Beiträge von Jakku Scum

    findorffer,

    die "Baedeker" des frühen 20. Jahrhundert rieten dem interessierten Bremen-Besucher 5 Tage für eine allumfassende Stadtbesichtigung einzuplanen.

    Heute, im Jahre 2019, reichen dafür Stunden.
    Die Tourismus-Branche in der Stadt - und damit neben Hotelketten auch Shops und Gastronomie - kann sich glücklich schätzen, wenn aus den Stunden immerhin eine Übernachtung wird.

    Ich denke, diese einfachen Zahlenbeispiele stehen explizit für die Begriffe Vergangenheit und Gegenwart der Freien Hansestadt Bremen.


    Ich brauche hier nicht wirklich aufzuzählen, was der alte "Baedeker" an Bremen besonders hervorhob: Die Pracht an historischer Bausubtanz, die "sehbare" Reichhaltigkeit, die erlebbare Geschichte, den fassbaren Reichtum und Stolz einer Stadt des ehemaligen Hanse-Bundes.

    Lieber Pagentorn,

    ich werde mich jetzt einer Tätigkeit widmen, die in deinem Beitrag 144 etwas zu kurz kam: Ich werde mir jetzt etwas Kühles einschenken, es mir bequem machen und freudig losprosten.

    Es ist auf jeden Fall ein Tag zum Feiern!!!

    Der 08.01.2019 ist der erste Tag, wo anscheinend unkoordinierte Leserbriefe im Weser-Kurier oder Bremer Nachrichten von einem Lehrer aus (vermutlich) Bremen-Nord als Gruppe wahrgenommen werden – und nicht als vereinsamte Spinner, die in ein paar Minuten vom Bergungsdienst abgeholt und still und heimlich zur Entsorgung abgestempelt sind.

    Was den Brief angeht, hat Heimdall es auf den Punkt gebracht. Das baupolitische Establishment hat mitnichten einen ersten Wadenbeißer auf uns losgelassen. Mit jedem Schritt, den wir hinaus in die Öffentlichkeit unternehmen, müssen wir mit Gegenwind rechnen – da ist so ein in sich widersprüchliche Leserbrief eine kaum ernstzunehmende Hürde. Ich werde Alpecin zukünftig nicht nur für die Kopfhaut und als Wachstums-Substrat für die Kopfbehaarung verwenden, sondern als Badezusatz, damit das Fell wachsen möge!!

    Also, keine Panik auf der Titanic. Lasst uns das Glas erheben. Auf die „bestimmte Gruppe“, die nach einer Re-Historisierung der Bremer Innenstadt ruft! cheers:)cheers:)

    Frisch aus dem Kurier am Sonntag vom 06.01.2019 zitiere ich hier den Leserbrief von Carl-Otto Scheibe, der sich in seinem Brief auf das Schreiben von Werner Klein und besonders auf das mit dem Leserbrief in der Zeitung abgebildete Foto vom zerstörten Marktplatz bezieht. Auf dem Foto kann man sehr gut erkennen, dass es im Bereich des Marktplatzes kaum Totalverluste gab, viele Fassaden erscheinen intakt oder so weit „auf den Beinen“, dass ein Wiederbau hätte erfolgen können.

    Die angehängte Datei zeigt das Foto aus dem Weser-Kurier vom 04.01.2019, mit dem der Leserbrief von Herrn Klein illustriert wurde.

    luftbild_marktplatz_nach45_wk_2019_01_04.pdf

    Herr Scheibe fordert in diesem Leserbrief keinen Wiederaufbau oder Rekonstruktion. Er beschreibt hier einfach nur seine Fahrt durch eine zerstörte Innenstadt und nennt viele alte Gebäude, die heute nicht mehr an ihrem angestammten Platz zu finden sind oder die hier im Forum schon einmal Thema eines Beitrags oder gar Thema eines eigenen Stranges geworden sind.
    Sehr prägend finde ich den Abschlusssatz des Briefes angesichts einer damals zerstörten und noch nicht wieder aufgebauten Innenstadt.: „Es war eine gute Zeit in der schönen Hansestadt Bremen.“ Für Herrn Scheibe müssen selbst die noch vorhandenen Fassaden eine Quelle der Schönheit gewesen sein. Doch nun der Brief an die Tageszeitung:

    Eine gute Zeit
    Wie auf dem Foto der „Neuen Börse“ am Bremer Marktplatz habe ich die zerstörte Innenstadt ab 1947 kennengelernt. Ich besuchte von April 1947 bis März 1949 die Handelsschule „Union“ in der Balgebrückstraße/Ecke Tiefer und Martinistraße mit Blick auf das zerstörte Schnoorviertel. Die Straßenbahnlinie 4 hielt vor der Börse und fuhr dann durch die Wachtstraße über die Weserbrücke in die Neustadt. Der Schütting, die Ratsapotheke, das Fernmeldeamt an der Stintbrücke/Ecke Langenstraße, die Martinikirche und viele andere Gebäude waren zerstört, und man begann mit dem Wiederaufbau der Stadt und besonders der Hafenanlagen. Von April bis Ende September 1949 machte ich meine Ausbildung als Schiffsmakler bei der Firma Norddeutsche Rhenania Schiffahrts-Gesellschaft mbH im „Friesenhaus“ am Spitzen Kiel mit Blick auf den Ansgariikirchhof und die zerstörte Ansgariikirche. Den „Kaufmannsgehilfen-Brief“ erhielt ich am 30. September 1951 von der Handelskammer Bremen im Schütting. Ab Oktober 1951 begann dann meine Tätigkeit als Seehafenspediteur bei der Firma Ehrhorn, Emden & Mayer Speditionsgesellschaft mbH (einer Tochter der Mannesmann AG, Düsseldorf) im Börsenhof, Marktstraße 1. Anfang 1953 bezog die Firma neue Geschäftsräume in der Obernstraße 44/45 und erhielt den Namen Mannesmann Spedition GmbH. Damals gab es noch keine Probleme zwischen Fahrrad- und Autofahrern, und man konnte noch in der Obernstraße und Sögestraße parken. Es
    war eine gute Zeit in der schönen Hansestadt Bremen. Carl-Otto Scheibe, Bremen


    Bemerkenswert finde ich auch die Reaktionszeit der Tageszeitung, da die Veröffentlichung des Leserbrief von Herrn Scheibe nur zwei Tage nach der Veröffentlichung des Leserbriefs von Herrn Klein erfolgt.

