Beiträge von Hakemann

    Eigentlich ist dieser Strang den Ecklösungen des Historismus gewidmet. Diese habe alle gemeinsam, dass sie keiner Schauseite den Verzug geben. Sie leiten gleichberechtigt zwei Straßenfronten ineinander. Das ist in Hildesheim gerade nicht der Fall. Bauten dieser Zeit pflegen in der Regel eine nicht selten durch die Ecklösungen betonte Schauseite auszubilden, wie wir es auch am Altdeutschen Haus beobachten können. Ungewöhnlich ist dabei allerdings, dass der Erker tatsächlich zur Seite einen kleinen reduzierten Giebel trägt.

    Ich hatte lediglich auf unify geantwortet, der nach Beispielen aus früheren Epochen gefragt hatte. Die feinen Unterschiede in der Definition "Eckhaus" waren mir nicht bewusst.

    Da fällt mir spontan das Altdeutsche Haus in Hildesheim ein. 1604 in der Osterstrasse errichtet, machte es mit einem dreifachen Eckgiebel auf sich aufmerksam. Das war offenbar sehr ungewöhnlich, weshalb das Haus als (malerische) Kuriosität galt.

    Im Feuersturm 1945 ist es untergegangen.

    Bei der Frage nach möglichen Reko-Kandidaten taucht der Name immer mal wieder auf, aber das Grundstück ist bebaut und eine Realisierung dieser Idee ist, realistisch betrachtet, weiter entfernt als der Mond huh:)

    Ich finde das Neue Palais auch hervorragend. Nur die Kuppel sagt mir nicht wirklich zu. Sie wirkt zu massiv und irgendwie unproportioniert. Ganz im Gegensatz zur Kuppel des Berliner Stadtschlosses, die den Bau perfekt ergänzt und schon für sich eine wahre Augenweide ist.

    Als ich letztmals in Berlin war, befand sich zwischen Dom und Staatsratsgebäude nichts. Nun durfte ich endlich selbst vor dem wiederaufgebauten Berliner Schloss stehen und ich war einfach nur überwältigt. Es wirkt real noch viel gewaltiger als auf Fotografien.

    Wenn man nur das Elend von ca. 2010 kennt, die ganzen Bauphasen zwischendurch nicht vor Ort gesehen hat und dann vor dem (fast) fertigen Schloss steht, muss der Eindruck tatsächlich unvergleichlich sein. Ich bin fast ein bisschen neidisch :wink:

    Wie herrlich, ich liebe solche Freiluftmuseen. :love:

    Besser, die dislozierten Fachwerkhäuser sind an so einem künstlich geschaffenen Ort zusammengefasst, als dass sie irgendwo in einem Nest hinterm Mond unbeachtet verfallen (im schlimmsten Fall).

    Ich als Niedersachse muss aber gerade mit Erschrecken feststellen, dass ich es immer noch nicht nach Cloppenburg geschafft habe. :kopfschuetteln:

    Altes und neues Gebäude sollen gleichermaßen "recht ansprechend" sein? Das alte traufenständige war von den Proportionen, dem Dach sowie dem Obergeschoss im Fachwerkstil und dem Unterbau in Natursteinoptik her an die links anschließenden historischen Gebäude angepasst, es hat sich harmonisch eingefügt. Das neue mag zwar hochwertig sein, stellt aber einen modernistischen Bruch dar.

    Eine klare Verschlechterung - wieder mal. Und das im einzigen Altstadtviertel, das noch eine halbwegs geschlossene historische Bebauung aufweist. :wuetenspringen:

    Mir ging es speziell um das Kaufhof-Grundstück, dabei weniger um die Frage, ob man rekonstruieren könne, eher darum, in welchem Stil es neu bebaut werden sollte. Kennt jemand Beispiele aus anderen Fachwerkstädten, wie man -ohne tatsächlich in Fachwerk zu bauen - trotzdem eine dem nahekommende Anmutung hinbekommen hat, zb?

    Solche Beispiele fallen mir spontan nicht ein. Auf dem Hohen Weg würde so eine "Anmutung" aber auch deplatziert wirken, weil ringsherum ja alles mit gesichtslosen Nachkriegsbauten vollsteht (zum Historischen Marktplatz gibt es keine direkte optische Anbindung).

    Wahrscheinlicher ist, dass der Kaufhof (alte Hildesheimer sagen natürlich "Horten") vorerst stehen bleibt und umgebaut wird. Im Gespräch ist beispielsweise eine Nutzung als Berufsschule.

    In Hildesheim scheint generell zur Kaiserzeit sehr viel Fachwerk abgerissen worden zu sein.

    Das ist richtig, und zwar vorrangig - wen wundert's - an den größeren Straßen. Und dennoch war bis 1945 noch unglaublich viel Fachwerksubstanz vorhanden.

    Was wurde denn für das Kaufhaus damals abgerissen, oder was war vor dem Krieg da? Wenn wertvolle Bausubstanz dabei war, soll diese natürlich wieder aufgebaut werden.

    Wertvolle Bausubstanz stand dort wohl nicht. Wie dieses historische Farbfoto zeigt, gab es auch keine Gründerzeit-Geschäftshäuser, die ansonsten an vielen Stellen den Hohen Weg und die nördlich anschließende Almsstrasse säumten.

    Kurz: Rekonstruktionen kann man als Alternative zum jetzt noch stehenden Kaufhof ausschließen.

    An dieser exponierten Stelle kommt der nun realisierte Bau schlicht einer Vergewaltigung des Stadtraumes gleich!

    Planer und Architekten, die so etwas verbrechen, müssen ihre Mitmenschen unterschwellig hassen und ein perfides Vergnügen daran empfinden, ihnen den Alltag zu vermiesen.

    Ich weiß, diese Erklärung wirkt genauso primitiv wie deren Bauten, aber ich kann es mir anders schlicht nicht erklären :kopfwand:

    Eine ganz wichtige Rolle spielte der Architekt Heinz Geyer, gebürtiger Ostpreuße und dann nach dem Krieg Wahl-Hildesheimer. Er hat sowohl die Rekonstruktion des Knochenhauer Amtshauses , als auch die Teil-Rekonstruktion der Kaiserhausfassade und zum Schluss des Umgestülpten Zuckerhutes vorangetrieben und mit seinem Architektenbüro umgesetzt. 2015 ist er in hohem Alter gestorben.

    Solche Persönlichkeiten, denen es vor eigenem biografischen Hintergrund ein Herzensbedürfnis war, die baulichen Kriegsverluste wenigstens teilweise zu kompensieren und den Menschen etwas vor ihrer heimatlichen Identität zurück zu geben, gibt es leider nicht mehr. Ich glaube daher auch nicht, dass man an die Reko-Erfolge der letzten Jahrzehnte noch einmal anknüpfen kann.

    Edit: da habe ich wohl die Zitatfunktion falsch eingesetzt. Obiges ist meine Antwort auf Erbses Frage ...