Neresheim ist natürlich schon grandios...
Posts by Suebicus
-
-
Ich wollte keineswegs den süddeutschen Barock abwerten, dessen Großartigkeit ich anerkenne. Es ist mehr oder minder eine Geschmackssache. Ganz einfach und schlicht ausgedrückt: Ich mag Säulen. Und ich mag klassisch gestaltete Fassaden. Ich kann rein aus kunsthistorischer Sicht eine süddeutsche Barockkirche als höherwertig einstufen, aber gefühlsmäßig spricht mich das italienische teilweise doch mehr an. Und ich muss sagen, dass ich mich wirklich falsch ausgedrückt habe, was die Raumwirkung anbelangt, gerade, was Neresheim zum Beispiel angeht. Es ging mir rein um den gefühlsmäßigen Eindruck, den ich empfinde.
-
Es ging mir rein um meine Empfindungen angesichts der Bauten. Für mich besticht der süddeutsche Barock teilweise eben rein durch den Pomp, durch den Schmuck und weniger durch Raumeindruck oder Formen, während der Stil Italiens oft irgendwo schlichter, aber edler wirkt. Das ist natürlich sehr vereinfacht ausgedrückt. "Tiefe" war eventuell das falsche Wort. Aber mir fehlt beim genuin deutschen Barock einfach das Klassische, das ich in italienischen Pendants, die sich natürlich aus einer ganz anderen Tradition speisen, verwirklicht sehe.
-
Ich muss ja sagen, dass mich von den verschiedenen Ausprägungen des Barockstils die italienische am meisten anspricht. Ich bin ja mit diesem typisch süddeutschen Barock aufgewachsen, der mir auch gefällt, dem aber irgendwie die Tiefe und Eleganz des klassischeren italienischen Barocks fehlt. Deshalb liebe ich zum Beispiel auch die Münchner Theatinerkirche oder die Jesuitenkirche in Heidelberg, die ja natürlich italienischen Formen folgen.
-
Die Preußen-Zeit im Rheinland hat natürlich auch sehr viel positives gebracht, man denke nur an den Kölner Dom, der so ohne Friedrich Wilhelm IV. nicht möglich gewesen wäre. Aber auch in der Infrastruktur wurde viel geleistet. Aber trotzdem gab es damals gewisse Konflikte und Spannungen (z.B. Kulturkampf). Zumindest bei Adenauer, der selbst bekanntlich kein Preußen-Freund war, lässt sich das Denken finden, das ursprünglich zivilisierte, dem Mittelmeerraum und Frankreich zugewandte Deutschland sei durch das "barbarische" Preußen korrumpiert worden. Ich ging in meinem oberen Beitrag auch vom 19./ beginnenden 20. Jahrhundert aus. Heutzutage spielen solche Ideen natürlich keine Rolle mehr.
-
Ich denke, dass dieses Bewusstsein eventuell aber auch gerade durch die Opposition zu Preußen befeuert wurde. Indem man sich auf die glorreiche Vergangenheit berief, versuchte man den Schock zu immunisieren, plötzlich von einer "fremden" Macht beherrscht zu werden. Preußen ist der typische Emporkömmling der Geschichte, vielleicht vergleichbar mit Makedonien. Ein Gemeinwesen, das im Gefüge der verschiedenen Mächte eigentlich ursprünglich eher den Platz eines Außenseiters einnimmt, sich jedoch durch Pragmatismus und Fleiß hocharbeitet und im folgenden vielleicht eher durch Effizienz besticht denn durch Feingeistigkeit. Natürlich ist dies sehr vereinfachend ausgedrückt - auch Preußen hatte einen Friedrich den Großen oder einen Friedrich Wilhelm IV. Und irgendwann sehen sich die älteren, traditionsreicheren Herrschaften plötzlich durch diesen vitalen Emporkömmling überwunden. Um dieser demütigenden Realität zu entkommen, flüchten sich also nun die älteren Gemeinwesen in ihre ruhmreiche Geschichte und betonen ihre überlegene Kultur. Eine ruhmlose Gegenwart wird mit ruhmreicher Geschichte kompensiert.
