits des Marktplatzbereichs wäre in Hildesheim ein Unikum, die mit der bestehenden Bebauung in Kontrast stünde. Das Borchersche Haus würde nicht verloren wirken, da seine Schauseite zur Osterstraße diese sinnvoll ergänzen würde. Die neue Seite zur Lilie hin kann dann kreativ, etwa mit Arkaden im EG, ausgeführt werden. Der Baugrund ist derzeit ein Schotterblumenbeet mit einem "Hunde kacken verboten"-Schild.
Der Goldene Engel würde vor dem Dom den zahlreichen Dombesuchern zeigen, dass Hildesheim nicht nur seinen Marktplatz hatte (und wieder hat). Da keine Baupläne und nur ein Innenraumfoto bekannt, könnte ein Architekt sich innen völlig frei austoben und spannende, neue Innenräume schaffen. Auch Wohnraum wäre gut möglich. Das geht im St. Jakobikirchturm nicht.
Doch, ich kenne die Verhältnisse und weiß auch, dass sich die Altstadtgilde vor Jahren vergeblich um den Aufbau des Kirchturmes bemüht hat. Das heißt doch aber nicht, dass man die Idee nicht wieder aufgreifen und weiterverfolgen könnte.
Es ging in der Ausgangsfrage auch darum, ob und wie man die Hildesheimer für neue Rekos begeistern könnte. Wofür wäre der Bürger, auf der Strasse darauf angesprochen, eher bereit, Zustimmung zu signalisieren oder gar Geld zu spenden? Für einen Kirchturm, bei dem man auch noch auf das gelungene Beispiel St. Lambert verweisen könnte? Oder für ein Borchardsches Haus, das heute keiner mehr kennt, und das auch keine Zugkraft als einstiges Wahrzeichen Hildesheims entwickeln kann? Schon für den Umgestülpten Zuckerhut konnte man doch die Öffentlichkeit nur begeistern, weil es eben ein pittoreskes Wahrzeichen war, und sich der Aufwand für das kleine Häuschen auch eher im Rahmen hielt.
Am Beispiel Zuckerhut sieht man übrigens auch gut, dass isolierte Rekos inmitten eines modernen Umfeldes immer Gefahr laufen, nicht gut zu funktionieren: Vom Andreasplatz her betrachtet, wirkt er wie ein angeklatschter Fremdkörper (nur vom Hohen Weg her kommend kann er überzeugen) und ich behaupte hier mal, dass niemand darauf erpicht ist, mittels bewusst herbeigeführter "Brüche" ständig an die Armseligkeit moderner Architektur erinnert zu werden. Und es wird auch kaum ein Tourist zusätzlich in die Stadt kommen, nur weil zwei oder drei Fachwerkhäuser, mit denen heute niemand mehr etwas verbindet, wieder aufgebaut wären. Den Marktplatz, der in jeder Hinsicht eine Besonderheit bzw. Ausnahme darstellt, kann man hier nicht als Referenz heranziehen.
Auch das Argument des neu zu schaffenden Wohnraumes kann nicht wirklich überzeugen. Wenn es vor allem darum geht, wird ein Bauherr vermutlich immer die einfachere Variante eines modernen Neubaus wählen. Das traurigste Beispiel dafür ist das Grundstück Gelber Stern Ecke Godehardiplatz. Seit dem Krieg unbebaut, bestand dort die Möglichkeit einer wirklich sinnvollen und praktikablen Rekonstruktion des ansehnlichen historischen Hauses als Wohnhaus. Und was wurde dort schließlich hingesetzt? Eben!
Aber verstehe mich bitte nicht falsch: Wenn es nach mir ginge, könnte man in Hildesheim ganze Straßenzüge abreißen und rekonstrieren, und ein neu entstandenes "Altstadtviertel" könnte dann tatsächlich ein zusätzlicher Touristenmagnet sein. Aber das ist Wunschdenken. Mir ging es nur darum, ein realistisches Projekt vorzuschlagen, das zumindest eine gewisse Chance auf tatsächliche Umsetzung hat.