    Lieber Pagentorn,

    ich bin dir sehr dankbar, hier nach all den von dir bestens dokumentierten Abbrüchen, einen Beitrag von dir vorzufinden, der endlich mal mit einem anderen Ende daherkommt. Mal kein großes Drama und reichlich Tränen über Verlorenes, sondern ein Happy End, große Freude und Beifallklatschen für diese einmalige, wunderbare Fassade. Welch ein Prachtstück!!!

    Gleichwohl möchte ich gerne auf den „Troll“ eingehen. Gewiss, ich kenne Herrn Klein nicht. Gleiches gilt für Renate Eilenberger. Warum sollte Herr Klein ein „Troll“ sein? Und wenn Herr Klein im Verdacht stünde, was ist mit Frau Eilenberger? Wäre sie nicht auch verdächtig, ein Troll zu sein? Oder Herr Nürnberg, der die Lloydhaus-Fassade ins Spiel bringt? Ein von der Opposition organisierter Troll? Ich glaube, ich kann dich beruhigen, lieber Pagentorn, unsere Bewegung ist noch nicht so weit in die breite Öffentlichkeit vorgedrungen, dass sich eine Gegenbewegung vor der unsrigen organisiert hat und diese nun fleißig Trolle in die Welt der Presse entsendet, zumal wir als Bewegung noch auf der Suche nach passenden Kinderschuhen sind.
    Herr Klein hat für mich eine ganz irdische Bedeutung. Er ist ein Zeitzeuge, der als Kind die Neue Börse noch wahrnehmen konnte. Diese Zeitzeugen werden langsam rar, denn sie sterben allmählich aus. Ich wünschte, ich könnte Kontakt mit Herrn Klein aufnehmen, um mit ihm mal über seine Kindheitserinnerungen zu sprechen, sie zu dokumentieren und Herrn Klein für unsere Zwecke zu gewinnen. Gleiches gilt für Frau Eilenberger und Herrn Nürnberg.

    Und wer glaubt, dass uns in der Öffentlichkeit nur "Trolle" begegnen, sollte sich auf mächtigere Wesen vorbereiten. Wir sollten nicht schon bei Trollen große Augen bekommen und uns unter der Bettdecke verstecken oder fortan nur auf leisen Sohlen durch die Öffentlichkeit tapsen. Wenn wir erst einmal in der Öffentlichkeit arbeiten, dann wird uns noch ein ganz anderer Wind um die Ohren wehen - da werden die Trolle zu niedlichen, possierlichen Tierchen.
    So muss sich die Bürgerinitiative zum Erhalt der Galopprennbahn von einem Kommentar auf weser-kurier.de den Vorwurf gefallen lassen, ihr Volksbegehren würde die Mietpreise in Bremen unnötig in die Höhe schnellen lassen und quasi zum Mietwucher beitragen. - Auf solchen Unsinn müssen wir uns auch gefasst machen.

    reschbanner,


    ohne Fortschrittsglauben, also ohne Innovation, ohne den Wunsch nach Verbesserung der eigenen Lebensumstände, würden wir alle noch in Fellen gehüllt bibbernd vor einem Lagerfeuer sitzen bei dem Versuch, die fast erfrorenen Hände daran zu wärmen und zur Verrichtung unserer Notdurft nicht mal die Höhle verlassen. Positiv an diesen Lebensumständen wäre, dass man nicht in eine Midlife-Crises fiele, da die durchschnittliche Lebenserwartung eh nur bei 35 Jahren läge.
    Henry Ford wäre nicht gewesen ohne die Erfindung der Dampfmaschine. Die Dampfmaschine undenkbar, wenn Newton nicht der blöde Apfel auf dem Kopf gedonnert wäre. - Wohin soll das führen?
    Gäbe es Ford nicht, gäbe es keine Massenproduktion. Die Konsumgüter wären nicht erschwinglich – ein Auto schon gar nicht. Ohne Auto hätte der Deutsche nach dem Weltkrieg im Wirtschaftswunderland nicht die Alpen überquert, er hätte Italien und den mediterranen Raum niemals für sich entdeckt, er wäre niemals mit Müßiggang, Flair und Ambiente in Kontakt gekommen und hätte so niemals wieder zu Begriffen wie Schönheit, Kultur und Tradition gefunden. Ohne Auto würde wir hier nicht über Sinn und Unsinn von Rekonstruktionen oder dem Verlust von Historischem debattieren, sondern uns am überbordenden Historismus ereifern.
    Wie du schon gesagt hast: Auch die Moderne hat gute Seiten.
    Man kann die Dinge nicht einfach über einen Kamm scheren oder adäquat klonen und jedem Problem oder Frage nach dem Warum überstülpen: So, das muss jetzt passen!
    Was speziell Bremen betrifft, kann man nicht sagen: Die Autos waren schuld.
    Oder: Die Moderne war schuld.
    Oder: Die Protestanten waren schuld.
    Oder: Luther.
    Das Staatsarchive, ja, das musste z.B dem Innenstadt-Ring-Wahn weichen, wo heute die Balgebrückstraße eine mächtige Schneise in Richtung Domsheide schlägt und in einer Sackgasse für Autos mündet.
    Das Stadttheater in den Wallanlagen wurde nie wieder aufgebaut. Dort wachsen heute Bäume. Es musste keiner Trasse, also keinem Automobil- oder Verkehrswahn weichen. Zudem ist kein Alt-Nazi weit und breit, dem man dafür am Schlafittchen packen kann!
    Das Focke-Museum beispielsweise, es wurde aus ästhetischen Gründen nicht wieder aufgebaut, weil der Wall als Grünanlage zur Weser geführt werden sollte – und die Ruine stand diesen Plänen leider im Wege. Dort, um die sichtbaren Grundmauern herum, ist jetzt ein Park. Kein Investor weit und breit, dem man seine Geldgier vorwerfen kann. Was für ein Pech!
    Das Essighaus wurde nicht oder nur die Utluchten wieder aufgebaut mangels verwertbarer Masse. Heute müssen wir uns fragen: Stimmt das?
    Diese Beispiele zeigen, dass es – wie hat es Pagentorn so schön gesagt? - viele Graustufen gibt.
    Man kann sich nicht auf den Marktplatz auf ein Podest stellen und predigen: Die Autos sind schuld. Oder: Die Hugenotten! Oder: Oslo!
    Jeder Fall muss individuell beleuchtet werden.
    Wir können bei dem Wunsch einer Rekonstruktion der Essighausfassade kaum mit dem Argument aufwarten, die Fassade gäbe es nicht mehr, weil die Stadtplaner das Automobil in den Vordergrund der Stadtplanung stellten.
    Oder in Anbetracht einer gewünschten Ansgarii-Reko mit dem Argument, Henry Ford sei Schuld am damaligen Abbruch.
    Und wenn es die 68er nicht gegeben hätte, dann hätten wir schon längst die Neue Börse!
    Ich würde mir bei der Diskussion hier ein wenig mehr Differenzierung wünschen, die die Äußerungen an Objekten der Stadt Bremen belegbar machen.
    Sonst läuft man Gefahr, unglaubwürdig zu sein – und das können wir uns hier in Bremen schon gar nicht leisten, dann brauchen wir hier in Bremen nicht erst unsere Sachen auszupacken und sollten unsere Freizeit lieber mit anderen Dingen verplanen – nur eben nicht mit "Wiederaufbaugespinsten" und Rekonstruktionswünschen.