Natürlich gab es im 19. Jahrhundert eine generelle Ablehnung gegenüber allem "Welschen", aber ja, in einer Stadt wie Köln mit "welschen" Wurzeln war es natürlich viel schwieriger, diesen Teil der Vergangenheit auszublenden, weswegen man sich dort vielleicht auch eher mit dem Mittelmeerraum verbunden fühlte als in Gebieten Deutschlands, die nie Anschluss an die Antike gehabt hatten. Der Katholizismus spielte hierbei sicherlich auch eine Rolle. Aus diesem kulturellen Hintergrund heraus kann man Adenauer und seine Sympathien Frankreich gegenüber verstehen.
-
Stimmt, der Turm ist auch klasse. Eventuell könnte man in Süddeutschland noch die Reutlinger Marienkirche nennen, relativ unbekannt, aber auch ein Kleinod der Gotik.
-
Einfach nur schrecklich, was da alles verschwunden ist. Wie gerne würde ich einmal durch das alte Berlin spazieren... Ich finde es interessant, dass sich in Berlin bis zu dieser Zeit zwischen dem ganzen wilhelminischen Pomp dennoch diese heimeligen Gässchen erhalten haben, die beinahe dörflich-kleinstädtischen Charme versprühten. In Wien oder Paris wurde sowas ja größtenteils im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts abgeräumt. Heutzutage brüstet sich Berlin ja oft damit, eine Stadt der Gegensätze zu sein - hätte das alte Berlin diesen Titel nicht noch viel eher verdient gehabt? Die planmäßig angelegte barocke Friedrichsstadt mit Unter den Linden und Forum Fridericianum, das Schloss, selbst ein Stilmix, der Klassizismus des "Spree-Athens", daneben als totaler Gegensatz der überladene Wilhelminismus zum Beispiel in Gestalt des Doms. Einerseits relative, klassische, edle Schlichtheit (die sich ja schon im preußischen Barock teils verwirklicht), andererseits überbordender, schwelgender Schmuck. Die fast kleinstädtischen Gässchen auf der Fischerinsel. Die aufkommende Moderne an Potsdamer- und Alexanderplatz, die ja beide damals schon extrem großstädtisch und pulsierend wirkten. Hier hatte Berlin einerseits noch etwas von der Kleinstadt, die es für lange Zeit in seiner Geschichte gewesen war, andererseits zeigte sich beinahe unmittelbar nebenan drastisch die moderne Metropole mit ihren positiven und negativen Seiten schon viel früher als anderswo. Natürlich konnte sich das alte Berlin schon damals nicht mit der architektonischen Qualität von Städten wie Wien, Prag, Rom oder Paris messen. Es hatte als "Emporkömmling" bekanntlich nicht eine solche Historie vorzuweisen wie die erwähnten Metropolen, die ja im Mittelalter (teils schon in der Antike) bereits über Bedeutung verfügt hatten, während von Berlin (/Cölln) zu dieser Zeit noch niemand sprach. Das sah man Berlin an, aber vielleicht waren gerade diese Gegensätze besonders reizvoll. Berlin, das im Mittelalter noch eine kleine, unbedeutende Stadt gewesen war, mauserte sich ab dem 17. Jahrhundert zur Hauptstadt der europäischen Großmacht Preußen, wurde dann nach 1871 zur Hauptstadt des (nach Großbritannien) mächtigsten Reiches der Welt, und dieser kometenhaften Aufstieg war vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg auch anhand des zwiespältigen Stadtbildes erkennbar.
-
Der Freiburger Münsterturm ist schon herausragend... Wo gibt es denn in Mitteleuropa (abgesehen von der Backsteingotik) noch gotische Kirchtürme solcher Dimensionen, die auch wirklich schon im Mittelalter (bzw. frühe Neuzeit) vollendet wurden? Mir fallen jetzt auf Anhieb Straßburg und der Wiener Stephansdom ein, aber abgesehen davon? Beim Anblick der Bilder kann man wirklich die bekannte Aussage Jacob Burckhardts, der Freiburger Münsterturm sei der "schönste Turm auf Erden", nachvollziehen!
