"Rotwang", das ist allerdings genau die Haltung, die dazu führte, dass Jahrzehnte lang der Kopf in den Sand gesteckt wurde, und derlei Leute immer dreister und einflussreicher wurden. Klar, kann man die paar Spinner ignorieren. Aber sie stehen ja nur für einen viel größeren Kreis an Duldern, Förderern und klammheimlichen Freunden, von denen viele in einflussreichen Positionen sitzen. Sie sitzen dort, weil zu viele Leute aus Bequemlichkeit immer "Was juckt es die Eiche" gesagt und weggeguckt haben. Und diese Leute, sowohl die Aktivisten wie ihre Gönner in den Positionen, sind es gar nicht gewohnt, irgendwelchen Widerspruch zu erhalten. (Deshalb auch der Hass auf das "Extrablatt", weil dort einmal nicht "Was juckt es die Eiche" gesagt wurde..)
Anders ausgedrückt: Würden diese Leute auch still halten und "was juckt es die Eiche" sagen, wenn Stadtbild-Freunde ein ähnliche Aktion vor einer ihrer Ikonen machen würden? Vor dem Deutschen Architektur-Museum? Vor dem Bundeskanzleramt? Vor dem Rosa-Luxemburg-Denkmal? Vor der Redaktionszentrale von "Arch+"? usw... (mir fallen gerade keine besseren Beispiele ein)
Deswegen muss man natürlich nicht HB-Männchen werden. Man kann ihnen ganz ruhig sagen, was man von ihnen hält. Das haben einige Forumsmitglieder getan.
Natürlich würden die sich nicht still verhalten, wenn die Schloss-Freunde in ähnlicher Weise agieren würden. Genau das ist doch aber der Punkt: Solche Gruppen haben die Aufmerksamkeitsmaschinerie perfektioniert. Die Schloss- und Reko-Freunde sind in diesem Provokationstheater keine Adressaten oder Zuschauer, sondern sie sind die Mitspieler ohne die das nicht funktionieren würde. Sie sind die Echokammer der Infantilität.
Das Spiel kann man eben mitspielen und dafür sorgen, dass immer wieder und wieder und wieder noch eine neue Provokation, noch eine Runde gedreht wird - oder sich selbstkritisch die Frage stellen, wie man es denn geschehen lassen konnte, dass sich bestimmte ideologische Kreise in bestimmten Schlüsselpositionen haben festsetzen können.
Und das liegt nicht an der Bequemlichkeit des Wegschauens, sondern schlicht daran, dass die Schloss- und Reko-Freunde eben nicht verstehen, wie das Spiel funktioniert - und zwar sowohl das im öffentlichen Performance-Raum als auch auf der Bühne der Kulturpolitik. Die Verteidigungsrede, warum man diesem Quatsch jetzt unbedingt widersprechen muss, ist ja ein sehr gutes Beispiel dafür, dass die Idee, dass Aufmerksamkeit die Währung unserer Zeit ist, sich immer noch nicht festgesetzt hat.