    Hoppla, findorffer.

    Kommst mal eben um die Ecke und outest dich als ehemaliger Mitarbeiter. Das klingt hochinteressant. Da tut sich auf der Stelle ein umfangreicher Fragenkatalog auf, deren „Abarbeitung“ bestimmt einen langen Abend garantiert.

    Das Carsten Meyer Bremen vor 20 Jahren verließ, ist bedauerlich. Sarkastisch könnte man sagen, man bemerkt sein Fehlen auf schmerzliche Weise in jedem Bremer Straßenzug, denn seine Äußerungen gegenüber der Landesdenkmalpflege finde ich punktgenau und treffend – und fordernd zugleich. Ich wünschte, wir hätten in der Stadt eine Person seines Schlages, der auch einmal Kontra geben könnte – ohne dabei zu tiefe Schläge auszuteilen oder zu polarisieren oder sich in grauer Theorie zu verfangen – wenn seine Äußerungen im Zeitungsartikel kein Einzelfall waren.

    Was ist aus dem Bauprojekt alter Bauernhof in Gröpelingen geworden? Warst du daran beteiligt?

    Du sprichst eine Artikel-Serie im Weser-Kurier an, die es damals gegeben hat. Hast du mehr von diesen Artikel auf Lager? Mich würde sehr die Sicht der Medien interessieren, weil ich auch denke, dass derzeit die journalistische Meinung teilweise sehr Lenor-lastig daherkommt. Mir fehlt da bei wichtigen Schwerpunkten der Innenstadt eine Bissigkeit – auch die Bereitschaft, mal tiefer zu bohren und hartnäckig zu sein. Manchmal könnte man denken, Journalismus, Investment und Politik kommen gemeinsam die Treppen des „Remmers“ hoch – die Zigarre noch im Mundwinkel.

    Was die "Nachfolgerin" betrifft, bin ich guter Dinge und freue mich auf die aktive Arbeit...!

    So, im Wasserglas ist wieder Ruhe eingekehrt!

    findorffer, ich würde gerne auf deinen Beitrag Nr. 14 eingehen. Du hast dort einen sehr interessanten und bemerkenswerten Zeitungsartikel eingestellt.
    Bemerkenswerte finde ich die Äußerungen Carsten Meyers gegenüber der Landesdenkmalpflege, die sich bitte beratend einschalten und Beistand leisten solle, wenn sich eine Personengruppe um die Rekonstruktion von bestehender Bausubstanz bemüht.
    Was ist aus Carsten Meyer und der Initiative „Bremer Stadtbild“ geworden?
    Und hast du weitereichende Informationen zur Person Carsten Meyer?

    Wir behandeln hier in diesem Themenkomplex zwar die Innenstadt, dennoch möchte ich hier einmal kurz "fachfremdes" Terrain betreten und die Bremer Galopprennbahn hier thematisieren.
    Besonders bemerkenswert an dem Thema finde ich, neben dem uns vorgelebten Aktivismus, die breite Unterstützung aus der Bevölkerung für die Bürgerinitiative, die sich gegen den Abriss und die Bebauung der Galopprenbahn wendet, und die gänzlich ohne große finanzielle Mittel auskommen musste. "Wir haben alle unterschätzt, was es für eine Resonanz gibt", so Andreas Sponbiel, der Sprecher der Bürgerinitiative. 27.000 Stimmen wurden im ganzen Stadtgebiet für den Erhalt der Rennbahn und gegen eine flächige Bebauung gesammelt, 21.237 Stimmen waren gefordert, um einen Volksentscheid zu erzwingen. Kaum einer hat der Initiative zu Beginn des Volksbegehrens eine Chance eingeräumt, die dafür nötigen Stimmen einzusammeln - besonders die Politik nicht. Die tatsächlich gesammelte Stimmenanzahl spricht für sich.