-
Das ist diese typische Argumentation. Heutzutage baut man nun mal hässlich, also hat man das zu akzeptieren - jegliche Verbesserungsversuche wären ja "rückwärtsgewandt". Dass zeitlicher Fortschritt manchmal nicht unbedingt identisch mit wirklichem Fortschritt ist, wird hierbei gerne vergessen. Und auch dieses "Disneyland"-Argument ist Blödsinn: Stört es irgendeinen Venedig-Touristen, dass der Campanile am Markusplatz "bloß" eine Rekonstruktion ist? Oder der Michel in Hamburg? Ich kann es nicht nachvollziehen, dass wir durch solche Nichtigkeiten, durch solch einen aufgebauschten Popanz davon abgehalten werden sollen, endlich die Nachkriegsbetonwüsten etwas aufzuhellen. Wird sich irgendein Spaziergänger, durch die Pracht der (teils) wiederauferstandenen Frankfurter Altstadt flanierend, daran stören, dass er nur ein "Disneyland" vor sich hat?! Oder der Dresden-Besucher, der total beeindruckt vor der steinernen Kuppel der Frauenkirche erstarrt? Ich denke, seine Faszination wird nur geringfügig von dem Wissen beeinträchtigt, dass die Kirche kein Original ist. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass historische Architektur dem menschlichen Auge generell mehr zuspricht, warum sollten wir uns dann von irgendwelchen imaginären Zwängen an die Hässlichkeit unserer Großstädte ketten lassen?!
-
Wobei ja zumindestens vor dem Krieg in Köln ein sehr ausgeprägtes Bewusstsein für die eigene Geschichte vorhanden war - gerade in Opposition zu den "emporgekommenen" Preußen. Eine Situation, die vergleichbar ist mit der der Italiener, die die sie inzwischen mehr oder weniger beherrschenden Deutschen noch im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit als Barbaren bezeichneten. Dieses Denken lässt sich zum Beispiel bei einem Adenauer finden, für den ja im Vergleich zu seiner uralten Heimatstadt alles östlich der Elbe "asiatische Steppe" war. Generell kann man durchaus erkennen, dass gerade bei Rheinländern der Gedanke vom "Abendland" prominent war (z.B. Carl Zuckmayer), was man eventuell auf dieses Wissen um die eigene, europäische Historie zurückführen kann.
Inwiefern spielt dieses Erbe der Vergangenheit bei heutigen Kölnern überhaupt noch eine Rolle? Ist es im Selbstbewusstsein eher nettes Beiwerk zu ihrem Lebensstil, von dem die Kölner so viel halten, als ein dominierendes Element? Generell lässt sich ja in Deutschland schon eine gewisse Geschichtslosigkeit erkennen...
-
Dies ist einfach so absurd und widersinnig: Manche Menschen arbeiten FREIWILLIG daran, ihre Städte möglichst hässlich zu halten, um irgendwelchen Luftgespinsten wie "Zeitmäßigkeit" gerecht zu werden. "Zeitmäßigkeit" kann kein Grund sein, jegliche städtische Verschönerungs-Maßnahmen zu negieren. Wörter wie "Kitsch" reichen aus und schon überspielen diese Leute ihr natürliches Schönheitsempfinden und arbeiten aktiv daran, etwas zu verhindern, was die absolute Mehrzahl der Menschen objektiv als eine Aufwertung des Stadtbildes empfinden würde. Natürlich ist die Geschichte der Garnsionkirche teils düster gewesen, aber trotzdem muss man zugeben, dass das Bauwerk ein extrem bedeutendes architektonisches Denkmal war, dessen Rückkehr Potsdam nur schöner machen würde.
-
Es tut mir immer wieder weh, wenn man die historische Bedeutung der Stadt Köln mit dem heutigen Erscheinungsbild vergleicht. Wenn man die heutige "Altstadt" betrachtet, so könnte man meinen, die Stadt sei erst nach dem zweiten Weltkrieg entstanden. Abgesehen von den grandiosen Kirchen ist kaum mehr etwas übrig von dem historischen Ruhm dieser Stadt.
-
Wunderbare Kirche, die man in solchen Breiten gar nicht erwarten würde... Vor allem die Kuppel braucht sich vor süddeutschen Pendants nicht zu verstecken. Die Kirche erinnert im Inneren ein wenig an Zwiefalten.