    Für mich ist die Galopprennbahn ein markantes Beispiel, wie sensibilisiert die Bremer Bevölkerung mittlerweile ist, wenn es um Verdichtung, Versiegelung und Bauexesse in der Stadt geht, und dass sie es nicht mehr wortlos hinnehmen will, wenn traditionsreiches Kulturgut und historische Bausubstanz von der Bremer Bildfäche verschwindet.
    Würde wir endlich mit den Wunsch nach Wiederaufbau und Rekonstruktion der Bremer Innenstadt und dem Erhalt von historischer Bausubstanz in den Bremer Stadtvierteln an die Öffentlichkeit herantreten, so würde wir in der Bevölkerung auf eine breite Unterstützung hoffen können.
    Mir macht das Beispiel Galopprennbahn Mut, den Schatten der Diskussion in Hinterzimmern zu verlassen und z.B. mit Ständen die Plätze und Einkaufspassagen der Stadt zu füllen.

    Hier noch der Link zu dem Artikel zur Galopprennbahn aus dem Weser-Kurier vom 04.01.2019:

    https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-…id,1796105.html

    Um endlich einmal die Pfade dauerhafter Kritik zu verlassen, möchte ich hier gerne einen weiteren Leserbrief aus dem Weser-Kurier vom 04.01.2019 zitieren, in dem - oh Wunder! - der Vorschlag gemacht wird, die Neue Börse wieder aufzubauen. Der in dem Leserbrief erwähnte Beitrag von Renate Eilenberger hat Pagentorn bereits in dem Beitrag 430 im Strang St. Ansgarii vorgestellt. Den ebenfalls im Leserbrief erwähnten Beitrag von Kristian Nürnberg folgt in diesem Beirtag weiter unten. Beide Leserbriefe, der von Herrn Klein und von Herrn Nürnberg, verdeutlichen uns, dass es abseits des Forums ein Interesse in der Bevölkerung gibt, die sich mehr Historismus in Bremen und speziell in der Innenstadt wünscht.
    Nun zunächst den Leserbrief von Werner Klein vom heutigen Tag:

    Mutig und kreativ


    Die Ansichten von Renate Eilenberger und Kristian Nürnberg, die in den beiden Leserbriefen zum Ausdruck gebracht wurden, finde ich mutig und kreativ. Dazu würde auch der Wiederaufbau der Bremer Börse passen, ein weiteres Glanzstück alter Bremer Baukultur. In meiner Kinderzeit bin ich sehr oft an der Ruine vorbeigekommen und fand die Löwenstatuen am Treppenportal immer so faszinierend. Dann wurde, wie bekannt, nach langer Diskussion die Ruine abgerissen, und das Haus der Bürgerschaft entstand an gleicher Stelle. Wenn man sich die Fassade anschaut, so hätte man ebenso den Plenarsaal der Bürgerschaft und die dazu gehörigen Nutzungseinheiten als Neubau hinter der Fassade entstehen lassen können. Ebenso wäre die Anbindung des Gebäudetraktes hinter dem Börsenhof optimal gewesen. Mit den bestehenden Gebäuden am alten Bremer Marktplatz würde ein wunderbares architektonisches Ensemble entstehen. Es ist nie zu spät, wie man an den Umbauplanungen der Innenstadt erkennen kann. Vielleicht gibt es ja noch für die Umsetzung mutige Politiker und weitsichtige Investoren? ⇒Werner Klein, Bremen

    Hier nun den Leserbrief von Kristian Nürnberg aus dem Weser-Kurier vom 19.12.2018:

    Lloyd-Fassade herrichten


    Ich stimme Leser Ingo Hauser besonders im Punkt „Remmer Keller“ zu. Aber warum nicht einen Schritt weitergehen und im Falle eines Abrisses des Gebäudes Galeria Kaufhof die alte Lloyd-Gebäudefassade wieder errichten? Die Horten-Sünde von 1969 – NDL-Abriss (Anmerkung: NDL steht für den Norddeutschen Lloyd) – ist zwar nicht rückgängig zu machen, zumindest könnte Bremen aber ein Stück Bürgertum aufleben lassen. Bekanntlich steht das Karstadt-Haus unter Denkmalschutz, eine NDL-Fassade wäre eine tolle Ergänzung. Architekt Poppe würde auferstehen und unserem Bürgermeister gratulieren. Und schon heute: Hände weg vom Schmuckstück Baumwollbörse. Kristian Nürnberg, Bremen

    Da wir uns gestern mit der Kritikfähigkeit und Kritikwürdigkeit der Vergangenheit beschäftigt haben, kehre ich mit diesem Beitrag in die Gegenwart zurück, bleibe aber dem Thema Kritik treu.
    Anbei zitiere ich einen Leserbrief eines Bürgers aus dem Weser-Kurier vom 02.01.2019, der sich mit dem von uns so "geliebten" und "verehrten" Neubau am Bahnhofsplatz beschäftigt, dem dudlerischen City-Gate:

    Erinnert an Speer
    Das Essen und die Zigarre danach müssen
    geschmeckt haben, denn, oh Jubel, in den Bau am Bahnhofsplatz – der in der Wucht und
    Monumentalität seiner Bauoptik stark an die Ideen Speers und seiner Nachahmer und Schülern erinnert, die im Wirtschaftswunder schonungslos Licht und Luft den Städten brachten oder wollten (Mozarttrasse) – ziehen gleich noch ein paar deutschlandweit operierende Filial-Ketten ein, während unverwechselbare Fachgeschäfte wie Roland-Kleidung aus der Innenstadt verschwinden. Somit wird der Bau beliebig austauschbar, Großstadt-Klone, wohin man schaut. Bravo!
    Wo sind die Architekten mit Mut und Sinn für Traditionen und kulturellem Erbe, das sich im Neubau der Landesbank widerspiegelt – auch wenn der Klinkerstein vielleicht Nuancen zu dunkel geraten ist. Wunderbar passt der Neubau in das vorhandene Baugefüge am Domshof. Die Wellenführung der Fassade erinnert an eine florierende Hafenstadt am Fluss. Wie aber korrespondiert de rDudler-„Geniestreich“ am Bahnhof? Warum spiegelt sich darin nur der pure, egoistische Individualismus der amtierenden Architektenschaft und nicht die gewachsene, historische Emotionalität des Platzes? Warum kein niederdeutscher Klinker mit Ornamentik? Oder wenigstens ein Stein in der Farbe, wie am Überseemuseum verbaut? Und was die hässliche Tangente auf Stelzen betrifft, wie wird es wohl werden, wenn die Hässlichkeit abgerissen und die Hässlichkeit des täglichen Durchgangsverkehr sich über die vier Kreuzungen quälen muss? Wer solche hässlichen Vorschläge macht, sollte tragbare Konzepte vorlegen, wie der hässliche Individualverkehr vom Nordwestknoten zum Rembertikreisel gelangt. Mein Vorschlag: Fahrradstationen an den Endpunkten, damit dort vom Auto auf den Drahtesel umgesattelt werden kann. Dann mal Prost! Eric Kammüller,Bremen


    In einem weiteren Leserbrief vom gleichen Tag aus dem Weser-Kurier, äußert sich ein weiterer Bremer Bürger allgemein über Politik und Investoren hinsichtlich der verkorksten Innenstadtplanungen:

    Grundstücke verscherbelt
    Was die Bremer Spatzen schon längst von den Dächern flöten, fällt erst jetzt der CDU auf. Es gibt für die erheblichen Innenstadt-Umwälzungen keinen vernünftigen Verkehrswegeplan. Die Grundstücke werden von der WFB (Wirtschaftsförderung Bremen) ohne Einhaltung der Vergaberegeln verscherbelt.
    Den freundlichen Investoren werden ohne Not Zugeständnisse offeriert. Haarsträubende Kompositionsgeschäfte werden lanciert, dass selbst Jens Eckhoff der Kragen platzt. Beispie lLloydhof: Wird die Fassade erhalten, darf der Investor zwei Geschosse auf das Gebäude setzen. Die damit entstehenden Büroflächen werden langfristig von der Stadt Bremen angemietet.
    Das gleiche Thema bei den Aktivitäten des Herrn Jacobs. Wird die Fassade mit Lob des Denkmalschützers zur Langenstraße erhalten, dürfen dafür ein paar Geschosse Büroflächen gebaut werden.
    Einmütig wird das Parkhaus Mitte Kurt Zech ohne Bieterverfahren angeboten, und im gleichen Atemzug wird ihm das Edelgrundstück am Hafenkopf für seine Zentrale von der WFB verkauft. Nachdem Galeria Kaufhof an den Karstadt-Eigner übergegangen ist, wird der Unternehmer wieder lauter, schiebt den Schwarzen Peterder immer noch konzeptlosen Stadt zu. Die Ideenmeisterschaft war jawohl auch nicht der große Wurf.
    Die einzige Partei, die hier reinen Wein einschenkt, ist „Die Linke“. Die Partei erkennt, wie hier Handlungsfähigkeit und das Tafelsilber der Stadt verkauft werden. Die Vorgaben der Stadt fehlen, sodass die Investoren wieder einmal den Rahm abschöpfen. Öffentliche Flächen sollten nur noch in Erbpacht vergeben werden. Aufgrund der anstehenden Investoren-Planungen, die den Rest vom hanseatischen Bremen tilgen, wird der Bremer Bürger ein Fremder in der eigenen Stadt. Gerd Kutscher, Bremen


    An die Moderation:
    Ich würde meine Beiträge 126, 127, 130 und 132 gerne weiter hier in diesem Strang sehen, weil ich bisher nicht sehen kann, welchen Bezug der neue Strang "Ursachenforschung der Abrißwut" mit der Freien Hansestadt Bremen aufweist.

    Mein lieber Pagentorn,

    du hast es schon richtig umrissen. Bei aller berechtigter Kritik soll es nicht so weit kommen, dass hier eine Person in den Sack gesteckt und anschließend mit dem Knüppel draufgehauen werden soll.
    Und gegen eine überzeichnete Schwarz-Weiß-Malerei wehre und verweigere ich mich ebenso.
    Es wird – wie du schon richtig gesagt hast – viele Graustufen geben. Aber es ist ebenfalls wichtig, diese Graustufen zu benennen, als sich in Schweigen zu hüllen und der Nachwelt das Reden zu überlassen.
    Und wenn Herr Dillschneider generell Bauten des Historismus für nicht schützenswert hielt, so ist er dafür zu verurteilen – und wir Bremer können uns dafür um so glücklicher schätzen, dass Herr Dillschneider bei all seiner vorgebrachten Ablehnung beim Thema Schnoor ein goldenen Händchen bewiesen hat und ihm dafür Lob gebührt.
    Auch Paulus war mein ein Saulus – wofür man ihn loben und tadeln kann. Aber es wäre grundsätzlich falsch, den Tadel oder aber das Lob einseitig unter den Teppich zu kehren.

    Und wäre ich Dillschneider gewesen, dann ich hätte meiner Heimatstadt bestimmt auch die Herolde im Handstreich schenken wollen. Das zeigt einmal mehr, was geschehen kann, wenn ein Auswärtiger auf dem Spitzenposten einer wichtigen Behörde sitzt – und von dem möglicherweise bekannt ist, dass er generell Bauten und Objekte des Historismus für nicht schützenswert hält.

    Mein lieber Pagentorn,

    wenn sich Herr Syring zu uns an den Tisch setzt, dann würde ich ihn wegen einer früheren Gesinnung nicht kritisieren oder ihm diese alte Gesinnung unter die Nase reiben, sondern mich daran erfreuen, wenn er bei uns am Tisch sitzt.
    Gleiches würde Herr Dr. Skalecki von mir erhalten, wenn er sich zu uns an den Tisch gesellt.

    Noch "sitzt" er aber nicht und sein Verhalten oder seine Entscheidungen in Bezug auf einige Objekte erscheinen fragwüdig, möglicherweise durch Gesetze gebunden - aber dennoch kritikwürdig, denn über die Gesetze und die damit verbundenen Handlungsfähigkeiten hinaus verfügt jeder Mensch über eine eigene Meinung, die er - wie etwa beim Medienhaus - durchaus lauter und markanter in der Öffentlichkeit verteten könnte.

    Was die Daten der Abbruchwut belegen, ist, dass mögliche Entscheider von damals nicht mehr leben - wie etwa der Pastor der Ansgari-Gemeinde von 1959. Selbst bei aller Kritik kann er sich nicht mehr zu uns an den Tisch setzen. Ob wir es bei unserer Baudirektorin jemals schaffen, steht in den Sternen. Dennoch sei Kritik an ihre Position bei entsprechenden Bauprojekten (Bahnhofsvorplatz, Busbahnhof etc) durchaus erlaubt - wenn sie berechtigt ist. Gleiches gilt für andere involvierte Behörden und Senatoren oder gar Bürgermeister. Und wer weiß, vielleicht ist es gerade die Masse der geäußerten Kritik, die so manchen in den Schaltzentralen der Macht zum Umdenken bewegt. In Anlehnung an Konstantin wird es nicht immer die eigene Mutter sein, die zum Umdenken anstiftet.

    Lieber Pagentorn,

    bisher habe ich Herrn Prof. Eberhard Syring als Fürsprecher für historische Qualität in Innenstädten wahrgenommen, der den großen Abbruch in Bremen negativ beurteilt - so in diversen Beiträgen von Susanne Brahms geschehen.
    Doch selbst wenn er vorher eine andere Meinung verfolgt hat - Kaiser Konstantin ist auch nicht als Christ geboren worden. Natürlich wäre es interessant, was Herrn Prof. Syring zur Meinungsänderung bewogen hat (ebenso die Meinungsänderung von Herrn Konstantin). Aber letztendlich begrüße ich jeden, der sich auf die Seite Pro-Reko stellt.

    findorffer,

    gestatte mir vorweg bitte eine schmunzelhafte Feststellung: Es beruhigt mich, dass du ebenfalls gewisse Probleme mit dem „Tastatur-Teufel“ hast!

    Ich wäre eigentlich schon für einen eigenen Strang – nur wüsste ich nicht, in welche Kategorie man ihn packen könnte. Ich persönlich würde einen Themenbereich vorschlagen, indem die „Verluste“ von Beginn der Luftangriffe bis in unsere Zeit dokumentiert werden sollten. Dies ist zwar im Themenbereich „Bremen – Innenstadt“ schon begonnen worden, doch würde ich es vorziehen, dieses gesondert darzustellen und zu kommentieren.

    Neben der Dokumentation ist sicherlich die Frage nach dem „Warum“ entscheidend – ja, wenn nicht sogar die wichtigste Frage überhaupt. Wie soll man sonst für sich selbst vergegenwärtigen, weshalb diese Gebäude nicht mehr das Erscheinungsbild der Stadt bereichern? Und wenn man dieser Frage nachgeht, dann fällt ganz zwangsläufig das Licht auf jene Personen, die den Abbruch der Bausubstanz vorangetrieben haben – und auf ihre Motive.
    In Bezug auf das Eckgebäude Schüsselkorb/Museumsstraße war es gleich eine Kette von Personen, die nach und nach eingeknickt sind. Da war zunächst die Bank, die neue Räumlichkeiten wollte und einem zögerlichen Senat oder einer zögerlichen Baubehörde damit drohte, aus der Stadt abzuwandern. Und somit musste unter dem Druck der legislativen Organe der Denkmalschutz seine Bedenken gegen den Abbruch ebenfalls negieren.
    Wenn man sich dann als nachfolgende Generation solch ein Wissen über das „Warum“ angeeignet hat, warum sollte es nicht völlig legitim sein, wenn man auf Grund diesen Wissens Kritik an den damals Verantwortlichen übt?

    Ich kann deine Sorge, die du in deinem Beitrag geäußert hast, mein lieber Pagentorn, durchaus nachvollziehen. Aber warum sollten wir das „Wissen“, welches wir jetzt bereits in der Gegenwart als „Falsch“ sehen und dokumentieren, nicht öffentlich kommentieren und kritisieren? Wenn wir das jetzt nicht tun, dann werden die folgenden Generation in der Zukunft vor uns stehen und die Fragen, die wir eigentlich jetzt stellen müssten, an uns richten. Sie würden uns dann etwa solches Fragen: „Hey, du! Du hast es doch gewusst! Du hast es gesehen! Du hast darüber sogar Berichte geschrieben! - Warum hast du nichts dagegen unternommen? Du hast es ja nicht einmal fertig gebracht, Kritik zu äußern! - Hat deine Mutter dich als Kind immer in Lenor gebadet oder was?“
    Die Aufarbeitung der Vergangenheit kann nicht ohne Kritik oder die Frage nach der Schuld erfolgen. Im Gegenteil. Die Aufarbeitung legt gerade die Mechanismen frei, die für den Lauf der Dinge verantwortlich waren oder in der Gegenwart noch verantwortlich sind. Und nur die wenigsten Mechanismen taugen dazu, Beifall zu klatschen. Und wenn man Lob spenden kann, so kann man zweifelsfrei auch Kritik anbringen, wenn sie, ebenso wie das Lob, berechtigt ist.

    Es geht nicht darum, eine Person auf den Marktplatz zu zerren, sie an den Pranger zu stellen und anschließend mit faulen Eier und Tomaten zu bewerfen. Aber wenn für mich persönlich ersichtlich ist, dass Investor A bis Z, der Senator XY oder der Denkmalschützer 123 für den Abbruch eines historischen Gebäudes verantwortlich ist, dann werde ich dies auch benennen und gegebenenfalls auch kritisieren. Und wenn es für mich anhand der Dokumentation ein Skandal ist, dann werde ich es auch als Skandal bezeichnen, wie etwa den Abbruch des Stadttheaters am Wall, an dessen Stelle nun Bäume wachsen (??!!??) oder das Focke-Museum, das nicht wieder aufgebaut wurde, weil man der Ansicht war, den Grüngürtel des Walls so besser zu repräsentieren und zu einem grünen Abschluss zu bringen (??!!??). Ein Rekonstruktion des Focke-Museums als Trutzburg zwischen dem Moloch „Individualverkehr“, „Zeitdruck“ und „Schnelllebigkeit“ könnte ich mir dort sehr gut vorstellen.

    findorffer,

    selbstverständlich. Wenn die Petition online ist oder zum Unterschreiben ausliegt, werde ich darüber hier informieren.
    Schön zu wissen, dass mit deiner Unterschrift zu rechnen ist.

    Ich werde etwas später einen weiteren Versuch starten, die Petition online zu übermitteln. Sollte dies wieder scheitern, geht die Petition heute noch in den Briefkasten.

    Heimdall, hab vielen Dank für deine Informationen und Verlinkungen.

    Die Petition ist so gut wie ausformuliert - wenn also jemand hier im Forum noch irgendwie relevante Informationen wie z.B. zu den Architekten August Abbehusen und Otto Blendermann hat, bitte hier im Forum äußern.

    Bezüglich einer Petition in Bremen für das Medienhaus möchte ich über ein paar Details informieren:
    - Eine Petition unterliegt keiner besonderen Form; für eine Petition reicht es seinen Namen und Anschrift zu nennen, einen Text zum Anliegen zu verfassen, diesen zu unterschreiben und in an den Petitionsausschuss zu schicken.
    - Zu einem Anliegen dürfen mehrere Petitionen eingereicht werden; also Jedem, dem das Thema Medienhaus auf den Fingernägeln brennt, kann und sollte eine Petition schreiben bzw. einreichen. Es muss lediglich festzustellen sein, dass die einzelnen Petitionen nicht von ein und derselben Person geschrieben sind und nicht den gleichen Wortlaut aufweisen. Oder wie es die Verfahrensordnung beschreibt: Mehrfachpetitionen sind Eingaben mit demselben Anliegen, die individuell abgefasst sind.
    - Eine Petition kann unabhängig vom Wohnsitz verfasst und eingereicht werden. Wenn also Heini in München der Meinung ist, die in Bremen sind deppert, dann darf er eine Petition dazu in Bremen einreichen, denn die Verfahrensordnung sagt dazu: Das Petitionsrecht ist von den persönlichen Verhältnissen der Petentinnen und Petenten und vom Wohnsitz oder der Staatsangehörigkeit unabhängig. Wer also einen Onkel in Amerika hat, kann den Onkel ebenfalls dazu ermuntern, eine Petition zum Thema einzureichen.

    Ich möchte also an dieser Stelle alle hier im Forum aufrufen, die sich zum Medienhaus bekennen und das Haus an der Schwachhauser Heerstaraße gerne erhalten haben möchten, eine Petition zu verfassen. Man muss nur Namen und Anschrift im Schreiben nennen, das Anliegen kurz oder ausführlich benennen und den Text abschließend unterschreiben. Der Brief kann dann an folgende Adresse geschickt werden:

    Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft
    Am Markt 20
    28195 Bremen.


    Oder er verfasst eine Petition online unter

    https://petition.bremische-buergerschaft.de/index.php?n=petitionsform

    Doch vorsicht, gestern konnte keine Petition hier abschicken werden, es kam nur ein Error als Bestätigung. Ich werde daher die Petition ganz altmodisch über die Post verschicken.
    Wer ein Fax sein Eigen nennt, darf die Petition selbstverständlich auch faxen unter (0421) 496 - 12352.


    Heimdall, ich werde der zehnjährigen Lilo Pataj-Vogt so schnell wie möglich eine e-Mail schicken.

    Eine Petition ist eine hervorragende Idee, Heimdall.

    Für eine entsprechende Online-Einreichung könnte ich ein paar bauhistorische Fakten gebrauchen. Stellt sie bitte hier im Forum ein, damit ich eine Petition ausformulieren kann.

    Ich hoffe auf eine breite Unterstützung hier im Forum.

    Und ich möchte hier nicht hören, dass eine Petition eh nix bringt. Ich denke, es ist an der Zeit, Nadelstiche zu setzen. Und eine Petition wäre so ein Nadelstich, denn die Politik muss sich damit auseinandersetzen und Zeit aufwenden. Unabhängig vom möglichen Erfolg oder Misserfolg.
    Ich finde es wichtig, dass wir zeigen: Wir sind da! - Und handeln auch!

    Villa1895,


    es erscheint nicht nur dir als Außenstehender, als suche sich der Denkmalschutz - besonders in der Hauptstadt Deutschlands in Bezug auf den Abriss nach dem Krieg 1945: Die einst stolze Hansestadt Bremen - die Begründungen passend zum Objekt aus. Im Bezug auf das Medienhaus ist es eine veränderte Innenarchitektur, am Wall oder der Galopprennbahn werden und wurden andere Gründe genannt, die meiner Meinung nach nur vorgeschoben wirken.


    Was interessiert mich die Innenarchitektur des Medienhauses? Was interessiert es mich, ob es dort Veränderungen gegeben hat, die vom Original abweichen? - Für mich ist alleine die Außenstruktur erhaltenswert. Wie viele vergleichbare Objekte einer solchen Erscheinungsform gibt es in Bremen noch?


    Denkmalschutz soll das allgemeine Ziel verfolgen, über die Geschichte der Gesellschaft zu informieren, indem sie konkret die sinnlich wahrnehmbaren historischen Zeugnisse der Baukunst und Lebensweise vergangener Zeiten für die Nachwelt erhält, und darüber hinaus auch Lebensqualität sichert.


    Ich kann nicht sehen, wie der Denkmalschutz in der Hansestadt Bremen dieser Formulierung seines eigentlichen Auftrags an die Gesellschaft nachkommt.


    Aber wir Bremer sind ja auch selbst Schuld: Wie können wir auch erwarten, dass ein Mann aus Marpingen im tiefen Saarland einen innig gelebten Bezug zu einer sich zu seiner Vergangenheit bekennenden Hansestadt aufbauen kann?
    Einem Landeskonservator geboren in Bremen würde sicherlich eine ganz andere gelebte Verbindung zu seiner Heimatstadt aufweisen und den wahrnehmbaren historischen Zeugnisse der Baukunst vergangener Tagen mehr Respekt und Emotionalität entgegenbringen als es derzeit der Fall ist.

    Ein simpler Ahorn als Ersatz für das einst dort stehende Katharinenhaus.
    Dieses Foto aus Pagentorns Beitrag Nr. 94 hat für mich zweierlei Symbolwert.

    Da wäre zunächst die Boshaftigkeit einer Satire zu nennen. Da reißen unsere Väter und Großväter das alte Bremen in einem nahezu frommen Wahn nieder, so, als könnten sie mit dem Abriss der gebauten Vergangenheit sich gleichfalls ihre nationalsozialistische Vergangenheit entledigen. Genauso muten unsere Vorfahren an, als stünden sie unter großem posttraumatischen Zwang: Die Tage und Nächte, die sie unter Luftangriffen und in Luftschutzräumen und -bunker litten, ebenso wie sie das verzweifelte Löschen der verheerenden Brände erlebten, die Bilder der Feuersbrunst und den davor fliehenden Menschen, die von der gewaltigen Sogwirkung der wütenden Feuer von den Beinen gerissen wurden wie ein Laubblatt im Sturm und in der großen Hitze des Feuers verdampften. Und um diesen Bildern im Kopf zu begegnen, wollten sie „Licht und Luft“ in die Innenstädte bringen, die Menschen sollten hier bitte nicht mehr verbrennen bzw. wohnen, sondern nur noch in gut durchlüfteten Quartieren geschützt sein, und diese Quartiere sollten bitte auf der grünen Wiese entstehen - und nicht hier in der Innenstadt. Wie gut, dass die Pläne dafür bereits in den Schubläden der Ämter lagen – so brauchte man keine neue Architekten und Planer konsultieren oder beauftragen. Dass diese Pläne einer nationalsozialistischen Gesinnung folgten – wer störte sich damals daran? Und vor allem: Wer wusste davon?
    Und so rollten statt Panzer plötzlich Kräne und Raupen durch die Innenstädte. Und statt des Bombeneinschlags hört man nun das Wummern der Abrissbirnen überall. Wen sollte es kümmern? Das Stadttheater, das Staatsarchiv, das Stadtmuseum im ehemaligen Armenhaus? Sie alle symbolisierten die Vergangenheit – und dieser Vergangenheit durfte man sich nicht länger erinnern. Sie galt in jenen Jahren als durchweg schlecht und verdorben. Eine neue Identität musste her. Alles musste irgendwie neu gemacht werden, einfach: Alles Neue macht der Mai. Bezogen auf die Städt lautete das: Alles Neue machen die Stadtplaner. Allen voran solche Größen wie Rudolf Hillebrecht – ein Mann, der 1944 den „Wiederaufbau“ unter Albert Speer in dessen Stab organisierte (Wiederaufbau im Sinne eines nationalsozialistischen, an groß-monumentalen Idealen orientierenden Baustils – keinen Wiederaufbau im kulturhistorischen Sinne). Kaum zu glauben, dass ein Mann von solcher Gesinnung einen solchen Hype in der jungen Bundesrepublik auslöste und jeder so bauen lassen wollte wie Hillebrecht in Hannover und diese "Größe des Wiederaufbaus" gar als Berater oder Juror in andere Stadtplanungen involvierte.
    Dass der geplante Innenstadtring oder die Mozart-Trasse in Bremen nicht kamen, dafür können wir dankbar sein. Auch wenn solche Gebäude wie das Katharinenhaus oder das Katharinenkloster oder das Staatsarchiv - und viele, andere Gebäude auch - dem weichen mussten. Es mutet daher grotesk an, wenn statt des einstigen Gebäudes dort nun ein simpler Ahorn steht. Im Falle des ehemaligen Klosters und Schule bebaute man die plötzliche Baulücke kurzerhand mit einem Parkhaus! - Eine weitere, baupolitische Satire im so Satire-reichen Bremer Stadtstaat.
    Und somit komme ich zur zweiten Symbolkraft des Bildnisses mit Baum:
    Ich bin froh, dass auf dem Platz kein Dudler-Bau entstanden ist (bisher jedenfalls nicht – und ich würde mich persönlich dort anketten, wenn dennoch solche Pläne aufkommen sollten!!). Ich bin froh, dass man damals dort einen Baum gepflanzt hat. Wenn die Litfaßsäule nicht wäre, dann wäre dieser winzige Platz mit Ahorn, Rundbank und altem Beckröge-Haus (dem Bremer auch als „Knurrhahn“ bekannt) ein wahres Kleinod inmitten der umgebenden, finsteren Urbanität, zu der die Bremer Innenstadt in den letzten sechs Jahrzehnten verkommen ist. Ein Platz, der mich irgendwie an das alte Brauhaus in Bochum erinnert. Ein Platz voller Intimität, eine kleine Oase; und zugleich Mahnmal und klaffende Wunde in einem Herzen voller Erinnerungen an eine einst strahlende, unverwechselbare, tief wurzelnde Vergangenheit.

    Ansonsten kann ich hier, wenn ich diese schmerzenden Beiträge im Strang verfolge, nur den Worten Heinzers beipflichten: „Man bleibt sprachlos zurück...“.
    Und fassungslos....

    Ich wünsche allen hier im Forum einen guten Rutsch ins neue Jahr.